Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2006 - IV ZB 36/05

bei uns veröffentlicht am14.06.2006
vorgehend
Landgericht Karlsruhe, 5 O 86/99, 11.03.2005
Oberlandesgericht Karlsruhe, 3 U 20/05, 27.07.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 36/05
vom
14. Juni 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
_____________________
Zu den Anforderungen an eine mündliche Weisung des Rechtsanwalts an
sein Büro, einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist
vorzubereiten.
BGH, Beschluss vom 14. Juni 2006 - IV ZB 36/05 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke
am 14. Juni 2006

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. Juli 2005 wird verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Streithelfers.
Streitwert: 235.000 €

Gründe:


1
I. Die Kläger, deren auf § 2287 BGB gestützte Klage auf Herausgabe von Grundstücken durch Urteil des Landgerichts vom 11. März 2005 abgewiesen worden war, haben die Frist zur Berufungsbegründung versäumt. Das landgerichtliche Urteil wurde ihrem Prozessbevollmächtigten am 31. März 2005 zugestellt. Am 19. April 2005 wurde rechtzeitig Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung lief am 31. Mai 2005 ab. Erst am 1. Juni 2005 ging ein Schreiben des Prozess- bevollmächtigten der Kläger von diesem Tage beim Berufungsgericht ein, mit dem eine Verlängerung der Berufungsbegründungfrist wegen Urlaubs und Arbeitsüberlastung des alleinigen Sachbearbeiters um einen Monat beantragt wurde.
2
Nach einem Hinweis auf den Fristablauf wurde am 24. Juni 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt; am 29. Juni 2005 ging die Berufungsbegründung ein. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags wurde vorgetragen, eine sonst stets zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte habe den Ablauf der Berufungsfrist (am Montag, dem 2. Mai 2005,) und die Frist zur Berufungsbegründung nebst zugehörigen Vorfristen zwar in der Handakte zutreffend berechnet und als erledigt notiert ; bei der Eintragung im Fristenkalender habe sie das Ende der Berufungsbegründungsfrist aber nicht auf den 31. Mai 2005 vermerkt, sondern auf den 2. Juni 2005. Der sachbearbeitende Rechtsanwalt war vom 19.-30. Mai 2005 berufs- und urlaubsbedingt ortsabwesend. Im Hinblick darauf habe er zuvor "in der Kanzlei" verfügt, dass in dieser Sache eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt werden solle. Entgegen der Weisung sei dieser Antrag aber weder dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt noch vor dem 19. Mai 2005 vorgelegt worden noch seinem Vertreter in der Kanzlei in der Zeit seiner Abwesenheit , sondern wegen des unrichtig im Kalender eingetragenen Fristablaufs erst am 1. Juni 2005.
3
Das Berufungsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen. Zwar habe sich der Anwalt darauf verlassen dürfen, dass die in der Handakte zutreffend berechnete und mit ei- nem Erledigungsvermerk versehene Frist von seinem Büro beachtet werde; zur Einsicht auch in den Fristenkalender sei er nicht verpflichtet. Da der Klägervertreter aber nicht dargelegt habe, dass er die Vorlage eines Verlängerungsantrags schriftlich verfügt habe, sei davon auszugehen , dass diese Verfügung nur mündlich erfolgte. Wenn ein so wichtiger Vorgang wie die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nur durch mündliche Anweisung veranlasst werde, seien zusätzliche organisatorische Vorkehrungen erforderlich, damit die Anweisung sofort erledigt und nicht etwa wegen anderer Arbeiten zurückgestellt werde oder in Vergessenheit gerate. Das Fehlen solcher Vorkehrungen zeige sich hier daran, dass der Verlängerungsantrag dem sachbearbeitenden Anwalt erst am 1. Juni 2005 und nicht - wie es seiner Anweisung entsprochen hätte - noch vor seiner Abwesenheit vorgelegt und auch nicht einem Kollegen während seiner Abwesenheit zur Unterschrift gegeben worden sei.
4
II. Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte und rechtzeitig erhobene Rechtsbeschwerde war als unzulässig zu verwerfen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Sie wäre auch unbegründet.
5
1. Nach Ansicht der Beschwerde kommt der Frage, ob bei einer mündlich erteilten Anweisung besondere organisatorische Vorkehrungen gegen ein Vergessen zu treffen sind, grundsätzliche Bedeutung zu. Das Berufungsgericht stütze sich insoweit auf Entscheidungen, in denen der Rechtsanwalt ein Empfangsbekenntnis über die Urteilszustellung unterzeichnet und zurückgegeben, seine Bürokraft aber lediglich mündlich beauftragt hatte, das (für die Berechnung der Rechtsmittelfristen erforderli- che) Zustellungsdatum in den Handakten zu vermerken (BGH, Beschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435 unter II 1 a; vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - NJW 2002, 3782 unter II 1 a; vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - NJW 2004, 688 unter II 2 a bb; BAG NJW 2003, 1269, 1270). Diese ausdrücklich von dem Grundsatz abweichenden Entscheidungen, dass sich ein Rechtsanwalt auf die Befolgung seiner Anweisungen verlassen dürfe, auch wenn sie mündlich erteilt werden, könnten nicht auf Fälle wie den vorliegenden übertragen werden, in denen es um eine - noch dazu erste - Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gehe. Eine solche Verlängerung könne noch am letzten Tag der zu verlängernden Frist beantragt werden, mithin an dem Tag, an dem die Handakte wegen des Fristablaufs ohnehin vorgelegt werde. Auch in einem Beschluss des BGH vom 11. Februar 1998 (XII ZB 184/97 - NJW-RR 1998, 787 unter II 2 a und c) sei eine mündliche Einzelanweisung , die sich auf den Weg der Beförderung eines derartigen Verlängerungsantrags an das zuständige Gericht bezog, als ausreichend angesehen worden. Zumindest müsse die Beschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen werden.
6
Der 2. vorliegende Fall bietet indessen unter keinem der nach § 574 Abs. 2 ZPO maßgebenden Gesichtspunkte Anlass zu einer Zulassung der Beschwerde. Vielmehr ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen des den Klägern nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts mit Recht zurückgewiesen worden.

