Bundesgerichtshof Beschluss, 17. März 2004 - IV ZB 41/03
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Streitwert: 3.855 €
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt Wiedereinsetzung in den vo rigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung ihrer Berufung.
Ihrem Prozeßbevollmächtigten wurde am 25. April 20 03 das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts zugestellt. Auf dessen Vorderseite vermerkte die Büroangestellte zutreffend den 26. Mai 2003 als letzten Tag der Berufungsfrist sowie den 25. Juni 2003 als letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist und trug diese Daten auch in den Fristenkalender der Kanzlei ein. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin überprüfte die eingetragenen Fristen, als ihm die Akte am 12. Mai 2003 vorgelegt wur-
de, und legte rechtzeitig Berufung ein. Als die Angestellte die Mitteilung des Landgerichts erhielt, daß die Berufung dort am 26. Mai 2003 eingegangen sei, notierte sie den 26. Juni 2003 als Datum des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender und strich den 25. Juni 2003 aus. Sie hat an Eides Statt versichert, dieses Versehen sei ihr unerklärlich ; sie sei über die Änderung der Berufungsbegrün dungsfrist durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Zivilprozesses unterrichtet gewesen, wie ihre ursprüngliche Eintragung auf der Ausfertigung des amtsgerichtlichen Urteils zeige. Am 18. Juni 2003 legte die Angestellte die Akte dem Prozeßbevollmächtigten mit einem außen angebrachten Zettel in DIN-A-6 Größe vor, auf dem als Tag des Fristablaufs der 26. Juni 2003 angegeben war. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat eidesstattlich versichert, er habe sich auf diese Angabe verlassen , als er am 25. Juni 2003 die Berufungsbegründung diktiert habe, weil die Fristberechnung von ihm bereits vor Einlegung der Berufung überprüft und für richtig befunden worden war. Die Berufungsbegründung wurde am 26. Juni 2003 unterschrieben und ging am gleichen Tag per Telefax beim Landgericht ein.
Am 10. Juli 2003 erhielt der Prozeßbevollmächtigte den Hinweis des Landgerichts, daß die Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gewahrt sei. Am 18. Juli 2003 ging beim Landgericht der Antrag auf Wiedereinsetzung ein. Mit Beschluß vom 6. Oktober 2003 hat das Landgericht den Antrag zurückgewiesen, da die Versäumung der Prozeßhandlung auf einem der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbaren eigenen Verschulden des Prozeßbevollmächtigten beruhe. Dieser habe nicht durch geeignete organisatorische Maßnahmen Sorge dafür getragen , daß eine Büroangestellte nicht eigenmächtig die im Fristenkalender
notierten Daten ändere. Jedenfalls habe er nach Vorlage der Akte zum Zweck der Berufungsbegründung den Ablauf der Frist selbst nachrechnen müssen. Die als Gegenvorstellung zu wertende Beschwerde der Klägerin hat das Landgericht mit Beschluß vom 29. Oktober 2003 als unzulässig verworfen. Darin wird hervorgehoben, dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin sei nicht nur zuzumuten, sondern im Rahmen seiner Berufungsbegründung auch ohne weiteres möglich gewesen, noch einmal den Fristablauf anhand des Eingangsstempels auf dem angefochtenen Urteil zu kontrollieren.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 6. Nov ember 2003 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Rechtsbeschwerde.
II. Das Rechtsmittel ist statthaft. Auch wenn die Berufung wie hier noch nicht als unzulässig verworfen worden ist, kann gegen den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagenden Beschluß gemäß §§ 238 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Rechtsbeschwerde eingelegt werden (BGHZ 152, 195, 197 f.). Deren formelle Voraussetzungen (§ 575 ZPO) sind eingehalten. Die Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und auch wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zulässig (§ 574 Abs. 2). Sie bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Der Beschwerdeführer macht im wesentlichen geltend , zwar sei ein Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet, den Fristablauf selbst nachzuprüfen, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt wird (BGH, Beschluß vom
13. November 1975 - III ZB 18/75 - NJW 1976, 627, 628; Beschluß vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632; Beschluß vom 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02 - NJW 2003, 1815 unter II 2). Nicht geklärt sei indessen, ob diese Prüfung notwendig in engem zeitlichen Zusammenhang mit der fristgebundenen Prozeßhandlung und insbesondere auch dann erfolgen müsse, wenn der Prozeßbevollmächtigte wie im vorliegenden Fall die korrekte Eintragung des Ablaufs der für die Prozeßhandlung maßgebenden Frist in den Kalender der Kanzlei bereits zu einem früheren Zeitpunkt überprüft habe. Eine doppelte Prüfung könne von ihm ebenso wenig erwartet werden wie die doppelte Führung von Fristenkalendern (dazu BGH, Beschluß vom 29. Juni 2000 - VII ZB 5/00 - NJW 2000, 3006 unter II 2 a).
