vorgehend
Amtsgericht Waldbröl, 14 C 211/06, 22.02.2008
Landgericht Bonn, 6 S 62/08, 19.09.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 75/08
vom
25. Juni 2009
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick sowie die Richter Dörr, Wöstmann, Seiters und
Schilling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 19. September 2008 - 6 S 62/08 - aufgehoben.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
In dem der Rechtsbeschwerde zugrunde liegenden Verfahren nimmt der Kläger den Beklagten vor dem Amtsgericht Waldbröl auf Rückzahlung von 2.500 € im Zusammenhang mit der Teilnahme an einem sogenannten Schenkkreis in Anspruch. In der am 12. Januar 2007 zugestellten Klage vom 29. Dezember 2006 sowie in dem weiteren persönlichen Schreiben des Klägers an das Amtsgericht vom 17. März 2007 ist als Adresse des Klägers jeweils "E. straße 26, K. " angegeben. Unter dieser Anschrift erreichten den Kläger, dessen persönliches Erscheinen das Amtsgericht angeordnet hatte, auch die Ladung vom 14. Februar 2007 zum Termin am 9. März 2007 sowie die Umladungen vom 28. Februar 2007 zunächst auf den 30. März 2007 sowie vom 27. März 2007 auf den 27. April 2007. Im Termin am 27. April 2007 wurde der Kläger, nachdem das Amtsgericht den Rechtsstreit mit zwei Parallelverfahren zum Zwecke der Beweisaufnahme verbunden hatte, als Zeuge vernommen. Hierbei gab er zur Person an: "Tierarzt, geschäftsansässig in K. , wohnhaft in Belgien". Im Laufe des weiteren Verfahrens überreichte der Kläger mit Schriftsatz vom 13. September 2007 zwei von ihm gegen andere Teilnehmer des Spielkreises unter dem 24. Januar und dem 5. März 2007 erwirkte Urteile des Amtsgerichts Waldbröl (3 C 386/06) sowie des Amtsgerichts Westerburg (23 C 2/07), in denen ebenfalls als seine Adresse jeweils "E. straße 26, K. " angegeben war. Mit Urteil vom 22. Februar 2008 verurteilte das Amtsgericht Waldbröl den Beklagten zur Zahlung von 2.500 € nebst Zinsen; im Rubrum war der Kläger unter der obigen Anschrift aufgeführt.
2
Der Beklagte legte gegen dieses Urteil fristgemäß Berufung zum Landgericht Bonn ein. Unter dem 7. Mai 2008 forderte der stellvertretende Vorsitzende der 6. Zivilkammer den Kläger auf, "seinen Wohnsitz, der sich nach seinen Angaben im Termin vom 27.4.2007 in Belgien befindet, näher bekannt zu geben und mitzuteilen, seit wann er dort wohnhaft ist". Nachdem der Kläger auf diese Aufforderung nicht reagierte, wiederholte das Landgericht die Anfrage unter dem 4. August 2008. Der Kläger teilte daraufhin nunmehr mit, sein Wohnsitz befinde sich in der Rue A. A. 6/A in S. L. ; insoweit legte er einen Personalausweis, ausgestellt am 29. September 2000, vor, in dem diese Anschrift aufgeführt war.
3
dem Mit angefochtenen Beschluss vom 19. September 2008 hat das Landgericht die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen, da sie entgegen § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG nicht beim zuständigen Oberlandesgericht Köln eingelegt worden sei. Dieses Gericht sei zuständig, weil der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Rechtsstreites seinen Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereiches des Gerichtsverfassungsgesetzes gehabt habe; dies sei durch Vorlage der Kopie des belgischen Personalausweises glaubhaft gemacht.
4
Der Beklagte hat, nachdem ihn der Berichterstatter der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bonn mit Verfügung vom 28. August 2008 auf die beabsichtigte Verwerfung der Berufung als unzulässig hingewiesen hatte, beim Oberlandesgericht Köln nochmals Berufung eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Insoweit ist im Hinblick auf das anhängige Rechtsbeschwerdeverfahren noch keine Entscheidung ergangen.

II.