7
a) Die Rechtsprechung zur Notwendigkeit zusätzlicher organisatorischer Vorkehrungen gegen ein Vergessen nur mündlich erteilter Anweisungen ist nicht auf Fälle der Eintragung des Ablaufs einer Rechtsmittelfrist beschränkt. Zwar gilt sie nur für besonders wichtige Vorgänge; dazu ist aber auch die Absendung eines Schriftsatzes gerechnet worden, durch den die Berufungsbegründungsfrist gewahrt werden sollte (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2004 - VI ZB 10/04 - NJW-RR 2004, 1361 unter 2). Hier sollte diese Frist zwar noch nicht endgültig durch Vorlage der Berufungsbegründung eingehalten, sondern zunächst gemäß § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO verlängert werden. Voraussetzung dafür ist der Eingang des Verlängerungsantrags vor Fristablauf; ohne diesen kann die abgelaufene Frist nicht mehr verlängert werden (BGHZ 83, 217, 221 f.; 116, 377, 378 f.; BGH, Beschluss vom 10. Juni 2003 - VIII ZB 126/02 - NJW 2003, 3418 unter II 2 a.E.). Damit ist der rechtzeitige Eingang des Verlängerungsantrags bei Gericht nicht weniger wichtig als die richtige Berechnung des Fristendes.
8
b) Ungeachtet der vom Berufungsgericht vermissten organisatorischen Vorkehrungen gegen ein Vergessen der mündlich erteilten Weisung war die hier vorgetragene mündliche Verfügung des Anwalts schon aus sich heraus nicht hinreichend präzis. Aus dem Klägervorbringen ergibt sich nicht, ob die Anweisung einer bestimmten Bürokraft persönlich erteilt worden ist und ob dies etwa die Angestellte war, die das Ende der Berufungsbegründungsfrist falsch in den Kalender eingetragen und den Verlängerungsantrag erst am 1. Juni 2005 zur Unterschrift vorgelegt hat. Ihrer eidesstattlichen Versicherung ist über die vorgetragene mündliche Verfügung des Anwalts nichts zu entnehmen. Unklar bleibt weiter, welche Anforderungen der Anwalt hinsichtlich des Zeitpunkts der Vorlage des Verlängerungsantrags gestellt hat. Wenn er gesagt haben sollte, der Antrag solle entweder noch ihm selbst vor seiner am 19. Mai 2005 beginnenden Ortsabwesenheit zur Unterschrift vorgelegt werden oder aber seinem Vertreter in der Zeit seiner Abwesenheit vom 19.-30. Mai 2005, wäre durch die Einräumung eines so langen Spielraums für die Erledigung des Auftrags die Gefahr eines Vergessens gegenüber zahlreichen anderen Verpflichtungen der betreffenden Bürokraft stark erhöht worden. Eine solche Einzelweisung bietet keine hinreichende Gewähr dafür, dass eine Fristversäumung zuverlässig verhindert wird (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 1998 - X ZB 20/98 - NJW 1999, 429 unter II 3).
9
c) Nach dem Klägervorbringen ist nicht ausgeschlossen, dass der Anwalt überhaupt nicht mehr verlangt hat als eine zeitlich von ihm nicht näher eingegrenzte Vorbereitung des Verlängerungsantrags. Wenn der Bürokraft nicht vorgegeben war, wann der Antrag zur Unterschrift vorgelegt werden sollte, hat der Anwalt die von ihm im Hinblick auf den Verlängerungsantrag als einer fristgebundenen Prozesshandlung eigenverantwortlich wahrzunehmenden Pflichten versäumt, den Zeitpunkt des Fristablaufs zu überprüfen und die Einhaltung der Frist zu sichern (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. März 2004 - IV ZB 41/03 - NJW-RR 2004, 1150 unter II; vom 19. Februar 1991 - VI ZB 2/91 - NJW-RR 1991, 827 unter II 2 b aa). Vielmehr blieb es der Bürokraft überlassen, wann sie den Verlängerungsantrag zur Unterschrift vorlegen würde. Diese wird sich auf die (fehlerhafte) Eintragung des Fristablaufs im Kalender verlassen haben. Für die Annahme, dass der Anwalt hier den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist selbst nicht kontrolliert hat, spricht der Umstand, dass er den Verlängerungsantrag noch am 1. Juni 2005 unterschrieben hat, also einen Tag nach Ablauf der Frist, und erst auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass die Frist versäumt sei, Wiedereinsetzung beantragt hat. Er hat gegenüber dem Berufungsgericht die unzutreffende Ansicht vertreten, ein Anwalt müsse bei Unterzeichnung eines solchen Verlängerungsantrags die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist nicht selbst überprüfen (Schriftsatz vom 11. Juli 2005 auf Seite 2).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 11.03.2005 - 5 O 86/99 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.07.2005 - 3 U 20/05 -

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.

(2) Die Verjährungsfrist des Anspruchs beginnt mit dem Erbfall.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 399/01
vom
5. November 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO §§ 212 a.F., 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sind, daß eine korrekte
Fristeintragung erfolgt.
BGH, Beschluß vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. November 2002 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederich-
sen sowie die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Der Antrag des Beklagten zu 3) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Beklagten zu 3) gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. September 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte zu 3) trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 189.015, 66 DM)

Gründe:

I.