Dem ist nicht zu folgen. Die Pflicht des Prozeßbev ollmächtigten, den Fristablauf bei der Vorbereitung einer fristgebundenen Prozeßhandlung selbständig zu prüfen, beruht darauf, daß die sorgfältige Vorbereitung der Prozeßhandlung stets auch die Prüfung aller gesetzlichen Anforderungen an ihre Zulässigkeit einschließt. Diese Aufgabe ist von der Fristberechnung und Fristkontrolle zu unterscheiden, die lediglich der rechtzeitigen Vorlage der Akten zum Zweck ihrer Bearbeitung durch den Rechtsanwalt dienen. Nur insoweit kann sich der Rechtsanwalt von der routinemäßigen Fristenüberwachung entlasten (BGH, Beschluß vom 13. November 1975 aaO). Anders als bei der doppelten Führung von Fristenkalendern geht es hier um unterschiedliche Aufgaben des von den Angestellten geführten Fristenkalenders einerseits und der Pflicht des Prozeßbevollmächtigten selbst zur Vorbereitung der Prozeßhandlung andererseits. Hat der Prozeßbevollmächtigte - wie er hier vorträgt - die von seiner Angestellten in den Fristenkalender eingetragene Frist über-
prüft, obwohl dies von der Aufgabenstellung her an sich nicht erforderlich gewesen wäre, befreit ihn dies nicht davon, im Rahmen seiner Vorbereitung einer Prozeßhandlung die Einhaltung der für diese vorgeschriebenen Frist nochmals zu überprüfen. Zwar muß die Prozeßhandlung nicht in einem Zuge und zeitnah mit dem Ablauf einer für sie geltenden Frist vorbereitet werden. Das ändert aber nichts an der Eigenverantwortung des Rechtsanwalts für die Richtigkeit und die Einhaltung der etwa von ihm zu einem früheren Zeitpunkt bereits berechneten Frist.
Die Rechtsbeschwerde war daher zurückzuweisen. Auf die Frage, ob der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin durch besondere Maßnahmen Vorsorge dafür getroffen hatte, daß eine im Fristenkalender notierte, von ihm überprüfte Frist nicht von der Angestellten eigenmächtig verändert wurde, kommt es nicht mehr an.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch
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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und - 2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), - 2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2, - 3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.
(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Beklagte ist mit Urteil des Landgerichts vom 23. August 1999 zur Zahlung von Vorschuß wegen Baumängel verurteilt worden. Sie hat gegen das am 15. Oktober 1999 zugestellte Urteil am 18. November 1999 Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung der Wiedereinsetzung haben die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten glaubhaft gemacht:Für die Notierung von Berufungsfristen sei seit Jahren nur die gewissenhafte , zuverlässige Sekretärin B. zuständig. Sie habe die Aufgabe, im Fristenkalender die Berufungsfrist mit Vorfristen zu notieren, die Notierung durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Urteil zu dokumentieren und die Sache anschließend rechtzeitig vor Fristablauf der Sekretärin des sachbearbeitenden Anwalts zur Bearbeitung vorzulegen. Ferner sei sie angewiesen, vor Verlassen des Büros die Fristen im Fristenkalender zu kontrollieren und erst zu streichen, wenn sie sich davon überzeugt habe, daß sie erledigt seien. Ausweislich des Fristenkalenders sei der Ablauf der Berufungsfrist mit zwei Notfristen vom 8. November und 12. November 1999 korrekt auf den 15. November 1999 notiert worden. Aus der Streichung der Fristen vom 8. und 11. November ergebe sich, daß B. die Sache der Anwaltssekretärin K. vorgelegt habe. Diese habe es unterlassen, die Akten dem Berufungsanwalt vorzulegen, vermutlich deswegen, weil sie wegen Ausscheidens eines Anwalts zusätzliche Arbeiten zu erledigen hatte. Dies allein habe noch nicht zur Versäumung der Berufungsfrist führen können. Hinzu komme, daß B. es weisungswidrig versäumt habe, am 15. November 1999 vor Verlassen des Büros die Frist zu kontrollieren. Im Fristenkalender sei die Berufungsfrist nicht gestrichen worden. Die Fristenkontrolle gehöre seit 1992 zu den wichtigsten Aufgaben von B.. Es sei bisher niemals zu Versäumnissen gekommen. Das einmalige Fehlverhalten von B. sei nur damit zu erklären, daß sie damals Eheprobleme gehabt habe, die ihren Vorgesetzten nicht bekannt gewesen seien. Sie habe wohl deswegen am 15. November 1999 nach Feierabend das Büro verlassen, ohne sich zuvor zu vergewissern, daß die Berufung in der vorgemerkten Frist gefertigt worden sei. Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung und die Berufung "zurückgewiesen". Dagegen richtet sich die fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten.
II.