5
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg, da das Landgericht seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint hat.
6
Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG sind die Oberlandesgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständig für die Verhandlung und Entschei- dung über die Rechtsmittel in Streitigkeiten über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Partei erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes hatte.
7
Die Anknüpfung an den allgemeinen Gerichtsstand - d.h. bei natürlichen Personen an den Wohnsitz (§ 13 ZPO) - soll insoweit eine hinreichende Bestimmtheit und damit Rechtssicherheit für die Abgrenzung der Berufungszuständigkeit zwischen Land- und Oberlandesgericht gewährleisten (vgl. BTDrucks. 14/6036, S. 119). Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit , also grundsätzlich gemäß § 253 Abs. 1, § 261 Abs. 1 ZPO der Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift, hier der 12. Januar 2007. Spätere Veränderungen , wie z.B. ein Umzug ins Ausland oder vom Ausland ins Inland, sind damit - genauso wie es § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO für die Zuständigkeit des Prozessgerichtes im Verfahren des ersten Rechtszugs vorsieht - grundsätzlich unerheblich (vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. Mai 2006 - VIII ZB 88/05 - NJW 2006, 2782, 2783; Urteil vom 27. März 2008 - VII ZR 76/07 - BGHReport 2008, 763, 764; Zöller/Lückemann, ZPO, 27. Aufl., § 119 GVG, Rn. 14; MünchKommZPO /Zimmermann, 3. Aufl., § 119 GVG, Rn. 9; Musielak/Wittschier, ZPO, 6. Aufl., § 119 GVG, Rn. 19, jeweils m.w.N.).
8
Durch die Regelung in § 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG soll bereits bei Verfahrensbeginn erkennbar sein, bei welchem Gericht ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Amtsgerichts einzulegen ist. Dies entspricht dem aus dem Gebot der Rechtssicherheit abgeleiteten Gebot der Rechtsmittelklarheit, dem Rechtsuchenden den Weg zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen klar vorzuzeigen. Hieraus folgt, dass der im Verfahren vor dem Amtsgericht unbestritten gebliebene inländische oder ausländische Gerichtsstand einer Partei zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage im Rechtsmittelverfahren zugrunde zu legen ist und einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht grundsätzlich entzogen bleibt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2004 - VIII ZB 66/03 - BGHReport 2004, 983, 984; 1. Juni 2004 - VIII ZB 2/04 - NJW-RR 2004, 1505; 9. November 2004 - VIII ZB 60/04 - juris Rn. 3; 6. Dezember 2005 - VIII ZB 48/05 - juris Rn. 2; 1. März 2006 - VIII ZB 28/05 - BGHReport 2006, 809, 810; 28. März 2006 - VIII ZB 100/04 - NJW 2006, 1808, 1809; 10. Juli 2007 - VIII ZB 73/06 - NJW-RR 2008, 144). Neuer Vortrag im Berufungsverfahren ist insoweit ausgeschlossen (vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Februar 2005 - XI ZR 171/04 - NJW-RR 2005, 780 f), sodass dann, wenn eine Partei aufgrund der erstinstanzlichen Darstellung der Gegenseite zu ihrem Wohnsitz zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit Berufung - bei einem inländischen Wohnsitz zum Landgericht oder bei einem ausländischen Wohnsitz zum Oberlandesgericht - einlegt, es der Gegenseite versagt ist, ihre frühere Darstellung in zweiter Instanz zu korrigieren (siehe auch BGH, Beschluss vom 28. März 2006 - VIII ZB 100/04 - NJW 2006, 1808, 1809). Insoweit kommt es in diesen Fällen letztlich nicht darauf an, wo der allgemeine Gerichtsstand zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit tatsächlich gelegen hat.
9
In der Klageschrift soll jede natürliche Person ihren Wohnort angeben (§ 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 130 Nr. 1 ZPO). Hiervon ausgehend sind - abgesehen von Veränderungen bis zur Zustellung - für die Bestimmung des inländischen oder ausländischen Wohnsitzes der klagenden Partei zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit grundsätzlich die von der Gegenseite unbestrittenen Angaben in der Klagschrift heranzuziehen (BGH, Beschlüsse vom 28. Januar 2004 - VIII ZB 66/03 - BGHReport 2004, 983, 984; 9. November 2004 - VIII ZB 60/04 - juris Rn. 3; 6. Dezember 2005 - VIII ZB 48/05 - juris Rn. 2), jedenfalls soweit diese eindeutig sind (BGH, Beschlüsse vom 19. September 2006 - X ZB 31/05 - und 8. Januar 2008 - X ZBX ZB 26/07 - juris Rn. 12 f bzw. 6 f zu der insoweit nicht eindeutigen Bezeichnung eines gewerbetreibenden Beklagten in der Klageschrift im Hinblick auf §§ 17, 21 ZPO).
10
Danach war hier von einem Wohnsitz des Klägers in K. auszugehen, zumal der Kläger unter dieser Adresse auch in zwei Parallelverfahren Klage erhoben sowie im streitgegenständlichen Verfahren um Terminsverlegung gebeten hatte und vom Amtsgericht unter dieser Adresse geladen werden konnte.
11
vorstehend Der erörterte Sinn und Zweck des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG, aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit grundsätzlich schon zu Beginn des Verfahrens die Rechtsmittelzuständigkeit für die Parteien erkennbar festzulegen, erfordert es, dass eine Partei, will sie sich an ihren eindeutigen Angaben in der Klageschrift zum Wohnsitz nicht festhalten lassen, bereits im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens konkret und substantiiert zu einem davon abweichenden inländischen oder ausländischen Wohnsitz vortragen muss.
12
Diesen Anforderungen genügte die in zwei verbundenen Parallelverfahren gemachte Erklärung des Klägers als Zeuge vom 27. April 2007 nicht. Sie bezog sich auf den Sachstand vom Tag der Vernehmung und war daher ohne nähere Erläuterung nicht geeignet, die Bedeutung der Angaben in der Klage zum Wohnsitz in K. und damit zum allgemeinen Gerichtsstand zum Zeitpunkt der Zustellung am 12. Januar 2007 zu entkräften. Hierzu hätte der Kläger bereits in erster Instanz konkret seine Angaben in der Klage korrigieren und entweder vortragen müssen, dass er zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit nicht mehr in K. , sondern bereits in Belgien wohnhaft war oder dass er in K. nie wohnhaft gewesen ist, da es sich bei der in der Klage angegebenen Adresse entgegen § 130 Nr. 1 ZPO nur um eine Geschäftsadresse oder - wie es dem jetzigen Vortrag des Klägers in seiner Stellungnahme zum Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten vom 27. Oktober 2008 entspricht - um die Adresse eines Freundes gehandelt hat, an dessen Haus absprachegemäß sein Namensschild angebracht war und der ihn über die eingehende Post informiert hat.
13
Vor diesem Hintergrund war es dem Landgericht verwehrt, in der Berufungsinstanz die Frage eines etwaigen ausländischen Gerichtsstandes des Klägers zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit nachzuprüfen; die auf das zweifache Insistieren des Landgerichtes gemachten Angaben des Klägers waren insoweit unbeachtlich.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Schilling
Vorinstanzen:
AG Waldbröl, Entscheidung vom 22.02.2008 - 14 C 211/06 -
LG Bonn, Entscheidung vom 19.09.2008 - 6 S 62/08 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 261 Rechtshängigkeit