Das am 19. September 2001 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts ist dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 3) (zukünftig : Beklagter) am 15. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 19. November 2001 erteilte der Beklagte den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts, das am 17. Oktober 2001 zugestellt worden sei, Revision einzulegen. Am selben Tage ging die Revisionsschrift beim Bundesgerichtshof ein. Nach Eingang der Revisionsbegründung wies der Berichterstatter mit Ver-
fügung vom 17. Juli 2002, dem Revisionsanwalt zugegangen am 19. Juli 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 15. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 2. August 2002 begehrt der Beklagte unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Zur Begründung führt er aus: Am 15. Oktober 2001 sei das Berufungsurteil im Büro des Berufungsanwalts eingegangen. Mit der Behandlung des Posteingangs, der Führung des Terminkalenders und der Fristenkontrolle sei zu jener Zeit die ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte S. betraut gewesen. Diese habe am selben Tag das Urteil nebst Empfangsbekenntnis dem Berufungsanwalt vorgelegt. Dieser habe das mit dem Datum des 15. Oktober 2001 vorbereitete Empfangsbekenntnis unterschrieben, mit ihr das weitere Vorgehen besprochen und insbesondere darauf hingewiesen, daß die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren sei. Frau S. habe allerdings versehentlich nicht auch das Urteil mit dem Eingangsstempel 15. Oktober 2001 abgestempelt. Sie führe dies darauf zurück, daß sie es dem Berufungsanwalt aufgrund einer ausdrücklichen Weisung sofort vorgelegt habe, ohne - wie sonst üblich - sämtlichen Posteingang komplett abzustempeln. Nach Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch den Berufungsanwalt habe sie dieses vom Urteil entfernt und zum Postausgang für das Berufungsgericht gereicht, ohne nochmals zu überprüfen, ob auch das Urteil einen Eingangsstempel enthielt. Frau S. habe die Sache dann am 17. Oktober 2001 bearbeitet und das Urteil mit diesem aktuellen Tagesstempel versehen. Ausgehend von diesem Zustellungsdatum habe sie die Revisionsfrist auf Montag, den 19. November
2001 berechnet und in dem Schreiben an den eingeschalteten Korrespondenzanwalt mitgeteilt. Diese Mitteilung habe der Berufungsanwalt erst unterschrie- ben, nachdem ihm Frau S. auf Nachfrage bestätigt habe, daß der Eingangsstempel des Urteils den 17. Oktober 2001 ausweise und die Frist am Montag, dem 19. November 2001, ende. Am Nachmittag des 17. Oktober 2001 sei ihr der falsche Eingangsstempel aufgefallen. Sie habe das Datum dann aber - vermutlich wegen eines Migräneanfalls - lediglich in der Akte korrigiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F.). Sie ist erst am 19. November 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 15. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Beklagten nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Dies ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Beklagte selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil dem mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwalt nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, sein mündlicher Hinweis an Frau S. beim
Unterschreiben des Empfangsbekenntnisses, die Revisionsfrist entsprechend dem Eingangsstempel und Eingangsdatum zu notieren, sei richtig ausgeführt worden, und das Datum des Eingangsstempels auf dem Berufungsurteil stimme - gemäß der Antwort bei der Nachfrage am 17. Oktober 2001 - mit dem Datum der Urteilszustellung überein. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln und festzuhalten (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 15. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben.
Zwar braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschluß vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - zur Veröffentlichung bestimmt; BAGE 78, 184, 186). Den Berufungsanwalt des Beklagten trifft ein Organisationsverschulden, weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Umsetzung seines mündlichen Hinweises unterblieb. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Der allgemeine Vortrag, die Arbeiten der Bürofachangestellten würden wöchentlich stichprobenartig kontrolliert, reicht hierfür nicht aus. Auch fehlt jeder Vortrag dazu, in welcher Weise in dem Anwaltsbüro die Notierung von Fristen kontrolliert wird. Dieses Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 -, aaO). Im übrigen erfolgte hier aufgrund einer ausdrücklichen Anweisung des Berufungsanwalts eine vom üblichen Ablauf abweichende Handhabung. Dies gab in besonderer Weise Anlaß sicherzustellen , daß die konkrete Fristeintragung richtig erfolgte.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Es besteht die Gefahr, daß dieses Datum nicht mit dem allein
maßgeblichen Datum übereinstimmt, unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F. unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.). Demgemäß liegt ein weiterer Sorgfaltsverstoß des Berufungsanwalts der Beklagten darin, daß er am 17. Oktober 2001 zwar nach der Übereinstimmung zwischen dem Eingangsstempel auf dem Urteil und der Mitteilung des Ablaufs der Revisionsfrist an den Korrespondenzanwalt fragte, jedoch nicht nachprüfte, ob die Mitteilung mit dem - für die Fristwahrung ausschlaggebenden Empfangsbekenntnis – übereinstimmte.
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich. Wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 419/01
vom
17. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 212 a a.F., § 233 Fb, Fd
Wenn ein Rechtsanwalt, der ein Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung
unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne das Datum der Zustellung in den Handakten
vermerkt zu haben, seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist
einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sind, daß die Anweisung
in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt.
BGH, Beschl. vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2002 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge
und Stöhr

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Oktober 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gegenstandswert: 42.033,54

Gründe:


I.


