Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2010 - I ZB 18/08

bei uns veröffentlicht am25.02.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 18/08 Verkündet am:
25. Februar 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
betreffend die Marke Nr. 398 48 701
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Malteserkreuz III
Abs. 2, § 296 Abs. 2

a) Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht sind - soweit der
Beibringungsgrundsatz gilt - die Verspätungsvorschriften der Zivilprozessordnung
für das Verfahren erster Instanz einschlägig.

b) Eine Anwendung des § 282 Abs. 2 ZPO im Beschwerdeverfahren vor dem
Bundespatentgericht kommt nur in Betracht, wenn den Parteien durch richterliche
Anordnung aufgegeben worden ist, die mündliche Verhandlung
durch Schriftsätze oder durch zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugebende
Erklärungen nach § 129 Abs. 2 ZPO vorzubereiten.
BGH, Beschluss vom 25. Februar 2010 - I ZB 18/08 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Februar 2010 durch die Richter Dr. Bergmann, Prof. Dr. Büscher,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Markeninhabers wird der am 1. Februar 2008 an Verkündungs Statt zugestellte Beschluss des 25. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Für den Markeninhaber ist die am 26. August 1998 angemeldete farbige (grün und weiß) Wort-/Bildmarke Nr. 398 48 701 am 29. März 1999 für soziale und finanzielle Unterstützung bedürftiger Personen; Unterstützung von privaten und kirchlichen Gemeinschaften, von Organisationen und Behörden, nämlich Mitwirkung bei der Planung und Durchführung sozialer Aufgaben, bei der Verpflegung, der medizinischen, pflegerischen und sozialen Versorgung von hilfsbedürftigen Personen, Flüchtlings-, Kriegs- und Katastrophenopfern; Beschaffung der Mittel zur Erfüllung der vorgenannten Aufgaben, nämlich Organisation und Durchführung von Spendensammlungen sowie Verteilung der finanziellen Mittel eingetragen worden. Gegen die Eintragung hat der Widersprechende aus seiner am 28. Juni 1994 unter anderem für die Dienstleistungen Transport von Notfallpatienten, Kranken, Verletzten sowie geistig und körperlich behinderten Personen, Rettungsdienste; Veranstaltung von Reisen, insbesondere von Erholungs- und Pilgerreisen mit Kranken und/oder Behinderten; Ausbildung in Erster Hilfe, im Sanitätsdienst, im Zivil- und Katastrophenschutz, in der Unfall- und Katastrophenhilfe, in der Pflege von Kranken, Verletzten oder Verwundeten; Dienstleistungen in Erster Hilfe und im Sanitätsdienst; Dienstleistung im Zivil- und Katastrophenschutz, nämlich Sanitätsdienst, ABC-Dienst, Betreuungsdienst von Kranken, Verletzten oder Verwundeten; Dienstleistung im sozialen und karitativen Betreuungsdienst, nämlich Hilfsdienste für Alte, Kranke und Behinderte, Mahlzeitendienste; Dienstleistungen eines Altenheimes, eines Pflegeheims eingetragenen schwarz-weißen Bildmarke Nr. 20 69 437 Widerspruch erhoben.
2
Der Markeninhaber hat die Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Die Einrede hat er bezogen auf die vorstehend angeführten Dienstleistungen im weiteren Verfahrensverlauf fallen lassen.
3
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat eine Verwechslungsgefahr der Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (BPatG GRUR 2005, 343). Auf die Rechtsbeschwerde des Widersprechenden hat der Senat die Beschwerdeentscheidung aufgehoben und die Sache an das Bundespatentgericht zurückverwiesen (BGH, Beschl. v. 11.5.2006 - I ZB 29/04, Mitt. 2007, 27).

4
Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht hat der Widersprechende seinen Löschungsantrag weiterverfolgt. Der Markeninhaber ist dem entgegengetreten und hat erneut die Einrede der mangelnden Benutzung erhoben.
5
Das Bundespatentgericht hat auf die Beschwerde des Widersprechenden die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben und die Löschung der Marke angeordnet (Beschl. v. 1.2.2008 - 25 W (pat) 85/02, juris).
6
Hiergegen wendet sich der Markeninhaber mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde. Der Widersprechende beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
7
II. Das Bundespatentgericht hat den Widerspruch wegen Verwechslungsgefahr für begründet erachtet (§ 43 Abs. 2 Satz 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ). Dazu hat es ausgeführt:
8
Die erneut erhobene Nichtbenutzungseinrede greife nicht durch. Es sei bereits zweifelhaft, ob sich die Einrede auch auf den Teil der Dienstleistungen beziehe, für die der Markeninhaber sie zuvor habe fallen lassen. Jedenfalls sei die erst eine Woche vor der mündlichen Verhandlung erneut erhobene Einrede mangelnder Benutzung gemäß § 82 Abs. 1 MarkenG i.V. mit § 282 Abs. 2, § 296 Abs. 2 ZPO verspätet.
9
Der Prüfung der Verwechslungsgefahr seien danach diejenigen Dienstleistungen zugrunde zu legen, hinsichtlich deren der Markeninhaber die rechtserhaltende Benutzung nicht wirksam bestritten habe. Zwischen diesen Dienstleistungen der Widerspruchsmarke und den Dienstleistungen, für die die jünge- re Marke eingetragen sei, bestehe weitgehend Identität und im Übrigen hochgradige Ähnlichkeit.
10
Die Widerspruchsmarke verfüge über zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
11
Die Marken seien einander ähnlich. Darauf, ob der Bildbestandteil die angegriffene zusammengesetzte Marke präge, komme es nicht an. Es sei jedenfalls von einer selbständig kennzeichnenden Stellung dieses Bildbestandteils in der jüngeren Marke auszugehen. Vorliegend komme in Betracht, dass nicht nur der Wortbestandteil "LAZARUS", sondern auch das Malteserkreuz der Widerspruchsmarke vom Verkehr als Unternehmenskennzeichen angesehen werde. Durch die Verbindung des als Unternehmenskennzeichen angesehenen Wortbestandteils mit dem Bildbestandteil werde dem Verkehr die Annahme nahegelegt , es bestünden wirtschaftliche und organisatorische Verbindungen zum Widersprechenden. Hierzu brauche die ältere Marke mit dem selbständig kennzeichnenden Bestandteil der jüngeren Marke nicht identisch zu sein; eine Zeichenähnlichkeit reiche aus. Die selbständig kennzeichnende Stellung des Bildbestandteils der jüngeren Marke werde durch die einheitliche Farbgebung nicht aufgehoben.
12
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Markeninhabers hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht.
13
1. Die Rügen der Rechtsbeschwerde dagegen, dass das Bundespatentgericht das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen der Widerspruchsmarke und der jüngeren Wort-/Bildmarke des Markeninhabers bejaht hat, greifen nicht durch. Das Bundespatentgericht ist zu Recht von einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn zwischen den kollidierenden Marken ausgegangen. Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidung in der Parallelsache zur Marke Nr. 395 20 154 (BGH, Beschl. v. 25.2.2010 - I ZB 19/08 - Malteserkreuz II). Diese Erwägungen gelten auch für das vorliegende Verfahren, weil die Rechtsbeschwerde die Angriffe gegen die vom Bundespatentgericht bejahte Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG inhaltsgleich begründet hat.
14
2. Das Bundespatentgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die vom Markeninhaber mit dem Schriftsatz vom 2. Oktober 2007 am 4. Oktober 2007 und damit eine Woche vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. Oktober 2007 erneut erhobene Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke wegen Verspätung nach § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i.V. mit § 282 Abs. 2, § 296 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen ist.
15
a) Allerdings ist die Anwendung der Verspätungsvorschriften der Zivilprozessordnung im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht im Hinblick auf die Einrede mangelnder Benutzung nach § 43 Abs. 1 MarkenG nicht ausgeschlossen, weil insoweit der Beibringungsgrundsatz gilt (vgl. BGH, Beschl. v. 14.5.1998 - I ZB 9/96, GRUR 1998, 938, 939 = WRP 1998, 993 - DRAGON). Entgegen der früheren Entscheidungspraxis sind auf Verfahren vor dem Bundespatentgericht, die wie hier (Einlegung der Beschwerde am 18. März 2002) nach dem 1. Januar 2002 begonnen haben, nicht mehr die Verspätungsvorschriften des Berufungsverfahrens anwendbar. Durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozessreformgesetz- ZPO-RG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) ist das Rechtsmittelrecht mit dem Ziel einer deutlicheren Funktionsdifferenzierung des Instanzenzuges geändert worden.

Die Berufungsinstanz ist in ein Instrument zur Kontrolle und Beseitigung von Fehlern der erstinstanzlichen Entscheidung umgestaltet worden (BGHZ 160, 83, 86). Mit dem Berufungsverfahren des Zivilprozesses ist das Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht, das die erste gerichtliche Tatsacheninstanz ist, nicht mehr vergleichbar. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht sind deshalb - soweit sie überhaupt entsprechend anwendbar sind - die Verspätungsvorschriften der Zivilprozessordnung für das Verfahren erster Instanz einschlägig (BPatG GRUR 2005, 58, 59; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 43 Rdn. 9; Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 43 Rdn. 30 f.; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 82 Rdn. 9; ebenso zum Patentnichtigkeitsverfahren : BGH, Beschl. v. 7.6.2005 - X ZR 174/04, GRUR 2005, 888 - Anschlussberufung im Patentnichtigkeitsverfahren). Davon ist im Grundsatz auch das Bundespatentgericht ausgegangen.
16
b) Die Voraussetzungen einer Zurückweisung der Einrede mangelnder Benutzung wegen verspäteten Vorbringens nach § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i.V. mit § 282 Abs. 2, § 296 Abs. 2 ZPO liegen jedoch nicht vor. Nach § 282 Abs. 2 ZPO sind Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitende Schriftsätze so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einholen kann. Der Gegner soll sich im Verhandlungstermin zu neuen Tatsachenbehauptungen erklären und sachgerecht verteidigen können. Die Vorschrift, die schriftsätzliches Vorbringen vor der mündlichen Verhandlung verlangt, gilt in erster Linie im Anwaltsprozess, in dem die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorzubereiten ist, § 129 Abs. 1 ZPO (Musielak/Foerste, ZPO, 7. Aufl., § 282 Rdn. 8; Prütting/Gehrlein/Geisler, ZPO, § 282 Rdn. 8; Wieczorek/ Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 282 Rdn. 34). Da das Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht kein Anwaltsprozess i.S. von § 78 Abs. 1 ZPO ist, weil die Vertretung durch Rechtsanwälte nicht zwingend geboten ist, kommt eine Anwendung des § 282 Abs. 2 ZPO nur in Betracht, wenn den Parteien durch richterliche Anordnung aufgegeben worden ist, die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugebende Erklärungen gemäß § 129 Abs. 2 ZPO vorzubereiten (BVerfG NJW 1993, 1319). Eine entsprechende Anordnung hat das Bundespatentgericht nicht getroffen. Hierzu reichte die Anfrage des Bundespatentgerichts vom 20. April 2007 nicht aus, ob der ursprüngliche Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufrechterhalten blieb und Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren bestand. Die Anfrage diente nicht der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch Schriftsätze der Beteiligten, sondern nur der Klärung, ob überhaupt eine mündliche Verhandlung nach § 69 Nr. 1 MarkenG durchzuführen war. Das Bundespatentgericht konnte die Erhebung der Nichtbenutzungseinrede daher nicht als nach § 282 Abs. 2 i.V. mit § 296 Abs. 2 ZPO verspätet zurückweisen.
17
3. Die Nichtbenutzungseinrede ist vorliegend auch nicht nach § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i.V. mit § 282 Abs. 1, § 296 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.
18
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf das im Rechtszug übergeordnete Gericht die Zurückweisung verspäteten Vorbringens nicht auf eine andere als die von der Vorinstanz angewandte Vorschrift stützen. Ein Wechsel der Präklusionsbegründung durch das Rechtsmittelgericht kommt grundsätzlich nicht in Betracht (BGHZ 166, 227 Tz. 12, m.w.N.). Dies gilt auch für das Verhältnis der Zurückweisung verspäteten Vorbringens nach § 296 Abs. 2 i.V. mit § 282 Abs. 1 ZPO und § 296 Abs. 2 i.V. mit § 282 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 4.5.2005 - XII ZR 23/03, NJW-RR 2005, 1007, 1008), das vorliegend in Rede steht. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die mündliche Verhandlung nach Zurückverweisung durch den Senat als erster Termin aufzufassen ist, in dem ein Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht nach § 282 Abs. 1 ZPO ohnehin ausscheidet, oder ob das Beschwerdeverfahren vor und nach der Entscheidung des Senats eine Einheit bildet und die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2007 der zweite Termin war, in dem die Anwendung des § 282 Abs. 1 ZPO nicht grundsätzlich ausgeschlossen war.
19
4. Die Entscheidung des Bundespatentgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend.
20
a) Der Markeninhaber hat die Einrede mangelnder Benutzung mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2007 wirksam erhoben (§ 43 Abs. 1 MarkenG). Der Umstand, dass er von der zunächst uneingeschränkt geltend gemachten Einrede mangelnder Benutzung Ende 2001 eine Reihe von Dienstleistungen ausgenommen und deren Benutzung zugestanden hat, stellt keinen Teilverzicht auf die Erhebung der Einrede dar. Eine derart weitreichende Bedeutung kann der Erklärung nur bei Vorliegen besonderer Umstände entnommen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 16.3.2000 - I ZB 43/97, GRUR 2000, 886, 887 = WRP 2001, 37 - Bayer/BeiChem). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich und auch nichts festgestellt.
21
b) Die mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2007 zulässigerweise erneut geltend gemachte Nichtbenutzungseinrede ist auch nicht eingeschränkt erhoben worden. Der Markeninhaber hat die erstmalig am 7. Januar 2000 geltend gemachte Einrede zwar mit Schriftsatz vom 20. November 2001 wiederum be- schränkt. Daraus lässt sich eine Einschränkung der im Oktober 2007 erhobenen Nichtbenutzungseinrede aber nicht entnehmen. Dies folgt aus einer Auslegung der Erklärung des Markeninhabers. Die im Beschwerdeverfahren erhobene Einrede mangelnder Benutzung ist eine Prozesserklärung (Fezer/ Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Bd. 1, S. 385 Rdn. 556). Prozesserklärungen kann der Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren selbst auslegen (vgl. zum Revisionsverfahren: BGH, Urt. v. 22.4.2009 - I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 Tz. 9 = WRP 2009, 1001 - Internet-Videorecorder). In der fraglichen Erklärung hat der Markeninhaber auf den ursprünglichen Schriftsatz Bezug genommen , in dem er die Einrede uneingeschränkt erhoben hatte. Er hat zudem - wenn auch irrtümlich - sich darauf berufen, eine rechtserhaltende Benutzung bislang nicht zugestanden zu haben. Zudem umfasst die Begründung der mangelnden rechtserhaltenden Benutzung sämtliche Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist. Denn der Markeninhaber hat in Zweifel gezogen, dass die Benutzung der Widerspruchsmarke in anderer Farbgebung und zusammen mit weiteren Wortbestandteilen eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke darstellt.
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Gegenteiliges folgt auch nicht aus den Ausführungen der Rechtsbeschwerde. Diese hat zwar geltend gemacht, der Markeninhaber habe sich in einem Irrtum darüber befunden, dass er die Nichtbenutzungseinrede zu einem Teil habe fallen lassen. Daraus ergibt sich aber nicht umgekehrt, dass der Markeninhaber die Nichtbenutzungseinrede im Oktober 2007 nur eingeschränkt eingelegt hat.
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IV. Die erforderlichen Feststellungen zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Dienstleistungen, die das Bundespatentgericht seiner Verwechslungsprüfung zugrunde gelegt hat, hat es bislang - von seinem Standpunkt folgerichtig - nicht getroffen. Diese wird es gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG nachzuholen haben.
Bergmann Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 01.02.2008 - 25 W(pat) 85/02 -

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(1) Die Eintragung einer Marke kann gelöscht werden,

1.
wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch ist und die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, mit den Waren oder Dienstleistungen identisch sind, für die die Marke mit älterem Zeitrang angemeldet oder eingetragen worden ist,
2.
wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, oder
3.
wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch ist oder dieser ähnlich ist, falls es sich bei der Marke mit älterem Zeitrang um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung der eingetragenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

(2) Anmeldungen von Marken stellen ein Schutzhindernis im Sinne des Absatzes 1 nur dar, wenn sie eingetragen werden.

(3) Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Genfer Fassung vom 13. Mai 1977 des Abkommens vom 15. Juni 1957 von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken (BGBl. 1981 II S. 358, 359) festgelegten Klassifikationssystem (Nizza-Klassifikation) erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(1) Ist der Widerspruch vom Inhaber einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang erhoben worden, so hat er, wenn der Gegner die Einrede der Nichtbenutzung erhebt, nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Marke, gegen die der Widerspruch sich richtet, gemäß § 26 benutzt worden ist, sofern zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen sie möglich war. Der Nachweis kann auch durch eine eidesstattliche Versicherung erbracht werden. Bei der Entscheidung werden nur Waren und Dienstleistungen berücksichtigt, für die die Benutzung nachgewiesen worden ist.

(2) Ergibt die Prüfung des Widerspruchs, daß die Marke für alle oder für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, zu löschen ist, so wird die Eintragung ganz oder teilweise gelöscht. Kann die Eintragung der Marke nicht gelöscht werden, so wird der Widerspruch zurückgewiesen.

(3) Ist die eingetragene Marke wegen einer oder mehrerer Marken mit älterem Zeitrang zu löschen, so kann das Verfahren über weitere Widersprüche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Eintragung der Marke ausgesetzt werden.

(4) Im Falle der Löschung nach Absatz 2 ist § 52 Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundespatentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen. § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht gilt für die Gebühren das Patentkostengesetz, für die Auslagen gilt das Gerichtskostengesetz entsprechend.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Bundespatentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 62 Absatz 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Bundespatentgericht.

(1) In Anwaltsprozessen wird die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorbereitet.

(2) In anderen Prozessen kann den Parteien durch richterliche Anordnung aufgegeben werden, die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugebende Erklärungen vorzubereiten.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) In Anwaltsprozessen wird die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorbereitet.

