Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2011 - IV ZR 141/10

bei uns veröffentlicht am13.04.2011
vorgehend
Landgericht Karlsruhe, 6 O 232/08, 10.11.2009
Oberlandesgericht Karlsruhe, 12 U 230/09, 20.05.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 141/10
vom
13. April 2011
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die
Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 13. April 2011

beschlossen:
Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 12. Februar 2011 gegen die Vorsitzende Richterin Dr. Kessal-Wulf, den Richter Wendt, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski und Lehmann wird verworfen.

Gründe:


1
I. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 hat der Senat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen , weil er trotz Hinweises auf die Unvollständigkeit seines Prozesskostenhilfegesuchs seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ausreichend dargetan hat. Dagegen wendet der Kläger sich mit seinem Ablehnungsgesuch vom 12. Februar 2011.
2
II.DasAblehnungsgesuch ist nicht zulässig.
3
Der Senat ist zu einer Entscheidung über das Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung der abgelehnten Richter befugt, weil der Antrag rechts- missbräuchlich ist und es damit an einem Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers fehlt. Wird nicht nur ein einzelner Richter, sondern ein ganzes Kollegium oder ein ganzes Gericht abgelehnt und wird das Gesuch überhaupt nicht oder nur mit solchen Umständen begründet, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können, ist das Gericht in der Besetzung mit den abgelehnten Richtern zu einer Entscheidung über das Ablehnungsgesuch befugt; ihre Mitwirkung verletzt nicht die durch §§ 45, 47 ZPO konkretisierte Garantie des gesetzlichen Richters (vgl. BVerfGE 11, 1, 3; BVerfG NVwZ-RR 2008, 289, 291; BGH, Beschluss vom 29. Januar 2003 - IX ZR 137/00, WM 2003, 847; BVerwG NJW 1988, 722; BayVerfGH NJW 2000 2809, 2810). Nach § 42 Abs. 1 und 2 ZPO ist die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, das Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Maßgebend ist dabei, ob vom Standpunkt des betreffenden Beteiligten aus genügend objektive Gründe vorliegen, die in den Augen eines vernünftigen Betrachters geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu erregen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 2002 - XI ZR 388/01, NJW 2002, 2396 unter 2 a aa m.w.N.).
4
Kläger Der behauptet lediglich pauschal, die Entscheidung des Senats sei willkürlich, und stellt seine Rechtsansicht neben die des Senats , ohne sich auch nur ansatzweise mit dessen Begründung auseinander zu setzen. Dies genügt den Begründungsanforderungen nicht. Der Kläger hat keinen Grund glaubhaft gemacht, der geeignet wäre, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu erwecken. Da der geltend gemachte Ablehnungsgrund das Gesuch unter keinen Umständen zu stützen vermag, war es auch nicht erforderlich, eine dienstliche Äußerung der Richter einzuholen.

5
Soweit der Beklagte mit Schreiben vom 12. Februar 2011 seinen Prozesskostenhilfeantrag wiederholt, ist dies als Gegenvorstellung auszulegen , die dem Senat im Hinblick auf den Beschluss vom 22. Dezember 2010 jedoch keine Veranlassung zu einer Änderung gibt.
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 10.11.2009 - 6 O 232/08 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 20.05.2010 - 12 U 230/09 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 45 Entscheidung über das Ablehnungsgesuch


(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. (2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung b

Zivilprozessordnung - ZPO | § 47 Unaufschiebbare Amtshandlungen


(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten. (2) Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Verta

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Mai 2002 - XI ZR 388/01

bei uns veröffentlicht am 14.05.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZR 388/01 vom 14. Mai 2002 in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen am 14. Mai 2002 beschloss

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2003 - IX ZR 137/00

bei uns veröffentlicht am 29.01.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 137/00 vom 29. Januar 2003 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Kayser, Neško Ahlt und die Richterin Dr. Vézina am 29. Januar 2003 beschlossen: Di

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(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(3) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, so entscheidet das im Rechtszug zunächst höhere Gericht.

(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.

(2) Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern, so kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, so ist der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 137/00
vom
29. Januar 2003
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Kayser,
Neško Ahlt und die Richterin Dr. Vézina
am 29. Januar 2003

beschlossen:
Die Ablehnungsgesuche des Antragstellers gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kreft und die Richter am Bundesgerichtshof Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Ganter, Raebel und Dr. Bergmann werden zurückgewiesen.

Gründe:


I.


