Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2012 - III ZR 198/11

bei uns veröffentlicht am28.03.2012
vorgehend
Landgericht Köln, 5 O 492/09, 31.08.2010
Oberlandesgericht Köln, 7 U 185/10, 21.07.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 198/11
vom
28. März 2012
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. März 2012 durch den Vizepräsidenten
Schlick und die Richter Dörr, Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 21. Juli 2011 - 7 U 185/10 - wird zurückgewiesen. Der Beklagte zu 2 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Streitwert: 86.000,00 €

Gründe:


1
Ein Grund zur Zulassung der Revsion (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) besteht nicht. Insbesondere ist ein zulassungsrelevanter Rechtsfehler nicht zu erkennen, soweit das Berufungsgericht dem Beklagten zu 2 als - eigentlich schadensursächliche - Amtspflichtverletzung anlastet, ihm hätte bei der am 29. Januar 2009 erfolgten Beurkundung des Grundstückskaufvertrags gegenwärtig sein müssen, dass von der hinsichtlich des eingetragenen Altenteilsrechts vorliegenden Löschungsbewilligung der Mutter des Klägers vom 24. Oktober 2008 (UR.Nr. 1244/08) nur gegen Auskehr des hälftigen Kaufpreises Gebrauch gemacht werden durfte. Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts wird dadurch gestützt, dass vor dem Beurkundungstermin die vom Kläger beauftragte Maklerin durch das Notariat per E-Mail auf eine in der Urkundenrolle mit der unmittelbar vorangehenden Nummer (UR.Nr. 1243/08) verzeichnete, den Enkelkindern der Mutter erteilte Generalvollmacht hingewiesen wurde.
2
Der Beklagte kann sich wegen seiner Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Beurkundung des Kaufvertrags nicht auf § 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO berufen. Der Kläger kann als anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne dieser Vorschrift nicht auf Ansprüche gegen den Käufer des Grundstücks verwiesen werden. Wie die Beschwerde in anderem Kontext zutreffend geltend macht, legt § 3 Satz 2 Nr. 3 2. Alt. des Kaufvertrags durchaus die Auslegung nahe, dass der Erwerber die zur Ablösung vorhandener Belastungen notwendigen Kaufpreisanteile an den jeweiligen Rechtsinhaber mit befreiender Wirkung gegenüber dem Kläger zahlen konnte. Darüber hinaus schuldete der Kläger dem Grundstückskäufer die lastenfreie Eigentumsverschaffung. Davon, dass die Herstellung der Lastenfreiheit zu einem "geringeren Preis" als der Zahlung der Hälfte des Kaufpreises zu erreichen gewesen wäre, kann, worauf die Beschwerde selbst hinweist, nicht ausgegangen werden. Aus diesen Gründen ist eine Inanspruchnahme des Käufers rechtlich zumindest so unsicher, dass die Verfolgung des Restkaufpreisanspruchs jedenfalls unzumutbar ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom 3. Juli 2008 - III ZR 189/07, NJW-RR 2008, 1506 Rn. 12 mwN).
3
Aufgrunddessen kann ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts nur darin gesehen werden, dass es die Zahlungsklage abgewiesen und nur dem - hilfsweise gestellten - Feststellungsbegehren entsprochen hat. Durch diesen Fehler würde indessen nur der Kläger, nicht aber der Beklagte zu 2 beschwert.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 31.08.2010 - 5 O 492/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.07.2011 - 7 U 185/10 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bundesnotarordnung - BNotO | § 19 Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen w

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Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juli 2008 - III ZR 189/07

bei uns veröffentlicht am 03.07.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 189/07 Verkündet am: 3. Juli 2008 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BNotO § 19 Abs. 1

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Verletzten nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen; das gilt jedoch nicht bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und seinen Auftraggebern. Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht im Fall einer von einem Beamten begangenen Amtspflichtverletzung entsprechend anwendbar. Eine Haftung des Staates an Stelle des Notars besteht nicht.

(2) Hat ein Notarassessor bei selbständiger Erledigung eines Geschäfts der in §§ 23, 24 bezeichneten Art eine Amtspflichtverletzung begangen, so haftet er in entsprechender Anwendung des Absatzes 1. Hatte ihm der Notar das Geschäft zur selbständigen Erledigung überlassen, so haftet er neben dem Assessor gesamtschuldnerisch; im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Assessor ist der Assessor allein verpflichtet. Durch das Dienstverhältnis des Assessors zum Staat (§ 7 Abs. 3) wird eine Haftung des Staates nicht begründet. Ist der Assessor als Notarvertretung des Notars tätig gewesen, so bestimmt sich die Haftung nach § 46.

(3) Für Schadensersatzansprüche nach Absatz 1 und 2 sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.

12
aa) Der Begriff der anderweitigen Ersatzmöglichkeit wird weit verstanden. Hierfür kommen alle Möglichkeiten der Schadloshaltung tatsächlicher und rechtlicher Art in Betracht (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 240/98 - NJW 1999, 2038, 2039 unter III. 2. a) aa) m.w.N.). Dazu gehören auch Schadensersatzansprüche wegen unzureichender oder falscher anwaltlicher Beratung. Erforderlich ist eine tatsächliche Verknüpfung dergestalt, dass der Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt aus demselben Sachverhalt entsprungen ist, aus dem sich die Schadenshaftung des Notars ergibt. Das ist dann der Fall, wenn der geltend gemachte Schaden in einem Kostenaufwand liegt, der ohne die Amtspflichtverletzung des Notars nicht entstanden wäre und durch sachgerechtes Vorgehen des Rechtsanwalts hätte vermieden werden können (Senatsurteil vom 24. Oktober 2002 - III ZR 107/02 - NJW 2003, 202, 203 unter II. 1. b) aa). Die Inanspruchnahme des Rechtsanwalts muss - ebenso wie sonstige anderweitige Ersatzmöglichkeiten - rechtlich und wirtschaftlich begründete Aussicht auf Erfolg bieten und dem Geschädigten zumutbar sein (Senatsurteile vom 6. Oktober 1994 - III ZR 134/93 - NJW-RR 1995, 248, 251 unter II. 1. c); vom 11. November 2004 - III ZR 101/03 - NJW-RR 2005, 284 unter II. 3.; BGH, Urteile vom 22. Juni 1995 - IX ZR 122/94 - NJW 1995, 2713, 2714 unter II. 3. b); vom 19. Oktober 1995 - IX ZR 104/94 - NJW 1996, 520, 521 f unter I. 4.; vom 6. Juli 2000 - IX ZR 88/98 - NJW-RR 2001, 204, 206 unter II. 1. b); jew. m.w.N.). Weitläufige, unsichere und im Ergebnis zweifelhafte Wege braucht der Geschädigte nicht einzuschlagen (Senatsurteil, BGHZ 120, 124, 126; Senatsurteile vom 6. Oktober 1994 aaO und vom 11. November 2004 aaO; jew. m.w.N.).