Der Kläger, der Alleinerbe seiner am 28. Dezember 1995 verstorbenen Ehefrau ist, hatte von den Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz und ein Schmerzensgeld wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung seiner Ehefrau begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Urteil vom 24. Oktober 2001 hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das Berufungsurteil ist seinem zweitinstanzlichen Prozeßbevoll-
mächtigten am 31. Oktober 2001 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 21. November 2001 erteilte dieser den Auftrag, gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision einzulegen. Der Auftrag ging am 22. November 2001 zusammen mit einer Kopie der (zweiten) Ausfertigung des Berufungsurteils, die einen Eingangsstempel vom 9. November 2001 aufwies, bei der Revisionsanwältin ein. Die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 ging am selben Tage beim Bundesgerichtshof ein. Die Senatsvorsitzende verlängerte antragsgemäß die Frist zur Revisionsbegründung bis zum 8. Mai 2002. Nach Eingang der Revisionsbegründung am 17. April 2002 wies der Berichterstatter mit Verfügung vom 26. Juni 2002, der Revisionsanwältin zugegangen am 27. Juni 2002, darauf hin, daß die Zustellung des Berufungsurteils laut Empfangsbekenntnis am 31. Oktober 2001 erfolgt sei. Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2002 begehrt der Kläger unter Bezugnahme auf die Revisionsschrift vom 6. Dezember 2001 und die Revisionsbegründung vom 9. April 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist. Die Revisionsanwältin habe aufgrund der eingereichten Unterlagen keinen Anlaß zu Zweifeln an der richtigen Berechnung der Revisionsfrist gehabt. Im Büro des Berufungsanwalts sei dessen für ihn als Angestellte tätige Ehefrau mit der Kontrolle und Überwachung der Frist beauftragt gewesen. Nach Zustellung des Berufungsurteils habe er seine Ehefrau angewiesen , die Revisionsfrist im Terminkalender zu notieren. Versehentlich habe seine Ehefrau weder die Rechtsmittelfrist noch eine Vorfrist eingetragen und auch keinen Vermerk in die Handakte aufgenommen. Die Urteilsausfertigung habe sie im Original an den Kläger weitergeleitet, ohne für die Akte eine Kopie zu fertigen. Als am 9. November 2001 eine zweite Ausfertigung des Berufungsurteils eingegangen sei, habe die Ehefrau des Berufungsanwalts von sich aus die Revisionsfrist für den 10. Dezember 2001 und die Vorfrist auf den 3. Dezember 2001 eingetragen. Der Berufungsanwalt selbst habe diesen
Posteingang nicht weiter beachtet, weil diese (zweite) Urteilsausfertigung ohne Empfangsbekenntnis eingegangen sei. Er habe sich an den im Terminkalender fehlerhaft eingetragenen Fristen orientiert.

II.

Die Revision ist unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 554 a Abs. 2 ZPO a.F., vgl. § 26 Nr. 7 EGZPO i.d.F. von Art. 3 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 - BGBl. I S. 1887). Sie ist erst am 6. Dezember 2001 und damit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 552 ZPO a.F.) am 31. Oktober 2001 eingelegt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist kann dem Kläger nicht gewährt werden. Der Antrag ist zwar zulässig und insbesondere innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO eingegangen. Er erweist sich jedoch als unbegründet. 1. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Daran fehlt es hier. Die Versäumung der Revisionsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Wie der Kläger selbst vorträgt, ist es zur Fristversäumung gekommen, weil der mit der Revisionseinlegung beauftragten Rechtsanwältin nicht das richtige Zustellungsdatum mitgeteilt worden ist. Dazu sei es gekommen, weil der Berufungsanwalt angenommen habe, seine Anweisung, den Fristablauf im
Terminkalender und in der Handakte einzutragen, sei richtig ausgeführt worden. Damit hat der Berufungsanwalt seiner Sorgfaltspflicht indessen nicht genügt.
a) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Erteilung des Rechtsmittelauftrags machte es nämlich erforderlich, das für den Lauf der Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ermitteln (vgl. Senatsbeschluß vom 7. März 1995 - VI ZB 3/95 - VersR 1995, 931, 932; BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - NJW 1992, 574; Beschluß vom 28. Oktober 1993 - VII ZB 16/93 - VersR 1994, 873, 874; Beschluß vom 7. Dezember 1993 - XI ZR 207/93 - VersR 1994, 956). Da es für den Fristbeginn im Falle einer Zustellung gem. § 212 a ZPO a.F. darauf ankommt, wann der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis unterzeichnet hat, bedarf es darüber eines besonderen Vermerks (Senatsbeschluß vom 16. April 1996 - VI ZR 362/95 - NJW 1996, 1968, 1969). Um zu gewährleisten, daß ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist (Senatsbeschluß vom 26. März 1996 - VI ZB 1,2/96 - NJW 1996, 1900, 1901; vgl. BGH, Beschluß vom 30. November 1994 - XII ZB 197/94 - BGHR ZPO § 233 - Empfangsbekenntnis 1 m.w.N.). Dieses Sorgfaltsgebot hat der Berufungsanwalt verletzt, als er am 31. Oktober 2001 das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und zurückgegeben hat, ohne zuvor die Notierung der Rechtsmittelfrist sichergestellt zu haben. Ihn trifft ein Organisationsverschulden , weil er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß die Ausführung der Anweisung unterblieb. Nach Aktenlage ist davon auszugehen, daß die Anweisung hier in mündlicher Form erfolgt ist. Ob und gegebenenfalls auf welche Weise im Büro des Berufungsanwalts die Ausführung mündlich erteilter
Anweisungen kontrolliert wurde, ist nicht dargelegt. Zwar braucht ein Rechts- anwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen. Im allgemeinen darf er vielmehr darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Anweisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.). Wenn aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Rechtsmittelfrist nur mündlich vermittelt wird, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die konkrete Fristeintragung unterbleibt (BAGE 78, 184, 186). Das Fehlen jeder Sicherung bedeutet einen entscheidenden Organisationsmangel (BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO). Dieser bleibt nicht deswegen folgenlos, weil der Berufungsanwalt hier eine Einzelanweisung erteilt hat, deren Befolgung die durch das Organisationsverschulden geschaffene Gefahrenlage noch rechtzeitig beseitigt hätte (vgl. BGH, Beschluß vom 9. Januar 2001 - VIII ZB 26/00 - NJW-RR 2001, 782, 783). Soweit der Bundesgerichtshof an anderer Stelle (vgl. Beschlüsse vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360, 1361 und vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823) ausgeführt hat, auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen eines Rechtsanwalts komme es nicht an, wenn konkrete Anweisungen erteilt worden seien, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte, lagen diesen Entscheidungen anders gelagerte Sachverhalte zugrunde.
b) Die Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ist auch dann notwendig, wenn die Anweisung besteht, eine mit einem Eingangsstempel versehene Urteilsausfertigung zu den Handakten zu nehmen, denn ein solcher Stempel besagt für den Zeitpunkt der Zustellung nichts. Sein Datum braucht, wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, nicht mit dem allein maßgeblichen Datum übereinzustimmen , unter dem der Anwalt das Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO a.F.
unterzeichnet hat (BGH, Beschluß vom 13. März 1991 - XII ZB 22/91 - VersR 1992, 118, 119 m.w.N.).
c) Das Versäumnis des Berufungsanwalts war für die Versäumung ursächlich , denn wenn er das Empfangsbekenntnis erst nach Anfertigung eines Vermerks über das Datum der Unterzeichnung zurückgegeben hätte, wäre der Revisionsanwältin nicht ein falsches Zustellungsdatum mitgeteilt worden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ihr das in dem Vermerk notierte und für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebende Datum genannt und die Revision demgemäß rechtzeitig eingelegt worden wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 50/03
vom
4. November 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) In einer Anwaltskanzlei müssen organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen
sein, daß eine mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine
Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät
und die Fristeintragung deshalb unterbleibt.