(2) In anderen Prozessen kann den Parteien durch richterliche Anordnung aufgegeben werden, die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugebende Erklärungen vorzubereiten.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 29/04 Verkündet am:
11. Mai 2006
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Justizangestellte
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in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke 398 48 701
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vom 11. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Widersprechenden wird der am 1. Oktober 2004 an Verkündungs Statt zugestellte Beschluss des 25. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Für den Markeninhaber ist die am 26. August 1998 angemeldete Marke 398 48 701 am 29. März 1999 für "Soziale und finanzielle Unterstützung bedürftiger Personen; Unterstützung von privaten und kirchlichen Gemeinschaften, von Organisationen und Behörden, nämlich Mitwirkung bei der Planung und Durchführung sozialer Aufgaben, bei der Verpflegung, der medizinischen, pflegerischen und sozialen Versorgung von hilfsbedürftigen Personen, Flüchtlings-, Kriegs- und Katastrophenopfern ; Beschaffung der Mittel zur Erfüllung der vorgenannten Aufgaben, nämlich Organisation und Durchführung von Spendensammlungen sowie Verteilung der finanziellen Mittel" in den Farben grün und weiß eingetragen worden. Die Eintragung ist am 29. April 1999 veröffentlicht worden.
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Am 17. Juni 1999 hat der Widersprechende aus seiner seit dem 28. Juni 1994 unter anderem für die Dienstleistungen "Transport von Notfallpatienten, Kranken, Verletzten sowie geistig und körperlich behinderten Personen, Rettungsdienste; Veranstaltung von Reisen, insbesondere von Erholungs- und Pilgerreisen mit Kranken und/oder Behinderten; Reisebegleitung, insbesondere für Kranke und Behinderte; Rückholdienste; Ausbildung in Erster Hilfe, im Sanitätsdienst, im Zivil- und Katastrophenschutz , in der Unfall- und Katastrophenhilfe, in der Pflege von Kranken, Verletzten oder Verwundeten, im Gymnastikunterricht, Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen und Seminaren; Dienstleistungen in Erster Hilfe und im Sanitätsdienst ; Dienstleistung im Zivil- und Katastrophenschutz, nämlich Sanitätsdienst, ABC-Dienst, Betreuungsdienst von Kranken, Verletzten oder Verwundeten, Fernmeldedienst; Dienstleistungen im sozialen und karitativen Betreuungsdienst, nämlich Hilfsdienste für Alte, Kranke und Behinderte, Mahlzeitendienste; Medikamentennotdienst ; Dienstleistungen von Ärzten, Chiropraktikern, Chirurgen , Optikern, Physiotherapeuten, eines Sanitäters, eines Zahnarztes; Dienstleistungen einer medizinischen Ambulanz, eines Altenheimes, einer Blutbank, von Erholungsheimen, von Genesungsheimen , eines Krankenhauses, eines Kurheimes, eines medizinischen Labors, einer Leprastation, eines Pflegeheimes, eines Sanatoriums" eingetragenen schwarz-weißen Bildmarke Nr. 2 069 437 Widerspruch erhoben.
3
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Verwechslungsgefahr der Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen.
4
Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde des Widersprechenden zurückgewiesen (GRUR 2005, 343).
5
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Widersprechende sein Löschungsbegehren weiter. Der Markeninhaber beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
6
II. Das Bundespatentgericht hat die Voraussetzungen des Löschungsgrunds der Verwechslungsgefahr (§ 43 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) verneint. Dazu hat es ausgeführt:
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Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr komme es neben dem Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen und der Ähnlichkeit der Marken maßgeblich darauf an, von welchem Schutzgegenstand und welchem Grad der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen sei, da hierdurch der Schutzbereich einer Marke bestimmt werde. Schutzgegenstand sei der Gegenstand der Anmeldung in seiner gewählten Form. Farbig angemeldete und eingetragene Marken seien auf die konkrete farbige Gestaltung beschränkt. Dementsprechend sei die angegriffene Marke auf die farbige Darstellung eines grünen achtspitzigen Kreuzes auf einem weißen Hintergrund in Form eines Wappenschildes festgelegt. Die Widerspruchsmarke hingegen sei in schwarz-weißer Darstellung eingetragen. Eine schwarz-weiß eingetragene Marke könne für die farbige Wiedergabe dann keinen Schutz beanspruchen, wenn diese durch die Farbgebung zu einem abweichend gestalteten Bild führe.
8
Der Schutzgegenstand der Widerspruchsmarke umfasse wegen des Wappencharakters der Vergleichsmarken daher allenfalls eine Darstellung, die eine den Grauwerten entsprechende farbig abgestufte Tönung zeige, nicht dagegen eine Abbildung, die zusätzlich auf einer Kontrast-Umkehr insbesondere verschiedener Farben beruhe.
9
Der Markenschutz, den die schwarz-weiß eingetragene Widerspruchsmarke im vorliegenden Fall beanspruchen könne, könne sich damit allenfalls auf eine farbige Wiedergabe beziehen, die sich im Rahmen gleicher Kontraste halte, also ein helles Kreuz auf dunklem Untergrund zeige. Davon abweichende Darstellungen, insbesondere solche, die eine Kontrast-Umkehr enthielten, seien vom Schutzgegenstand nicht mehr umfasst und könnten nicht mehr zur Bemessung des Schutzbereichs und damit zur Verteidigung der älteren Marke herangezogen werden. Würde sich nämlich der Schutz auch auf eine Darstellung der Widerspruchsmarke in der Weise erstrecken, wie sie der Darstellung der angegriffenen Marke entspräche, also ein grünes Kreuz auf weißem Hintergrund enthielte, würde sich durch diese Art der Farbumkehr nämlich der Bild- Eindruck der älteren Marke verändern, da die Gestaltung der Kontraste in der eingetragenen Schwarz-Weiß-Darstellung gerade ein weißes Kreuz auf dunklem bzw. schwarzem Untergrund zeige. Auf diese Gestaltung sei die Widerspruchsmarke beschränkt. Eine Farbumkehr würde hier zu einer anderen Kennzeichnung führen, wie am Beispiel der Schweizer Flagge, die ein weißes Kreuz auf rotem Grund zeige, und dem Symbol des Roten Kreuzes zu erkennen sei, das ein rotes Kreuz auf weißem Grund enthalte.
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Die Umstände des Falles würden dafür sprechen, dass sich die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Bandbreite durchschnittlicher Kennzeichnungskraft eher im unteren Bereich bewege. Kreuzdarstellungen seien im karitativen Bereich grundsätzlich eher nicht originell, da sie als Symbol für Wohlfahrtspflege auch von anderen Organisationen eingesetzt würden. Daher spiele nach der Lebenserfahrung bei der Wiedererkennung einer solchen Kennzeichnung die konkrete Farbgestaltung eine herausragende Rolle. Die angesprochenen Verkehrskreise seien daran gewöhnt, die unterschiedlichen Anbieter an Hand der konkreten Farbgebung bzw. Farbkombination und der Umrahmung oder der Hintergrundgestaltung des Zeichens zu unterscheiden. Dies gelte auch für den vorliegenden Fall, da die Johanniter-Unfall-Hilfe das identische Kreuz in unterschiedlicher Farbkombination verwende.
11
Die geltend gemachte kraft Benutzung erworbene gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke habe der Markeninhaber bestritten, so dass die Benutzungslage im Widerspruchsverfahren grundsätzlich nicht berücksichtigt werden könne. Darüber hinaus habe der Widersprechende die Verwendung der Widerspruchsmarke nur in farbiger Gestaltung mit weißem Kreuz auf rotem Hintergrund belegt. Die Beispiele würden daher keinen Aufschluss darüber geben, inwieweit die Bekanntheit durch die Verwendung der eingetragenen Widerspruchsmarke gefördert worden sei.

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Letztlich bedürfe aber die Frage, von welchem Grad der Kennzeichnungskraft auszugehen sei, keiner Entscheidung, da selbst im Falle einer gesteigerten Kennzeichnungskraft - auch unter Berücksichtigung teilweiser identischer Dienstleistungen - mangels ausreichender Ähnlichkeit der Marken nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestünde. Bei der Prüfung der Ähnlichkeit sei vom jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen auszugehen. In ihrer Gesamtheit würden sich die Marken in unmittelbarer Hinsicht hinreichend deutlich voneinander unterscheiden. Der als reine Bildmarke eingetragenen Widerspruchsmarke stehe eine aus Wort und Bild kombinierte jüngere Marke gegenüber. Eine Verwechslungsgefahr könne daher nur dann ernsthaft in Betracht gezogen werden, wenn für die Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken dem ein Wappenschild mit einem achtspitzigen Kreuz umfassenden Bildbestandteil der jüngeren Marke eine den Gesamteindruck prägende und selbständig kollisionsbegründende Bedeutung zukomme. Dies sei nicht der Fall, da sich nach der Erfahrung der Verkehr bei derartigen Kombinationsmarken regelmäßig am kennzeichnungskräftigen Wortbestandteil orientiere, weil er die einfachste Art der Benennung darstelle. Hier stünden sich eine Bildmarke und eine Kombinationsmarke mit dem deutlich herausgestellten und kennzeichnungskräftigen Wort "LAZARUS" gegenüber. Der Verkehr werde sich zur Benennung überwiegend dieses unterscheidungskräftigen Wortes bedienen und daher die Marken auseinanderhalten, zumal das Wort in der Kombination der jüngeren Marke nicht untergehe, sondern herausgehoben oberhalb des Bildbestandteils platziert sei. Deshalb bestehe in klanglicher Hinsicht keine Verwechslungsgefahr.
13
Auch in bildlicher Hinsicht sei keine Gefahr von Verwechslungen der Marken gegeben, da kein Grund dafür ersichtlich sei, dass der Bildbestandteil der angegriffenen Marke deren Gesamteindruck präge.

14
Eine begriffliche Verwechslungsgefahr scheide aus, weil das Wort "LAZARUS" nicht die Bezeichnung des Bildes darstelle. Wegen der Farbabweichungen und der Kontrastumkehr sei auch keine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens oder unter dem Gesichtspunkt der organisatorischen oder wirtschaftlichen Verbindungen (sog. Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne) anzunehmen.
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III. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Bundespatentgericht.
16
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt , wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. BGH, Beschl. v. 24.2.2005 - I ZB 2/04, GRUR 2005, 513, 514 = WRP 2005, 744 - MEY/Ella May; Beschl. v. 22.9.2005 - I ZB 40/03, GRUR 2006, 60 Tz 12 = WRP 2006, 92 - coccodrillo). Von diesen Grundsätzen ist auch das Bundespatentgericht ausgegangen. Seine Beurteilung, die Verwechslungsgefahr sei selbst bei gesteigerter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und teilweise identischen Dienstleistungen zu verneinen, weil die sich gegenüber stehenden Zeichen nicht hinreichend ähnlich seien, ist jedoch, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, nicht frei von Rechtsfehlern.
17
a) Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Im Widerspruchsverfahren ist - wie das Bundespatentgericht zu Recht angenommen hat - auf die eingetragene Form abzustellen (vgl. BGH, Beschl. v. 8.5.2002 - I ZB 4/00, GRUR 2002, 1067, 1069 = WRP 2002, 1152 - DKV/OKV). Somit steht im vorliegenden Fall der älteren schwarz-weiß eingetragenen Bildmarke des Widersprechenden, die ein weißes Kreuz auf schwarzem Hintergrund in Form eines Wappenschildes zeigt, die angegriffene farbige Marke gegenüber, die neben einem grünen Kreuz auf weißem Hintergrund in Form eines Wappenschildes zusätzlich aus dem Wortbestandteil "LAZARUS" besteht.
18
Bei der Prüfung des Vorliegens von Verwechslungsgefahr sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Marken die fraglichen Marken jeweils als Ganzes zu berücksichtigen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Das schließt es nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH, Urt. v. 6.10.2005 - C-120/04, GRUR 2005, 1042 Tz 28/29 = WRP 2005, 1505 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 60 Tz 17 - coccodrillo, jeweils m.w.N.). Weiter ist nicht ausgeschlossen , dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Tz 30 - THOMSON LIFE; BGH, Urt. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 174 = WRP 2001, 1315 - MarlboroDach ; Urt. v. 22.7.2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 - Mustang). Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Tz 31 - THOMSON LIFE).
19
b) Das Bundespatentgericht hat diese Grundsätze seiner Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck der sich gegenüber stehenden Marken zugrunde gelegt. Es hat der Sache nach auch geprüft, ob eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung des Bildbestandteils der angegriffenen Marke begründet ist, indem es im Zusammenhang mit der Prüfung der Zeichenähnlichkeit in bildlicher Hinsicht ausgeführt hat, der Verkehr könne unter Umständen aufgrund der Gestaltung, bestimmter Werbemaßnahmen oder Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem betreffenden Warengebiet einzelnen Elementen eine eigenständige, von der Kennzeichnungsfunktion anderer Bestandteile unabhängige Kennzeichnungsfunktion zuerkennen oder in Fällen zusammengesetzter Zeichen einen Zeichenbestandteil auch im Sinne eines sonst selbständig verwendeten Zweitkennzeichens auffassen. Die Erwägungen, mit denen es eine solche selbständig kennzeichnende Stellung des Bildbestandteils der angegriffenen Marke verneint hat, halten jedoch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
20
aa) Das Bundespatentgericht führt insoweit lediglich aus, im vorliegenden Fall könne eine prägende Wirkung des Wortbestandteils "LAZARUS" nicht mit der Begründung verneint werden, es handele sich um ein fremdsprachiges Wort, das dem inländischen Verkehrsteilnehmer nicht ohne weiteres in Erinnerung bleibe. Vielmehr entspreche es im karitativen Bereich den üblichen Bezeichnungsgewohnheiten , Namen wie "Lazarus", "Malteser" und "Johanniter" zu verwenden. Auch unter dem Gesichtspunkt der kennzeichnenden Bedeutung von Unternehmenskennzeichen in Kombinationsmarken bestehe kein Anlass zu der Annahme, der Verkehr werde "LAZARUS" bei der Wahrnehmung der angegriffenen Marke vernachlässigen, weil in dem hier einschlägigen Dienstleistungsbereich erfahrungsgemäß der betrieblichen Zuordnung und Bezeichnung der Organisation besonderes Gewicht beigemessen werde.
21
bb) Die Annahme, dass der Verkehr dem Bildbestandteil des angegriffenen Zeichens eine selbständig kennzeichnende Stellung zumisst, hängt entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts nicht davon ab, ob eine prägende Wirkung des Wortbestandteils "LAZARUS" verneint werden kann. Vielmehr kann einem Bestandteil einer zusammengesetzten Marke auch dann eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommen, wenn der Gesamteindruck der zusammengesetzten Marke von einem anderen Bestandteil dominiert oder geprägt wird (EuGH GRUR 2005, 1042 Tz 34 - THOMSON LIFE). Insbesondere wenn der Verkehr in dem Wortbestandteil "LAZARUS" eine Unternehmensbezeichnung sieht, wovon das Bundespatentgericht ausgeht, kommt eine solche selbständig kennzeichnende Stellung des Bildbestandteils in Betracht (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Tz 34 - THOMSON LIFE). Da es für die Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung eines Bestandteils des prioritätsjüngeren komplexen Zeichens nicht darauf ankommt, ob dieser innerhalb des zusammengesetzten Zeichens eine dominierende oder prägende Bedeutung hat, muss das mit diesem Bestandteil identische oder ähnliche prioritätsältere Zeichen auch nicht über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügen (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Tz 37 - THOMSON LIFE).
22
cc) Eine selbständig kennzeichnende Stellung des Bildbestandteils der angegriffenen Marke kann sich im vorliegenden Fall insbesondere aus der Tatsache ergeben, dass dem Bildelement durch die Wappenform eine in sich geschlossene Gestalt gegeben ist. Außerdem kommt die Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung des Bildbestandteils aufgrund der vom Bundespatentgericht festgestellten Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem hier maßgeblichen Gebiet in Betracht. Danach ist dem Verkehr bekannt, dass auf dem vorliegenden Dienstleistungssektor Bildzeichen in Form von Kreuzdarstellungen auch im Zusammenhang mit wörtlichen Bezeichnungen der jeweiligen karitativen Organisation verwendet werden. Von einer solchen Benutzungsform macht auch der Widersprechende Gebrauch, der seine Bildmarke gleichfalls auch im Zusammenhang mit entsprechenden Zusätzen verwendet. Ist der Verkehr aber daran gewöhnt, dass auf dem maßgeblichen Gebiet Bildzeichen nicht nur isoliert, sondern häufig auch im Zusammenhang mit Wortzeichen, insbesondere mit Unternehmensnamen, verwendet werden, dann liegt die Vorstellung einer jeweils selbständig kennzeichnenden Stellung von Wort- und Bildbestandteil auch bei der Verwendung der angegriffenen Marke nahe.
23
dd) Die Erwägungen des Bundespatentgerichts tragen somit nicht seine Annahme, dem Bildbestandteil der angegriffenen Marke komme keine selbständig kennzeichnende Bedeutung zu, so dass die Verneinung der Verwechslungsgefahr schon aus diesem Grunde keinen Bestand haben kann. Hat der Bildbestandteil der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behalten, so kann sich eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG aus der Ähnlichkeit dieses Bestandteils mit der Widerspruchsmarke ergeben (vgl. auch BGH GRUR 2004, 865, 866 - Mustang). Ob die Zei- chenähnlichkeit auch insoweit nicht ausreicht, um bei (lediglich) durchschnittlicher oder sogar bei - vom Bundespatentgericht unterstellter - gesteigerter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und (teilweiser) Identität der Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen, hat das Bundespatentgericht bislang nicht geprüft. Der Bildbestandteil der angegriffenen Marke entspricht mit Ausnahme der Farbgebung , des Kontrastes und einer nicht ins Gewicht fallenden Abweichung der Umrahmung im unteren Bereich der älteren Bildmarke. Insoweit besteht ein hoher Grad an Ähnlichkeit. Der vor allem durch die Übereinstimmung in der Darstellung des achtzackigen Kreuzes bewirkte hohe Grad an Ähnlichkeit der beiden Zeichen wird nicht dadurch wesentlich vermindert, dass die angegriffene Marke farbig gestaltet ist. Entgegen der in anderem Zusammenhang geäußerten Auffassung des Bundespatentgerichts kann aus dem von ihm angeführten Umstand, dass bei der Gestaltung von Wappen, Flaggen und Hoheitszeichen regelmäßig eine konkrete Farbgebung im Vordergrund steht, nicht hergeleitet werden, dass allein durch die farbliche Veränderung auch im vorliegenden Fall dem Betrachter ein anderes Bild vermittelt werde. Das Charakteristische der Gestaltung der Widerspruchsmarke besteht in der achtspitzigen Form des Kreuzes. Diese Gestaltung nimmt die angegriffene Marke der Form nach identisch auf. Für die Hervorhebung des Kreuzes aus dem ihn umgebenden Wappenschild ist es, wie die Rechtsbeschwerde mit Recht anführt, ohne Bedeutung, ob es dunkel auf hellem Hintergrund oder hell auf dunklem Hintergrund dargestellt wird. Der charakteristische Eindruck des Zeichens ändert sich entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts dadurch nicht.
24
Der Umstand, dass Kreuzdarstellungen auch von anderen Organisationen auf dem vorliegenden Dienstleistungssektor verwendet werden, steht der Annahme einer Verwechslungsgefahr der beiden gegenüberstehenden Marken nicht entgegen, soweit dabei, wie die vom Markeninhaber vorgelegten Beispiele des Roten Kreuzes und der Arbeiterwohlfahrt zeigen, Kreuze in Balkenform verwendet werden. Von diesen bekannten einfachen Kreuzformen unterscheidet sich die achtspitzige, besonders ausgeprägte Gestaltung der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke, die kaum noch an ein Kreuz erinnert, deutlich. Neben dem Widersprechenden verwendet nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts allerdings mit dem Johanniter-Orden eine weitere karitativ tätige Organisation ein achtspitziges Kreuz, und zwar in roter Farbe oder in weißer Farbe in einem roten Kreis. Entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts ist insoweit jedoch der gemeinsame historische Ursprung von Johanniter - und Malteser-Orden für die Bestimmung des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke gegenüber der angegriffenen Marke von Bedeutung. Die Verwendung des achtspitzigen "Malteserkreuzes" durch den Widersprechenden und den Johanniter-Orden, dem protestantischen Zweig des Malteserordens, beruht danach darauf, dass beide Organisationen historisch eng mit dem Malteserorden verknüpft sind. Ersichtlich wegen des gemeinsamen historischen Ursprungs wird die beiderseitige Verwendung des "Malteserkreuzes" im Verhältnis dieser beiden Organisationen zueinander von diesen geduldet. Diese Koexistenz beruht letztlich auf einer Abwägung der aus ihrem gemeinsamen historischen Ursprung herrührenden Interessen des Widersprechenden und des Johanniter-Ordens. Sie kann daher aus Rechtsgründen Dritten gegenüber keine Verringerung des Schutzes der von den beiden Organisationen verwendeten Zeichen bewirken, selbst wenn die historischen Verhältnisse, wie das Bundespatentgericht angenommen hat, nur einem geringen Teil des Verkehrs bekannt sein dürften. Ob die unterschiedliche Farbgestaltung auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände gleichwohl zu einer anderen Beurteilung führt, insbesondere weil der Verkehr - wie das Bundespatentgericht meint - im karitativen Bereich daran gewöhnt ist, die von den Dienstleistungsanbietern verwendeten Zeichen bereits nach der Farbe zu unterscheiden, wird vom Bundespatentgericht zu prüfen sein.