Der Antragsteller begehrt von den beklagten Rechtsanwälten, die ihn in zahlreichen Rechtsangelegenheiten vertreten haben, die Auszahlung vereinnahmter Beträge, die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines Titels und die Herausgabe eines Edelsteins. Die Beklagten zu 1 bis 5 und 7 wenden sich mit der Revision gegen ihre Verurteilung als Gesamtschuldner zur Zahlung von insgesamt 161.539,52 DM nebst Zinsen. Der Senat hat die Revision durch Beschluß vom 5. August 2002 angenommen.
Mit Schriftsatz des Patentanwalts T. vom 14. Dezember 2002, ergänzt durch Schriftsatz vom 24. Dezember 2002, hat der Antragsteller neben
Richtern anderer Zivilsenate des Bundesgerichtshofs die eingangs genannten Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er im wesentlichen geltend gemacht, ein Teil der abgelehnten Richter einschließlich des Vorsitzenden des IX. Zivilsenats sowie die Antragsgegner seien Mitglieder der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR). Dieser Verein vertrete die Interessen u.a. der Antragsgegner. Der abgelehnte Richter Dr. Ganter habe - wie andere Mitglieder des IX. Zivilsenats, die nicht dem Verein angehörten - das Verhalten des Senatsvorsitzenden über Jahre geduldet. Im übrigen sei das Revisionsverfahren durch den IX. Zivilsenat verschleppt worden.
Die abgelehnten Richter haben sich dienstlich geäußert. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Kreft hat erklärt, er sei bis zum Jahresende 2001 Mitglied in der Vereinigung GRUR gewesen. Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bergmann hat angegeben, dem Verein schon seit der Zeit vor seiner Ernennung zum Richter am Bundesgerichtshof anzugehören. Richter am Bundesgerichtshof Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Ganter und Raebel haben erklärt, daß ihnen vor dem Eingang des Befangenheitsgesuchs nicht bekannt gewesen sei, daß Vorsitzender Richter Dr. Kreft dem GRUR-Verein angehört habe, und sie sich hierüber keine Gedanken gemacht hätten. Richter am Bundesgerichtshof Kirchhof hat ergänzend angeführt, daß er das vorliegende Verfahren gegenüber den restlichen Eingängen des Jahres 1999 bevorzugt zum 5. August 2002 für die Annahmeberatung bearbeitet habe.
Mit weiteren Eingaben des Patentanwalts hat der Antragsteller sein Ablehnungsgesuch auf sämtliche Straf- und Zivilrichter des Bundesgerichtshofs
erstreckt und beantragt, die Ablehnungsgesuche dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.

II.


Der Senat ist in der eingangs genannten Besetzung zur Entscheidung berufen, weil die Ablehnung sämtlicher Richter des Bundesgerichtshofs rechtsmißbräuchlich und daher unbeachtlich ist (vgl. BGH, Beschl. v. 14. November 1991 - I ZB 15/91, NJW 1992, 983, 984). Schon deshalb besteht keine Veranlassung zur Vorlage der Sache an den EuGH.
1. Das Ablehnungsgesuch gegen Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ganter ist unzulässig. Nach gesicherter Rechtsauffassung fehlt das Rechtsschutzbedürfnis zur Ablehnung eines Richters, wenn dieser mit der Sache nicht, nicht mehr oder nicht wieder befaßt werden kann (BFH NJW-RR 1996, 57 f; Thomas/Putzo, ZPO 24. Aufl. § 42 Rn. 7). Dies ist hier der Fall. Denn der abgelehnte Richter gehört nach den beschlossenen Mitwirkungsgrundsätzen des Senats nicht der Sitzgruppe an, die über die Revision der Antragsgegner zu entscheiden hat.
Im übrigen ist das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch aus den nachfolgenden Erwägungen auch unbegründet.
2. Die übrigen Ablehnungsgesuche sind nicht begründet. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet gemäß § 42 Abs. 2 ZPO nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Entscheidend ist, ob ein Prozeßbeteiligter bei
vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlaß hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln (BVerfG NJW 1993, 2230 m.w.N.; BGH, Beschl. v. 14. Mai 2002 - XI ZR 322/01 -, vgl. Besprechung Vollkommer EWiR 2003, 41 f). Das ist hier nicht der Fall.
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller darauf, daß der abgelehnte Richter Dr. Bergmann Mitglied in der Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR) ist. Die bloße Mitgliedschaft eines Richters in einem prozeßbeteiligten Verein mit einer größeren Mitgliederzahl ist für sich allein grundsätzlich kein Ablehnungsgrund (vgl. BGH, Beschl. v. 5. März 2001 - I ZR 58/00 - BGH-Report 2001, 432, 433). Der Verein GRUR hat mehrere tausend Mitglieder. Daß der abgelehnte Richter Dr. Bergmann in diesem Verein oder anderweitig in einer Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit rechtfertigenden Weise tätig geworden sei, zeigt der Antragsteller nicht auf. Im übrigen ist der GRUR-Verein nicht einmal Prozeßbeteiligter. Für den Fall, daß dem Antragsteller in dem Prozeß nicht der Verein selbst, sondern nur einzelne seiner Mitglieder gegenüberstehen, gelten keine engeren Maßstäbe.
Aus den gleichen Erwägungen bleiben die gegen die übrigen abgelehnten Richter des IX. Zivilsenats, die dem GRUR-Verein nicht oder nicht mehr angehören, gestellten Ablehnungsanträge ohne Erfolg.
Schließlich besteht für eine Verzögerung der Entscheidung des Revisionsgerichts aus sachfremden Gründen, die auf eine Voreingenommenheit der mitwirkenden Richter schließen könnte, kein Anhalt.
Kayser Fuchs Ahlt Vézina