b) Werden die (gegen das Vergessen einer lediglich mündlichen Anweisung) getroffenen
organisatorischen Vorkehrungen nicht mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung
gegen die Versäumung der Berufungsfrist vorgetragen und glaubhaft gemacht
, ist ein Organisationsverschulden des Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2
ZPO) zu vermuten und der Antrag zurückzuweisen.
BGH, Beschluß vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - LG Saarbrücken
AG Saarbrücken
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß der 13. Zivilkammer A des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Juli 2003 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger hat auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 1.565,74

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 17. April 2003 die Klage abgewiesen. Die Berufungsfrist lief am 30. Mai 2003 ab. Die Berufung des Klägers ist am 17. Juni 2003 zusammen mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist beim Landgericht eingegangen. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, er habe am 13. Mai 2003 seine Prozeßbevollmächtigten mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragt. Der die Sache bearbeitende Assessor T. habe die Unterlagen zur Neuanlage der Akte, Notierung der Berufungsfrist auf den 30. Mai 2003 und der Berufungsbegründungsfrist auf den 30. Juni 2003 an die Fachangestellte C. verfügt. Bei einer
routinemäßigen Durchsicht der Akte zur Vorbereitung der Berufungsbegründung am 13. Juni 2003 habe T. festgestellt, daß die Berufung nicht eingelegt war und die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist im Terminbuch nicht eingetragen gewesen seien. Auf Frage habe die Mitarbeiterin C. mitgeteilt, sie habe trotz entsprechender Weisung versäumt, die Fristen einzutragen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 8. Juli 2003 die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen und seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, in welcher Form der Fristenkalender bei seinen Prozeßbevollmächtigten geführt werde, ob hier eine Wiedervorlagefrist verfügt und ob der Zustellungstag in der Handakte vermerkt worden sei. Eine Überprüfung, ob die Fristeneintragung und -überwachung ausreichend organisiert gewesen sei, sei nicht möglich. Von einem fehlenden Verschulden des zweitinstanzlichen Anwalts an der Fristversäumung könne daher nicht ausgegangen werden. Gegen den ihm am 18. Juli 2003 zugestellten Beschluß des Landgerichts hat der Kläger am 12. August 2003 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Begründungsfrist am 18. September 2003 begründet.

II.