25
c) Wie die Rechtsbeschwerde weiter mit Recht rügt, ist die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der der Widerspruchsmarke als Gesamtzeichen gegenüberstehenden angegriffenen Marke unter dem Gesichtspunkt, welcher Bestandteil deren Gesamteindruck prägt, zudem ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern.
26
aa) Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, dass die sich gegenüber stehenden Marken für teilweise identische Dienstleistungen eingetragen sind. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von den Parteien auch nicht beanstandet.
27
bb) Der Widersprechende hat eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke geltend gemacht. Das Bundespatentgericht hat verschiedene Umstände angeführt, die seiner Ansicht nach der Anerkennung einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke entgegenstünden. Sodann hat es aber angenommen, die Frage, von welchem Grad der Kennzeichnungskraft ausgegangen werde, bedürfe letztlich keiner Entscheidung. Selbst wenn bei der Widerspruchsmarke eine gesteigerte Kennzeichnungskraft und ein entsprechend erhöhter Schutzumfang zugrunde gelegt würden, bestünde auch unter Berücksichtigung teilweise identischer Dienstleistungen und allgemeiner Verkehrskreise mangels ausreichender Ähnlichkeit der Marken nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Das Bundespatentgericht hat somit abschließende Feststellungen zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht getroffen. Für die rechtliche Beurteilung in der Rechtsbeschwerdeinstanz ist folglich eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde zu legen.
28
cc) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist das Bundespatentgericht zu dem Ergebnis gelangt, die Ähnlichkeit der Marken reiche nicht aus, um selbst bei gesteigerter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und (teilweise ) identischen Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu begründen. Diese Beurteilung ist nicht in jeder Hinsicht frei von Rechtsfehlern.
29
(1) Das Bundespatentgericht ist in klanglicher Hinsicht von dem Erfahrungssatz ausgegangen, dass sich bei einer Kombination von Wort und Bild in einer Marke der Verkehr regelmäßig an dem Wortbestandteil orientiert, wenn er kennzeichnungskräftig ist, weil der Wortbestandteil bei einer solchen Marke die einfachste Möglichkeit der Benennung bietet (vgl. BGH, Urt. v. 22.2.2001 - I ZR 194/98, GRUR 2001, 1158, 1160 = WRP 2002, 1160 - Dorf MÜNSTERLAND ; BGH GRUR 2006, 60 Tz 20 - coccodrillo). Dies lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Der angesprochene Erfahrungssatz gilt - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - auch dann, wenn sich der Bildbestandteil begrifflich beschreiben lässt.
30
(2) In bildlicher Hinsicht wird sich der Verkehr jedoch in der Regel nur dann eher an dem Wortbestandteil orientieren, wenn es sich bei dem Bildbestandteil lediglich um eine nichts sagende oder geläufige und nicht ins Gewicht fallende Verzierung handelt. Es besteht kein Erfahrungssatz, nach dem der Verkehr auch sonst bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort-/Bildmarke in erster Linie den Wort- und nicht den Bildbestandteil in seine Erinnerung aufnimmt (vgl. BGHZ 139, 340, 348 f. - Lions). Der genannte Erfahrungssatz verwehrt es somit nicht, in einzelnen Fällen dem Bildbestandteil einer Wort-/ Bildmarke eine prägende Bedeutung zuzumessen (vgl. BGH, Beschl. v. 29.6.1995 - I ZB 22/93, GRUR 1996, 198, 200 = WRP 1997, 443 - Springende Raubkatze; BGH GRUR 2002, 171, 174 f. - Marlboro-Dach; Büscher, GRUR 2005, 802, 809). Im vorliegenden Fall ist die Auffassung des Bundespatentgerichts , es sei kein Grund dafür ersichtlich, dass der Bildbestandteil der angegriffenen Marke deren Gesamteindruck in bildlicher Hinsicht präge, aus Rechtsgründen zu beanstanden.
31
Handelt es sich bei der angegriffenen Marke um ein zusammengesetztes oder komplexes Zeichen, das neben anderen Elementen einen mit der Widerspruchsmarke identischen oder - wie hier - ähnlichen Bestandteil aufweist, so ist bei der Beurteilung, ob der mit der Widerspruchsmarke identische oder ähnliche Bestandteil das angegriffene Zeichen prägt, eine gesteigerte Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 122/00, GRUR 2003, 880, 881 = WRP 2003, 1228 - City Plus; Urt. v. 19.2.2004 - I ZR 172/01, GRUR 2004, 594, 597 = WRP 2004, 909 - Ferrari-Pferd; BGH GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May; GRUR 2006, 60 Tz 19 - coccodrillo; Büscher, GRUR 2005, 802, 805 f.; Ullmann, juris PRWettbR 1/2005, Anm. 1). Dies gilt unabhängig davon, ob die gesteigerte Kennzeichnungskraft von Haus aus besteht oder kraft Benutzung gewonnen wurde (vgl. BGH GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May). Denn dem Verkehr bleibt ein bekanntes Zeichen in Erinnerung, so dass er es deshalb eher in einer anderen Kennzeichnung wiederzuerkennen glaubt (vgl. BGH GRUR 2002, 171, 175 - Marlboro-Dach; GRUR 2004, 594, 597 - Ferrari-Pferd; GRUR 2006, 60 Tz 19 - coccodrillo). Mit der Frage, ob im vorliegenden Fall der Bildbestandteil des angegriffenen Zeichens dessen Gesamteindruck prägt, weil der Widerspruchsmarke , wie das Bundespatentgericht unterstellt hat, eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zukommt, hat es sich nicht befasst. Auch aus diesem Grunde kann seine Auffassung, mangels ausreichender Zeichenähnlichkeit bestehe keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, keinen Bestand haben.
32
2. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben. Das Bundespatentgericht wird in der wieder eröffneten Beschwerdeinstanz zunächst der Frage nachzugehen haben, ob dem Bildbestandteil in der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen ist. Sollte dies zu verneinen sein, wird es den Gesamteindruck der angegriffenen Marke unter dem Gesichtspunkt erneut zu beurteilen haben, ob er (auch) durch deren Bildbestandteil geprägt wird. Soweit dabei abschließende Feststellungen zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke (zum Zeitpunkt BGH GRUR 2002, 1067, 1069 - DKV/OKV) zu treffen sind, ist auf Folgendes hinzuweisen:
33
a) Auch wenn das Widerspruchsverfahren als summarisches, auf die Erledigung einer großen Zahl von Fällen zugeschnittenes Verfahren nicht dafür geeignet ist, komplizierte Sachverhalte zu klären (vgl. BGH, Beschl. v. 24.11.1999 - I ZB 17/97, GRUR 2000, 890, 892 = WRP 2000, 743 - IMMUNINE/IMUKIN), schließt das bloße Bestreiten der gesteigerten Kennzeichnungskraft die Berücksichtigung der Benutzungslage bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht aus. Vielmehr ist auch im Widerspruchsverfahren die Benutzungslage maßgeblich, soweit sie durch präsente glaubhafte Mittel zweifelsfrei belegt oder amtsbekannt ist (vgl. BGHZ 46, 152, 160 - Vitapur; BGH, Beschl. v. 2.4.1998 - I ZB 25/96, GRUR 1998, 927, 929 = WRP 1998, 872 - COMPO-SANA; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 42 Rdn. 51; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 193).
34
b) Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass der Inhaber der angegriffenen Marke die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nur hinsichtlich des schwarz-weiß eingetragenen Zeichens, nicht aber hinsichtlich des von dem Widersprechenden benutzten weißen Kreuzes auf rotem Grund bestreitet. Entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts kann bei einem schwarz-weiß eingetragenen Bildzeichen auch dann eine kraft Benutzung erworbene gesteigerte Kennzeichnungskraft vorliegen, wenn die Nutzung überwiegend in einer anderen Farbe erfolgt ist. Zwar kommt es - wie bereits ausgeführt - im Widerspruchsverfahren bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr auf die eingetragene Form an. Einer in Schwarzdruck eingetragenen Bildmarke kann allerdings grundsätzlich auch die durch die Benutzung in irgendeiner anderen Farbe erworbene Kennzeichnungskraft zugerechnet werden, wenn sich durch die Wiedergabe in der anderen Farbgestaltung die Charakteristik der Marke nicht ändert (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1955 - I ZR 4/54, GRUR 1956, 183, 185 - Drei-Punkt-Urteil; Urt. v. 4.1.1963 - Ib ZR 95/61, GRUR 1963, 423, 425 - coffeinfrei; Urt. v. 30.4.1969 - I ZR 122/67, GRUR 1969, 686, 687 f. - RothHändle ; vgl. ferner EuG, Urt. v. 21.4.2004 - T-127/02, GRUR 2004, 773 Tz 45 - Bildmarke ECA; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdn. 104; Lange, Markenund Kennzeichenrecht Rdn. 1940, 2041). Eine solche Änderung ist entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts, wie oben unter III 1 b dd dargelegt, zu verneinen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - worauf die Rechtsbeschwerde zu Recht hinweist - farbige Zeichen auch schwarz-weiß genutzt werden, da beispielsweise auf Kopien, E-Mail-Ausdrucken oder Telefaxen regelmäßig keine Farben wiedergegeben werden.
35
c) Eine Verwechslungsgefahr nach dem Sinngehalt hat das Bundespatentgericht rechtsfehlerfrei verneint. Eine solche ist nur dann anzunehmen, wenn das Wort aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise die nahe liegende , ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung des Bildes darstellt (vgl.
BGH GRUR 2006, 60 Tz 22 - coccodrillo m.w.N.). Dies ist - wie das Bundespatentgericht zu Recht ausgeführt hat - nicht der Fall.
Ullmann v. Ungern-Sternberg RiBGH Pokrant ist anderUnterschrift verhindert.Eristin Urlaub. Ullmann Schaffert Bergmann
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 01.10.2004 - 25 W(pat) 85/02 -

(1) Ist der Widerspruch vom Inhaber einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang erhoben worden, so hat er, wenn der Gegner die Einrede der Nichtbenutzung erhebt, nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Marke, gegen die der Widerspruch sich richtet, gemäß § 26 benutzt worden ist, sofern zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen sie möglich war. Der Nachweis kann auch durch eine eidesstattliche Versicherung erbracht werden. Bei der Entscheidung werden nur Waren und Dienstleistungen berücksichtigt, für die die Benutzung nachgewiesen worden ist.

(2) Ergibt die Prüfung des Widerspruchs, daß die Marke für alle oder für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, zu löschen ist, so wird die Eintragung ganz oder teilweise gelöscht. Kann die Eintragung der Marke nicht gelöscht werden, so wird der Widerspruch zurückgewiesen.

(3) Ist die eingetragene Marke wegen einer oder mehrerer Marken mit älterem Zeitrang zu löschen, so kann das Verfahren über weitere Widersprüche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Eintragung der Marke ausgesetzt werden.

(4) Im Falle der Löschung nach Absatz 2 ist § 52 Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Eintragung einer Marke kann gelöscht werden,

1.
wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch ist und die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, mit den Waren oder Dienstleistungen identisch sind, für die die Marke mit älterem Zeitrang angemeldet oder eingetragen worden ist,
2.
wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, oder
3.
wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch ist oder dieser ähnlich ist, falls es sich bei der Marke mit älterem Zeitrang um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung der eingetragenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

(2) Anmeldungen von Marken stellen ein Schutzhindernis im Sinne des Absatzes 1 nur dar, wenn sie eingetragen werden.

(3) Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Genfer Fassung vom 13. Mai 1977 des Abkommens vom 15. Juni 1957 von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken (BGBl. 1981 II S. 358, 359) festgelegten Klassifikationssystem (Nizza-Klassifikation) erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundespatentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen. § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht gilt für die Gebühren das Patentkostengesetz, für die Auslagen gilt das Gerichtskostengesetz entsprechend.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Bundespatentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 62 Absatz 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Bundespatentgericht.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Die Eintragung einer Marke kann gelöscht werden,

1.
wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch ist und die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, mit den Waren oder Dienstleistungen identisch sind, für die die Marke mit älterem Zeitrang angemeldet oder eingetragen worden ist,
2.
wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, oder
3.
wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch ist oder dieser ähnlich ist, falls es sich bei der Marke mit älterem Zeitrang um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung der eingetragenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

(2) Anmeldungen von Marken stellen ein Schutzhindernis im Sinne des Absatzes 1 nur dar, wenn sie eingetragen werden.

(3) Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Genfer Fassung vom 13. Mai 1977 des Abkommens vom 15. Juni 1957 von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken (BGBl. 1981 II S. 358, 359) festgelegten Klassifikationssystem (Nizza-Klassifikation) erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundespatentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen. § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht gilt für die Gebühren das Patentkostengesetz, für die Auslagen gilt das Gerichtskostengesetz entsprechend.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Bundespatentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 62 Absatz 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Bundespatentgericht.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Ist der Widerspruch vom Inhaber einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang erhoben worden, so hat er, wenn der Gegner die Einrede der Nichtbenutzung erhebt, nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Marke, gegen die der Widerspruch sich richtet, gemäß § 26 benutzt worden ist, sofern zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen sie möglich war. Der Nachweis kann auch durch eine eidesstattliche Versicherung erbracht werden. Bei der Entscheidung werden nur Waren und Dienstleistungen berücksichtigt, für die die Benutzung nachgewiesen worden ist.

(2) Ergibt die Prüfung des Widerspruchs, daß die Marke für alle oder für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, zu löschen ist, so wird die Eintragung ganz oder teilweise gelöscht. Kann die Eintragung der Marke nicht gelöscht werden, so wird der Widerspruch zurückgewiesen.

(3) Ist die eingetragene Marke wegen einer oder mehrerer Marken mit älterem Zeitrang zu löschen, so kann das Verfahren über weitere Widersprüche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Eintragung der Marke ausgesetzt werden.

(4) Im Falle der Löschung nach Absatz 2 ist § 52 Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 174/04 Verkündet am:
6. Mai 2008
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 28. September 2004 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst: Das deutsche Patent 195 35 104 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten: "1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach sowohl in In-Ziegel-Montage als auch in Auf-Ziegel-Montage mit einer sich zumindest annähernd über die Breite des Kollektors (10) erstreckenden Schiene (16) mit zwei Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet, dass die Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel (17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere Schenkel (17’) als Auflage für den Kollektor (10) dient, wobei die Schiene (16) einen im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat mit einer Grundfläche (24) zwischen den Schenkeln (17, 17’), die direkt auf dem Dachsparren (12) befestigbar ist, der als Auflage für den Kollektor (10) dienende kürzere Schenkel (17’) eine Auflagefläche (26) für den Kollektor (10) aufweist, deren Abstand (x) von der Grundfläche (24) der Schiene (16) der Stärke einer Dachlatte entspricht, und wobei zumindest ein Schenkel (17, 17’) abgewinkelt ist.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) aus Stahl besteht.
3. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) Langlöcher (28) aufweist.
4. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) außenseitig einen Vorsprung (18) aufweist, der in eine Vertiefung am unteren Rand des Kollektors (10) eingreift.
5. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass an dem zur Halterung des Kollektors (10) dienenden Schenkel (17a, 17b) eine Abwinkelung (18a, 18b) vorgesehen ist, die ungefähr die gleiche Länge wie eine parallel zur Dachebene vorstehende Wand (22a, 22b) des Kollektors (10) hat.
6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) bei Auf-Ziegel- Montage an einem stufenförmigen Halteeisen (34) befestigbar ist." Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte ist Inhaber des am 21. September 1995 angemeldeten deutschen Patents 195 35 104 (Streitpatents), das eine "Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor auf einem Dach" betrifft und 11 Patentansprüche umfasst. Die Patentansprüche 1, 2, 4, 5, 6, 7, 9 und 11 lauten nach Durchführung des Einspruchsverfahrens (die Orthographie ist an die neuen Regeln angepasst): "1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach mit einer sich zumindest annähernd über die Breite des Kollektors (10) erstreckenden Schiene (16) mit zwei Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet, dass die Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel (17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere Schenkel (17’) als Auflage für den Kollektor (10) dient.