Die sofortige Beschwerde hat Erfolg. Die Beklagte war ohne Verschulden ihrer Prozeßbevollmächtigten verhindert, die Frist zur Einlegung der Berufung einzuhalten. 1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, es liege ein Organisationsverschulden darin, daß die Anwaltssekretärin keinen eigenen Fristenkalender führe. Es sei daher aus organisatorischen Gründen nicht ausgeschlossen, daß die Akten dem Anwalt nicht fristgerecht vorgelegt würden. Da die Durchsicht des Fristenkalenders erst abends erfolge, sei es nicht ausgeschlossen, daß die Sekretärin B. weder die Sekretärin des sachbearbeitenden Anwalts noch diesen selbst mehr erreiche. Den individuellen Fehlern der Angestellten hätten die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten entgegenwirken müssen. Die eigene Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts sei erhöht, wenn Störungen in der Organisation des Büros auftreten. Bei den mitgeteilten personellen Problemen sei es notwendig gewesen , daß der Anwalt delegierte Aufgaben, wie zum Beispiel die Fristenkontrolle, wieder an sich ziehe. Unabhängig davon habe die Beklagte nicht dargetan, wann sie die Anwälte beauftragt habe, Berufung einzulegen. Wäre eine entsprechende Bitte an ihre Anwälte erfolgt, wären die Handakten außerhalb der notierten Fristen dem Anwalt vorgelegt worden, der rechtzeitig vor Fristablauf die Berufung hätte einlegen können. 2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Fristversäumung beruht auf einem Fehlverhalten der Angestellten der Prozeßbevollmächtigtender Beklagten und nicht auf einem zurechenbaren Verschulden ihrer Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO).
a) Der Beklagten kann nicht angelastet werden, daß im Büro ihrer Prozeßbevollmächtigten nicht zwei Fristenkalender geführt wurden. Es ist ausreichend , zur Beachtung der Fristen einen Fristenkalender zu führen. Der Fristenkalender wurde hier auch ordnungsgemäß geführt. Die Wahrung der Fristen ist dadurch doppelt abgesichert, daß Vorfristen und Ablauffristen eingetragen werden und die allein zuständige Sekretärin B. angewiesen ist, diese Fristen nur zu streichen, wenn sie sich persönlich überzeugt hat, daß der fristgebundene Vorgang erledigt ist.
b) Das Berufungsgericht mißt dem Vortrag der Beklagten falsche Bedeutung zu, die Sekretärin B. sei angewiesen, sich vor Verlassen des Büros zu vergewissern, daß alle im Fristenkalender vermerkten Fristen erledigt seien; denn damit wird nicht, worauf die Beklagte zulässig in der Begründung der sofortigen Beschwerde hinweist, zum Ausdruck gebracht, daß die Fristenkontrolle nur zum Ende der täglichen Dienstzeit erstmalig vorgenommen wird. Der Vortrag ist vielmehr dahin zu verstehen, daß für die Sekretärin die Weisung bestand , den Fristenkalender vor ihrem Dienstschluß (um 17 Uhr) noch einmal durchzugehen, um zu kontrollieren, ob keine Frist übersehen wurde. Unzutreffend ist auch, daß zu diesem Zeitpunkt kein zur Abfassung einer Berufung bereiter Rechtsanwalt mehr erreichbar wäre. Denn nach dem Beschwerdevorbringen verlassen die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten das Büro üblicherweise nicht vor 19 Uhr. Ein Berufungsanwalt kann jederzeit verständigt werden.
c) Nicht gefolgt werden kann der auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluß vom 26. August 1999 - VII ZR 12/99, NJW 1999, 3783 =
EBE 1999, 338 = MDR 1999, 1411) gestützten Ansicht, die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten habe wegen des Ausscheidens eines Rechtsanwalts und privater persönlicher Probleme der Sekretärin eine erhöhte Sorgfaltspflicht getroffen. Von den privaten Problemen der Sekretärin B. haben diese erst erfahren , als B. nach Versäumung der Berufungsfrist zur Rede gestellt wurde. Die Beklagte hat das Fehlverhalten der Angestellten auch nicht damit begründet, daß das Personal drastisch reduziert oder chronisch überlastet war. Sie hat nur die Vermutung geäußert, daß die Anwaltssekretärin K. wegen des Ausscheidens eines Kollegen mehr als üblich belastet war. Insofern handelte es sich nach der Begründung der sofortigen Beschwerde um eine Mehrbelastung, die nicht über die in einer Anwaltskanzlei urlaubs- und saisonbedingt üblicherweise auftretenden Schwankungen des Arbeitsausfalls hinausgeht. Besondere organisatorische Maßnahmen waren daher nicht erforderlich. Das Versehen der Anwaltssekretärin hätte zudem nicht zur Fristversäumung geführt, wenn die Sekretärin B. die Fristenkontrolle bei Ablauf der Berufungsfrist am 15. November 1999 ordnungsgemäß vorgenommen hätte.
d) Ohne Bedeutung ist, daß die Beklagte nicht dargelegt hat, zu welchem Zeitpunkt sie ihren Anwälten den Auftrag erteilt hat, die Berufung gegen das landgerichtliche Urteil einzulegen. Dies steht in keinem kausalen Zusammenhang zur Fristversäumung, weil die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten unabhängig vom Zeitpunkt der Beauftragung die Frist bis zum letzten Tag ausnutzen konnten. Thode Hausmann Kuffer Kniffka Wendt