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 388/01
vom
14. Mai 2002
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter
Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin
Mayen
am 14. Mai 2002

beschlossen:
Die Ablehnungsgesuche des Klägers gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof N. und den Richter am Bundesgerichtshof Dr. S. werden als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:


1. Der Kläger macht gegen die beklagte Bank im Zusammenhang mit der Finanzierung des Erwerbs einer im Strukturvertrieb angebotenen Eigentumswohnung Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche geltend. Seine Klage, mit der er in erster Instanz teilweise Erfolg hatte, ist vom Berufungsgericht in vollem Umfang abgewiesen worden.
Im Revisionsverfahren, in dem er seine Klageforderungen weiterverfolgt , hat er mit Schriftsatz vom 4. April 2002 und ergänzend mit Schriftsätzen vom 24. April und 13. Mai 2002 den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof N. und den Richter am Bundesgerichtshof Dr. S. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er im
wesentlichen geltend gemacht: Die abgelehnten Richter verschlössen die Augen vor dem zu beurteilenden Fall. Dies zeige die von ihnen mit bestimmte Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zu "drückervermittelten Wohnungsfinanzierungen", die dem vorliegenden Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vergleichbare Fälle betreffe. Diese Rechtsprechung begünstige einseitig die kreditgewährenden Banken. Das Verhalten der abgelehnten Richter lege eine Bestechlichkeit nahe. Die Richter hätten an einer ganzen Serie von bankfinanzierten Seminaren zur Frage der Haftung der Banken für "drückervermittelte Wohnungsfinanzierungen" gemeinsam mit dem "Cheflobbyisten" der Beklagten Dr. Br. teilgenommen. Hierfür hätten sie von den Veranstaltern, darunter der Zeitschrift "W.", die von der "Interessengemeinschaft ... Kreditinstitute" kontrolliert werde, Honorare erhalten. Richter Dr. S. sei zudem Mitglied des Redaktionsbeirates der "W.". Auf einem Seminar dieser Zeitschrift am 18. Mai 2001 habe Dr. Br. erklärt, warum der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes drei Urteile des Oberlandesgerichts Ba., die gegen die Beklagte ergangen seien, aufzuheben habe. Richter Dr. S. habe dem zugestimmt und, bezogen auf die verbraucherfreundliche Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Ba., erklärt, "diesem Spuk" müsse "ein Ende bereitet werden". Später habe der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Urteile tatsächlich aufgehoben. Vorsitzender Richter N. habe im Winter 2000 in einem Festvortrag vor der Universität L. über seine Aufgabe als Richter gesprochen und ausgeführt, es gelte, insbesondere gegenüber der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften, die Wettbewerbssituation der betroffenen deutschen Wirtschaftsbranche im Auge zu behalten. Die abgelehnten Richter weigerten sich, die zu beurteilenden
Sachverhalte, insbesondere die Vertriebsmethoden, derer sich die Banken bedienten, vollständig zur Kenntnis zu nehmen. Dies sei Rechtsbeugung durch Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
Die abgelehnten Richter haben sich am 8. und 29. April 2002 dienstlich geäußert.
2. Die Ablehnungsgesuche sind nicht begründet.