2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der zur Halterung des Kollektors (10) dienende Schenkel (17) höher als der als Auflage für den Kollektor dienende Schenkel (17’) ist.
4. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) eine Auflagefläche (26) für den Kollektor (10) aufweist, deren Abstand (x) von der Grundfläche (24) der Schiene (16) der Stärke einer Dachlatte (14) entspricht.
5. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) aus Stahl besteht.
6. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) Langlöcher (28) aufweist.
7. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schiene (16) außenseitig einen Vorsprung (18) aufweist, der in eine Vertiefung am unteren Rand des Kollektors (10) eingreift.
9. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass an dem zur Halterung des Kollektors (10) dienenden Schenkel (17a, 17b) eine Abwinkelung (18a, 18b) vorgesehen ist, die ungefähr die gleiche Länge wie
eine parallel zur Dachebene vorstehende Wand (22a, 22b) des Kollektors (10) hat.
11. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet , dass die Schiene (16) bei Auf-Ziegel-Montage an einem stufenförmigen Halteeisen (34) befestigbar ist."
2
Wegen der weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift des Streitpatents verwiesen.
3
Die Klägerin hat geltend gemacht, dass das Streitpatent gegenüber umfangreichem Stand der Technik, darunter dem OBO-Bettermann-Katalog "Verbindungs - und Befestigungs-Systeme" (November 1994), nicht patentfähig sei. Sie hat beantragt, das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Hilfsweise hat er das Streitpatent mit folgender Fassung des Patentanspruchs 1 (Einfügungen unterstrichen) sowie mit den auf diesen rückbezogenen Patentansprüchen 2, 4, 5, 6, 7, 9 und 11 (in neuer Nummerierung als Patentansprüche 2 bis 8) und weiter hilfsweise in der Fassung nach dem als Verwendungsanspruch formulierten Hilfsanspruch II verteidigt : "1. Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach mit einer sich zumindest annähernd über die Breite des Kollektors (10) erstreckenden Schiene (16) mit zwei Schenkeln (17, 17’), dadurch gekennzeichnet, dass die Schenkel (17, 17’) senkrecht auf der Dachebene stehend unterschiedlich hoch sind und einer der Schenkel (17) zur Halterung des Kollektors (10) und der andere Schenkel (17’) als Auflage für den Kollektor (10) dient, [und] wobei die Schiene (16) einen im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat mit einer Grundfläche (24) zwischen den Schenkeln (17, 17’), die direkt auf dem Dachsparren befestigbar ist, wobei zumindest ein Schenkel (17, 17’) angewinkelt ist."
4
Das Patentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass es ihm die Fassung nach Hilfsantrag I gegeben hat.
5
Mit ihrer Berufung begehrt die Klägerin die vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents unter Abänderung des angefochtenen Urteils. Sie stützt sich zusätzlich zu den schon in erster Instanz genannten Entgegenhaltungen auf behauptete offenkundige Vorbenutzungen von Montagevorrichtungen für Sonnenkollektoren durch die I. Solar AG seit 1993 und die mit verschiedenen Unternehmensveröffentlichungen (insbesondere Anl. E3 bis E5) unterlegte Vorbenutzung der S. Ltd. seit 1976 sowie auf weitere Dokumente aus dem Stand der Technik, darunter den OBO-Bettermann-Katalog "Verbindungs- und Befestigungs-Systeme" (November 1994). Die Anschlussberufung des Beklagten, mit der dieser die vollständige Abweisung der Nichtigkeitsklage begehrt hat, hat der Senat als unzulässig verworfen (Sen.Beschl. v. 5.7.2005 - X ZR 174/04, GRUR 2005, 888 - Anschlussberufung im Patentnichtigkeitsverfahren ); die Kostenentscheidung hat er dabei der Schlussentscheidung vorbehalten. Der Beklagte tritt im Übrigen dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt hilfsweise das Streitpatent mit seinem ersten Hilfsantrag in der aus der Urteilsformel ersichtlichen Fassung, nach seinem zweiten Hilfsantrag mit weiteren einschränkenden Merkmalen.
6
Im Auftrag des Senats hat Professor Dr.-Ing. C. W. , , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


7
Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin führt unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Nichtigerklärung des Streitpatents über die Fassung der angegriffenen Entscheidung hinaus; soweit es der Beklagte mit seinem in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag I verteidigt, bleibt es demgegenüber ohne Erfolg. Über den engeren Hilfsantrag II des Beklagten braucht deshalb nicht entschieden zu werden. Dabei beschränkt sich die Sachprüfung, nachdem der Beklagte die Entscheidung des Bundespatentgerichts nicht wirksam angefochten hat, auf die Fassung des Patents, die das Bundespatentgericht ihm gegeben hat; die erteilte Fassung dieses Schutzrechts steht nicht mehr zur Überprüfung (Sen.Urt. v. 22.2.2000 - X ZR 111/98, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Bd. 3, S. 470, 476, 485 - Positionierverfahren; vgl. BGH, Urt. v. 21.10.1952 - I ZR 106/51, GRUR 1953, 86 re. Sp. - Schreibhefte II; RG GRUR 1944, 122, 123 - Transformatorkühler; Rogge in Benkard, PatG GebrMG, 10. Aufl. 2006, § 22 PatG Rdn. 52).
8
I. 1. Das Streitpatent betrifft nach Patentanspruch 1 in dessen im Berufungsverfahren zur Überprüfung stehender Fassung, die er durch das angefochtene Urteil erhalten hat, eine Vorrichtung "zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor" (d.h. eine Vorrichtung, auf die ein oder mehrere Sonnenkollektoren montiert werden können), auf einem Dach. Die Beschreibung des Streitpatents bezeichnet derartige Vorrichtungen als aus der US-Patentschrift 4 336 413 bekannt. Dort seien die zur Befestigung von Paneelen die- nenden Schienen U-förmig und die Schenkel des U erstreckten sich parallel zur Dachebene. U-förmige Abschnitte der Schienen senkrecht zur Dachebene dienten der wasserdichten Verbindung zweier benachbarter Paneele (Beschr. Sp. 1 Z. 3 - 13). In der Praxis werde zwischen den Montagetechniken der In-ZiegelMontage mit Integration der Kollektoren in die Dachziegelfläche und der AufZiegel -Montage unterschieden, bei der die Kollektoren über den Dachziegeln montiert würden. Hierfür würden üblicherweise unterschiedliche Vorrichtungen verwendet, was die Lagerhaltung erschwere. Hausdächer wiesen in aller Regel Dachsparren (d.h. in Richtung der Dachschräge verlaufende Balken) und Dachlatten auf, wobei die Stärke der Dachlatten regelmäßig 24 mm betrage. Bei allen bekannten Montageeinrichtungen seien zusätzliche Halterungen für den Kollektor wie Haltekrallen erforderlich (Beschr. Sp. 1 Z. 61 - 65).
9
2. Durch das Streitpatent soll eine Vorrichtung zur Montage von Sonnenkollektoren bereitgestellt werden, die mit wenig Materialaufwand kostengünstig hergestellt werden kann, eine einfache und wenig aufwändige Montage ermöglicht , eine gute Stabilität aufweist und sowohl für die In-Ziegel-Montage wie für die Auf-Ziegel-Montage verwendet werden kann (vgl. Beschr. Sp. 1 Z. 66 - Sp. 2 Z. 7).
10
3. Hierzu lehrt Patentanspruch 1 in der Fassung, die er durch das Bundespatentgericht erhalten hat, eine Vorrichtung zum Montieren von zumindest einem Sonnenkollektor (10) auf einem Sparren (12) und Latten (14) aufweisenden Dach, (1) die eine Schiene (16) aufweist, die (2) sich zumindest annähernd über die Breite des Kollektors erstreckt , (3) einem im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat (4) mit zwei Schenkeln (17, 17’), die (4.1) senkrecht auf der Dachebene stehend (4.2) unterschiedlich hoch sind und (4.3) von denen einer (17) zur Halterung des Kollektors und (4.4) der andere (17’) als Auflage für den Kollektor dient, (4.5) wobei zumindest ein Schenkel abgewinkelt ist, und wobei (5) die Grundfläche (24) der Schiene zwischen den zwei Schenkeln direkt auf dem Dachsparren befestigt werden kann.
11
4. Einen schematischen Teilschnitt durch eine patentgemäße Vorrichtung zur In-Ziegel-Montage zeigt die verkleinert wiedergegebene Figur 1 des Streitpatents :
12
II. 1. Der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1, wie er vom Bundespatentgericht als schutzfähig angesehen wurde, war durch die u.a. in dem dem Bundespatentgericht noch nicht vorliegenden Prospekt (Anl. E4) "Solahart Streamline" der S. W. H. Ltd. in P. , W. im , Jahr 1986 sowie in den Anl. E3 und E5 vorbeschriebenen Schiene zum Befestigen von solaren Heißwassersystemen jedenfalls für den Fachmann, einen Ingenieur oder erfahrenen Techniker, der mit der Entwicklung und Montage von Sonnenkollektoranlagen vor allem in der mittelständischen Wirtschaft befasst war, nahegelegt. Die Vorveröffentlichung dieses Prospekts wie auch der beiden anderen Prospekte Anl. E3 (1994) und E5 (Información tecnica e instalación manual Solahart, Januar 1986) ist durch die Druckdaten für den Senat überzeugend belegt und steht im Übrigen auch nicht im Streit. Der Prospekt zeigt eine Schiene in dem durch das Streitpatent beschriebenen Einsatz, die mit Ausnahme des Merkmals (5) alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der Fassung, wie sie vor dem Bundespatentgericht Bestand hatte, aufweist. Die gezeigte Schiene (Merkmal 1) erstreckt sich nämlich über mehr als die Breite des Kollektors (Zeichnung Seite 6; Merkmal 2), hat einen Querschnitt , der zwischen dem längeren Schenkel und dem diesem am nächsten liegenden der kürzeren Schenkel einen im Wesentlichen U-förmigen Abschnitt aufweist (Komponentenliste S. 4, Collector rail 1840; Merkmal 3), und zwar mit drei und damit auch mit zwei Schenkeln (ebenda; Merkmal 4), die senkrecht auf der Dachebene stehen und unterschiedlich hoch sind (Diagramm S. 6; Merkmale 4.1 und 4.2), von denen der längere zur Halterung des Kollektors und die beiden kürzeren als Auflage für den Kollektor dienen (Merkmale 4.3, 4.4). Dies ist zwar in der Anl. E4 nicht deutlich zu sehen, wird jedoch in der ersichtlich die gleiche Montagevorrichtung zeigenden Anl. E5, S. 58 ("Detalle de la sujectión del colector") deutlich gezeigt. Die Anwinklung eines Schenkels, und zwar des längeren, ist in Anl. E4, S. 4, Collector rail 1840, deutlich erkennbar (Merkmal 4.5). Dass die Grundfläche der Schiene zwischen den zwei Schenkeln auch direkt auf dem Dachsparren befestigt werden kann, wird allerdings nicht gezeigt , eine Befestigungsmöglichkeit etwa durch Bohrungen zu schaffen, durch die die Schiene am Sparren festgeschraubt werden kann, setzt jedoch nicht mehr als einfache, dem Fachmann geläufige Überlegungen voraus, nachdem die Befestigung nach Anl. E4 über eine Lasche an dem Befestigungsstreifen (Collector straps) 0847 (S. 4) erfolgt (Merkmal 5).
13
2. a) Dagegen ist die nunmehr mit Hilfsanspruch I verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1 schutzfähig. In diese Fassung sind zunächst die beiden Möglichkeiten des Einbaus in In-Ziegel-Montage und Auf-Ziegel-Montage aufgenommen. Dies ist allerdings im Fall des Erzeugnisschutzes zunächst nur dann von Bedeutung, wenn und soweit es sich auf die räumlich-körperliche Ausgestaltung der Schiene auswirkt (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 1.4.2008 - X ZR 29/04, Umdruck S. 12), es sich mithin nicht um bloße, für sich nicht schutzbegrenzende Zweckangaben handelt (Sen. BGHZ 112, 140, 155 f. - Befestigungsvorrichtung II; vgl. schon Sen.Urt. v. 7.11.1978 - X ZR 58/77, GRUR 1979, 149, 151 - Schießbolzen). Dies ist, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, insoweit der Fall, als die In-Ziegel-Montage zur Folge hat, dass der als Auflage für den Kollektor dienende Schenkel eine Auflagefläche aufweisen muss, die von der Grundfläche in Dachlattenstärke beabstandet ist. Dies kommt in dem zusätzlichen Merkmal, (3.1) dass der als Auflage für den Kollektor (10) dienende kürzere Schenkel (17’) eine Auflagefläche (26) für den Kollektor (10) aufweist, deren Abstand (x) von der Grundfläche (24) der Schiene (16) der Stärke einer Dachlatte entspricht, zum Ausdruck. Dieses Merkmal ist in dem erteilten Patent (Patentanspruch 4) enthalten, und in den ursprünglichen Unterlagen (ebenfalls in Patentanspruch
4) als zur Erfindung gehörend offenbart. Zwar besagt es nur, dass der Abstand der Stärke einer Dachlatte entsprechen soll. Diese Stärke ist auch im Patentanspruch nicht definiert, ergab sich zum Anmeldetag aber daraus, dass übliche Dachlatten damals entweder 24 mm oder 30 mm oder 40 mm stark waren. Auf diese Stärken muss der Abstand nach dem verteidigten Patentanspruch eingestellt sein. Zwar sind auch noch andere Möglichkeiten denkbar, mit denen der In-Ziegel-Einbau ermöglicht werden kann, wie das Einbringen einer Zwischen- latte. Dies wird jedoch schon von dem zusätzlichen Merkmal (3.1) nicht erfasst. Diese Abstandsvorgabe ermöglicht es auf einfache Weise, ein und dieselbe Schiene nicht nur für die Auf-Ziegel-Montage, sondern - und zwar ohne zusätzlichen Aufwand und Gefahren für den Halt der Schiene - auch für die In-ZiegelMontage nutzbar zu machen. Der Stand der Technik bot hierfür keine Anregung. Das gilt nicht nur für die vorgenannten "Solahart"-Unterlagen (insbesondere die Anlagen E3, E4 und E5), sondern auch für die bekannte und mit Ausnahme des oben beschriebenen Merkmals 3.1 alle Sachmerkmale erfüllende (wenn auch für die Kollektorenmontage nicht vorgesehene), allerdings eine für die In-Ziegel-Montage nicht geeignete Dimensionierung aufweisende Schiene des OBO-Bettermann-Katalogs (S. 122), die die Katalogabbildung wie folgt zeigt: wie auch für die weiteren von der Klägerin genannten Dokumente, die von der Lösung des Streitpatents insgesamt weiter ab liegen.
14
b) Mit Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags I werden auch die mit diesem Patentanspruch verteidigten, weitere Ausgestaltungen darstellenden Patentansprüche 2 bis 6 durch die Schutzfähigkeit dieses Patentanspruchs in seiner hilfsweise verteidigten Fassung getragen.
15
III. Die Kostenentscheidung, die auch die Entscheidung über die bereits als unzulässig verworfene Anschlussberufung erfasst, beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG i.V.m. §§ 91, 92, 97 ZPO. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass über die Anschlussberufung nicht mündlich verhandelt worden ist. Er hat im Rahmen der für die Entscheidung gegebenenfalls heranzuziehenden Billigkeitsgesichtspunkte (§ 121 Abs. 2 Satz 2 PatG) weiter berücksichtigt, dass sich die Zurückweisung der Anschlussberufung auf den Verletzungsstreit nicht ausgewirkt haben dürfte; soweit dies der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in vollem Umfang entsprechen sollte (Beschl. des früheren I. Zivilsenats vom 11.10.1956 - I ZR 28/55, GRUR 1957, 79), könnte er an dieser nicht festhalten. Schließlich hat er berücksichtigt, dass sich sein Ergebnis gegenüber dem Ergebnis, das das Bundespatentgericht gefunden hat, eher als korrigierende Verdeutlichung als als eine substantielle Abweichung darstellt. All dies lässt eine von der Entscheidung erster Instanz abweichende Kostenentscheidung nicht als veranlasst erscheinen.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 28.09.2004 - 3 Ni 50/02 -

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundespatentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen. § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht gilt für die Gebühren das Patentkostengesetz, für die Auslagen gilt das Gerichtskostengesetz entsprechend.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Bundespatentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 62 Absatz 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Bundespatentgericht.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) In Anwaltsprozessen wird die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorbereitet.

(2) In anderen Prozessen kann den Parteien durch richterliche Anordnung aufgegeben werden, die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugebende Erklärungen vorzubereiten.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) In Anwaltsprozessen wird die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorbereitet.

(2) In anderen Prozessen kann den Parteien durch richterliche Anordnung aufgegeben werden, die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugebende Erklärungen vorzubereiten.

Eine mündliche Verhandlung findet statt, wenn

1.
einer der Beteiligten sie beantragt,
2.
vor dem Bundespatentgericht Beweis erhoben wird (§ 74 Abs. 1) oder
3.
das Bundespatentgericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundespatentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen. § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht gilt für die Gebühren das Patentkostengesetz, für die Auslagen gilt das Gerichtskostengesetz entsprechend.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Bundespatentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 62 Absatz 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Bundespatentgericht.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 23/03 Verkündet am:
4. Mai 2005
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zu den Voraussetzungen des § 282 Abs. 1 ZPO (im Anschluß an BGH Urteil
vom 1. April 1992 - VIII ZR 86/91 - NJW 1992, 1995).

b) Das im Rechtszug übergeordnete Gericht kann die fehlerhafte Begründung
der Verspätung nicht durch eine andere ersetzen oder die Zurückweisung auf
eine andere als die von der Vorinstanz angewandte Vorschrift stützen (im
Anschluß an BGH Urteil vom 13. Dezember 1989 - VIII ZR 204/82 - NJW
1990, 1302, 1304).
BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - XII ZR 23/03 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin
Weber-Monecke, die Richter Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Dezember 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Zwangsverwalter Nebenkosten aus einem Pachtvertrag geltend. Mit Vertrag vom 19. August 1997 mietete die Beklagte von dem Institutszwangsverwalter S. Büroräume sowie Lagerflächen. § 4 Nr. 3 des Mietvertrages lautet: "Folgende Nebenkosten werden neben der Grundmiete umgelegt:
a) Die Betriebskosten im Sinne der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung …"
Mit Beschluß vom 13. November 1997 ordnete das Amtsgericht Mönchengladbach die Zwangsverwaltung über das Grundstück an und bestellte den Kläger zum Zwangsverwalter. Dieser machte für die Jahre 1998 und 1999 gegenüber der Beklagten Nebenkosten in Höhe von 358.731,86 DM geltend. Die Beklagte hat Stromkosten in Höhe von 58.604,86 DM nebst Zinsen anerkannt. Darauf hat das Landgericht am 18. April 2001 im schriftlichen Verfahren ein Teilanerkenntnisurteil in dieser Höhe erlassen und Termin zur mündlichen Verhandlung über die Restforderung auf den 8. August 2001 bestimmt. Mit seinem am 7. August 2001 um 21.58 Uhr per Telefax übermittelten Schriftsatz hat der Kläger erstmals auf den Klageerwiderungsschriftsatz vom 11. April 2001 erwidert. Er hat die Behauptung der Beklagten, es sei eine Einigung dahin erfolgt, daß die Beklagte lediglich die Nebenkosten für Gas und Strom zu tragen habe, bestritten. Das Landgericht hat den Vortrag des Klägers gemäß § 296 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 282 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückgewiesen und die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Oberlandesgericht. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, mit dem Landgericht sei davon auszugehen, daß die Beklagte für die streitgegenständlichen Abrechnungsperioden 1998 und 1999 außer den in § 23 des Mietvertrages aufgeführten Nebenkosten keine weiteren Nebenkosten zu tragen habe. Die Beklagte habe nämlich
mit Schriftsatz vom 11. April 2001 schlüssig dargelegt, daß zwischen den seinerzeitigen Verhandlungspartnern bei Abschluß des Mietvertrages ausdrücklich vereinbart worden sei, die Beklagte habe über die Kosten für Strom und Gas keine weiteren Nebenkosten zu tragen. Mit dem Landgericht sei davon auszugehen , daß dieses Vorbringen gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und unstreitig anzusehen sei, weil der Kläger die behauptete abweichende Nebenkostenvereinbarung nicht wirksam bestritten habe. Soweit der Kläger dem Vorbringen der Beklagten erstmals mit seinem per Telefax am 7. August 2001 um 21.58 Uhr eingegangenen und der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 8. August 2001 überreichten Schriftsatz vom 7. August 2001 entgegengetreten sei, habe das Landgericht das darin enthaltene Vorbringen zu Recht gemäß § 296 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 282 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückgewiesen. Hieran sei der Senat gemäß § 528 Abs. 3 ZPO a.F. gebunden. Nach § 296 Abs. 2 ZPO könnten Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig mitgeteilt worden seien, zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und wenn die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruhe. Der Kläger habe den Schriftsatz vom 7. August 2001 unter Verstoß gegen seine Prozeßförderungspflicht aus § 282 Abs. 1 ZPO verspätet eingereicht. Eine Partei habe nach § 282 Abs. 1 ZPO in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel so rechtzeitig vorzubringen, wie es nach der Prozeßlage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozeßführung entspreche. Mit Recht habe das Landgericht ausgeführt, daß der Kläger gegen diese Prozeßförderungspflicht verstoßen habe. Die Klageerwiderung sei den Prozeßbevollmächtigten des Klägers zusammen mit dem Teilanerkenntnisurteil und der mit Verfügung des Vorsitzenden vom 18. April 2001 gesetzten Replikfrist (ein Monat nach Zugang) am 30. April 2001 zugestellt worden. Nach Fristablauf
habe das Landgericht am 31. Mai 2001 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 8. August 2001 anberaumt. Die Ladung sei den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 12. Juni 2001 durch "Empfangsbekenntnis" zugestellt worden. Gleichwohl habe der Kläger erstmals mit dem am 7. August 2001 um 21.58 Uhr eingegangenen Schriftsatz vom 7. August 2001 zu der Klageerwiderung Stellung genommen. Darin liege eine objektive Verletzung der ihm gemäß § 282 Abs. 1 ZPO obliegenden Prozeßförderungspflicht. Diese Verspätung beruhe auf grober Nachlässigkeit des Klägers im Sinne von § 296 Abs. 2 ZPO. Eine Erklärung habe der Kläger auch auf Nachfrage der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 8. August 2001 nicht abgegeben. Zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, daß die Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 7. August 2001 das Verfahren verzögern würde. Die Verzögerung ergebe sich daraus, daß die Kammer bei Zulassung des verspäteten Vorbringens über die von der Beklagten behauptete mündliche Absprache zu den umlagefähigen Nebenkosten hätte Beweis erheben müssen. 2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
a) Zutreffend hält das Oberlandesgericht allerdings den Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 7. August 2001 für entscheidungserheblich. Ist, wie der Kläger geltend macht, die von der Beklagten behauptete Einigung nicht zustande gekommen, hätte das Landgericht die Klage nicht abweisen dürfen.
b) Zu Recht wendet sich die Revision aber gegen die auf §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO, § 528 Abs. 3 ZPO a.F. gestützte Zurückweisung des Vortrages des Klägers, die von der Beklagten behauptete Einigung sei nicht erfolgt. Nach § 528 Abs. 3 ZPO a.F. bleiben Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen werden, ausgeschlossen. Die Vor-
aussetzungen dieser Bestimmung liegen jedoch hier nicht vor, weil das Vorbringen des Klägers in erster Instanz zu Unrecht zurückgewiesen worden ist und für zu Unrecht zurückgewiesene Angriffs- und Verteidigungsmittel § 528 Abs. 3 ZPO a.F. nicht gilt. aa) Das Landgericht hätte den Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 7. August 2001 nicht unter Berufung auf § 282 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückweisen dürfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 1. April 1992 - VIII ZR 86/91 - NJW 1992, 1965) findet § 282 Abs. 1 ZPO nämlich nur dann Anwendung, wenn innerhalb der Instanz mehrere Verhandlungstermine stattgefunden haben und das Vorbringen nicht bereits im ersten Termin erfolgt ist. Vorbringen im ersten Termin kann dagegen nie nach § 282 Abs. 1 ZPO verspätet sein (BGH aaO). Der Kläger hatte, da ihm eine Frist zur Replik nicht wirksam gesetzt worden war, das Recht, sich in der ersten mündlichen Verhandlung zur Klageerwiderung zu äußern. Zwar ist ihm eine Frist zur Replik gesetzt worden. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist ihm aber eine Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens nicht mitgeteilt worden. Die Auffassung der Revisionserwiderung, es handele sich bei dem Hinweis der Vorinstanzen auf § 282 Abs. 1 ZPO lediglich um eine falsche Bezeichnung , Landgericht und Oberlandesgericht hätten vielmehr die Voraussetzungen des § 282 Abs. 2 ZPO erörtert und bejaht, trifft nicht zu. Beide Vorinstanzen haben ihre Entscheidung eindeutig auf § 282 Abs. 1 ZPO gestützt. Das Landgericht hat die Bestimmung genannt. Das Berufungsgericht hat den Wortlaut der Vorschrift wiedergegeben und festgestellt, daß das Landgericht § 282 Abs. 1 ZPO zu Recht bejaht habe. § 282 Abs. 2 ZPO wurde nicht geprüft. Beide Gerichte sind allerdings, worauf die Revision zu Recht hinweist, von einem unzutreffenden Regelungsgehalt des § 282 Abs. 1 ZPO ausgegangen.
bb) Zutreffend weist die Revision auch darauf hin, daß es nicht darauf ankomme, ob das Landgericht das Vorbringen des Klägers nach anderen Bestimmungen , etwa nach § 296 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 282 Abs. 2 ZPO hätte zurückweisen dürfen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 1. April 1992 aaO; vom 13. Dezember 1989 - VIII ZR 204/82 - NJW 1990, 1302, 1304) darf das im Rechtszug übergeordnete Gericht die fehlerhafte Begründung der Verspätung nicht durch eine andere ersetzen oder die Zurückweisung auf eine andere als die von der Vorinstanz angewandte Vorschrift stützen. Im übrigen lägen die Voraussetzungen des § 282 Abs. 2 ZPO auch nicht vor. Nach dieser Bestimmung sind Schriftsätze so rechtzeitig einzureichen, daß der Gegner die erforderlichen Erkundigungen noch einzuziehen vermag. Die Beklagte hat sich nicht darauf berufen, daß sie dazu nicht in der Lage war. Der Kläger hat keinen neuen Sachvortrag gebracht, sondern lediglich das von der Beklagten bereits unter Beweis gestellte Vorbringen bestritten. 3. Die von der Beklagten behauptete Vereinbarung, daß sie vereinbarungsgemäß über die Kosten für Gas und Strom hinaus keine weiteren Nebenkosten zu tragen habe, kann damit nicht nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden angesehen werden. Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob die
behauptete Vereinbarung zustande gekommen ist. Dazu sind die angebotenen Beweise zu erheben.
Hahne Weber-Monecke Fuchs Ahlt Vézina

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Ist der Widerspruch vom Inhaber einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang erhoben worden, so hat er, wenn der Gegner die Einrede der Nichtbenutzung erhebt, nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Marke, gegen die der Widerspruch sich richtet, gemäß § 26 benutzt worden ist, sofern zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen sie möglich war. Der Nachweis kann auch durch eine eidesstattliche Versicherung erbracht werden. Bei der Entscheidung werden nur Waren und Dienstleistungen berücksichtigt, für die die Benutzung nachgewiesen worden ist.

(2) Ergibt die Prüfung des Widerspruchs, daß die Marke für alle oder für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, zu löschen ist, so wird die Eintragung ganz oder teilweise gelöscht. Kann die Eintragung der Marke nicht gelöscht werden, so wird der Widerspruch zurückgewiesen.

(3) Ist die eingetragene Marke wegen einer oder mehrerer Marken mit älterem Zeitrang zu löschen, so kann das Verfahren über weitere Widersprüche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Eintragung der Marke ausgesetzt werden.

(4) Im Falle der Löschung nach Absatz 2 ist § 52 Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 43/97 Verkündet am:
16. März 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung W 45 154/17 Wz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Bayer/BeiChem
a) Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke nach § 26 MarkenG ist eine
Rechtsfrage, die einem Geständnis i.S. des § 288 ZPO nicht zugänglich ist.
Die Erklärung, die Nichtbenutzungseinrede nicht aufrechtzuerhalten, ist
grundsätzlich nicht als konkludenter Verzicht auf die Einrede aufzufassen.
b) Auch zwischen Rohstoffen und Halbfabrikaten einerseits und Fertigfabrikaten
andererseits kann (ausnahmsweise) Warenähnlichkeit bestehen.
c) Der Wortstamm einer Zeichenserie braucht in der Widerspruchsmarke nicht
isoliert hervorzutreten. Für die Kennzeichnungskraft kommt es allein auf den
in Frage stehenden Stammbestandteil der Zeichenserie und nicht auf die
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke an.
BGH, Beschl. v. 16. März 2000 - I ZB 43/97 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2000 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Raebel

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 28. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 23. Juli 1997 wird auf Kosten der Widersprechenden zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Der Anmelder begehrt mit der am 3. November 1993 eingegangenen Anmeldung die Eintragung der Wortmarke
"BeiChem"
für die Waren
"Schläuche aus Kunststoff, Gummi und/oder textilem Material; Schläuche aus Metall oder metallischem Gewebe bzw. Netz".

Der gemäß § 5 Abs. 1 WZG bekanntgemachten Anmeldung hat die Inhaberin des prioritätsälteren Wortzeichens Nr. 662 251
"Bayer"
widersprochen. Das Widerspruchszeichen ist u.a. eingetragen für
"chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, Gummi, Gummiersatzstoffe und Waren daraus für technische Zwecke, Schläuche".
Die Markenstelle des Deutschen Patentamts hat eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Widersprechenden, die den Widerspruch im Beschwerdeverfahren auf die Waren "Schläuche aus Kunststoff , Gummi" beschränkt hat, hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen (BPatG BlPMZ 1998, 318).
Dagegen richtet sich die (zugelassene) Rechtsbeschwerde der Widersprechenden , mit der sie ihren Widerspruch weiterverfolgt. Der Anmelder beantragt , die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Das Bundespatentgericht hat eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verneint. Es hat dazu ausgeführt:
Auszugehen sei zwar von Warenähnlichkeit. Die zu berücksichtigenden Waren hielten aber einen erheblichen Abstand voneinander ein. Die angemeldete Marke solle für Fertigprodukte eingetragen werden, die für Endabnehmer bestimmt seien. Diesen stünden von den im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke aufgeführten Waren nur Gummi-Ersatzstoffe (Chloroprenkautschuk , thermoplastische Urethan-Elastomere, Polyurethan-Elastomere, Silikonkautschuk ) gegenüber. Für diese habe der Anmelder die Benutzung zugestanden. Die Benutzung der Widerspruchsmarke für Schläuche habe der Anmelder bestritten. Er habe zwar in dem Verfahren vor dem Deutschen Patentamt die Einrede der Nichtbenutzung für die Waren "Schläuche" nicht aufrechterhalten. Dies habe aber keine bindende Wirkung. Das Vorliegen einer Benutzung i.S. des § 26 MarkenG sei eine Rechtsfrage, die einem Geständnis nicht zugänglich sei. Die Einrede der mangelnden Benutzung habe im Beschwerdeverfahren erneut erhoben werden können.
Gummiersatzstoffe, auf die daher abzustellen sei, würden aber nur als Ausgangsstoffe zur Herstellung von Schläuchen eingesetzt. Als Abnehmer dieser Rohstoffe kämen ausschließlich weiterverarbeitende Betriebe in Frage, die zum Teil auch nur Halbfabrikate erstellten. Die Widersprechende stelle selbst keine Schläuche her. Wegen der Berührungspunkte zwischen den Fertigprodukten der angemeldeten Marke und den Rohstoffen sowie Halbfabrikaten der Widerspruchsmarke sei es vertretbar, von Warenähnlichkeit auszugehen. Dieses Ergebnis werde durch den Vortrag der Widersprechenden gestützt, wonach die von ihr gelieferten Rohstoffe maßgeblich die Eigenschaften und die Wertschätzung der Halb- und Fertigprodukte bestimmten; auch die Marken der Vorprodukte in Verbindung mit der Widerspruchsmarke würden den Abnehmern der Fertigprodukte bekanntgemacht, sei es durch eine sogenannte begleitende Marke, sei es durch sonstige Werbemaßnahmen. Dies führe aber
nicht zu einer Anerkennung der Benutzung der Widerspruchsmarke für das Fertigprodukt "Schläuche".
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr bestehe zwischen den Marken nicht. Der vorhandene Warenabstand, die besondere Aufmerksamkeit des fachlich gebildeten Publikums und die deutlichen Markenunterschiede wirkten einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr ausreichend entgegen. Eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens scheide ebenfalls aus. Es gebe zwar eine Zeichenserie mit dem Stammbestandteil "BAY" (Bayblend, Baypren, Bayflex). Auch stehe der Umstand, daß der Widerspruch nicht aus einer Marke der Markenserie, sondern aus der Marke "Bayer" eingelegt worden sei, einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens nicht entgegen. Denn dem Fachverkehr sei wegen der großen Bekanntheit der Stammarke und der umfänglich benutzten Zeichenserie bekannt, daß die Zeichenserie aus der ersten Silbe der Stammarke abgeleitet sei. Eine Verwechslungsgefahr sei aber wegen der deutlich abweichenden Schreibweise der Silbe "Bei" und der nicht spezifisch produktbezogenen Endsilbe "Chem" nicht gegeben. Das Erkennen von Zeichenserien setze in der Regel detaillierte Überlegungen und eine beachtliche Branchenkenntnis voraus , die eine eher sorgfältige Prüfung beider Marken mit sich bringe. Einem aufmerksamen Betrachter werde die deutlich abweichende Schreibweise nicht verborgen bleiben. Mündliche Benennungen der Marke blieben die Ausnahme. Der weite Oberbegriff "Chemie" der Abkürzung "Chem" spreche eher gegen die Annahme eines neuen Zeichens aus einer Zeichenserie der Widersprechenden. Diese sei geprägt durch einen spezielleren warenbeschreibenden Anklang an den Stammbestandteil. Daran ändere auch die große Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der aus ihr resultierenden Zeichenserie nichts.

III. Die infolge ihrer Zulassung statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Bundespatentgericht hat zu Recht entschieden, daß der Eintragung der angegriffenen Marke "BeiChem" nicht die gemäß § 158 Abs. 2 Satz 2 MarkenG nach § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu beurteilende Gefahr der Verwechslung mit der älteren Widerspruchsmarke "Bayer" entgegensteht.
1. Die Frage der Verwechslungsgefahr i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - Rs. C-39/97, GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. = WRP 1998, 1165 - Canon; Urt. v. 22.6.1999 - Rs. C-342/97, GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 18 = WRP 1999, 806 - Lloyd; BGH, Beschl. v. 25.3.1999 - I ZB 32/96, GRUR 1999, 735, 736 = WRP 1999, 855 - MONOFLAM/POLYFLAM; Beschl. v. 6.5.1999 - I ZB 54/96, GRUR 1999, 995, 997 = WRP 1999, 936 - HONKA; Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535, 538 - ATTACHÉ/TISSERAND). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ä hnlichkeit der Marken und der Ä hnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. So kann insbesondere ein geringerer Grad der Ä hnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ä hnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 19 - Lloyd). Hinsichtlich der Ä hnlichkeit der Marken ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese bei dem Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren hervorrufen (BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).

2. Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerfrei eine unmittelbare Verwechslungsgefahr der Widerspruchsmarke "Bayer" mit dem angegriffenen Zeichen "BeiChem" verneint. Die Rechtsbeschwerde greift diese Feststellungen des Bundespatentgerichts auch nicht an.
3. Zutreffend ist auch die Annahme des Bundespatentgerichts, daß eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens ausscheidet.
Eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens kann nur dann angenommen werden, wenn die einander gegenüberstehenden Kennzeichnungen nicht unmittelbar verwechselbar sind, jedoch in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und der ihn deshalb veranlaßt, nachfolgende Bezeichnungen, die einen identischen oder wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Markeninhaber zuzuordnen (BGHZ 131, 122, 127 - Innovadiclophlont ; BGH, Urt. v. 29.10.1998 - I ZR 125/96, GRUR 1999, 587, 589 = WRP 1999, 530 - Cefallone; Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 110/97, WRP 2000, 529, 531 = MarkenR 2000, 134 - ARD-1). Diese Rechtsprechung beruht auf der dem Verkehr bekannten Übung mancher Unternehmen, sich eines Stammzeichens für ihre Waren zu bedienen und dieses - dabei als solches erkennbar bleibende - Stammzeichen für bestimmte Waren zu deren Kennzeichnung abzuwandeln. Anlaß zu einer solchen Schlußfolgerung kann für den Verkehr insbesondere dann bestehen, wenn ein Unternehmen bereits mit mehreren Zeichen, die denselben Wortstamm aufweisen, im Verkehr aufgetreten ist (vgl. BGH GRUR 1999, 587, 589 - Cefallone). Auch die Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens ergibt sich, wie die unmittelbare Verwechslungsgefahr,
aus der Wechselwirkung des Grades der Waren- und Markenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft des Stammbestandteils.

a) Das Bundespatentgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß zwischen den Waren der Widerspruchsmarke und denjenigen der angegriffenen Marke keine Warenidentität, sondern nur Warenähnlichkeit besteht. Es hat aus dem Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke nicht die dort angeführten Waren "Schläuche", sondern nur "Gummiersatzstoffe" berücksichtigt.
Die Rechtsbeschwerde macht insoweit ohne Erfolg geltend, der Anmelder habe die zunächst erhobene Einrede fehlender Benutzung fallen lassen und deshalb zugestanden, daß die Widerspruchsmarke auch für "Schläuche" benutzt werde. Der Anmelder hatte in dem Verfahren vor dem Deutschen Patentamt nach Erhebung der Einrede mangelnder Benutzung nach § 158 Abs. 3 Satz 1, § 43 Abs. 1, § 26 MarkenG den "Nichtbenutzungseinwand nicht weiter aufrechterhalten", nachdem die Widersprechende zu der Einrede Stellung genommen und Unterlagen zur Glaubhaftmachung vorgelegt hatte.
Zu Recht hat das Bundespatentgericht hierin kein Geständnis i.S. des § 288 ZPO gesehen. Ob die Vorschrift des § 288 ZPO im Verfahren vor dem Deutschen Patentamt überhaupt entsprechend angewandt werden kann, ist zweifelhaft, kann vorliegend allerdings offenbleiben. Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke nach § 26 MarkenG ist eine Rechtsfrage, die einem Geständnis i.S. des § 288 ZPO nicht zugänglich ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.6.1984 - I ZR 60/82, GRUR 1984, 872 - Wurstmühle; Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 43 Rdn. 8a; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 43 Rdn. 18). Auf die der Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung zugrundeliegenden Feststellungen könnte § 288 ZPO vorliegend ebenfalls nicht zur Anwendung kom-
men. Die Widersprechende hat im Verfahren vor dem Deutschen Patentamt und im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen, die Widerspruchsmarke für Schläuche zu benutzen; sie hat vielmehr nur Unterlagen vorgelegt, die sich auf die Benutzung der Widerspruchsmarke für Materialien bezogen, die der Herstellung von Schläuchen dienen. Ohne entsprechenden Sachvortrag der Widersprechenden konnte der Anmelder die Benutzung der Widerspruchsmarke für Schläuche nicht zugestehen.
Ohne Rechtsfehler hat das Bundespatentgericht auch einen Verzicht auf die Einrede mangelnder Benutzung verneint. Für einen Verzicht genügte nicht die Erklärung, die Nichtbenutzungseinrede nicht aufrechtzuerhalten. Eine derart weitreichende Bedeutung hat diese Erklärung nur, wenn sie wegen des Vorliegens besonderer Umstände als einseitiger Verzicht auf die Einrede mangelnder Benutzung aufzufassen ist. Davon ist, da an die konkludente Annahme eines Verzichts strenge Anforderungen zu stellen sind, grundsätzlich nicht auszugehen (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka aaO § 43 Rdn. 18; a.A. Ingerl /Rohnke, Markengesetz, § 43 Rdn. 17).
Danach ist bei der Widerspruchsmarke für die Bestimmung der Warenähnlichkeit ausschließlich auf Gummiersatzstoffe und damit auf einen Ausgangsstoff für das Fertigprodukt "Schläuche" abzustellen, während bei dem angemeldeten Zeichen von dem Endprodukt "Schläuche aus Kunststoff und Gummi" auszugehen ist, auf die die Widersprechende den Widerspruch zulässigerweise beschränkt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 14.5.1998 - I ZB 9/96, GRUR 1998, 938 = WRP 1998, 993 - DRAGON).
Für die der Beurteilung danach zugrundezulegenden Waren ist das Bundespatentgericht von einem geringen Ä hnlichkeitsgrad ausgegangen. Diese Annahme ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Die Beurteilung, ob Waren einander ähnlich sind, liegt im wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet (BGH, Beschl. v. 26.11.1998 - I ZB 18/96, GRUR 1999, 496, 497 = WRP 1999, 528 - TIFFANY). Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist daher nur zu überprüfen, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff zutreffend erfaßt und entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung geurteilt hat und ob das gewonnene Ergebnis von den getroffenen Feststellungen getragen wird.
Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren (BGH, Beschl. v. 8.10.1998 - I ZB 35/95, GRUR 1999, 245, 246 = WRP 1999, 196 - LIBERO; GRUR 1999, 496, 497 - TIFFANY).
Auch zwischen Rohstoffen und Halbfabrikaten einerseits und Fertigfabrikaten andererseits kann (ausnahmsweise) Warenähnlichkeit bestehen (vgl. - noch zum Warenzeichengesetz - BGHZ 52, 337, 344 f. - Dolan; vgl. weiter Fezer aaO § 14 Rdn. 367; Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rdn. 291). Dies hat das Bundespatentgericht im Streitfall damit begründet, daß die von der Widersprechenden gelieferten Rohstoffe maßgeblich die Eigenschaften und die Wertschätzung der Halb- und Fertigprodukte bestimmen und die Marken der Vorprodukte in Verbindung mit der Widerspruchsmarke den Abnehmern der Fertigprodukte durch eine begleitende Marke oder durch sonstige Werbemaß-
nahmen bekanntgemacht werden. Dies läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von den Beteiligten auch nicht gerügt.

b) Zu Recht hat das Bundespatentgericht angenommen, daß der Prüfung der Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens nicht entgegensteht, daß der Widerspruch nur aus der Marke "Bayer" eingelegt worden ist. Diese gehört zwar nicht zu den vom Bundespatentgericht aufgeführten Marken "Bayblend", "Baypren", "Bayflex", "Baysikal" und "Baychrom" mit dem isoliert hervortretenden Wortstamm "Bay". Dies ist aber auch nicht erforderlich , weil das Bundespatentgericht - von den Beteiligten unbeanstandet - festgestellt hat, daß der maßgebliche Verkehr - Fachleute oder fachlich gebildete Laien - wegen der großen Bekanntheit der Marke "Bayer" und der umfangreichen Benutzung der Markenserie mit dem Bestandteil "Bay" den aus der Widerspruchsmarke "Bayer" abgeleiteten Stamm der Zeichenserie erkennt. Ist der Verkehr aber bereits an den Wortstamm gewöhnt und ordnet er diesen - wie vorliegend wegen der besonderen Bekanntheit - der Widerspruchsmarke zu, so braucht der Wortstamm in der Widerspruchsmarke für sich genommen nicht isoliert hervorzutreten.
aa) Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr zwischen der Marke "Bayer" und dem angegriffenen Zeichen "BeiChem" unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens hat das Bundespatentgericht verneint, weil die abweichende Schreibweise der Silbe "Bay" der Widerspruchsmarke gegenüber der angemeldeten Marke deutlich hervortritt. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen.
bb) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde eine Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht geltend.

Die Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens beruht auf der Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens der Kollisionszeichen. Eine solche Gefahr besteht nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts aber auch bei einem Vergleich der Kollisionszeichen in klanglicher Hinsicht nicht. Das Bundespatentgericht hat angenommen, daß das Erkennen der Zeichenserie beim Verkehr detaillierte Überlegungen und eine sorgfältige Prüfung der Kollisionszeichen voraussetzt. Es hat weiter festgestellt, daß dem Verkehr nicht verborgen bleibt, daß die bei der Markenserie der Widersprechenden an den Wortstamm angehängten Silben in der Regel einen spezielleren warenbeschreibenden Inhalt haben als der breite Oberbegriff "Chemie", für den die Silbe "Chem" in dem angemeldeten Zeichen steht, weshalb der Bestandteil "Chem" eher von der Annahme fortführt, es mit einem neuen Zeichen aus der Serie der Widersprechenden zu tun zu haben. Die Rechtsbeschwerde rügt diese Beurteilung als denk- und erfahrungswidrig und meint, durch den Bestandteil "Chem" in dem angemeldeten Zeichen werde die Verwechslungsgefahr noch erhöht. Mit diesen Ausführungen begibt sich die Rechtsbeschwerde jedoch auf das ihr grundsätzlich verschlossene Gebiet der tatrichterlichen Würdigung. Setzt das Erkennen des Wortstamms in der Widerspruchsmarke genaue Kenntnisse der Markenserie der Widersprechenden voraus, weil dieser Wortstamm in der Widerspruchsmarke sonst isoliert gar nicht erkennbar ist, so ist es nicht erfahrungswidrig, daß das Bundespatentgericht angenommen hat, die beteiligten Verkehrskreise würden in der angemeldeten Marke kein neues Zeichen aus der Zeichenserie der Widersprechenden sehen, weil der auf diesem Warengebiet sehr häufig anzutreffende Bestandteil "Chem" lediglich als Abkürzung des zweiten Oberbegriffs "Chemie" aufgefaßt werde.
Der Gefahr eines gedanklichen Inverbindungbringens wirkt zudem der erhebliche Warenabstand entgegen (vgl. III 3 a). Weiterhin ist trotz der großen Bekanntheit der Marke "Bayer" bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nur von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen. Für die Kennzeichnungskraft kommt es bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens allein auf den in Frage stehenden Stammbestandteil "Bay" der Zeichenserie der Widersprechenden und nicht auf die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "Bayer" an (vgl. BGH GRUR 1999, 587, 589 - Cefallone). Für den Stammbestandteil "Bay" ist aber vom Bundespatentgericht keine gesteigerte Kennzeichnungskraft festgestellt. Aus diesem Grund besteht trotz der klanglichen Übereinstimmung des Stammbestandteils "Bay" in der Widerspruchsmarke mit dem Bestandteil "Bei" der angemeldeten Marke und des Umstands, daß die Abkürzung "Chem" auf das Tätigkeitsfeld "Chemie" , auf dem die Widersprechende weltbekannt ist, hindeutet, keine Gefahr eines gedanklichen Inverbindungbringens.
IV. Danach war die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden mit der Kostenfolge aus § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG zurückzuweisen.
v. Ungern-Sternberg Starck Pokrant
Büscher Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 216/06 Verkündet am:
22. April 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachträglicher Leitsatz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Internet-Videorecorder

a) Hersteller der Vervielfältigung einer Funksendung durch Aufnahme auf Bildoder
derjenige, der die körperliche Festlegung der Funksendung technisch
bewerkstelligt, selbst wenn er sich dabei technischer Hilfsmittel bedient, die
Dritte zur Verfügung gestellt haben.

b) Eine Funksendung wird nicht öffentlich zugänglich gemacht (§ 87 Abs. 1
Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG), wenn jeweils nur eine einzelne
Aufnahme einer Sendung auf Bild- oder Tonträger jeweils nur einer einzelnen
Person zugänglich gemacht wird, selbst wenn diese einzelnen Personen
in ihrer Gesamtheit eine Öffentlichkeit bilden.

c) Eine Funksendung wird weitergesendet (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 20
UrhG), wenn der Sendende die Sendesignale sogleich an Empfänger weiterleitet
, denen er eine Empfangsvorrichtung zur Verfügung gestellt hat und
die in ihrer Gesamtheit eine Öffentlichkeit bilden.
BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 216/06 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. Schaffert, Dr. Bergmann, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 28. November 2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten nach den Klageanträgen zu I 1, I 2 und II bestätigt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist ein Sendeunternehmen. Sie strahlt das Fernsehprogramm „RTL“ aus. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 bis zum 5. Oktober 2005 waren, bietet seit dem 10. März 2005 auf der Internet-Seite „www.shift.tv“ unter der Bezeichnung „Shift.TV“ einen „internetbasierten Persönlichen Videorecorder“ („PVR“) zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen an.
2
Die Beklagte zu 1 empfängt über Satelliten-Antennen die in Deutschland frei empfangbaren Sendesignale mehrerer Sendeanstalten, darunter das Programm der Klägerin. Ein bei der Beklagten zu 1 registrierter Kunde kann aus diesen Programmen über eine elektronische Programmzeitschrift Sendungen auswählen. Die Sendungen werden auf dem „Persönlichen Videorecorder“ des Kunden abgespeichert. Dabei handelt es sich um einen Speicherplatz bestimmter Größe auf dem Festplattenverbund der Beklagten zu 1, der ausschließlich diesem Kunden zugewiesen ist. Der Kunde kann die auf dem „PVR“ aufgezeichneten Sendungen über das Internet von jedem Ort auf der Welt und zu jeder Zeit beliebig oft ansehen.
3
Die Klägerin sieht in dem Angebot der Beklagten zu 1 eine Verletzung des ihr als Sendeunternehmen zustehenden urheberrechtlichen Leistungsschutzrechts aus § 87 Abs. 1 UrhG. Sie ist der Ansicht, dieses Angebot sei zudem wettbewerbswidrig, weil es gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) verstoße. Sie hat die Beklagten im Wege der Unterlassungs- und Stufenklage in Anspruch genommen und zunächst beantragt, I. es den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, 1. das Fernsehprogramm „RTL“ der Klägerin oder Teile davon zu vervielfältigen und/oder Dritten öffentlich zugänglich zu machen und/oder zu senden und/oder im Wege des sogenannten Online-Streaming zu übermitteln, d.h. das Fernsehprogramm „RTL“ oder Teile davon über das Internet zu übertragen , und/oder für Dritte zu vervielfältigen, insbesondere wie unter „www.shift.tv“ angeboten; 2. das Angebot „Shift.TV“ mit dem Fernsehprogramm „RTL“ Dritten zur Einbindung in eine Website zu lizenzieren; 3. Kindern und/oder Jugendlichen Sendungen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, zu solchen Zeiten zum Abruf zur Verfügung zu stellen und/oder zu senden, in denen Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise wahrnehmen, insbesondere wie derzeit unter „www.shift.tv“ angeboten; 4. für die unter Ziffer 1 bis 3 genannten Aktivitäten zu werben und/oder werben zu lassen; II. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber [zu erteilen], in welchem Umfang die unter vorstehender Ziffer I 1 bezeichneten Handlungen begangen wurden, insbesondere über die Anzahl der im Zeitpunkt dieser Handlungen angemeldeten Nutzer und der aus dem von der Klägerin veranstalteten Programm „RTL“ aufgezeichneten Fernsehsendungen.
4
Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben (LG Leipzig ZUM 2006, 753 = CR 2006, 784). Es hat lediglich die Verurteilung nach dem Klageantrag zu I 3 in der Weise eingeschränkt, dass das Unterlassungsgebot nur gilt, „soweit nicht ein Altersverifikationssystem den Zugang von Jugendlichen und Kindern zu derartigen Sendungen verhindert“. Außerdem hat es das Werbeverbot nach dem Klageantrag zu I 4 auf die in Klageantrag zu I 3 beschriebenen Aktivitäten sowie die Verurteilung zur Auskunftserteilung auf die Zeit ab 10. März 2005 beschränkt.
5
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Dresden ZUM 2007, 203 = CR 2007, 662). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, das Angebot der Beklagten zu 1 stelle einen Eingriff in das ausschließliche Vervielfältigungsrecht der Klägerin dar (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG). Die Beklagten könnten sich weder auf die Schrankenregelung des § 44a UrhG noch auf die Privilegierung des Privatgebrauchs nach § 53 Abs. 1 Satz 1 oder 2 UrhG berufen. Dagegen liege keine Verletzung des der Klägerin als Sendeunternehmen zustehen- den Leistungsschutzrechts aus § 87 Abs. 1 UrhG vor, soweit es um das Recht der Weitersendung (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG) sowie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG) gehe. Die Beklagten hafteten ferner wegen eines Wettbewerbsverstoßes unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, weil das von ihnen eingesetzte Altersverifikationssystem nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV entspreche.
7
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg , soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht einen Eingriff in das der Klägerin als Sendeunternehmen zustehende ausschließliche Vervielfältigungsrecht bejaht und den Klageanträgen zu I 1, I 2 und II stattgegeben hat (dazu 1). Sie hat keinen Erfolg, soweit sie beanstandet, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen eines Wettbewerbsverstoßes angenommen und die Beklagte entsprechend dem Klageantrag zu I 3 sowie dem darauf bezogenen Klageantrag zu I 4 verurteilt hat (dazu 2).
8
1. Die gegen die Verurteilung nach den Klageanträgen zu I 1 und I 2 sowie dem – auf den Antrag zu I 1 bezogenen – Klageantrag zu II gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg.
9
a) Die Klägerin erstrebt mit ihrem Unterlassungsantrag zu I 1 ein Verbot des von der Beklagten zu 1 auf der Internet-Seite „www.shift.tv“ bereitgestellten Angebots „Shift.TV“, mit dem das von der Klägerin gesendete Fernsehprogramm „RTL“ auf einen „internetbasierten Persönlichen Videorecorder“ aufgenommen und von Kunden der Beklagten zu 1 abgerufen werden kann. Der Klageantrag zu I 2 ist auf ein Verbot der Lizenzierung dieses Angebots gerichtet. Das Revisionsgericht kann die Klageanträge als Prozesserklärungen selbst auslegen (BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 115/99, GRUR 2002, 177, 178 = WRP 2001, 1182 – Jubiläumsschnäppchen, m.w.N.).
10
aa) Soweit der Beklagten zu 1 mit dem ersten Teil des Unterlassungsantrags zu I 1 ganz allgemein untersagt werden soll, das Fernsehprogramm der Klägerin „zu vervielfältigen“ und/oder „öffentlich zugänglich zu machen“ und/oder „zu senden“, wiederholt der Antrag den Wortlaut des § 87 Abs. 1 UrhG, wonach das Sendeunternehmen das ausschließliche Recht hat, seine Funksendung „weiterzusenden“ (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG), „öffentlich zugänglich zu machen“ (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 UrhG) sowie auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 UrhG) und damit „zu vervielfältigen“ (§ 16 UrhG). Aus dem mit dem Wort „insbesondere“ eingeleiteten zweiten Teil des Unterlassungsantrags zu I 1 geht – ebenso wie aus dem Unterlassungsantrag zu I 2 – hervor, dass die Klägerin ein Verbot des Angebots – bzw. ein Verbot der Lizenzierung des Angebots – von „Shift.TV“ in der von der Beklagten zu 1 auf der Internet-Seite „www.shift.tv“ konkret angebotenen Form erstrebt.
11
bb) Dem zur Auslegung der Klageanträge heranzuziehenden Klagevortrag ist zu entnehmen, dass der erste Teil des Unterlassungsantrags zu I 1 lediglich die von der Klägerin als urheberrechtswidrig erachteten Bestandteile des konkreten Angebots „Shift.TV“ beschreibt. Die Klägerin hat hierzu in der Klageschrift ausgeführt, das von der Beklagten zu 1 angebotene „Shift.TV“ verstoße in dreifacher Hinsicht gegen das ihr als Sendeunternehmen zustehende Leistungsschutzrecht aus § 87 Abs. 1 UrhG: Die Speicherung der Sendungen ihres Programms durch die Beklagte zu 1 auf den „PVR“ der Nutzer verletze ihr Recht, ihre Sendungen zu vervielfältigen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG). Indem die Beklagte zu 1 ihren Nutzern die auf diese Weise http://www.juris.de/jportal/portal/t/17oc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=17&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310359700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-144-255_enr32'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-144-263_enr32'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/17ty/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=17&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302662000&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/17ty/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/17ty/## - 7 - vervielfältigten Sendungen zum Abruf zur Verfügung stelle, verstoße sie gegen das Recht der Klägerin, ihre Sendungen öffentlich zugänglich zu machen (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, § 19a UrhG). Sollte – entgegen ihrer Auffassung – von einer Herstellung der auf den „PVR“ gespeicherten Kopien nicht durch die Beklagte zu 1, sondern durch die Nutzer auszugehen sein, sei die Weiterleitung des Sendesignals von den Satelliten-Antennen zu den „PVR“ als Verstoß gegen ihr Recht einzuordnen, ihre Sendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, § 20 UrhG). Der auf ein Verbot des konkreten Angebots „Shift.TV“ gerichtete zweite Teil des Unterlassungsantrags zu I 1 bezeichnet daher, auch wenn er mit dem Wort „insbesondere“ eingeleitet ist, keinen Unterfall des ersten Teils dieses Antrags. Vielmehr ist der Unterlassungsantrag zu I 1 insgesamt allein auf ein Verbot der konkreten Verletzungsform gerichtet.
12
b) Auch soweit der Unterlassungsantrag zu I 1 nicht lediglich den Wortlaut des Gesetzes wiedergibt, auf den er sich stützt, bestehen hinsichtlich seiner auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfenden Bestimmtheit (vgl. BGHZ 135, 1, 6 – Betreibervergütung; 144, 255, 263 – Abgasemissionen; 156, 1, 8 – Paperboy) keine Bedenken, da er – wie unter II 1 a ausgeführt – dahin auszulegen ist, dass er insgesamt allein auf ein Verbot der konkreten Verletzungsform gerichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1999 – I ZR 189/97, GRUR 2000, 438, 441 = WRP 2000, 389 – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge , Urt. v. 4.10.2007 – I ZR 143/04, GRUR 2008, 84, 85 = WRP 2008, 98 – Versandkosten, m.w.N.).
13
c) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Eingriff der Beklagten zu 1 in das ausschließliche Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG), nicht bejaht werden. Die auf dieser Annahme beruhende Verurteilung nach den Klageanträgen zu I 1, I 2 und II kann daher nicht aufrechterhalten bleiben.
14
aa) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass das Aufzeichnen von Sendungen der Klägerin auf den „Persönlichen Videorecordern“, die die Beklagte zu 1 ihren Kunden zur Verfügung stellt, in das der Klägerin als Sendeunternehmen zustehende ausschließliche Recht eingreift, ihre Funksendungen auf Bild- und Tonträger aufzunehmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 UrhG) und damit zu vervielfältigen (§ 16 UrhG). Ein „PVR“ ermöglicht die wiederholbare Wiedergabe von Bildoder Tonfolgen und ist nach der Legaldefinition des § 16 Abs. 2 UrhG daher ein Bild- oder Tonträger.
15
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, Hersteller dieser Aufzeichnungen sei die Beklagte zu 1 und nicht der Nutzer des Videorecorders. Maßgebend sei nicht der technische Vorgang der Vervielfältigung, sondern eine – am Schutzzweck der Privilegierung des Privatgebrauchs nach § 53 Abs. 1 UrhG auszurichtende – normative Bewertung. Danach sei die Beklagte zu 1 als Hersteller der Vervielfältigung anzusehen, weil sie eine Leistung anbiete, die sich als Gesamtpaket darstelle, das sich nicht auf die bloße Zurverfügungstellung eines Speicherplatzes für die Aufzeichnung von Sendungen reduzieren lasse. Da die Beklagte zu 1 und nicht der Endnutzer die jeweilige Aufzeichnung herstelle , greife die Privilegierung des Privatgebrauchs nach § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht ein. Dasselbe gelte für die Schrankenregelung des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG, weil die Vervielfältigungen jedenfalls nicht unentgeltlich erfolgten. Diese Beurteilung geht von unrichtigen rechtlichen Voraussetzungen aus; auf der Grundlage zutreffender rechtlicher Anforderungen tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht seine Annahme, Herstellerin der Aufzeichnungen sei die Beklagte zu 1.
16
(1) Für die Frage, wer Hersteller einer Vervielfältigung ist, kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zunächst allein auf eine technische Betrachtung an (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 53 Rdn. 14; Wandtke /Bullinger/Lüft, Urheberrecht, 3. Aufl., § 53 UrhG Rdn. 17; Lüghausen, Die Auslegung von § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG anhand des urheberrechtlichen Dreistufentest [2008], S. 132 ff.; a.A. LG Braunschweig AfP 2006, 489, 491). Die Vervielfältigung ist als körperliche Festlegung eines Werkes ein rein technischmechanischer Vorgang (vgl. BGHZ 134, 250, 261 – CB-Infobank I; 141, 13, 21 – Kopienversanddienst). Hersteller der Vervielfältigung ist daher derjenige, der diese körperliche Festlegung technisch bewerkstelligt. Dabei ist es ohne Bedeutung , ob er sich dabei technischer Hilfsmittel bedient, selbst wenn diese von Dritten zur Verfügung gestellt werden. Beispielsweise ist bei einem öffentlich zugänglichen CD-Kopierautomaten, mit dem mitgebrachte CDs ohne Hilfestellung des Aufstellers auf ebenfalls mitgebrachte Rohlinge kopiert werden, nicht der Automatenaufsteller, sondern der Kunde als Hersteller der Vervielfältigungsstücke anzusehen (vgl. OLG München GRUR-RR 2003, 365, 366).
17
Hat der Hersteller die Vervielfältigungen allerdings im Auftrag eines Dritten für dessen privaten Gebrauch angefertigt, ist die Herstellung der Vervielfältigungsstücke unter den Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG dem Auftraggeber als Vervielfältigungshandlung zuzurechnen (BGHZ 141, 13, 26 – Kopienversanddienst). Eine solche Zurechnung erfordert, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend angenommen hat, eine – am Schutzzweck der Privilegierung des Privatgebrauchs nach § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG ausgerichtete – normative Bewertung (vgl. BGHZ 134, 250, 260 ff. – CB-Infobank I). Dabei ist maßgeblich darauf abzustellen, ob der Hersteller sich darauf beschränkt, gleichsam „an die Stelle des Vervielfältigungsgeräts“ zu treten und als „notwendiges Werkzeug“ des anderen tätig zu werden – dann ist die Vervielfältigung dem Besteller zuzurechnen (vgl. BGHZ 141, 13, 22 – Kopienversanddienst) –, oder ob er eine urheberrechtlich relevante Nutzung in einem Ausmaß und einer Intensität erschließt, die sich mit den Erwägungen, die eine Privilegierung des Privatgebrauchs rechtfertigen, nicht mehr vereinbaren lässt – dann ist die Vervielfältigung dem Hersteller zuzuordnen (vgl. BGHZ 134, 250, 264 f. – CBInfobank

I).


