Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2006 - I ZB 83/06

bei uns veröffentlicht am12.12.2006
vorgehend
Amtsgericht Wuppertal, 34 C 171/02, 07.08.2006
Landgericht Wuppertal, 6 T 516/06, 04.09.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 83/06
vom
12. Dezember 2006
in der Rechtsbeschwerdesache
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant,
Dr. Schaffert und Dr. Bergmann
am 12. Dezember 2006

beschlossen:
Der Antrag der Schuldnerin zu 5, die Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts Wuppertal vom 7. August 2006 (34 C 171/02) bis zur Entscheidung des Senats über die Rechtsbeschwerde auszusetzen und die Zwangsvollstreckung hieraus einzustellen, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:


1
I. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 26. November 2002 wurden sämtliche Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft N. Straße 217 in W. (einschließlich der Schuldnerin zu 5) antragsgemäß als Gesamtschuldner verurteilt, geeignete bauliche Maßnahmen durchzuführen, die ein Abrutschen des Erdreichs vom Grundstück N. Straße 217 auf das Grundstück N. Straße 215 verhindern.
2
Die Gläubiger haben beantragt, sie gemäß § 887 ZPO zu ermächtigen, die Handlung auf Kosten der Schuldner vornehmen zu lassen. Dieser Antrag konnte nur den Schuldnern zu 3, 5, 6, 7 und 8 zugestellt werden. Der Schuldner zu 6 ist nach der Zustellung verstorben.
3
Die Schuldnerin zu 5 (im Folgenden: Schuldnerin) hat demgegenüber die Auffassung vertreten, der Vollstreckungstitel richte sich nur gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft N. Straße 217 als solche, da nur diese passivlegitimiert gewesen sei. Das Rubrum des Titels sei dementsprechend zu berichtigen.
4
Das Amtsgericht hat die Gläubiger im Hinblick auf die Schuldnerin sowie die Schuldner zu 3, 7 und 8 zur Ersatzvornahme ermächtigt und diese als Gesamtschuldner verpflichtet, voraussichtliche Kosten in Höhe von 6.144,52 € an die Gläubiger vorauszuzahlen.
5
Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Schuldnerin die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt und begründet.
6
Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2006, eingegangen am 11. Dezember 2006, hat die Schuldnerin beantragt, die Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts in Verbindung mit dem Beschluss des Beschwerdegerichts bis zur Entscheidung des Senats über die Rechtsbeschwerde auszusetzen und die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss einzustellen, weil am 13. Dezember 2006 Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Gerichtsvollziehers wegen des Kostenvorschusses drohten.
7
Die Gläubiger haben sich zu dem Antrag nicht geäußert.