a) Ablehnungsgesuch gegen Vorsitzenden Richter N.
aa) Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet gemäß § 42 Abs. 2 ZPO nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Entscheidend ist, ob ein Prozeßbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlaß hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln (BVerfG NJW 1993, 2230 m.w.Nachw.). Davon kann hier keine Rede sein.
bb) Der Kläger beruft sich ohne Erfolg auf die Rechtsprechung des XI. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes zu kreditfinanzierten Immobiliengeschäften. Die für einen Prozeßbeteiligten ungünstige Rechtsauffassung eines Richters in einem früheren Rechtsstreit zwischen anderen Parteien ist kein Ablehnungsgrund. Die Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit dient nicht dazu, sich gegen eine für unrichtig gehaltene Rechtsauffassung des Richters zu wehren, es sei denn, die Rechtsauffassung beruhte auf einer unsachlichen Einstellung des Rich-
ters oder auf Willkür. Die Mitwirkung eines Richters an früheren Entscheidungen kann seine Ablehnung deshalb nur rechtfertigen, wenn zusätzliche konkrete Umstände vorliegen, die ergeben, daû der Richter nicht bereit ist, seine frühere Meinung kritisch zu überprüfen und das Vorbringen der Prozeûbeteiligten unvoreingenommen zur Kenntnis zu nehmen (BAG NJW 1993, 879). Derartige Umstände liegen nicht vor.
(1) Die Teilnahme eines Richters an Seminaren zu aktuellen Rechtsfragen stellt keinen Ablehnungsgrund dar. Dies gilt auch dann, wenn zugleich Vertreter von Banken oder andere Interessenvertreter teilnehmen. Die Teilnahme von Richtern am Bundesgerichtshof und anderen Gerichten an wissenschaftlichen Veranstaltungen ist seit Jahrzehnten üblich und in der Fachöffentlichkeit allgemein bekannt. Sie dient der Darstellung und Vermittlung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und dem Austausch von Meinungen, auch in bezug auf sich in der Bankpraxis neu stellende Probleme und deren wirtschaftlichen Hintergrund. Ein wissenschaftlicher Austausch in diesem Sinne ist insbesondere für ein oberstes Bundesgericht unverzichtbar. Damit geht einher , daû die Teilnahme von Richtern an solchen Tagungen und ihre Meinungsbekundungen dort grundsätzlich nicht geeignet sind, ihre Befangenheit zu begründen. Dies gilt auch dann, wenn wissenschaftliche Äuûerungen über die bereits vorliegende Rechtsprechung hinausgehen (vgl. BVerfG NJW 1997, 1500).
Auch das Verhältnis, in dem die Veranstalter der Seminare zur Beklagten stehen, rechtfertigt die Besorgnis der Befangenheit nicht. Hinsichtlich des Veranstalters des Seminars am 27. Oktober 2000, des
R-Verlages, zeigt der Kläger keine Beziehung oder wirtschaftliche Abhängigkeit zur Beklagten oder anderen Banken auf. Hinsichtlich des Seminars am 18. Mai 2001 macht er ohne Erfolg geltend, dieses sei von der Zeitschrift "W.", die von der "Interessengemeinschaft ... Kreditinstitute" kontrolliert werde, veranstaltet worden. Der Kläger hat keinen Anhaltspunkt dafür vorgetragen, daû die unterstellte Abhängigkeit der Zeitschrift "W." von der Kreditwirtschaft den wissenschaftlichen Charakter des Seminars am 18. Mai 2001 in Frage gestellt und die Rechtsauffassung des Richters zu den im vorliegenden Rechtsstreit erheblichen Rechtsfragen beeinfluût haben könnte.
Das Honorar, das die Veranstalter dem Richter gezahlt haben, ist ein Entgelt für den Arbeits- und Zeitaufwand zur Vorbereitung und Durchführung der Seminare. Derartige Honorare sind allgemein üblich und werden aus den Einnahmen geleistet, die die Seminarveranstalter in Form der Teilnehmergebühren erzielen. Vor diesem Hintergrund fehlt jeder vernünftige Grund zu der Besorgnis, daû mit dem Honorar Einfluû auf die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genommen werden könnte. Der vom Kläger geäuûerte Verdacht der Bestechlichkeit ist daher nicht nachvollziehbar.
(2) Der Festvortrag, den Vorsitzender Richter N. im Winter 2000 vor der Universität L. gehalten hat, rechtfertigt die Besorgnis der Befangenheit ebenfalls nicht. Derartige Vorträge rechtfertigen die Besorgnis der Voreingenommenheit ebensowenig wie die Teilnahme an wissenschaftlichen Seminaren. Zudem räumt der Kläger in seinem Schriftsatz vom 24. April 2002 selbst ein, daû der Richter sich hier nicht zu kreditfi-
nanzierten Immobiliengeschäften oder anderen im vorliegenden Rechtsstreit erheblichen Fragen geäuûert hat.
(3) Die pauschale Behauptung des Klägers, der Richter weigere sich, die zu beurteilenden Sachverhalte, insbesondere die Vertriebsmethoden , derer sich die Banken bedienten, vollständig zur Kenntnis zu nehmen, reicht zur Darlegung eines Ablehnungsgrundes ebenfalls nicht aus. Der Kläger hat weder schlüssig vorgetragen, daû der Richter in einem anderen Rechtsstreit den Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör durch Übergehung eines bestimmten Tatsachenvortrages verletzt haben könnte, noch, daû ein solches Verhalten die Besorgnis der Befangenheit im vorliegenden Verfahren begründen könnte. Soweit der Kläger geltend macht, der Richter sei in zwei Nichtannahmebeschlüssen auf entscheidungserheblichen Vortrag nicht eingegangen, verkennt er, daû einer dieser Beschlüsse von einem anderen Senat des Bundesgerichtshofs und daher ohne Mitwirkung des Richters gefaût worden ist, sowie daû das Gesetz eine nähere Begründung für Nichtannahmebeschlüsse nicht vorsieht. Der Vorwurf der Rechtsbeugung durch Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör entbehrt jeder Grundlage.

b) Ablehnungsgesuch gegen Richter Dr. S.
aa) Soweit das Ablehnungsgesuch gegen Richter Dr. S. auf dieselben Gründe wie das Gesuch gegen Vorsitzenden Richter N. gestützt wird, ist es aus den bereits dargelegten Gründen nicht gerechtfertigt.
bb) Auch die darüber hinaus geltend gemachten Gründe rechtfertigen die Besorgnis der Befangenheit nicht.
(1) Die Mitgliedschaft des abgelehnten Richters im Redaktionsbeirat der Zeitschrift "W." reicht hierfür nicht aus. Selbst die Mitgliedschaft eines Richters in einem prozeûbeteiligten Verein mit einer gröûeren Mitgliederzahl ist kein Ablehnungsgrund (BGH, Beschluû vom 5. März 2001 - I ZR 58/00, BGH-Report 2001, 432, 433).
(2) Soweit der Kläger behauptet, Richter Dr. S. habe auf dem Seminar am 18. Mai 2001 dem stellvertretenden Chefsyndikus der Beklagten darin zugestimmt, daû drei Urteile des Oberlandesgerichts Ba., die zum Nachteil der Beklagten ergangen waren, aufzuheben seien, und, bezogen auf die verbraucherfreundliche Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Ba., erklärt, "diesem Spuk" müsse "ein Ende bereitet werden" , vermag auch dies dem Ablehnungsgesuch nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Es unterliegt bereits erheblichen Zweifeln, ob die behaupteten Äuûerungen des Richters zu drei bestimmten, inzwischen abgeschlossenen Revisionsverfahren überhaupt geeignet sein könnten, für Parteien anderer Verfahren wie den Kläger die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.
Jedenfalls ist ein Ablehnungsgrund nicht glaubhaft gemacht (§ 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Der Richter hat in seiner dienstlichen Äuûerung vom 8. April 2002 erklärt, er habe sich in keinem einzigen Fall zu einem
schwebenden Verfahren geäuûert. Rechtsanwalt Prof. Dr. K. hat diese Darstellung in seinem Schriftsatz vom 25. April 2002 "voll und ganz" bestätigt. Gegenüber diesen Äuûerungen reichen die vom Kläger vorgelegte eidesstattliche Versicherung von Frau A. La. vom 24. April 2002 und die anwaltliche Versicherung von Rechtsanwalt Dr. Sc., die die Darstellung des Klägers im wesentlichen bestätigen, zur Glaubhaftmachung nicht aus.

c) Die einzelnen vom Kläger geltend gemachten Umstände rechtfertigen auch bei zusammenfassender Würdigung die Besorgnis der Befangenheit nicht. Das Verhalten der Richter begründet nicht die Annahme , die von ihnen mit bestimmte Rechtsprechung des Senats zu kreditfinanzierten Immobiliengeschäften beruhe auf unsachlichen Erwägungen und hindere sie daran, das Vorbringen des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit unvoreingenommen zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen.
Bungeroth Müller Joeres
Wassermann Mayen