Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2008 - III ZR 118/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert: 503.937,82 €.
Gründe:
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- Einer Zulassung der Revision bedarf es nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
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- 1. Das Berufungsgericht hat mit Recht entschieden, dass die klagende GmbH bei der rechts- und amtspflichtwidrigen Ablehnung des Antrags auf Genehmigung einer Nutzungsänderung nicht geschützter "Dritter" im Sinne des Amtshaftungsrechts gewesen ist.
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- 2. Denn jener Antrag war nicht von der Klägerin selbst, sondern von ihrem Alleingesellschafter und alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer Werner Fritz als natürlicher Person im eigenen Namen gestellt worden.
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- a) Dies hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung rechtsfehlerfrei festgestellt. Zwar mochten sich - wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt - aus den Antragsunterlagen Hinweise darauf ergeben, dass das von der Nutzungsänderung betroffene Grundstück nicht im persönlichen Eigentum des Antragstellers stand, sondern der von ihm beherrschten GmbH, der jetzigen Klägerin, gehörte. Ebenso trifft es zu, dass nicht einmal im Verwaltungsprozess zwischen dem dortigen Kläger als natürlicher Person und der GmbH präzise unterschieden worden ist. All dies ändert jedoch nichts daran, dass diese Unklarheiten in dem Verwaltungsverfahren , betreffend die Erteilung der Nutzungsänderungsgenehmigung, mit hinreichender Deutlichkeit beseitigt worden sind.
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- b) Insbesondere besteht der von der Beschwerde aufgezeigte - scheinbare - Widerspruch zwischen den Feststellungen des Berufungsgerichts in Wirklichkeit nicht: Das Berufungsgericht hat zwar einerseits ausgeführt, es sei aus der Sicht der Beklagten unerheblich gewesen, ob die Klägerin (GmbH) oder ihr Geschäftsführer persönlich den Antrag gestellt habe; andererseits sei es der Beklagten nicht gleich gewesen, wer Antragsteller gewesen sei und welcher Antrag beschieden werden sollte. Damit war lediglich gemeint, dass die Stellung des Ursprungsantrags dem Ermessen der handelnden Rechtssubjekte vorbehalten war, nachdem jedoch die Person des Antragstellers erst einmal feststand, naturgemäß auch über dessen Antrag entschieden werden sollte.
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- 3. Dementsprechend lag hier - wie das Berufungsgericht weiter mit Recht angenommen hat - die Konstellation vor, dass geschützter "Dritter" in den Fällen rechtswidriger Ablehnung grundsätzlich (nur) der Antragsteller ist. Sonstigen am Ausgang des Baugenehmigungsverfahrens interessierten Personen gegenüber kommt der Versagung der hier in Rede stehenden Nutzungsänderungsgenehmigung keine materielle Bestandskraft im Sinne einer Feststellungswirkung zu. Hat nicht der Grundeigentümer selbst (hier: die Klägerin), sondern eine andere Person (hier: der Geschäftsführer persönlich) den Antrag gestellt, so ist der Eigentümer dementsprechend grundsätzlich nicht "Dritter"; sogar wenn er im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigeladen wird (Senatsurteil vom 24. Februar 1994 - III ZR 6/93 = NJW 1994, 2091, 2092, 2093 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Staudinger/Wurm, BGB [Neubearbeitung 2007] § 839 Rn. 576).