8
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 575 Abs. 5 i.V. mit § 570 Abs. 3 ZPO ist unbegründet.
9
1. Die Aussetzung der Vollziehung einer erstinstanzlichen Entscheidung, die durch das Beschwerdegericht bestätigt worden ist, kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn dem Rechtsbeschwerdeführer durch die (weitere) Vollziehung größere Nachteile drohen als den anderen Beteiligten im Fall der Aussetzung , die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist und die Rechtsbeschwerde zulässig erscheint (vgl. BGH, Beschl. v. 21.3.2002 - IX ZB 48/02, NJW 2002, 1658 f.). Nach diesen Grundsätzen kommt die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts nicht in Betracht, weil der Senat nach Abwägung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels und der drohenden Nachteile für die Gläubiger überwiegende Gründe für die Aussetzung der Vollziehung nicht feststellen kann.
10
2. Die vom Beschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zugelassene Rechtsbeschwerde ist zwar zulässig; sie hat aber nach derzeitigem Sachstand voraussichtlich keinen Erfolg.
11
a) Die Schuldnerin ist der Ansicht, dass die Zwangsvollstreckung gegen sie unzulässig sei, weil das rechtskräftig gewordene Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 26. November 2002 in Wahrheit nicht gegen sie, sondern nur gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft N. Straße 217 ergangen sei; es müsse deshalb das Passivrubrum des Urteils berichtigt werden. Sie stützt sich dabei auf den Beschluss des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGHZ 163, 154), nach dem die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer rechtsfähig ist, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigen- tums am Rechtsverkehr teilnimmt. Diesem Vorbringen kann nach vorläufiger Prüfung nicht zugestimmt werden.
12
Nach § 319 Abs. 1 ZPO sind offenbare Unrichtigkeiten in einem Urteil jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. Eine offensichtliche Unrichtigkeit in diesem Sinne liegt jedoch nur vor, wenn sie sich aus dem Zusammenhang des Urteils selbst oder aus den Vorgängen bei seiner Verkündung ergibt und wenn sie ohne weiteres erkennbar ist (BGH, Beschl. v. 3.6.2003 - X ZB 47/02, BGH-Rep 2003, 1168, 1169 m.w.N.). Eine Rubrumsberichtigung ist nur zulässig, wenn die Identität der Partei, im Verhältnis zu der das Prozessrechtsverhältnis begründet worden ist, gewahrt bleibt (BGH BGHRep 2003, 1168, 1169 m.w.N.).
13
Eine derartige offenbare Unrichtigkeit des Rubrums des rechtskräftigen amtsgerichtlichen Urteils scheidet nach vorläufiger Beurteilung im Streitfall aus. Die Gläubiger haben ihre Klage gegen die Schuldner persönlich gerichtet. Das Amtsgericht hat die Schuldner antragsgemäß als Miteigentümer des Grundstücks N. Straße 217 verurteilt.
14
Unabhängig davon spricht gegen eine offenbare Unrichtigkeit des Rubrums, dass Ansprüche Dritter gegen die Wohnungseigentümer als solche in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des V. Zivilsenats nicht ausgeschlossen sind. Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht umfassend, sondern auf die Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen, wie dies insbesondere bei Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen im Außenverhältnis der Fall ist (BGHZ 163, 154, 177 f.). Den Gläubigern ist hier ein gesetzlicher Störungsbeseitigungsan- spruch gegen die Wohnungseigentümer als Miteigentümer zugesprochen worden. Der von der Miteigentümergemeinschaft gebildete teilrechtsfähige Verband ist nicht Miteigentümer des Grundstücks (vgl. BGH, Beschl. v. 30.3.2006 - V ZB 17/06, NJW 2006, 2187 Tz 12).
15
b) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die Schuldnerin nicht dargelegt hat, dass ihr durch die Zwangsvollstreckung größere Nachteile drohen als den Gläubigern im Fall der Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses und der Einstellung der Zwangsvollstreckung.
Bornkamm v.Ungern-Sternberg Pokrant
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 07.08.2006 - 34 C 171/02 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 04.09.2006 - 6 T 516/06 -

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(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. (2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil un

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(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat.

(2) Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, kann die Vollziehung der Entscheidung aussetzen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 47/02
vom
3. Juni 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juni 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen,
Keukenschrijver und Asendorf

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. November 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert:

Gründe:


I.


Das Landgericht Berlin hat mit rechtskräftigem Urteil vom 3. August 2001 die "G. Filmproduktion GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer G. und P. ", dazu verurteilt, 23.829,97 DM nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2002 beantragte die "G. Filmproduktion GmbH", das Rubrum im genannten Urteil sowie im Kostenfestsetzungsbeschluß vom 13. September 2001 dahin zu berichtigen, daß Beklagte nicht die "G. Filmproduktion GmbH" sei, sondern die "G.
G. und P. GmbH". Dem Antrag lag zugrunde, daß der Gerichtsvoll- zieher T. mit Schreiben vom 19.6.2002 die "G. Filmproduktion GmbH, Geschäftsführer G. , , B. " darauf hingewiesen hatte, das Passivrubrum im Urteil des Landgerichts müsse berichtigt werden.
Das Landgericht Berlin hat mit Berichtigungsbeschluß vom 13. September 2002 die beantragte Berichtigung nach § 319 ZPO vorgenommen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Klägerin hat das Kammergericht mit Beschluß vom 21. November 2002 zurückgewiesen. Die Klägerin erstrebt mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde die Aufhebung der Berichtigungsbeschlüsse und die Zurückweisung des Antrags auf Rubrumsberichtigung.