Die Rechtsbeschwerde des Klägers ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2, 238, 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist entgegen der Ansicht des Klägers zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO) nicht erforderlich.
1. Eine Divergenz (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – NJW-RR 2003, 1366; BGHZ 151, 221, 225 f.) macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend. 2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 – aaO; BGHZ aaO). Das kann insbesondere auch bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Fall sein, etwa wenn der angefochtene Beschluß die Partei in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - VersR 2003, 1144, 1146, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) oder wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. mit dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 - aaO) beeinträchtigt. Eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten muß nach den Darlegungen des Beschwerdeführers im Einzelfall klar zutage treten, also offenkundig sein; ferner muß die angefochtene Entscheidung hierauf beruhen (vgl. BGHZ aaO und BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - aaO). Ein solcher Zulassungsgrund liegt hier nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht nicht auf einem entscheidungserheblichen klar zutage tretenden Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte des Klägers; sie ist zudem einzelfallbezogen und erfordert deshalb keine korrigierende Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
a) Dies gilt insbesondere, soweit das Berufungsgericht Angaben zur allgemeinen Organisation und Fristenkontrolle vermißt, obwohl der Kläger eine
Einzelanweisung seines Berufungsanwalts im konkreten Fall zur Fristeintragung vorgetragen hat, die von der Fachangestellten versehentlich nicht berücksichtigt worden sei. Die Rechtsbeschwerde verkennt die für einen solchen Fall in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Das ist hier nicht der Fall. Die Versäumung der Berufungsfrist beruht auf einem Verschulden des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, das sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. aa) Die ordnungsgemäße und insbesondere fristgerechte Einlegung des Rechtsmittels setzt voraus, daß die Berufungsschrift rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß der Anwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen (vgl. BGH, Beschluß vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - VersR 2002, 380, 381). Dabei setzt eine wirksame Fristenkontrolle voraus, daß Fristen zur Einlegung und Begründung von Rechtsbehelfen deutlich als solche gekennzeichnet werden. Sie müssen so notiert werden, daß sie sich von gewöhnlichen Wiedervorlagefristen unterscheiden (vgl. BGH, Beschluß vom 21. Juni 2000 - XII ZB 93/00 - VersR 2001, 607, 608). Ferner obliegt dem Prozeßbevollmächtigten eine wirksame Ausgangskontrolle, durch die gewährleistet wird, daß fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Er hat sicherzustellen , daß eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet wird, wenn der Schriftsatz abgesandt oder zumindest postfertig gemacht ist (vgl. BGH, Beschluß vom 2. März 2000 - V ZB 1/00 - VersR 2000, 1564). Daß die Organisation der Fristenkontrolle im Büro seines Prozeßbevollmächtigten diesen Anforderungen genügt hätte, hat der Kläger weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Das Berufungsgericht hat hiernach ohne Rechtsfehler ein
Verschulden des Klägers bzw. seines Prozeßbevollmächtigten für nicht ausgeschlossen erachtet und dementsprechend den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95 - VersR 1996, 256, 257 und vom 9. Juni 1994 - I ZB 5/94 - VersR 1995, 72, 73). bb) Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang darauf, vorliegend komme es auf die allgemeine Organisation der Fristenkontrolle im Büro der Prozeßbevollmächtigten des Klägers nicht an, weil die Fachangestellte eine auf den konkreten Fall bezogene Einzelanweisung zur Fristeintragung versehentlich nicht befolgt habe. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers hierzu nicht übergangen und nicht gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. Allerdings braucht ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht die Erledigung jeder konkreten Einzelanweisung zu überwachen (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - VersR 1992, 764, 765). Im allgemeinen kann er ferner darauf vertrauen, daß eine sonst zuverlässige Büroangestellte auch mündliche Weisungen richtig befolgt (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185, 186). In der Anwaltskanzlei müssen jedoch ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die mündliche Einzelanweisung über die Eintragung einer an eine Fachangestellte nur mündlich mitgeteilten Berufungsfrist in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. September 2002 - VI ZR 419/01 - NJW 2002, 3782, 3783 und vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435, 436). Wenn ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Berufungsfrist nur mündlich vermittelt wird, dann bedeutet das Fehlen jeder Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - aaO).

b) Aus demselben Grund ist auch keine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen. Der Rechtsbeschwerde kann nicht darin gefolgt werden, daß auch bei Beachtung der erforderlichen Organisationsmaßnahmen die Fehlleistung der Büroangestellten nicht vermieden worden wäre. Sie verkennt, daß es nicht darum geht, die Möglichkeit eines Fehlers auszuschließen. Es muß vielmehr Vorsorge dagegen getroffen werden, die Folgen eines Fehlers von Büroangestellten möglichst zu vermeiden. Das aber wäre durch eine Kontrolle der Fristeintragung erreicht worden, beispielsweise in Form der vom Berufungsgericht vermißten Wiedervorlageanweisung, wozu selbstverständlich auch deren Vermerk gehört, oder durch einen deutlich sichtbaren Vermerk auf der Handakte, wenn dessen Bearbeitung durch eine weitere Person sichergestellt worden wäre.
c) Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde auch nicht deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich einer auf den konkreten Fall bezogenen Einzelanweisung verstoßen hätte. Die hierzu aufgestellten Grundsätze (etwa zum Vertrauen auf die Ausführung durch eine bisher zuverlässige Büroangestellte - vgl. BGH, Beschluß vom 18. Februar 1998 - VIII ZB 1/98 - NJW-RR 1998, 932) betrafen die Übermittlung eines Schriftsatzes an das Rechtsmittelgericht oder eine eigenmächtige Berechnung der
Rechtsmittelfrist trotz anderweitigem Vermerk auf einem Handzettel (vgl. BGH, Beschluß vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - VersR 2002, 211 f.). Hier dagegen geht es um die unterlassene Ausführung einer lediglich mündlich erteilten Anweisung über die Eintragung einer Rechtsmittelfrist, die schon aufgrund allgemeiner Anweisung hätte sichergestellt werden müssen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 10/04
vom
22. Juni 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn ein Rechtsanwalt seiner Büroangestellten
mündlich die Anweisung erteilt hat, die Berufungsschrift per Telefax an das
Rechtsmittelgericht zu übermitteln, die Absendung jedoch im Laufe des Tages in
Vergessenheit gerät und unterbleibt.
BGH, Beschluß vom 22. Juni 2004 - VI ZB 10/04 - LG Aachen
AG Eschweiler
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 7. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 10. Dezember 2003 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 1.677,93 €

Gründe:

I.