(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet. (2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung ge

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(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren

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Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten: 1. die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlag

Zivilprozessordnung - ZPO | § 13 Allgemeiner Gerichtsstand des Wohnsitzes


Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 119


(1) Die Oberlandesgerichte sind in Zivilsachen zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel: 1. der Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte a) in den von den Familiengerichten entschiedenen Sachen;b) in den Angelegenh

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(1) Die Oberlandesgerichte sind in Zivilsachen zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte
a)
in den von den Familiengerichten entschiedenen Sachen;
b)
in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Freiheitsentziehungssachen und der von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen;
2.
der Berufung und der Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte.

(2) § 23b Absatz 1, 2 und 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) In Zivilsachen sind Oberlandesgerichte ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung von Musterfeststellungsverfahren nach Buch 6 der Zivilprozessordnung im ersten Rechtszug. Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung einem Oberlandesgericht die Entscheidung und Verhandlung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Zivilsachen zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte
a)
in den von den Familiengerichten entschiedenen Sachen;
b)
in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Freiheitsentziehungssachen und der von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen;
2.
der Berufung und der Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte.

(2) § 23b Absatz 1, 2 und 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) In Zivilsachen sind Oberlandesgerichte ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung von Musterfeststellungsverfahren nach Buch 6 der Zivilprozessordnung im ersten Rechtszug. Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung einem Oberlandesgericht die Entscheidung und Verhandlung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 73/06
vom
10. Juli 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der aus dem Gebot der Rechtsmittelklarheit abgeleitete Grundsatz, dass der vor dem
Amtsgericht unbestritten gebliebene inländische oder ausländische Wohnsitz einer
Partei in der Berufungsinstanz ungeprüft zugrunde zu legen ist, gilt auch dann, wenn
der Rechtsmittelführer in der Berufungsinstanz einen anderen (zusätzlichen) eigenen
Wohnsitz angibt als im Verfahren vor dem Amtsgericht (im Anschluss an BGH,
Beschluss vom 28. Januar 2004 - VIII ZB 66/03, NJW-RR 2004, 1073).
BGH, Beschluss vom 10. Juli 2007 - VIII ZB 73/06 - LG Chemnitz
AG Freiberg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juli 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers und Dr. Wolst sowie die
Richterinnen Hermanns und Dr. Milger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 10. Juli 2006 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat beim Amtsgericht Klage auf Herausgabe einer Maschine erhoben und dabei ausschließlich einen - von der Beklagten nicht angegriffenen - Wohnsitz im Iran angegeben. Gegen das die Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts hat der Kläger Berufung zum Landgericht eingelegt. Nach Hinweis des Landgerichts darauf, dass gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG wegen des ausländischen Wohnsitzes des Klägers das Oberlandesgericht als Berufungsgericht zuständig sei, hat er geltend gemacht, dass er noch einen zweiten Wohnsitz in Deutschland habe. Er sei (auch) deutscher Staatsangehöriger und halte sich als Handelsvertreter vier Monate im Jahr in Deutschland auf. Er wohne in dieser Zeit bei seinem Sohn in Bergisch-Gladbach, mit dem er die Wohnung teile.
2
Das Landgericht hat die Berufung durch Beschluss als unzulässig verworfen, weil sie nicht beim zuständigen Oberlandesgericht Dresden eingelegt worden sei. Der Kläger habe bereits nicht substantiiert dargelegt, dass er im maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Klage am 12. April 2005 seinen Wohnsitz noch oder wieder in Deutschland gehabt habe. Dagegen spreche schon die unter der iranischen Anschrift eingereichte Klage. Letztlich komme es aber nicht darauf an, ob der Kläger - was grundsätzlich möglich sei - zwei Wohnsitze gehabt habe. Entscheidend sei, dass der im ersten Rechtszug unangegriffen gebliebene inländische oder ausländische Wohnsitz einer Partei zugrunde zu legen und einer Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht entzogen sei, da nur so dem Gebot der Rechtssicherheit wirksam Rechnung getragen werden könne.

II.

3
Die vom Kläger hiergegen erhobene, gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO verworfen, weil sie nicht bei dem gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG zuständigen Oberlandesgericht eingelegt worden ist.
4
1. Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG sind die Oberlandesgerichte zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Berufung und Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Person erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereichs des Gerichtsverfassungsgesetzes hatte. Dabei ist im Berufungsverfahren regelmäßig der im Verfahren vor dem Amtsgericht unangegriffen gebliebene inländische bzw. ausländische Wohnsitz einer Partei zugrunde zu legen und einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht grundsätzlich entzogen (Senatsbeschlüsse vom 28. Januar 2004 - VIII ZB 66/03, NJW-RR 2004, 1073; vom 1. Juni 2004 - VIII ZB 2/04, NJW-RR 2004, 1505, unter II 2 b; vom 28. März 2006 - VIII ZB 100/04, NJW 2006, 1808, unter III 2 a).
5
2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gilt der aus dem Gebot der Rechtsmittelklarheit abgeleitete Grundsatz, dass der vor dem Amtsgericht unbestritten gebliebene inländische oder ausländische Wohnsitz einer Partei in der Berufungsinstanz ungeprüft zugrunde zu legen ist, auch dann, wenn sich der Rechtsmittelführer erstmals in der Berufungsinstanz auf einen anderen (zusätzlichen) eigenen Gerichtsstand beruft als im Verfahren vor dem Amtsgericht. Mit der auf den Wohnsitz der Parteien im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit abstellenden Regelung des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG soll im Interesse der Rechtssicherheit und Verfahrensvereinfachung sichergestellt werden, dass bereits bei Verfahrensbeginn erkennbar ist, bei welchem Gericht gegebenenfalls Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Amtsgerichts einzulegen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Januar 2004, aaO, unter II 2 b, c). Mit dieser Zielrichtung der gesetzlichen Regelung ist die von der Rechtsbeschwerde vertretene Ansicht nicht vereinbar, der Rechtsmittelführer könne durch neues Vorbringen zu seinem eigenen allgemeinen Gerichtsstand Einfluss auf die Zuständigkeit des Landgerichts oder des Oberlandesgerichts als Berufungsgericht nehmen. Dem Rechtsmittelführer würde damit eine in der Prozessordnung nicht vorgesehene Wahlmöglichkeit hinsichtlich des zuständigen Berufungsgerichts eingeräumt, und es könnte sich überdies - im Fall einer für beide Parteien berufungsfähigen Entscheidung des Amtsgerichts - die Zuständigkeit unterschiedlicher Berufungsgerichte für die Rechtsmittel der Parteien ergeben. Für eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass das Berufungsgericht den erstinstanzlich unbestritten gebliebenen inländischen oder ausländischen Wohnsitz einer Partei ungeprüft zugrunde zu legen hat, besteht daher kein Anlass.
Ball Wiechers Dr.Wolst
Hermanns Dr.Milger
Vorinstanzen:
AG Freiberg, Entscheidung vom 19.01.2006 - 5 C 316/05 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 10.07.2006 - 6 S 73/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 171/04 Verkündet am:
15. Februar 2005
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Auch die mehrfache Einlegung einer Berufung führt nicht zu einer Vervielfachung
der Berufungsverfahren, sondern zu einem einheitlichen Rechtsmittel, über das
einheitlich zu entscheiden ist. Das gilt auch bei Einreichung der Berufungsschriften
bei verschiedenen Gerichten, wenn die Berufungen nach Verweisung ein und
demselben Gericht zur Entscheidung vorliegen.
BGH, Urteil vom 15. Februar 2005 - XI ZR 171/04 - OLG Frankfurt am Main
AG Frankfurt am Main
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 2004 - 9 U 90/03 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, die ein Reisebüro betreibt, nimmt al s Vertragsunternehmen das beklagte Kreditkartenunternehmen aus einem Kreditkartengeschäft in Anspruch.
Am 15. Februar 1999 schloß die Beklagte mit der Kl ägerin einen Vertrag über die Akzeptanz von VISA/Electron Karten. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen war vorgesehen, daß die Beklagte alle fälligen Forderungen der Klägerin gegen Karteninhaber "kauft", wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Unter Nr. 5 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wurde u.a. folgendes vereinbart:

"Das Vertragsunternehmen steht ... (Beklagte) dafür ein, daß Kartenbelastungen nur für Leistungen im Rahmen seines Geschäftsbetriebes erfolgen und keine nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörenden Leistungen, insbesondere keine Kreditgewährungen oder andere Geldzahlungen zugrunde liegen." Mit "Vermittlungsauftrag und Vereinbarung einer Le istungsvergütung" verpflichtete sich ein Ehepaar aus der Schweiz im Mai 1999, für die Vermittlung des Objekts "G. " an die Klägerin eine sofort fällige Leistungsvergütung in Höhe von 2.000 CHF zu zahlen. Die Zahlung erfolgte per Kreditkarte. Die Beklagte schrieb den Betrag der Klägerin abzüglich Provision und Umsatzsteuer gut, nahm später aber eine Rückbelastung der Klägerin vor.
Ende 2001 hat die Klägerin unter ihrer deutschen N iederlassung Klage auf Zahlung von 2.316,48 DM nebst Zinsen erhoben. Die Beklagte macht geltend, der von der Klägerin vermittelte Vertrag sei ein TimeSharing -Vertrag, dieser sei unwirksam, gehöre nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Klägerin und sei deshalb von dem Kartenakzeptanzvertrag nicht erfaßt.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Nachde m im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. September 2003 in der Berufungsinstanz vor dem Landgericht klargestellt worden war, daß der in der Klage angegebene Geschäftsführer der Klägerin lediglich Leiter ihrer Niederlassung in Deutschland war, und die in der Schweiz ansässige Klägerin einen Handelsregisterauszug vorgelegt hatte, daß es sich hierbei nur um ihre unselbständige deutsche Niederlassung handelt, hat die Beklagte am 7. Oktober 2003 Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil beim
Oberlandesgericht eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung beantragt. Mit Beschluß vom 17. Dezember 2003 hat sich das Landgericht auf Antrag der Beklagten für funktionell unzuständig erklärt und die Sache an das Oberlandesgericht verwiesen. Dieses hat die Berufung der Beklagten unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

A.


I.


Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten ist statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Berufungsgericht hat die Revision in der Urtei lsformel ohne Einschränkung zugelassen. Der allerdings nicht ohne weiteres nachvollziehbaren Begründung, die Zulassung erfolge wegen der bislang "nicht hinreichend geklärten Voraussetzungen der Zulässigkeit des Rechtsmittels" , läßt sich entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht die Einschränkung entnehmen, die Revision sei nur zugunsten der Klägerin
zugelassen worden. Die Klägerin ist durch das Berufungsurteil nicht beschwert. Eine Beschränkung der Zulassung der Revision auf die Frage der Zulässigkeit der Berufung wäre außerdem unzulässig mit der Folge, daß nur die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam wäre (Senatsurteile vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1371, vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233, vom 20. April 2004 - XI ZR 171/03, WM 2004, 1230, 1231 und vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 128, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

II.


Die Berufung der Beklagten ist entgegen der Ansich t der Revisionserwiderung nicht unzulässig.
1. Die Beklagte hat gegen das Urteil des Amtsgeric hts sowohl beim Landgericht als auch beim Oberlandesgericht Berufung eingelegt. Legt eine Partei gegen eine bestimmte Entscheidung mehrfach Berufung ein, so handelt es sich um dasselbe Rechtsmittel, über das nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einheitlich zu entscheiden ist (BGHZ 45, 380, 383; BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 1985 - IVb ZR 129/84, NJW 1985, 2834, vom 15. Oktober 1992 - I ZB 8/92, NJW 1993, 269, vom 20. September 1993 - II ZB 10/93, WM 1993, 2141 und vom 2. Juli 1996 - IX ZB 53/96, NJW 1996, 2659 f.). Das gilt auch bei Einreichung der Berufungsschriften bei verschiedenen Gerichten jedenfalls dann, wenn die Berufungen nach Verweisung - wie hier - ein und demselben Gericht zur Entscheidung vorliegen.

2. Das Oberlandesgericht hat entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch als funktionell zuständiges Gericht über die einheitliche Berufung der Beklagten entschieden.

a) Die Zuständigkeit ergibt sich, anders als das O berlandesgericht gemeint hat, allerdings nicht aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einem - erst nach Erlaß des angefochtenen Urteils veröffentlichten - Beschluß vom 28. Januar 2004 (VIII ZB 66/03, WM 2004, 2227) entschieden, daß bei § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG im Berufungsverfahren regelmäßig der im Verfahren vor dem Amtsgericht unangegriffen gebliebene inländische bzw. ausländische Gerichtsstand einer Partei zugrunde zu legen und einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht grundsätzlich entzogen ist. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an.
Sie entspricht dem aus dem Grundsatz der Rechtssic herheit abgeleiteten Postulat der Rechtsmittelklarheit. Diese gebietet, dem Rechtsuchenden den Weg zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen klar vorzuzeichnen und ihm insbesondere die Prüfung zu ermöglichen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsmittel zulässig ist (vgl. BVerfGE 107, 395, 416 f.; 108, 341, 349). Würde in der Berufungsinstanz neues Vorbringen zum vor dem Amtsgericht unstreitigen Gerichtsstand einer Partei mit Konsequenzen für die Zulässigkeit der Berufung zugelassen , würde der Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert und damit Art. 19 Abs. 4 GG verletzt (vgl. BVerfGE 77, 275, 284; 78, 88, 99; 96, 27, 39).

Funktionell zuständig wäre danach hier nicht das O berlandesgericht , sondern das Landgericht; denn in erster Instanz vor dem Amtsgericht war unstreitig, daß es sich bei der Klägerin um eine GmbH mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland handelte.

b) Gleichwohl ist das angefochtene Urteil nicht du rch ein funktionell nicht zuständiges Gericht erlassen worden. Das Landgericht hat sich nämlich durch Beschluß vom 17. Dezember 2003 für funktionell unzuständig erklärt und die Sache in entsprechender Anwendung des § 281 ZPO an das Oberlandesgericht verwiesen.
Gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist der Verweisungsb eschluß für das in ihm bezeichnete Gericht bindend. Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allerdings nicht, wenn er auf Willkür beruht. Hierfür genügt es aber nicht, daß der Beschluß inhaltlich unrichtig oder sonst fehlerhaft ist. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn dem Beschluß jede rechtliche Grundlage fehlt; dies ist der Fall, wenn der Verweisungsbeschluß bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 2002 - X ARZ 110/02, NJW-RR 2002, 1498 und vom 10. Juni 2003 - X ARZ 92/03, NJW 2003, 3201 f. jeweils m.w.Nachw.).
Das ist hier nicht der Fall. Das Landgericht hat b ei Erlaß des Verweisungsbeschlusses nicht verkannt, daß § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO für den Fall einer fehlenden funktionellen Zuständigkeit nicht gilt (vgl. BGHZ 155, 46, 50; BGH, Beschluß vom 10. Juli 1996 - XII ZB 90/95,
NJW-RR 1997, 55), daß Ausnahmen von diesem Grundsatz aber für den Fall anerkannt sind, daß aufgrund des Meistbegünstigungsgrundsatzes die Berufung bei verschiedenen Gerichten eingelegt werden kann (vgl. BGHZ 72, 182, 193; 155, 46, 51; BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 1985 - IVb ARZ 24/85, NJW 1986, 2764 f. und vom 10. Juli 1996 - XII ZB 90/95, aaO). Das Landgericht ist dann zu dem Ergebnis gelangt, daß es im Hinblick auf die aus rechtsstaatlichen Gründen gebotene Gewährleistung staatlichen Rechtsschutzes in einem Fall wie hier erforderlich sei, § 281 ZPO entsprechend anzuwenden. Das ist auf der Grundlage der Annahme des Landgerichts, für die Entscheidung über die Berufung des Beklagten sei das Oberlandesgericht zuständig, jedenfalls nicht willkürlich. Das Oberlandesgericht hat über die Berufung des Beklagten deshalb als zuständiges Gericht entschieden.