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- 4. Einer der Ausnahmefälle, in denen etwas anderes gilt, wenn die am Genehmigungsverfahren formell nicht beteiligte Person eigentlicher Träger des Interesses an der Verwirklichung des konkreten Vorhabens gewesen ist (vgl. dazu Staudinger/Wurm aaO Rn. 577 m.w.N.), liegt hier ebenfalls nicht vor. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin selbst aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gehindert gewesen sein könnte, das verwaltungsrechtliche Genehmigungsverfahren zu betreiben. Die mit der Verselbständigung der Rechtspersönlichkeiten des Geschäftsführers als natürlicher Person einerseits und der Klägerin als juristischer Person andererseits verbundenen Konsequenzen unterschiedlicher Reichweite des amtshaftungsrechtlichen Drittschutzes müssen die Beteiligten hinnehmen. Insbesondere ist der vorliegende Fall nicht mit demjenigen vergleichbar, der dem Senatsurteil BGHZ 119, 365, 368 zugrunde gelegen hatte: Dort hat der Senat als geschützten "Dritten" die Alleingesellschafterin einer antragstellenden Bauherrengemeinschaft angesehen, nachdem das Bauherrenmodell durch ein Erwerbermodell ersetzt und die Verhandlungen über die Erteilung der Baugenehmigung ausschließlich von der Alleingesellschafterin geführt worden waren. Hier dagegen hatte die Klägerin einen eigenen Antrag auf Nutzungsänderung ausdrücklich zurückgenommen und die weiteren Verhandlungen ihrem Geschäftsführer als natürlicher Person überlassen.
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- 5. In seinem Urteil vom 23. März 1995 (III ZR 80/93 = BGHR BGB § 249 Schaden 8 = NJW-RR 1995, 864 f) hat der Senat entschieden, dass der einer GmbH entstandene Schaden unter bestimmten Umständen als Eigenschaden des Alleingesellschafters zu bewerten sei, sofern die Einmanngesellschaft für die schadensrechtliche Beurteilung als ein in besonderer Form verwalteter Teil des dem Alleingesellschafter gehörenden Vermögens erscheine. Darum geht es hier nicht. Streitgegenstand ist hier nicht der Eigenschaden des Geschäftsführers , sondern derjenige der Klägerin, dessen amtshaftungsrechtliche Ersatzfähigkeit von der vorrangigen Frage der Einbeziehung in den Kreis der geschützten "Dritten" abhängt. Wegen der hier aus den vorgenannten Gründen fehlenden Drittbezogenheit besteht auch keine Vergleichbarkeit mit dem Senatsurteil vom 18. Mai 2000 (III ZR 180/99 = NJW 2000, 2672, 2675), wo ebenfalls eine unmittelbare Amtspflicht gegenüber der dort geschädigten GmbH verletzt worden war.
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- 6. Auch die Anwendbarkeit der Grundsätze der Drittschadensliquidation ist vom Berufungsurteil mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt worden: Im Amtshaftungsrecht bietet bereits die Bestimmung des Kreises der geschützten "Drit- ten" ein taugliches Instrument für einen interessengerechten Schadensausgleich. Dementsprechend fehlt dann, wenn ein Geschädigter nicht zum Kreis der geschützten "Dritten" zählt, eine innere Rechtfertigung dafür, ihm über den Umweg der Drittschadensliquidation letztlich doch einen Ersatzanspruch zuzuerkennen (Staudinger/Wurm aaO Rn. 237 m.w.N.).
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- 7. Ein Anspruch nach § 1 des in Mecklenburg-Vorpommern fortgeltenden DDR-Staatshaftungsgesetzes besteht ebenfalls nicht. Das Berufungsgericht hat einen derartigen Anspruch unter den auch im Geltungsbereich jenes Gesetzes zu beachtenden Schutzzweckgesichtspunkten zu Recht mit der Erwägung verneint , dass er nicht weiter gehen würde als ein konkurrierender Amtshaftungsanspruch (vgl. in diesem Sinne bereits Senatsurteil BGHZ 142, 259, 271 f m.w.N.).
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- 8. Auch im Übrigen lässt das Berufungsurteil, wie der Senat geprüft hat, keine die Zulassung der Revision erfordernden Rechtsfehler erkennen.
Wöstmann Hucke
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 13.12.2005 - 1 O 452/02 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 22.03.2007 - 1 U 29/06 -
Annotations
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.