Die Klägerin hat die Beklagten aufgrund eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz in Höhe von 1.677,93 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 2. Juni 2003 zugestellt worden. Am 20. Juni 2003 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung endete am Montag, dem 4. August 2003. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 5. August 2003 eingegangen. Auf gerichtlichen Hinweis hat die Klägerin am 15. August 2003 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht den Antrag im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägern habe nicht dargetan, daß im Büro
ihres Prozeßbevollmächtigten eine zuverlässige Ausgangskontrolle für fristgebundene Schriftsätze stattgefunden habe. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 238 Abs. 2 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordern. Die Rechtsfragen, die der Streitfall aufwirft, sind höchstrichterlich geklärt. Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt nicht vor. 1. Die Rechtsbeschwerde wendet sich nicht gegen die Erwägungen des Beschwerdegerichts hinsichtlich einer unzureichenden Ausgangskontrolle im Büro des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin. Sie meint jedoch, dieser Gesichtspunkt stehe nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegend der Wiedereinsetzung deswegen nicht entgegen, weil der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin seiner - qualifizierten und zuverlässigen - Kanzleiangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilt habe, deren Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte. Dies habe das Beschwerdegericht verkannt. 2. Richtig ist, daß ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen darf, daß eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt. Er ist deshalb im allgemeinen nicht verpflichtet , sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.;
Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02 - VersR 2003, 1462 und vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03 - MDR 2004, 477; BGH, Beschluß vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. Betrifft die Anweisung z.B. einen so wichtigen Vorgang wie die Eintragung einer Rechtsmittelfrist und wird sie nur mündlich erteilt, müssen in der Kanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt. In einem solchen Fall bedeutet das Fehlen jeder Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - VersR 2003, 1459 und vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - NJW 2004, 688; v. Pentz, NJW 2003, 858, 863 f.). Ein solcher Organisationsfehler ist auch im vorliegenden Fall ursächlich dafür, daß die Berufungsbegründung nicht rechtzeitig per Fax an das Berufungsgericht übermittelt worden ist. Ebenso wie die nur mündlich angeordnete Eintragung einer Rechtsmittelfrist schlichtweg vergessen werden kann und deswegen eine besondere Kontrolle erfordert, kann im Einzelfall auch die Gefahr bestehen, daß die nur mündlich angeordnete Absendung eines Schriftsatzes in Vergessenheit gerät. Ein solcher Fall ist hier gegeben, weil der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin die Anweisung, die Berufungsbegründung per Fax an das Landgericht zu senden, seiner Büroangestellten schon am Vormittag erteilt hatte, ohne dabei aber eine unverzügliche Ausführung zu verlangen. Für den Fall, daß die Absendung am Vormittag unterblieb, bestand die nicht fernliegende Gefahr, daß die Angestellte die Anweisung nach ihrer Mittagspause vergessen könnte. Ein solches Versehen kann auch einer ansonsten stets zuverlässigen Bürokraft unterlaufen. Deswegen hätte der Prozeßbevollmächtigte hier, um seiner Sorgfaltspflicht zu genügen, die klare und präzise Anweisung (vgl. BGH, Beschluß vom 31. Mai 2000 - V ZB 57/99 - NJW-RR 2001, 209) erteilen müssen, die Berufungsbegründung umgehend, jedenfalls aber noch am
Vormittag abzusenden. Sah er davon ab, gereicht ihm zum Verschulden, daß er keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, die Ausführung seiner Anweisung auf andere Weise sicherzustellen oder zu kontrollieren. Gemäß § 85 Abs. 2 ZPO muß sich die Klägerin dieses Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten zurechnen lassen. Das Beschwerdegericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mithin zu Recht zurückgewiesen. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 41/03
vom
17. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Auch wenn der Prozeßbevollmächtigte die von seiner Angestellten in den Fristenkalender
eingetragene Frist überprüft hat, befreit ihn dies nicht davon, im
Rahmen seiner Vorbereitung einer Prozeßhandlung die Einhaltung der für
diese vorgeschriebenen Frist nachzuprüfen.
BGH, Beschluß vom 17. März 2004 - IV ZB 41/03 - LG Gera
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt
und Felsch
am 17. März 2004

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen die Beschlüsse der 6. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 6. und 29. Oktober 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Streitwert: 3.855 €

Gründe:


I. Die Klägerin begehrt Wiedereinsetzung in den vo rigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung ihrer Berufung.
Ihrem Prozeßbevollmächtigten wurde am 25. April 20 03 das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts zugestellt. Auf dessen Vorderseite vermerkte die Büroangestellte zutreffend den 26. Mai 2003 als letzten Tag der Berufungsfrist sowie den 25. Juni 2003 als letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist und trug diese Daten auch in den Fristenkalender der Kanzlei ein. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin überprüfte die eingetragenen Fristen, als ihm die Akte am 12. Mai 2003 vorgelegt wur-