B.


Auch in der Sache selbst hat die Revision keinen E rfolg.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung - soweit für die Revision noch von Interesse - im wesentlichen ausgeführt :
Ein Anspruch auf Zahlung der Kartenumsätze stehe d er Klägerin aus Nr. 2 i.V. mit Nr. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages zu. Bei diesem Vertrag
handele es sich um ein abstraktes Schuldversprechen im Sinne des § 780 BGB, das unter der aufschiebenden Bedingung der Einreichung vertragsgemäßer Zahlungsbelege stehe. Daß die Klägerin hier einen den Anforderungen des Vertrages entsprechenden Beleg vorgelegt habe, sei unstreitig. Dem Anspruch der Klägerin stehe Nr. 5 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht entgegen. Durch diese Klausel solle nur verhindert werden, daß Karteninhaber sich an anderen als den vom Kartenausgeber dafür vorgesehenen Stellen unkontrolliert und kostenfrei Bargeld verschaffen könnten. Daß darüber hinaus auch der Abschluß von Verträgen über Sach- oder Dienstleistungen ausgeschlossen werden solle, folge aus dem Wortlaut der Klausel nicht unmittelbar. Es sei nicht ersichtlich, warum Reisevermittlungsumsätze akzeptiert werden sollten, Umsätze aus Verträgen über andere Leistungen aber nicht. Zweifel am Umfang des Ausschlußtatbestandes gingen nach § 5 AGBG zu Lasten der Beklagten als Verwenderin. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthielten keinen Vorbehalt, der Time-SharingGeschäfte ausnehme.
Dem Anspruch der Klägerin stehe auch nicht entgege n, daß ihr ein wirksamer Anspruch gegen ihre Kunden möglicherweise nicht zustehe. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte beruhe auf einem abstrakten Schuldversprechen. Einwendungen aus dem Vertrag zwischen dem Vertragsunternehmen und dem Kunden seien der Beklagten daher grundsätzlich versagt. Die Parteien hätten eine Leistungsfreiheit der Beklagten in den Nr. 5, 7 und 15 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehen. Die Unwirksamkeit von Time-Sharing-Verträgen werde davon nicht erfaßt. Darüber hinaus lasse der Vortrag der Beklagten weder
erkennen, ob ein Vertrag über Teilzeitwohnrechte vorliege, noch ob seitens der Kunden ein wirksamer Widerruf erfolgt sei.

II.


Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung sta nd.
Die Klägerin hat als Vertragsunternehmen gegen das beklagte Kreditkartenunternehmen in der geltend gemachten Höhe einen Anspruch auf Auszahlung des getätigten Kreditkartenumsatzes.
1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, bei dem der Kreditkartenzahlung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft handele es sich um die Vermittlung eines Time-Sharing-Vertrags. Ein solches Geschäft gehöre nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb eines Reisebüros. Die Vermittlung eines Time-Sharing-Vertrages liegt nicht außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes eines Reisebüros. Beim Time-Sharing handelt es sich in der Regel um zeitanteilige Nutzungsrechte an Ferienimmobilien , vor allem Ferienwohnungen und Ferienhäusern (Hildenbrand/ Kappus/Mäsch, Time-Sharing und Teilzeit-Wohnrechtegesetz S. 17, 18; Drasdo, Teilzeit-Wohnrechtegesetz Einführung Rdn. 7; MünchKommBGB /Franzen 4. Aufl. Vor § 481 Rdn. 10, 11). Daß Time-Sharing vor allem als "Tourismusprodukt" (vgl. Staudinger/Martinek, BGB (2001) Einl. zum TzWrG Rdn. 39) Bedeutung hat, kommt auch in § 1 Abs. 2 Satz 1 Teilzeit-Wohnrechtegesetz a.F. zum Ausdruck, wenn dort die Anwendung des Gesetzes an die entgeltliche Nutzung eines Wohngebäudes zu Erholungs- oder Wohnzwecken geknüpft wird. Nicht anders als
die Vermittlung von Ferienwohnungen kann deshalb auch die Vermittlung von Time-Sharing-Verträgen zum Geschäftsbetrieb eines Reisebüros gehören. Hier weist sowohl die Handelsregistereintragung der Klägerin als auch die Gewerbeanmeldung ihrer deutschen Niederlassung als Geschäftszweck unter anderem die Vermittlung von Teilzeitwohnrechten aus. Es kann deshalb kein Zweifel daran bestehen, daß die Vermittlung solcher Verträge zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Klägerin gehört. Ob der Beklagten dies bekannt war, ist ohne Belang.
2. Zu Unrecht ist die Revision der Auffassung, dem Anspruch der Klägerin als Vertragsunternehmen eine vermeintliche Unwirksamkeit des mit ihren Kunden geschlossenen Vermittlungsvertrages entgegenhalten zu können.

a) Nach der neueren Rechtsprechung des Senats ist das Vertragsverhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragsunternehmen nicht als Forderungskauf, sondern als abstraktes Schuldversprechen anzusehen (BGHZ 150, 286, 294; 152, 75, 80; 157, 256, 261 ff.; Senatsurteile vom 16. März 2004 - XI ZR 13/03, WM 2004, 1031, 1032 und XI ZR 169/03, WM 2004, 1130, 1131), wobei die Entstehung des Anspruchs unter der aufschiebenden Bedingung der Unterzeichnung und Übergabe eines ordnungsgemäßen Belastungsbeleges durch den Karteninhaber steht. An dieser Rechtsprechung, die von den Parteien nicht in Zweifel gezogen wird, ist festzuhalten. Kreditkartenunternehmen können Einwendungen aus dem Valutaverhältnis zwischen dem Kreditkarteninhaber und dem Vertragsunternehmen diesem - vorbehaltlich hier nicht getroffener abweichender vertraglicher Vereinbarungen - deshalb nur dann entgegenhalten , wenn das Vertragsunternehmen das Kreditkartenunterneh-
men rechtsmißbräuchlich in Anspruch nimmt. Eine rechtsmißbräuchliche Inanspruchnahme liegt nur vor, wenn das Vertragsunternehmen seine formale Rechtsposition ersichtlich treuwidrig ausnutzt; das ist nur dann der Fall, wenn offensichtlich oder liquide beweisbar ist, daß dem Vertragsunternehmen eine Forderung aus dem Valutaverhältnis gegen den Karteninhaber nicht zusteht (BGHZ 152, 75, 82 m.w.Nachw.). Selbst wenn unterstellt wird, daß der zwischen der Klägerin und ihren in der Schweiz ansässigen Kunden geschlossene Vertrag über ein in Österreich auszuübendes Teilzeitnutzungsrecht widerruflich ist, ist das nicht der Fall. Denn die rechtzeitige Ausübung eines Widerrufs durch die Kunden ist streitig und ungeklärt.

b) Die Revision kann sich auch nicht mit Erfolg da rauf berufen, die Unwirksamkeit des Vermittlungsauftrags folge jedenfalls aus § 7 i.V. mit § 9 Teilzeit-Wohnrechtegesetz a.F., da die Vereinbarung einer sofort fälligen Vermittlungsprovision in Höhe von ca. 15% des Preises eine Umgehung des Anzahlungsverbots des Teilzeit-Wohnrechtegesetzes a.F. darstelle. Ein Verstoß gegen das in § 7 Teilzeit-Wohnrechtegesetz a.F. normierte Anzahlungsverbot führt nach zutreffender ganz herrschender Meinung nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages, weil das Fordern oder Annehmen der Anzahlung nur für den Unternehmer verboten ist (MünchKommBGB/Franzen 4. Aufl. § 486 Rdn. 15; Bamberger/Roth/ Eckert, BGB § 486 Rdn. 7; Erman/Saenger, BGB 11. Aufl. § 486 Rdn. 4; Palandt/Putzo, BGB 64. Aufl. § 486 Rdn. 7).

III.


Die Revision war somit zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 31/05
vom
19. September 2006
in der Rechtsbeschwerdesache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. September 2006
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richterinnen Ambrosius und
Mühlens und die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 31. August 2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Streitwert: 3.325,-- €.

Gründe:


1
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten die teilweise Erstattung eines bezahlten Reisepreises, hilfsweise die Erteilung eines Reisegutscheins.
2
In der Klageschrift hat der Kläger die Beklagte, eine ausländische Gesellschaft , wie folgt bezeichnet: "Firma S. , International Ltd., vertreten durch den Vorsitzenden der Geschäftsleitung L. M. C. ".
3
Das Amtsgericht hat seine Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 3. Januar 2005 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2005, eingegangen am 1. Februar 2005, hat der Kläger Berufung beim Landgericht eingelegt. In der Folgezeit wurde die Berufungsbegründungsfrist verlängert. Innerhalb der laufenden Frist zur Berufungsbegründung teilte der Berichterstatter der Prozessbevollmächtigten des Klägers telefonisch mit, dass Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit des Landgerichts für die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil bestünden. Auf weiteren telefonischen Hinweis, dass eine Beendigung des vor dem Landgericht betriebenen Berufungsverfahrens durch Abgabe an das Oberlandesgericht nicht möglich sei, nahm der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 17. März 2005 die Berufung beim Landgericht zurück.
4
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 8. März 2005, eingegangen beim Oberlandesgericht am 10. März 2005, hatte der Kläger zuvor Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt und zugleich einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist gestellt.
5
Diesen Antrag hat das Oberlandesgericht durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Rostock vom 30. Dezember 2004 als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.
6
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
7
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und nach § 574 ZPO auch zulässig.
8
2. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, der Beschluss des Oberlandesgerichts sei schon deshalb aufzuheben, weil er keine Darstellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts enthalte.
9
Insoweit hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Der Beschluss verweist auf den Hinweis des Berichterstatters, der den Parteien übermittelt worden ist. Diesem Hinweis ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Berufungsfrist am 3. Februar 2005 abgelaufen ist und einen Tag zuvor, am 2. Februar 2005, Berufung beim Landgericht eingelegt worden ist. Ferner ist dem Hinweis zu entnehmen, dass die Akten sodann angefordert und am 4. Februar 2005 beim Landgericht eingegangen sind. Außerdem ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung selbst, dass sodann die Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt worden ist. Danach ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit , dass die Berufungsfrist versäumt worden ist. Damit ist der zu beurteilende Sachverhalt hinreichend erkennbar.
10
3. Auch soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, es sei im Rechtsmittelverfahren auch dann von einem inländischen allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten auszugehen, wenn in erster Instanz die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines besonderen Gerichtsstands von keiner Partei vorgetragen und auch nicht vom Gericht festgestellt worden seien, ist das Rechtsmittel nicht begründet.
11
Das Oberlandesgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger als Berufungsführer die funktionelle Zuständigkeit des angerufenen Berufungsgerichts darzulegen hat (BGH, Beschl. v. 28.01.2004 - VIII ZB 66/03, MDR 2004, 828; Beschl. v. 28.03.2006 - VIII ZB 100/04, BGH-Rep. 2006, 925). Hiervon geht auch die Rechtsbeschwerde aus.
12
Allerdings haben der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs und ihm folgend der XI. Zivilsenat entschieden, dass bei § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG im Berufungsverfahren regelmäßig der im Verfahren vor dem erstinstanzlichen Gericht unangegriffen gebliebene inländische bzw. ausländische Gerichtsstand einer Partei zugrunde zu legen und einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht grundsätzlich entzogen ist (BGH, Urt. v. 28.01.2004 - VIII ZB 66/03, MDR 2004, 828; Urt. v. 15.02.2005 - XI ZR 171/04, NJW-RR 2005, 780; Beschl. v. 28.03.2006 - VIII ZB 100/04, BGH-Rep. 2006, 925). Dies setzt allerdings voraus , dass in erster Instanz der inländische oder ausländische Gerichtsstand unstreitig geblieben ist oder dass er zwar streitig war, das Gericht dazu aber keine Feststellungen getroffen hat. In letzterem Fall kann es dem Gegner verwehrt sein, seinen Vortrag zu ändern (BGH, Beschl. v. 28.03.2006, aaO). Wird indessen in erster Instanz hierzu nichts vorgetragen und liegt demzufolge ein unbestrittener Vortrag zur Frage der Zuständigkeit nicht vor, so kann dies nicht gleichermaßen gelten.
13
Die Bezeichnung der Beklagten im Rubrum der Klageschrift ist nicht eindeutig. Aus ihr ergibt sich nicht, ob damit behauptet werden sollte, die Beklagte habe ihren Sitz im Inland oder die Beklagte unterhalte im Inland eine Zweigniederlassung (§ 21 ZPO). Abgesehen von der Bezeichnung der Beklagten im Rubrum der Klageschrift hat der Kläger in erster Instanz nichts zur Zuständigkeit vorgetragen. Er hat weder geltend gemacht, dass die Beklagte ihren Sitz im Inland habe noch dass sie im Inland eine Zweigniederlassung unterhalte. Der Einlassung der Beklagten auf die gegen sie erhobene Klage kann daher auch nichts zu dieser Frage entnommen werden, insbesondere nicht, dass sie damit nicht habe bestreiten wollen, dass sie ihren Sitz im Inland habe. Ist zu dieser Frage aber ein unstreitiger Sachverhalt nicht zu ermitteln, so verbleibt es bei dem oben dargelegten Grundsatz, wonach der Berufungskläger die funktionelle Zuständigkeit des angerufenen Berufungsgerichts darzulegen hat. Das bedeu- tet, dass der Berufungskläger die Voraussetzungen für die Zuständigkeit des angerufenen Berufungsgerichts darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat.
14
Das Amtsgericht hatte auch nicht, wie die Rechtsbeschwerde meint, Veranlassung den Kläger aufzufordern, hierzu vorzutragen, denn es hatte zu Recht keine Zweifel an seiner Zuständigkeit.
15
4. Die Berufung beim Oberlandesgericht war daher unzulässig, weil sie verspätet eingelegt worden ist. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nicht vor. Der Kläger konnte, wie dies im Übrigen nach dem entsprechenden Hinweis des Landgerichts auch geschehen ist, ohne Schwierigkeiten ermitteln, welches der Sitz der Beklagten war und damit ohne weiteres erkennen, dass die Berufung gegen das angegriffene Urteil beim Oberlandesgericht einzulegen war. Diese Prüfung oblag ihm, weil er die Prozessvoraussetzungen darzulegen hat.
16
Wiedereinsetzung ist dem Kläger auch nicht deshalb zu bewilligen, weil das Landgericht erst verspätet auf Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit für die Berufung hingewiesen hat. Die Berufungsfrist lief am 3. Februar 2005 ab. Die Berufung zum Landgericht ist dort am 1. Februar 2005 eingegangen; am 2. Februar 2005 hat der Vorsitzende die Akten angefordert, die am 4. Februar eingegangen sind. Ohne Akten konnte das Landgericht seine Zuständigkeit, insbesondere die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG nicht prüfen. Erst recht war ihm die Prüfung darauf hin, ob nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen hier trotz des Sitzes der Beklagten im Ausland der Beklagten die Möglichkeit abgeschnitten war, sich hierauf zu berufen , nicht möglich, denn dazu war Voraussetzung, dass dies in erster Instanz unstreitig geblieben war. Nach dem Akteneingang war die Berufungsfrist jedoch bereits abgelaufen. Eine rechtzeitige fristwahrende Abgabe an das zuständige Oberlandesgericht oder ein rechtzeitiger Hinweis, der eine fristwahrende Berufungseinlegung beim Oberlandesgericht ermöglicht hätte, waren danach ausgeschlossen.
Melullis Ambrosius Mühlens
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanzen:
AG Rostock, Entscheidung vom 30.12.2004 - 42 C 124/04 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 31.08.2005 - 1 U 21/05 -

(1) Hat jemand zum Betrieb einer Fabrik, einer Handlung oder eines anderen Gewerbes eine Niederlassung, von der aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden, so können gegen ihn alle Klagen, die auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung Bezug haben, bei dem Gericht des Ortes erhoben werden, wo die Niederlassung sich befindet.

(2) Der Gerichtsstand der Niederlassung ist auch für Klagen gegen Personen begründet, die ein mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut als Eigentümer, Nutznießer oder Pächter bewirtschaften, soweit diese Klagen die auf die Bewirtschaftung des Gutes sich beziehenden Rechtsverhältnisse betreffen.

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.