II.


Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Klägerin mit der Erwägung zurückgewiesen, eine unrichtige Parteibezeichnung könne jederzeit berichtigt werden, solange die Identität der Partei gewahrt bleibe. Bei äußerlich unvollständiger oder unrichtiger Bezeichnung sei grundsätzlich derjenige Partei , der durch die fehlerhafte Bezeichnung nach deren objektiven Sinn betroffen werden solle, wobei auch spätere Prozeßvorgänge zur Auslegung, wer Partei sei, herangezogen werden könnten. Im Streitfall sei durch Auslegung des Akteninhalts sicher feststellbar, daß die "G. G. und P. GmbH" die wirkliche, nur falsch bezeichnete Beklagte war, so daß ausgeschlossen werden könne, daß die Rubrumsberichtigung zu einem Parteiwechsel führe.

Diese Auffassung hat das Beschwerdegericht auf verschiedene Um- stände gestützt. Es hat im wesentlichen ausgeführt, eine im Rubrum des landgerichtlichen Urteils mit "G. Filmproduktion GmbH" bezeichnete Gesellschaft bestehe tatsächlich, sei aber erst nach der Rechtskraft des hier im Streit stehenden Urteils und nach der Genehmigung des in diesem Urteil streitgegenständlichen Vertrags mit der "G. G. und P. GmbH" gegründet worden. Hinzu komme, daß die zu den Akten gereichten Auftragsschreiben ein Logo aufwiesen, in dessen oberer Hälfte die "G. und P. GmbH" als Absender erkennbar sei und bei dem die weitere Angabe "TV und Filmproduktion" als Hinweis auf den Unternehmensgegenstand oder ähnliches erscheine, nicht aber als Bestandteil der Firma der GmbH. Bei dieser Sachlage läge in der Berichtigung des Rubrums nur dann ein unzulässiger Parteiwechsel, wenn die so gestalteten Briefbögen indizierten, daß eine "G. Filmproduktion GmbH" zwar noch nicht in das Handelsregister eingetragen, aber zumindest schon als Vorgründungsgesellschaft bestanden habe. Für eine solche Annahme ergebe sich aus dem gesamten Akteninhalt kein Anhalt. Daß in allen Schreiben über die Eintragung ins Handelsregister eine falsche Nummer, nämlich die eines dritten Unternehmens, angegeben gewesen sei, ergebe für sich allein noch keinen Hinweis darauf, daß die "G. G. und P. GmbH" nicht die richtige Beklagte sei.
2. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde sind unbegründet.

a) Die Rechtsbeschwerde geht mit dem Beschwerdegericht davon aus, daß eine Rubrumsberichtigung im Rahmen des § 319 ZPO nur zulässig ist,
wenn die Identität der Partei, im Verhältnis zu der das Prozeßrechtsverhältnis begründet worden ist, gewahrt bleibt. Das entspricht allgemeiner Meinung (vgl. statt aller Musielak, ZPO § 319 Rdn. 6 m.w.N.), läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen und ergibt sich schon daraus, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei unrichtiger äußerer Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei des Rechtsstreits angesprochen wird, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen sein soll (Sen. Beschl. v. 28.3.1995 - X ARZ 255/95, NJW-RR 1995, 764 m.w.N.). Denn die Bezeichnung einer Partei allein ist für die Parteistellung nicht ausschlaggebend. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zukommt (BGH Urt. v. 24.11.1980 - VII ZR 208/79, NJW 1981, 1453; Urt. v. 4.6.1981 - VII ZR 174/80, WM 1981, 829; Urt. v. 26.2.1987 - VII ZR 58/86, NJW 1987, 1946; Urt. v. 12.6.2002 - VIII ZR 187/01, NJW 2002, 3110 m.w.N.). Ist unter diesen Voraussetzungen eine offenbare Unrichtigkeit des Rubrums festzustellen, so dient die Berichtigung des Rubrums dazu, Identität der vom Rechtsstreit betroffenen Partei zweifelsfrei zu stellen.

b) Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, die vom Landgericht von Amts wegen vorgenommene Berichtigung des Rubrums nach § 319 ZPO sei nicht zulässig gewesen, weil sie nicht der Berichtigung einer offensichtlichen Unrichtigkeit gedient habe.
Eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 319 ZPO liegt vor, wenn sie sich aus dem Zusammenhang des Urteils selbst oder aus den Vorgängen bei seiner Verkündung ergibt und ohne weiteres erkennbar ist (BGHZ
20, 188, 192; BGH, Beschl. v. 9.12.1992 - XII ZB 114/92, MDR 1993, 382). Von einer solchen offensichtlichen Unrichtigkeit sind das Landgericht und das Beschwerdegericht zutreffend ausgegangen. Die unrichtige Bezeichnung der Beklagten ergibt sich ohne weiteres aus dem Rubrum des Urteils des Landgerichts Berlin einerseits und aus den im Tatbestand des Urteils in Bezug ge- nommenen Schriftsätzen nebst Anlagen andererseits. Wie sich aus der Klageschrift ergibt, hat die Klägerin die Anlage K 4 vorgelegt mit der Behauptung, der zunächst von Herrn S. geschlossene Vertrag sei von der Beklagten jedenfalls durch die Erklärung Anlage K 4 genehmigt worden. Die Anlage K 4 ist eine Erklärung der "G. G. und P. GmbH" und von deren Geschäftsführer G. unterschrieben. Die Annahme einer offenkundig fehlerhaften Parteibezeichnung der Beklagten seitens der Klägerin und dem folgend im Urteil des Landgerichts Berlin läßt angesichts dieser Umstände einen Rechtsfehler nicht erkennen.

c) Daraus folgt auch, daß die Rüge der Rechtsbeschwerde, die Vorinstanzen hätten mit der Berichtigung des Rubrums einen unzulässigen Parteiwechsel vorgenommen, einer Grundlage entbehrt.
Ausweislich des Berichtigungsbeschlusses des Landgerichts Berlin vom 13. September 2002 ist die korrekte Bezeichnung der Beklagten "G. G. und P. GmbH", vertreten durch den Geschäftsführer G., , B. . Das entspricht der Erklärung der Beklagten in der Anlage K 4 zur Klageschrift und der Eintragung der so bezeichneten Beklagten im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg. Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe keine Feststellungen dahingehend getroffen, daß eine G. Filmproduktion GmbH im Zeitpunkt der Verkündung des berich-
tigten Urteils nicht existent gewesen sei, geht dies an den Ausführungen des Beschwerdegerichts vorbei. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, daß die Gründung der "G. Filmproduktion GmbH" erst nach der Genehmigung des Vertragsschlusses durch die G. G. und P. GmbH und nach der Rechtskraft des hier in Streit stehenden Urteils erfolgt sei.
3. Die Rechtsbeschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 17/06
vom
30. März 2006
in der Wohnungseigentumssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Auslegung der in das Grundbuch eingetragenen Befugnis eines Wohnungseigentümers
, auf dem Dach des gemeinschaftlichen Gebäudes "eine Funkfeststation" zu
betreiben, führt nicht dazu, dass der Betrieb einer Mehrzahl solcher Anlagen gestattet
wäre.
BGH, Beschl. v. 30. März 2006 - V ZB 17/06 - OLG München
LG München I
AG München
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 30. März 2006 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 17. Januar 2005 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 10. August 2004 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten der Rechtsmittelverfahren. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert des Verfahrens beträgt 15.000 €.

Gründe:


I.


1
Beteiligten Die sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage in O. . Die Antragsgegnerin ist die Wohnungseigentümerin der Einheit Nr. 89. Die Antragsteller sind die übrigen Wohnungseigentümer. Nach § 22 der in das Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO) ist der jeweilige Eigentümer der Einheit Nr. 89 berechtigt, "… auf dem Dach des Gebäudes eine standortbezogene Funkfeststation und/oder Antennenanlage einschließlich aller hierfür erforderlichen Einrichtungen und Anlagen, insbesondere Stromanschluss , Stromzähler, Technikeinheit uneingeschränkt zu errichten , wieder aufzubauen, baulich zu ändern, instand zu setzen, instand zu halten, dauernd zu unterhalten und zu nutzen. ... Eine Funkfeststation besteht insbesondere aus der Versorgungseinheit , den Antennenträgern und der Antennenanlage. …"
2
Auf dem Dach des Gebäudes befindet sich derzeit eine Mobilfunkanlage. Die Antragsgegnerin beabsichtigt die Montage zweier weiterer Anlagen.
3
Hiergegen wenden sich die Antragsteller. Das Amtsgericht hat einem entsprechenden Unterlassungsantrag stattgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht den Antrag zurückgewiesen. Es meint, das Vorhaben der Antragsgegnerin bedeute eine nach der Gemeinschaftsordnung zulässige bauliche Änderung der vorhandenen Anlage. Das Oberlandesgericht München möchte der hiergegen gerichteten sofortigen weiteren Beschwerde der Antragsteller stattgeben. Es sieht sich daran durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Februar 2002 (NZM 2002, 612) gehindert und hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


4
Vorlage Die ist statthaft (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
5
Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, das Vorhaben der Antragsgegnerin bedeute die Errichtung weiterer eigenständiger Funkfeststationen neben der bereits vorhandenen Anlage. Dies sei von der Gemeinschaftsordnung nicht gedeckt. Die Gestattung, "eine" Funkfeststation zu errichten, sei im Sinne eines Zahlworts zu verstehen. Da die vorhandene Funkfeststation bei Beschluss der Gemeinschaftsordnung bestanden habe, spreche vieles dafür, dass die bestehende Anlage rechtlich abgesichert werden sollte. Dem entspreche der spätere Versuch des ursprünglichen Eigentümers der Wohnanlage, die Gestattung auf die Errichtung mehrerer Funkanlagen zu erweitern.
6
Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Köln in der Vergleichsentscheidung , die eine nahezu wortgleiche Gemeinschaftsordnung betrifft, die Ansicht , der Berechtigte sei zur Errichtung weiterer Anlagen befugt. Die Formulierung "eine Funkfestanlage" sei im Sinne eines unbestimmten Artikels zu verstehen , dessen Zweck in der Abgrenzung gegenüber anderen möglichen technischen Einrichtungen bestehe und keine Beschränkung der Anzahl der Anlagen bedeute.
7
Die Divergenz zwischen dem vorlegenden Oberlandesgericht und dem Oberlandesgericht Köln rechtfertigt die Vorlage. Zwar betrifft die Abweichung lediglich die Auslegung eines Rechtsgeschäfts, nämlich einer in das Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung als Bestandteil einer Teilungserklärung. Da die in Rede stehende Regelung jedoch über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus Verwendung findet, weist sie normähnlichen Charakter auf und ist deshalb einer bundesrechtlichen Vorschrift im Sinne des § 28 Abs. 2 FGG gleichzustellen (vgl. Senat, BGHZ 113, 374, 376; 121, 236, 238; BGH, BGHZ 88, 302, 304; 92, 18, 21).

III.


8
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, §§ 27, 29, 22 Abs. 1 FGG). Sie hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
9
Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts können die Antragsteller nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG von der Antragsgegnerin verlangen, die Montage weiterer Mobilfunkanlagen zu unterlassen.
10
1. Das Landgericht hat in Übereinstimmung mit der Beteiligtenbezeichnung in der Antragsschrift die Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Antragsgegnerin als Antragsteller angesehen. Das trifft zu.
11
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats bildet die Wohnungseigentümergemeinschaft einen teilrechtsfähigen Verband, der Beteiligter eines gerichtlichen Verfahrens sein kann (Senat, BGHZ 163, 154 ff.). Soweit zur Bewirtschaftung des gemeinschaftlichen Gebäudes und des Grundstücks der Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten erforderlich ist, erfolgt dies durch den insoweit rechtsfähigen Verband, der aus den abgeschlossenen Verträgen berechtigt und verpflichtet wird. Gerichtliche Verfahren wegen Ansprüchen aus solchen Verträgen sind von dem bzw. gegen den Verband anhängig zu machen. Im Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander sind die Ansprüche auf Erfüllung der regelmäßigen und besonderen Beiträge dem Verband zugeordnet und daher von diesem gegenüber den Wohnungseigentümern gerichtlich geltend zu machen.
12
Der Verband ist jedoch weder Mitglied der Eigentümergemeinschaft noch Miteigentümer des Grundstücks. Unterlassungsansprüche aus dem Miteigentum an dem Grundstück stehen daher weder dem Verband zu, noch können sie ohne einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümer von dem Verband gerichtlich geltend gemacht werden (vgl. Senat, BGHZ 116, 332, 335; ferner Wenzel, ZWE 2006, 2, 6; Briesemeister, ZWE 2006, 15; Demharter, NZM 2006, 81, 82). Dem entspricht die Inanspruchnahme der Antragsgegnerin durch die Antragsteller. Ein den Verband ermächtigender Beschluss der Wohnungseigentümer , von der Antragsgegnerin gerichtlich zu verlangen, die Errichtung weiterer Mobilfunkstationen auf dem Dach des Gebäudes zu unterlassen, ist nicht getroffen.
13
2. Der Antrag ist auch nicht deshalb zurückzuweisen, weil die Antragsteller im vorliegenden Verfahren durch ihren gemeinschaftlichen Bevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, nicht wirksam vertreten wären. Der Bevollmächtigte der Antragsteller ist von der Verwalterin der Eigentümergemeinschaft beauftragt worden, die Interessen der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin gerichtlich geltend zu machen. Nach § 7 Abs. 3 des Verwaltervertrages vom 22. August 2001 ist der Verwalter "in gerichtlichen Verfahren ... ermächtigt, nach Genehmigung durch den Verwaltungsbeirat auch einen fachkundigen Rechtsanwalt ... einzuschalten und Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsstreits/Rechtsnachteils erforderlich sind". Diese Regelung soll dem Verwalter in Angelegenheiten, die keinen Aufschub bis zur nächsten ordentlichen Eigentümerversammlung dulden , die Befugnis geben, die Ansprüche Wohnungseigentümer im Hinblick auf ihre Mitberechtigung an dem Grundstück und dem Gebäude zu wahren. Hieran hat sich durch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Entscheidung des Senats vom 2. Juni 2005, BGHZ 163, 154 ff, nur insoweit etwas geändert, als die interessengerechte Auslegung der in dem Verwaltervertrag zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Verwalterin (vgl. Abramenko, ZMR 2006, 6, 7) enthaltenen Bestimmung nunmehr dahin führt, dass der Verwalter in den genannten Fällen bevollmächtigt ist, die Ansprüche des Verbands in dessen Namen und die gemeinschaftsbezogenen Ansprüche aus dem Miteigentum im Namen der Wohnungseigentümer wahrzunehmen und hierzu einem Rechtsanwalt Untervollmacht zu erteilen.
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Die Voraussetzungen der Bestimmung liegen vor. Bei Antragstellung am 6. Juli 2004 lag ein Eilbedürfnis vor. Die Montage weiterer Funkeinrichtungen auf dem Dach des Hauses durch die Antragsgegnerin stand unmittelbar bevor. Die Zustimmung des Verwaltungsbeirats mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Geltendmachung der hiergegen gerichteten Ansprüche der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin durch die Verwalterin ist am 15. Juni 2004 erteilt worden.
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3. Die Entscheidung, ob eine Neuerrichtung oder - wie das Beschwerdegericht meint - lediglich eine bauliche Änderung einer Funkfeststation vorliegt, hängt maßgeblich davon ab, was nach der Gemeinschaftsordnung unter einer solchen Anlage zu verstehen ist.
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Die Gemeinschaftsordnung definiert eine Funkfeststation als Einrichtung, die aus drei Bauteilen besteht, nämlich den Antennenträgern, der Antennenanlage und der Versorgungseinheit. Daraus ergibt sich, dass jede Einheit, die über diese Bauteile verfügt, nach dem Verständnis der Gemeinschaftsordnung eine Funkfeststation darstellt. Ist ein Vorhaben daher - wie im vorliegenden Fall - auf die Montage sämtlicher drei Komponenten gerichtet, so bedeutet dies keine Erweiterung einer bestehenden, sondern die Errichtung einer weiteren Anlage.
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Ein solches Recht gewährt § 22 GO der Antragsgegnerin nicht. Die Auslegung der Gemeinschaftsordnung, die der Senat als Gericht der sofortigen weiteren Beschwerde selbst vornehmen kann (Senat, BGHZ 139, 288, 292; 157, 322, 331; 160, 354, 361 f), ergibt, dass lediglich die Aufstellung einer einzigen Funkfeststation gestattet ist.
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a) Bei der Auslegung einer in das Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung ist - wie bei der Auslegung von Grundbucheintragungen allgemein - auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt. Umstände außerhalb der Eintragung können nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Senat, BGHZ 113, 374, 378; 121, 236, 239; 139, 288, 292; 156, 192, 197; 160, 354, 362). Soweit die Gemeinschaftsordnung ein Sondernutzungsrecht gewährt , ist dies zwar hinsichtlich der örtlichen Situation der Fall, nicht jedoch hinsichtlich der Entstehungsgeschichte der Ordnung und ihrer einzelnen Regelungen , soweit sich diese nicht aus dem Grundbuchinhalt ergeben (KG NJW-RR 1989, 140; OLG Karlsruhe, ZMR 2001, 385, 386; KK-WEG/Elzer, § 3 Rdn. 38; Kreuzer in Festschrift für Merle, S. 203, 206).
19
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall kann den von dem vorlegenden Gericht für wesentlich angesehenen Auslegungskriterien keine Bedeutung beigemessen werden. Weder die Tatsache, dass bei Abfassung der Gemeinschaftsordnung bereits eine Funkfestanlage vorhanden war, noch der Gesichtspunkt, dass eine spätere Änderung der Gemeinschaftsord- nung gescheitert ist, sind dem unbefangenen Betrachter bekannt oder für diesen ohne weiteres erkennbar. Diese Umstände ergeben sich weder aus der tatsächlichen Situation noch aus dem Grundbuch. Sie müssen bei der gebotenen Auslegung daher außer Betracht bleiben. Maßgeblich für die Entscheidung, ob § 22 GO zur Errichtung mehrerer Mobilfunkanlagen berechtigt, sind vielmehr allein der Wortlaut, der Regelungszweck und die Systematik dieser Bestimmung.
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b) Aus dem Wortlaut der Regelung allein lassen sich noch keine eindeutigen Erkenntnisse zu deren Auslegung gewinnen. Wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, wird das Wort "ein" in der deutschen Sprache sowohl als Zahlwort als auch als unbestimmter Artikel gebraucht. Aus dem Regelungszweck und der Systematik des § 22 GO ergibt sich jedoch, dass die Bezeichnung im vorliegenden Fall (jedenfalls auch) im Sinne eines Zahlworts zu verstehen ist.
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aa) Enthält eine Gemeinschaftsordnung eine dem § 22 GO entsprechende Vorschrift, so besteht deren Zweck maßgeblich darin, die widerstreitenden Interessen des jeweiligen Berechtigten einerseits und der übrigen Wohnungseigentümer andererseits im Hinblick auf die Nutzung des Dachs zu regeln. Ein Regelungsbedarf besteht dabei aus Sicht beider Seiten in zweierlei Hinsicht.
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So ist es zunächst erforderlich, die Qualität der erlaubten Nutzung zu regeln und diese gegenüber unzulässigen anderen Gebrauchsformen abzugrenzen. Insoweit weist das Oberlandesgericht Köln zutreffend darauf hin, dass durch die Erlaubnis zur Errichtung einer Funkfeststation eine Nutzung durch andere mögliche technische Einrichtungen ausgeschlossen werden soll.
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Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln verfolgt die Vorschrift jedoch darüber hinaus noch ein weiteres Ziel. Aus Sicht der Beteiligten besteht ein Regelungsbedarf im Allgemeinen nicht nur in qualitativer, sondern auch und erst recht in quantitativer Hinsicht. Die Anzahl der erlaubten Funkfeststationen auf dem Dach des gemeinschaftlichen Gebäudes ist nämlich für sämtliche Beteiligten von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Dabei stehen sich die Interessen des jeweiligen Berechtigten und der übrigen Wohnungseigentümer gegenüber. Während der Berechtigte bei Errichtung mehrerer Anlagen höhere Mieteinnahmen von den Mobilfunkbetreibern erzielen wird, kann dies bei den Wohnungen der anderen Eigentümer zu einem gravierenden Wertverlust führen (vgl. Kniep, WuM 2002, 598, 600; Bobka, RDM-Informationsdienst für Sachverständige 2003, 10, 16). Angesichts dieser widerstreitenden Interessen ist davon auszugehen, dass die Bestimmung im Zweifel nicht nur zur Art, sondern auch zum Umfang der erlaubten Nutzung eine Regelung herbeiführen soll.
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bb) Dieses Ergebnis wird durch die systematische Auslegung der Bestimmung bestätigt. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass die Gemeinschaftsordnung dem Berechtigten nicht nur die Errichtung einer Festfunkstation , sondern auch deren Wiederaufbau gestattet. Für die gesonderte Benennung dieser Befugnis besteht nur dann ein Grund, wenn sich die Erlaubnis zur Errichtung einer Anlage auf ein einmaliges Ereignis bezieht. Anders ist die ausdrückliche Gestattung des Wiederaufbaus nicht sinnvoll zu erklären. Wenn die Errichtung von Funkfeststationen jederzeit in beliebiger Anzahl zulässig sein soll, fehlt es an einem Bedürfnis, die Befugnis zum Wiederaufbau einer Anlage zu regeln. Die Regelung hat nur dann einen vernünftigen Gegenstand, wenn die in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Berechtigung auf die Errichtung einer einzigen Anlage beschränkt ist. Nur in diesem Fall kann die Frage nach der Be- fugnis zur Wiedererrichtung der Anlage nach deren Zerstörung oder Beseitigung Bedeutung gewinnen.

IV.


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Die Entscheidung über die Gerichtskosten der Beschwerderechtszüge folgt aus § 47 Satz 1 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, diese der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil sie unterlegen ist. Hingegen besteht kein Anlass , von dem in Wohnungseigentumssachen geltenden Grundsatz aus § 47 Satz 2 WEG abzuweichen, wonach die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.
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Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Sie orientiert sich an den nicht angegriffenen Wertfestsetzungen der Vorinstanzen.
Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 17.01.2005 - 1 T 15984/04 -
OLG München, Entscheidung vom 23.01.2006 - 34 Wx 16/05 -