de, und legte rechtzeitig Berufung ein. Als die Angestellte die Mitteilung des Landgerichts erhielt, daß die Berufung dort am 26. Mai 2003 eingegangen sei, notierte sie den 26. Juni 2003 als Datum des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender und strich den 25. Juni 2003 aus. Sie hat an Eides Statt versichert, dieses Versehen sei ihr unerklärlich ; sie sei über die Änderung der Berufungsbegrün dungsfrist durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Zivilprozesses unterrichtet gewesen, wie ihre ursprüngliche Eintragung auf der Ausfertigung des amtsgerichtlichen Urteils zeige. Am 18. Juni 2003 legte die Angestellte die Akte dem Prozeßbevollmächtigten mit einem außen angebrachten Zettel in DIN-A-6 Größe vor, auf dem als Tag des Fristablaufs der 26. Juni 2003 angegeben war. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat eidesstattlich versichert, er habe sich auf diese Angabe verlassen , als er am 25. Juni 2003 die Berufungsbegründung diktiert habe, weil die Fristberechnung von ihm bereits vor Einlegung der Berufung überprüft und für richtig befunden worden war. Die Berufungsbegründung wurde am 26. Juni 2003 unterschrieben und ging am gleichen Tag per Telefax beim Landgericht ein.
Am 10. Juli 2003 erhielt der Prozeßbevollmächtigte den Hinweis des Landgerichts, daß die Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gewahrt sei. Am 18. Juli 2003 ging beim Landgericht der Antrag auf Wiedereinsetzung ein. Mit Beschluß vom 6. Oktober 2003 hat das Landgericht den Antrag zurückgewiesen, da die Versäumung der Prozeßhandlung auf einem der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbaren eigenen Verschulden des Prozeßbevollmächtigten beruhe. Dieser habe nicht durch geeignete organisatorische Maßnahmen Sorge dafür getragen , daß eine Büroangestellte nicht eigenmächtig die im Fristenkalender

notierten Daten ändere. Jedenfalls habe er nach Vorlage der Akte zum Zweck der Berufungsbegründung den Ablauf der Frist selbst nachrechnen müssen. Die als Gegenvorstellung zu wertende Beschwerde der Klägerin hat das Landgericht mit Beschluß vom 29. Oktober 2003 als unzulässig verworfen. Darin wird hervorgehoben, dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin sei nicht nur zuzumuten, sondern im Rahmen seiner Berufungsbegründung auch ohne weiteres möglich gewesen, noch einmal den Fristablauf anhand des Eingangsstempels auf dem angefochtenen Urteil zu kontrollieren.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 6. Nov ember 2003 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Rechtsbeschwerde.
II. Das Rechtsmittel ist statthaft. Auch wenn die Berufung wie hier noch nicht als unzulässig verworfen worden ist, kann gegen den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagenden Beschluß gemäß §§ 238 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Rechtsbeschwerde eingelegt werden (BGHZ 152, 195, 197 f.). Deren formelle Voraussetzungen (§ 575 ZPO) sind eingehalten. Die Rechtsbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und auch wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zulässig (§ 574 Abs. 2). Sie bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Der Beschwerdeführer macht im wesentlichen geltend , zwar sei ein Rechtsanwalt nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet, den Fristablauf selbst nachzuprüfen, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt wird (BGH, Beschluß vom

13. November 1975 - III ZB 18/75 - NJW 1976, 627, 628; Beschluß vom 11. Februar 1992 - VI ZB 2/92 - NJW 1992, 1632; Beschluß vom 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02 - NJW 2003, 1815 unter II 2). Nicht geklärt sei indessen, ob diese Prüfung notwendig in engem zeitlichen Zusammenhang mit der fristgebundenen Prozeßhandlung und insbesondere auch dann erfolgen müsse, wenn der Prozeßbevollmächtigte wie im vorliegenden Fall die korrekte Eintragung des Ablaufs der für die Prozeßhandlung maßgebenden Frist in den Kalender der Kanzlei bereits zu einem früheren Zeitpunkt überprüft habe. Eine doppelte Prüfung könne von ihm ebenso wenig erwartet werden wie die doppelte Führung von Fristenkalendern (dazu BGH, Beschluß vom 29. Juni 2000 - VII ZB 5/00 - NJW 2000, 3006 unter II 2 a).
Dem ist nicht zu folgen. Die Pflicht des Prozeßbev ollmächtigten, den Fristablauf bei der Vorbereitung einer fristgebundenen Prozeßhandlung selbständig zu prüfen, beruht darauf, daß die sorgfältige Vorbereitung der Prozeßhandlung stets auch die Prüfung aller gesetzlichen Anforderungen an ihre Zulässigkeit einschließt. Diese Aufgabe ist von der Fristberechnung und Fristkontrolle zu unterscheiden, die lediglich der rechtzeitigen Vorlage der Akten zum Zweck ihrer Bearbeitung durch den Rechtsanwalt dienen. Nur insoweit kann sich der Rechtsanwalt von der routinemäßigen Fristenüberwachung entlasten (BGH, Beschluß vom 13. November 1975 aaO). Anders als bei der doppelten Führung von Fristenkalendern geht es hier um unterschiedliche Aufgaben des von den Angestellten geführten Fristenkalenders einerseits und der Pflicht des Prozeßbevollmächtigten selbst zur Vorbereitung der Prozeßhandlung andererseits. Hat der Prozeßbevollmächtigte - wie er hier vorträgt - die von seiner Angestellten in den Fristenkalender eingetragene Frist über-

prüft, obwohl dies von der Aufgabenstellung her an sich nicht erforderlich gewesen wäre, befreit ihn dies nicht davon, im Rahmen seiner Vorbereitung einer Prozeßhandlung die Einhaltung der für diese vorgeschriebenen Frist nochmals zu überprüfen. Zwar muß die Prozeßhandlung nicht in einem Zuge und zeitnah mit dem Ablauf einer für sie geltenden Frist vorbereitet werden. Das ändert aber nichts an der Eigenverantwortung des Rechtsanwalts für die Richtigkeit und die Einhaltung der etwa von ihm zu einem früheren Zeitpunkt bereits berechneten Frist.
Die Rechtsbeschwerde war daher zurückzuweisen. Auf die Frage, ob der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin durch besondere Maßnahmen Vorsorge dafür getroffen hatte, daß eine im Fristenkalender notierte, von ihm überprüfte Frist nicht von der Angestellten eigenmächtig verändert wurde, kommt es nicht mehr an.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch