Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Okt. 2015 - I ZB 50/15

bei uns veröffentlicht am21.10.2015
vorgehend
Hanseatisches Oberlandesgericht, 6 Sch 3/15, 27.05.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 50/15
vom
21. Oktober 2015
in der Schiedsgerichtssache
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Oktober 2015 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
Die Zwangsvollstreckung der Antragsgegnerin aus dem Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts - 6. Zivilsenat - vom 27. Mai 2015 wird bis zur Entscheidung des Senats über die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin mit der Maßgabe eingestellt , dass die Antragstellerin binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses Sicherheit in Höhe von 35.000 € leistet. Die Sicherheitsleistung kann durch Hinterlegung von Geld bewirkt werden.

Gründe:

1
I. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin mit einer Schiedsklage auf Zahlung in Anspruch genommen. Die Antragstellerin hat die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts gerügt. Das Schiedsgericht hat sich durch Zwischenentscheid für zuständig erklärt. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 19. Februar 2015 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Oberlandesgericht hat diesen Antrag durch Beschluss vom 27. Mai 2015 zurückgewiesen , die Zuständigkeit des Schiedsgerichts festgestellt und die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin auferlegt. Dagegen hat die Antragstellerin Rechtsbeschwerde eingelegt.
2
Das Oberlandesgericht hat durch Beschluss vom 15. September 2015 die von der Antragstellerin der Antragsgegnerin nach dem vorläufig vollstreckbaren Beschluss vom 19. Februar 2015 [richtig 27. Mai 2015] zu erstattenden Kosten auf 33.251,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz festgesetzt. Die Antragstellerin hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss gegen Sicherheitsleistung der Antragstellerin vorläufig einzustellen.
3
II. Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung hat Erfolg.
4
1. Wird gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts nach § 1062 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO über einen Antrag betreffend die Entscheidung eines Schiedsgerichts, in der dieses seine Zuständigkeit in einem Zwischenentscheid bejaht hat (§ 1040 ZPO), die Rechtsbeschwerde erhoben, so kann das Rechtsbeschwerdegericht nach § 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO in entsprechender Anwendung von § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde.
5
2. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nach § 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO zwar nur die Zwangsvollstreckung aus der angefochtenen Entscheidung des Oberlandesgerichts über den Antrag betreffend die Entscheidung des Schiedsgerichts , in der dieses seine Zuständigkeit bejaht hat, einstweilen einstellen. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss des Oberlandesgerichts vom 27. Mai 2015 hat aber zur Folge, dass die Antragsgegnerin die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. September 2015 nicht fortsetzen kann. Der Antrag der Antragstellerin ist daher dahin auszulegen, dass sie die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 27. Mai 2015 begehrt (zu § 719 ZPO vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 1953 - VI ZR 117/53, BGHZ 10, 249, 250; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 104 Rn. 69).
6
3. Bei der Entscheidung über den Einstellungsantrag sind die widerstreitenden Interessen von Schuldner und Gläubiger gegeneinander abzuwägen. Bei dieser Interessenabwägung ist im Streitfall zugunsten der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass der Rechtsbeschwerde die Erfolgsaussicht beim derzeitigen Stand des Verfahrens nicht abgesprochen werden kann. Darüber hinaus hat sich die Antragsgegnerin mit einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung einverstanden erklärt. Die Zwangsvollstreckung ist daher mit der Maßgabe einzustellen, dass die Antragstellerin Sicherheit in Höhe eines Betrages leistet, der mögliche Ansprüche der Antragsgegnerin aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Oberlandesgerichts abdeckt. Die danach zu erbringende Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000 € kann - wie von der Antragstellerin angeboten - durch Hinterlegung von Geld bewirkt werden.
Büscher Schaffert Kirchhoff
Koch Schwonke
Vorinstanz:
OLG Hamburg, Entscheidung vom 27.05.2015 - 6 Sch 3/15 -

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 719 Einstweilige Einstellung bei Rechtsmittel und Einspruch


(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung einges

Zivilprozessordnung - ZPO | § 1062 Zuständigkeit


(1) Das Oberlandesgericht, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt, ist zuständig für Entscheidungen über Anträge betreffend1.die Beste

Zivilprozessordnung - ZPO | § 707 Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung


(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt oder die Rüge nach § 321a erhoben oder wird der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt, so kann das Gericht auf Antrag

Zivilprozessordnung - ZPO | § 1065 Rechtsmittel


(1) Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 und 4 genannten Entscheidungen findet die Rechtsbeschwerde statt. Im Übrigen sind die Entscheidungen in den in § 1062 Abs. 1 bezeichneten Verfahren unanfechtbar. (2) Die Rechtsbeschwerde kann auch darauf gestü

Zivilprozessordnung - ZPO | § 1040 Befugnis des Schiedsgerichts zur Entscheidung über die eigene Zuständigkeit


(1) Das Schiedsgericht kann über die eigene Zuständigkeit und im Zusammenhang hiermit über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden. Hierbei ist eine Schiedsklausel als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige

Referenzen

(1) Das Oberlandesgericht, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt, ist zuständig für Entscheidungen über Anträge betreffend

1.
die Bestellung eines Schiedsrichters (§§ 1034, 1035), die Ablehnung eines Schiedsrichters (§ 1037) oder die Beendigung des Schiedsrichteramtes (§ 1038);
2.
die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032) oder die Entscheidung eines Schiedsgerichts, in der dieses seine Zuständigkeit in einem Zwischenentscheid bejaht hat (§ 1040);
3.
die Vollziehung, Aufhebung oder Änderung der Anordnung vorläufiger oder sichernder Maßnahmen des Schiedsgerichts (§ 1041);
4.
die Aufhebung (§ 1059) oder die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§§ 1060 ff.) oder die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung (§ 1061).

(2) Besteht in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 erste Alternative, Nr. 3 oder Nr. 4 kein deutscher Schiedsort, so ist für die Entscheidungen das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich Vermögen des Antragsgegners oder der mit der Schiedsklage in Anspruch genommene oder von der Maßnahme betroffene Gegenstand befindet, hilfsweise das Kammergericht.

(3) In den Fällen des § 1025 Abs. 3 ist für die Entscheidung das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder der Beklagte seinen Sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(4) Für die Unterstützung bei der Beweisaufnahme und sonstige richterliche Handlungen (§ 1050) ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die richterliche Handlung vorzunehmen ist.

(5) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Zuständigkeit von der Landesregierung durch Rechtsverordnung einem Oberlandesgericht oder dem obersten Landesgericht übertragen werden; die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. Mehrere Länder können die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts über die Ländergrenzen hinaus vereinbaren.

(1) Das Schiedsgericht kann über die eigene Zuständigkeit und im Zusammenhang hiermit über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden. Hierbei ist eine Schiedsklausel als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln.

(2) Die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ist spätestens mit der Klagebeantwortung vorzubringen. Von der Erhebung einer solchen Rüge ist eine Partei nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie einen Schiedsrichter bestellt oder an der Bestellung eines Schiedsrichters mitgewirkt hat. Die Rüge, das Schiedsgericht überschreite seine Befugnisse, ist zu erheben, sobald die Angelegenheit, von der dies behauptet wird, im schiedsrichterlichen Verfahren zur Erörterung kommt. Das Schiedsgericht kann in beiden Fällen eine spätere Rüge zulassen, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(3) Hält das Schiedsgericht sich für zuständig, so entscheidet es über eine Rüge nach Absatz 2 in der Regel durch Zwischenentscheid. In diesem Fall kann jede Partei innerhalb eines Monats nach schriftlicher Mitteilung des Entscheids eine gerichtliche Entscheidung beantragen. Während ein solcher Antrag anhängig ist, kann das Schiedsgericht das schiedsrichterliche Verfahren fortsetzen und einen Schiedsspruch erlassen.

(1) Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 und 4 genannten Entscheidungen findet die Rechtsbeschwerde statt. Im Übrigen sind die Entscheidungen in den in § 1062 Abs. 1 bezeichneten Verfahren unanfechtbar.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann auch darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung eines Staatsvertrages beruht. Die §§ 707, 717 sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt oder die Rüge nach § 321a erhoben oder wird der Rechtsstreit nach der Verkündung eines Vorbehaltsurteils fortgesetzt, so kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde und dass die Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.

(2) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt.

(1) Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 und 4 genannten Entscheidungen findet die Rechtsbeschwerde statt. Im Übrigen sind die Entscheidungen in den in § 1062 Abs. 1 bezeichneten Verfahren unanfechtbar.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann auch darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung eines Staatsvertrages beruht. Die §§ 707, 717 sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.