18
Hat derjenige, der die Vervielfältigung selbst vorgenommen hat, die Vervielfältigungsstücke für den eigenen Gebrauch angefertigt, kann dieser Vervielfältigungsvorgang nicht einem Dritten als Vervielfältigungshandlung zugerechnet werden. Für urheberrechtswidrige Vervielfältigungen haftet dann allein der Hersteller als Täter. Soweit ein Dritter hierzu einen Beitrag geleistet hat, kommt lediglich dessen Haftung als Teilnehmer oder Störer in Betracht (vgl. dazu BGH, Urt. v. 15.1.2009 – I ZR 57/07, Tz. 13 – Cybersky).
19
Im Streitfall nimmt die Klägerin die Beklagte zu 1 nicht als Teilnehmer oder Störer in Anspruch; sie behauptet nicht, die Kunden der Beklagten zu 1 fertigten urheberrechtswidrige Aufnahmen ihrer Sendungen an, für die die Beklagte zu 1 wegen der Bereitstellung von „Persönlichen Videorecordern“ einzustehen habe. Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch vielmehr allein darauf, dass die Beklagte zu 1 ihr Leistungsschutzrecht aus § 87 Abs. 1 UrhG als Täter verletzt habe, weil sie selbst als Hersteller der Aufzeichnungen auf den „Persönlichen Videorecordern“ anzusehen sei.
20
(2) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob – unter der Voraussetzung, dass Herstel- ler der Vervielfältigung derjenige ist, der die körperliche Festlegung technisch bewerkstelligt – die Beklagte zu 1 oder deren Kunden die in das Vervielfältigungsrecht der Klägerin aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG eingreifenden Aufzeichnungen auf den Videorecordern herstellen.
21
Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen das Berufungsgericht gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen hat, hat insoweit festgestellt, dass die Beklagte zu 1 das von ihr über Satelliten-Antennen „abgegriffene“ Sendesignal an ein nicht näher bekanntes System weiterleite, von dem aus das Sendesignal an die „PVR“ der Nutzer verteilt werde. Allein die Beklagte zu 1 habe es in der Hand zu bestimmen, welche Sender bzw. Programme von den Nutzern auf den „PVR“ gespeichert werden könnten; andere als die von der Beklagten zu 1 ausgewählten Fernsehprogramme seien nicht abrufbar. Bis zur Abrufmöglichkeit durch den Kunden liefen alle Prozesse – von der Abnahme und der Aufbereitung des Signals bis zur Abspeicherung auf den „PVR“ der Nutzer – in einem dessen Zugriff entzogenen Bereich ab.
22
Das Berufungsgericht selbst hat einerseits – im Zusammenhang mit der Prüfung, ob die Sendungen der Klägerin öffentlich zugänglich gemacht worden sind – festgestellt, dass jede einzelne Aufzeichnung nur „jedem einzelnen Kunden , der sie aufgezeichnet habe“, zum interaktiven Abruf zugänglich gemacht werde. Andererseits hat es aber im Zusammenhang mit der Prüfung, ob die Speicherung nur eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung war, ausgeführt , die „von der Beklagten zu 1 vorgenommenen Aufzeichnungen“ der Sendungen der Klägerin stellten keine nur vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen dar.
23
Diese Feststellungen lassen nicht erkennen, ob die ausgewählten Sendungen von der Beklagten zu 1 oder von deren Kunden auf dem jeweiligen „Persönlichen Videorecorder“ abgespeichert und damit vervielfältigt werden. Entgegen der Darstellung der Revisionserwiderung ist es nicht unstreitig, dass allein die Beklagte zu 1 die Fernsehprogramme aufzeichnet und die Nutzer dann nur noch die von ihnen gewünschte Sendung auswählen und abrufen mit der Folge, dass die Beklagte zu 1 als Herstellerin der Vervielfältigungen anzusehen wäre. Die Revision weist zutreffend auf den Vortrag der Beklagten hin, der Kunde fertige eine Aufzeichnung unter Nutzung der vollständig automatisierten Vorrichtung der Beklagten zu 1 an; seine Programmierung der Aufzeichnung löse einen Vorgang aus, der vollständig automatisiert ohne (menschlichen ) Eingriff von außen ablaufe. Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist daher in der Revisionsinstanz zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die von den Kunden ausgewählten Sendungen vollkommen automatisch auf dem jeweiligen Videorecorder gespeichert werden. Danach wären allein die Kunden der Beklagten zu 1 als Hersteller der Aufzeichnung anzusehen. Die Aufzeichnung könnte der Beklagten zu 1 selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn diese sich – wie das Berufungsgericht angenommen hat – nicht darauf beschränkte, ihren Kunden lediglich einen Speicherplatz für die Aufzeichnung der Sendungen zur Verfügung zu stellen, sondern ein „Gesamtpaket“ von Leistungen anböte.
24
d) Die vom Berufungsgericht bestätigte Verurteilung der Beklagten nach den Klageanträgen zu I 1, I 2 und II stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Das Angebot „Shift.TV“ der Beklagten zu 1 verstößt nicht gegen das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen (dazu aa). Ob es deren Recht verletzt, ihre Funksendungen weiterzusenden , kann aufgrund der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden (dazu bb).
25
aa) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, die Beklagte zu 1 verletze nicht dadurch das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen (§§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG), dass sie die Sendungen der Klägerin auf den „Persönlichen Videorecordern“ der Kunden speichere und zum Abruf zur Verfügung stelle.
26
Falls die Beklagte zu 1 – und nicht der jeweilige Kunde - die Sendungen der Klägerin auf den „Persönlichen Videorecordern“ der Kunden abspeichert, macht sie diese Sendungen damit allerdings im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 UrhG insoweit zugänglich, als die Kunden die Sendungen dann von jedem Ort und zu jeder Zeit (§ 19a UrhG) über einen PC abrufen können. Es fehlt jedoch, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, an einem Zugänglichmachen gegenüber der Öffentlichkeit. Das Zugänglichmachen einer Funksendung ist im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 UrhG öffentlich, wenn diese einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (§ 15 Abs. 3 UrhG). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn – wie im Streitfall - jede einzelne Aufzeichnung nur jedem einzelnen Kunden zugänglich ist (LG Braunschweig AfP 2006, 489, 491; Hofmann, MMR 2006, 793, 795; ders., ZUM 2006, 768; Becker, AfP 2007, 5, 6; Dreier in Festschrift Ullmann, 2006, S. 37, 44).
27
Es kommt nicht darauf an, ob die Kunden, die die Vervielfältigung einer bestimmten Sendung aus dem Programm der Klägerin bestellt und erhalten haben, in ihrer Gesamtheit eine Öffentlichkeit im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG bilden. Auf die Gesamtheit dieser Kunden kann nicht abgestellt werden. Das in § 19a UrhG geregelte Recht der öffentlichen Zugänglichmachung bezieht sich auf die Bereithaltung eines Werkes zum Abruf durch Mitglieder der Öffentlichkeit von Orten und Zeiten ihrer Wahl (Schricker/v. Ungern-Sternberg, Urheber- recht, 3. Aufl., § 19a UrhG Rdn. 1 und 49; Dreier in Festschrift Ullmann, 2006, S. 37, 44). Daher kann in dem an jedermann gerichteten Angebot zur Aufzeichnung und zum Abruf künftig ausgestrahlter und gespeicherter Sendungen kein öffentliches Zugänglichmachen gesehen werden, weil sich das betreffende Werk zur Zeit des Angebots nicht in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindet (LG Braunschweig AfP 2006, 489, 490 f.; Braun, AfP 2007, 5, 6; a.A. OLG Köln GRUR-RR 2006, 5; LG München I ZUM 2006, 583, 585). Auch soweit die Beklagte zu 1 Sendungen der Klägerin unmittelbar an die „Persönlichen Videorecorder“ einzelner Kunden weiterleitet, hält sie diese nicht in ihrer Zugriffssphäre zum Abruf für eine Öffentlichkeit bereit (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 19a Rdn. 7; Dreier in Festschrift Ullmann, 2006, S. 37, 44; a.A. Schack, GRUR 2007, 639, 642; Wiebe, CR 2007, 28, 33).
28
bb) Aufgrund der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Beklagte zu 1 das Recht der Klägerin verletzt, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG), wenn sie die von ihr mit den SatellitenAntennen empfangenen Sendungen der Klägerin an die „Persönlichen Videorecorder“ der Kunden weiterleitet.
29
(1) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass unter einer Weitersendung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG nur eine gleichzeitige Weitersendung zu verstehen ist (Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 87 UrhG Rdn. 31 m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheidet eine Weitersendung im Sinne dieser Bestimmung danach aber nicht deshalb aus, weil die Abgabe des Datenstroms „aus dem Bereich der Beklagten zu 1“ an ihre Kunden wegen der erforderlichen Aufbereitung des Sendesignals für die Weiterleitung im Internet nicht zeitgleich, sondern zeitversetzt erfolgt.
30
Mit dem „Bereich der Beklagten zu 1“, aus dem der Datenstrom an die Kunden abgegeben wird, ist – wie sich aus dem Zusammenhang der vom Berufungsgericht herangezogenen Ausführungen des Landgerichts ergibt – der „PVR“ gemeint, auf dem die Sendesignale aufgezeichnet und aufbereitet werden , bevor sie zu einem späteren Zeitpunkt von den Kunden abgerufen werden können. Da das Landgericht und das Berufungsgericht die Beklagte zu 1 als Hersteller der Aufzeichnungen angesehen haben, haben sie den „PVR“ folgerichtig dem Bereich der Beklagten zu 1 zugerechnet. Sind dagegen die Kunden als Hersteller der Aufzeichnungen einzustufen – und davon ist, wie unter II 1 c bb ausgeführt, für die Revisionsinstanz auszugehen –, ist auch der „PVR“ nicht dem Bereich der Beklagten zu 1, sondern dem Bereich der Kunden zuzuordnen (vgl. Wiebe, CR 2007, 28, 32). Dann kommt es allein darauf an, ob das von der Satelliten-Antenne empfangene Sendesignal zeitgleich an den „PVR“ weitergeleitet wird. Dies ist allerdings der Fall, da die von den SatellitenAntennen empfangenen Sendesignale sogleich auf den Weg zu den „PVR“ der Kunden gebracht werden.
31
(2) Eine Weitersendung setzt ferner voraus, dass es sich um eine Sendung im Sinne des § 20 UrhG handelt (Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 87 UrhG Rdn. 32). Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt, wenn – wie zu unterstellen ist – die „Persönlichen Videorecorder“ dem Bereich der Kunden zuzurechnen sind. Die Weiterleitung des Sendesignals von der Satelliten-Antenne als Empfangsgerät zum „PVR“ als Aufnahmevorrichtung ist – ebenso wie die Weiterübertragung von Rundfunksendungen durch Rundfunkverteileranlagen (BGHZ 123, 149, 153 ff. – Verteileranlagen) – eine Sendung im Sinne des § 20 UrhG (LG Köln MMR 2006, 57; Wiebe, CR 2007, 28, 32; vgl. auch LG München I ZUM 2006, 583, 585; a.A. Hofmann, MMR 2006, 793, 795; ders., ZUM 2006, 768; Braun, AfP 2007, 5, 7). http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ry/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE006001307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ry/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE006001307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ry/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE006001307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 16 -
32
Gegenstand des Senderechts aus § 20 UrhG sind Werknutzungen, bei denen das Werk einer Öffentlichkeit durch funktechnische Mittel zugänglich gemacht wird. Solcher Mittel bedient sich auch die Beklagte zu 1, um die von der Satelliten-Antenne empfangenen Funksendungen an die „Persönlichen Videorecorder“ weiterzuleiten. Nicht jede Übermittlung eines geschützten Werkes, die über ein Verteilernetz stattfindet, unterliegt allerdings dem Urheberrecht; andernfalls wäre selbst der Rundfunkempfang mit kleineren Gemeinschaftsantennenanlagen von der Genehmigung der Rechteinhaber abhängig. Das Recht aus § 20 UrhG greift vielmehr nur ein, wenn die mit funktechnischen Mitteln durchgeführte Werkübermittlung als öffentliche Wiedergabe bezeichnet werden kann. Ob dies der Fall ist, kann nicht nach technischen Kriterien beurteilt werden , sondern nur aufgrund einer wertenden Betrachtung (vgl. BGHZ 123, 149, 153 f. – Verteileranlagen).
33
Danach fällt die hier zu beurteilende Übermittlung der Sendesignale unter das Senderecht des § 20 UrhG. Die Beklagte zu 1 beschränkt sich nicht darauf, die Sendungen mit Satelliten-Antennen zu empfangen und dann weiterzuleiten , sondern stellt ihren Kunden mit den „Persönlichen Videorecordern“ auch die Empfangsvorrichtungen zur Verfügung, mit denen diese letztlich die vom Rundfunk übertragenen Werkdarbietungen – nach eigener Entscheidung – für sich wahrnehmbar machen können. Dieser Umstand unterscheidet ihre Tätigkeit vom bloßen Empfang durch Gemeinschaftsantennenanlagen und macht diese zugleich in ihrer Bedeutung als Werknutzung vergleichbar mit den anderen vom Gesetz dem Urheber vorbehaltenen Werknutzungen durch öffentliche Wiedergabe, also dem Vortragsrecht, dem Aufführungsrecht, dem Vorführungsrecht , dem Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger und dem Recht der Wiedergabe von Funksendungen (vgl. BGHZ 123, 149, 154 – Verteileranlagen ; Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 20 UrhG Rdn. 41; vgl. auch EuGH, Urt. v. 7.12.2006 – C-306/05, Slg. 2006, I-11519 = GRUR 2007, 225 Tz. 42 – SGAE/Rafael).
34
(3) Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – bislang keine Feststellungen dazu getroffen, inwieweit Funksendungen der Klägerin dadurch, dass sie an die „Persönlichen Videorecorder“ der Kunden weitergeleitet worden sind, die diese Sendung über den elektronischen Programmführer bestellt haben, einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit (§ 15 Abs. 3 UrhG) und damit der Öffentlichkeit im Sinne des § 20 UrhG zugänglich gemacht worden sind.
35
Insoweit ist es allerdings ohne Bedeutung, dass die Kunden die Sendesignale nicht sogleich, sondern erst nach deren Aufzeichnung, Aufbereitung und Übermittlung wahrnehmen können. Der Tatbestand des § 20 UrhG setzt nur voraus, dass das Werk einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird; zu welchem Zeitpunkt die Empfänger das Werk wahrnehmen können, ist nicht von Bedeutung (Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 20 UrhG Rdn. 10 und 49; Poll, GRUR 2007, 476, 479; a.A. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 20 Rdn. 1 und 9; Hofmann, MMR 2006, 793, 795; ders., ZUM 2006, 768). Auch können bereits wenige Personen eine Mehrzahl im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG bilden (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 15 Rdn. 40; Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 15 UrhG Rdn. 67; Wandtke/Bullinger/Heerma aaO § 15 UrhG Rdn. 15; vgl. auch BGH, Urt. v. 11.7.1996 – I ZR 22/94, GRUR 1996, 875, 876 – Zweibettzimmer im Krankenhaus). Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, wie viele Kunden Vervielfältigungen bestimmter Sendungen aus dem Programm der Klägerin bestellt und erhalten haben und ob Sendungen der Klägerin danach einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.
36
2. Die gegen die Verurteilung nach dem Klageantrag zu I 3 sowie dem darauf bezogenen Klageantrag zu I 4 gerichtete Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
37
a) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Unterlassungsantrag zu I 3 nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG begründet ist, weil die Beklagte zu 1 mit dem Angebot von „Shift.TV“ gegen § 5 Abs. 1 und 3 Nr. 1 JMStV verstoßen hat.
38
aa) Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren der Klägerin sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung durch das am 30. Dezember 2008 in Kraft getretene Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949; im Folgenden: UWG 2008) anzuwenden. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten zu 1 auch zur Zeit der Begehung im Jahr 2005 nach der am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I, S. 2949; im Folgenden UWG 2004) wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 17.7.2008 – I ZR 139/05, GRUR 2009, 73 Tz. 15 = WRP 2009, 48 – Telefonieren für 0 Cent!, m.w.N.). Insoweit ist jedoch eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage nicht eingetreten. Die Änderungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 UWG sind für den Streitfall ohne Bedeutung; das beanstandete Verhalten der Beklagten zu 1 ist sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG 2004 als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 UWG 2008. Der Wortlaut des § 4 Nr. 11 UWG ist gleich geblieben. Die Regelung in § 5 Abs. 1 und 3 Nr. 1 JMStV, die mit Hilfe von § 4 Nr. 11 UWG auch wettbewerbsrechtlich durchgesetzt wer- den kann, steht ihrerseits im Einklang mit Art. 22 der Richtlinie 89/552/EWG zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG, so dass es im Hinblick auf Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keiner Erörterung bedarf, ob die abschließende Regelung, die durch die zuletzt genannte Richtlinie geschaffen wurde, einem Verbot entgegenstünde. Im Folgenden braucht daher zwischen altem und neuem Recht nicht unterschieden zu werden.
39
bb) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 als Mitbewerberin gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG wegen einer nach § 3 UWG 2004 unzulässigen unlauteren Wettbewerbshandlung bzw. wegen einer nach § 3 UWG 2008 unzulässigen geschäftlichen Handlung ein Unterlassungsanspruch zusteht. Die Parteien sind Unternehmer , die als Anbieter von Waren oder Dienstleistungen miteinander in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG).
40
Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann. Bei dem Betreiben eines Fernsehsenders durch die Klägerin und dem Angebot einer Vorrichtung zur Aufnahme von Fernsehsendungen durch die Beklagte handelt es sich allerdings nicht um gleichartige Waren oder Dienstleistungen. Da es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung regelmäßig nur um die konkret beanstandete Wettbewerbshandlung geht, genügt es jedoch, dass die Parteien durch eine Handlung miteinander in Wettbewerb getreten sind, auch wenn ihre Unternehmen unterschiedlichen Branchen angehören (vgl. http://www.juris.de/jportal/portal/t/ikz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE311029800&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ikz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE311029800&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 20 - BGH, Urt. v. 24.6.2004 – I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, 878 = WRP 2004, 1272 – Werbeblocker, m.w.N.). Das ist hier der Fall. Beide Parteien wenden sich mit ihrem Angebot an Fernsehzuschauer. Während die Klägerin möglichst viele Zuschauer, die sich ihr Programm anschauen, unmittelbar zu erreichen versucht , wendet sich die Beklagte zu 1 an Fernsehzuschauer, die Fernsehsendungen aufzeichnen möchten, um sie zu einem späteren Zeitpunkt – auch wiederholt – ansehen zu können.
41
cc) Die Beklagte zu 1 hat dadurch einen Wettbewerbsverstoß nach § 3 UWG 2004 bzw. nach § 3 UWG 2008 begangen, dass sie der Bestimmung des § 5 Abs. 1 und 3 Nr. 1 JMStV und damit einer gesetzlichen Vorschrift zuwidergehandelt hat, die im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (vgl. dazu Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 4 Rdn. 11.180).
42
(1) Sofern Anbieter Angebote verbreiten oder zugänglich machen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, haben sie nach § 5 Abs. 1 JMStV dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Dieser Pflicht kann der Anbieter nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV dadurch entsprechen , dass er durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung des Angebots durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe unmöglich macht oder wesentlich erschwert.
43
(2) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das von den Beklagten zu 1 eingesetzte Altersverifikationssystem habe nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV genügt, hat die Revision keine Einwände erhoben. Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des http://www.juris.de/jportal/portal/t/kap/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE023200377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/kap/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE301229200&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/kap/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE304302001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 21 - Landgerichts war die von der Beklagten zu 1 vorgesehene Altersverifikation, mit der der Zugang von Kindern und Jugendlichen zu deren Entwicklung gefährdenden Programmen verhindert oder erschwert werden sollte, leicht zu umgehen , da sie lediglich die Eingabe der Kennziffer eines beliebigen Personalausweises erforderte und nach den Feststellungen des Landgerichts hierfür sogar die Eingabe der Kennziffer des über der Eingabemaske abgebildeten Musterpersonalausweises genügte.
44
(3) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem Vortrag der Beklagten auseinandergesetzt, die Beklagte zu 1 habe ihr Altersverifikationssystem nach anfänglichen „Kinderkrankheiten“ abgeändert und optimiert, so dass es nunmehr die Anforderungen des § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV erfülle; die zuständige Kommission für Jugendmedienschutz habe ein Altersverifikationssystem positiv bewertet, das mit dem von der Beklagten zu 1 eingesetzten System identisch sei.
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Die durch den Verstoß der Beklagten zu 1 gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV begründete tatsächliche Vermutung für seine Wiederholung ist selbst dann nicht widerlegt, wenn das von der Beklagten zu 1 eingesetzte Altersverifikationssystem mittlerweile den Anforderungen des § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV genügen sollte. Allein durch die Aufgabe des rechtsverletzenden Verhaltens wird die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt, solange damit nicht jede Wahrscheinlichkeit dafür beseitigt ist, dass der Verletzer erneut ähnliche Rechtsverletzungen begeht; regelmäßig kann die durch den Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr auch in solchen Fällen nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.1992 – I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 f. = WRP 1992, 314 – Jubiläumsverkauf; Urt. v. 26.10.2000 – I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 455 = WRP 2001, 400 – TCM-Zentrum; BGH, Urt. v. 17.7.2008 – I ZR 219/05, GRUR 2008, 996 Tz. 33 = WRP 2008, 1449 – Clone-CD). Da die Beklagte zu 1 keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, besteht die Wiederholungsgefahr fort.
46
b) Der Unterlassungsantrag zu I 4 ist gleichfalls begründet, weil eine Werbung für ein wettbewerbswidriges Angebot ihrerseits wettbewerbswidrig ist.
47
c) Auch die Beklagten zu 2 und 3 sind zur Unterlassung verpflichtet. Als Geschäftsführern der Beklagten zu 1 ist ihnen deren wettbewerbswidriges Verhalten zuzurechnen, weil sie dieses wenn nicht selbst veranlasst, so doch zumindest gekannt haben und hätten verhindern können (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1985 – I ZR 86/83, GRUR 1986, 248, 250 f. – Sporthosen). Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche und wegen der begangenen Rechtsverletzung zu vermutende Wiederholungsgefahr ist nicht dadurch entfallen, dass die Beklagten zu 2 und 3 nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten zu 1 sind. Es ist nicht auszuschließen, dass sie das Geschäftsmodell so oder im Kern in gleicher Weise als Einzelkaufleute oder als Verantwortliche eines anderen Unternehmens weiter betreiben oder wieder aufnehmen werden (vgl. BGH, Urt. v. 3.6.1976 – X ZR 57/73, GRUR 1976, 579, 582 f. – Tylosin).
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III. Auf die Revision der Beklagten ist danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten nach den Klageanträgen zu I 1, I 2 und II bestätigt hat.
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Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
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1. Das Berufungsgericht wird zunächst zu prüfen haben, ob Sendungen der Klägerin von der Beklagten zu 1 oder von deren Kunden auf den „Persönlichen Videorecordern“ abgespeichert worden sind.
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a) Sollte die Beklagte zu 1 von den Kunden ausgewählte Sendungen der Klägerin auf den „Persönlichen Videorecordern“ abgespeichert haben, wäre sie – nach den unter II 1 c bb genannten Maßstäben – als Hersteller der Aufzeichnungen anzusehen und hätte durch das Aufzeichnen der Sendungen das Recht der Klägerin verletzt, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG).
52
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Vervielfältigungen , die der Hersteller im Auftrag eines Dritten für dessen privaten Gebrauch anfertigt – bei einer am Zweck der Freistellung des Privatgebrauchs ausgerichteten Auslegung des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG – nicht dem Auftraggeber , sondern dem Hersteller zuzurechnen sind, wenn dieser sich nicht darauf beschränkt, gleichsam „an die Stelle des Vervielfältigungsgeräts“ zu treten und als „notwendiges Werkzeug“ des anderen tätig zu werden, sondern eine urheberrechtlich relevante Nutzung in einem Ausmaß und in einer Intensität erschließt , die sich mit den eine Privilegierung des Privatgebrauchs rechtfertigenden Erwägungen nicht mehr vereinbaren lässt (vgl. BGHZ 134, 250, 264 f. – CB-Infobank I; 141, 13, 22 – Kopienversanddienst).
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Die vom Berufungsgericht bislang angeführten Umstände rechtfertigen es allerdings nicht, die Aufzeichnungen der Beklagten zu 1 zuzurechnen. Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht nicht hinreichend begründet hat, inwiefern die Beklagte zu 1 ihren Kunden ein „Gesamtpaket“ an Leistungen bietet, die so weit über das Zurverfügungstellen eines Speicherplatzes für die Aufzeichnung von Sendungen hinausgehen, dass die Aufzeichnungen der Be- klagten zu 1 zuzurechnen sind. Die vom Berufungsgericht insoweit als entscheidend erachtete Erwägung, die Beklagte zu 1 verschaffe ihren Kunden die Vervielfältigungen durch den Empfang der Sendungen, unter denen sich zudem Sendungen befänden, die die Kunden mit den ihnen ansonsten zur Verfügung stehenden Empfangsmöglichkeiten aufgrund regionaler Beschränkungen nicht empfangen könnten, überzeugt in diesem Zusammenhang nicht (Hofmann, MMR 2006, 793, 797; ders., ZUM 2006, 768, 769; Braun, AfP 2007, 5, 7; Wiebe , CR 2007, 28, 31; a.A. OLG Köln GRUR-RR 2006, 5, 6; LG Braunschweig AfP 2006, 489, 493; LG München I ZUM 2006, 583, 584; v. Zimmermann, MMR 2007, 553, 554). Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch nach § 53 UrhG, mit denen keine Archivierungszwecke verfolgt werden (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG), sind nicht nur dann zulässig, wenn ein eigenes Werkstück des Bestellers als Vorlage für die Vervielfältigung verwendet wird; vielmehr darf auch ein fremdes Werkstück benutzt werden und insbesondere der Hersteller die Kopiervorlage stellen (BGHZ 134, 250, 260 f. – CB-Infobank I; 141, 13, 20 – Kopienversanddienst

).


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bb) Die Vervielfältigungen sind der Beklagten zu 1 aber deshalb zuzurechnen , weil die Herstellung der Vervielfältigungsstücke nicht – wie § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG dies voraussetzt – „unentgeltlich geschieht“.
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Vervielfältigungen können zwar auch dann als unentgeltlich im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG anzusehen sein, wenn dem Hersteller ein Entgelt gezahlt wird, das lediglich der Kostendeckung dient (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft , BT-Drucks. 15/38, S. 20 f.). Die Herstellung von Vervielfältigungsstücken durch einen anderen erfolgt jedoch – wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat – nicht unentgeltlich im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG, wenn diese Tätigkeit auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Mit dem Erfordernis der Unentgeltlichkeit von Vervielfältigungen durch Dritte soll – im Hinblick auf die Gefahr von Missbrauch – die Notwendigkeit des privaten Charakters derartiger Vervielfältigungen betont werden (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft , BT-Drucks. 15/38, S. 20). Vervielfältigungen, die in der Absicht vorgenommen werden, damit einen Gewinn zu erzielen, haben jedoch keinen privaten, sondern kommerziellen Charakter.
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Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Tätigkeit der Beklagten zu 1 auf Gewinnerzielung ausgerichtet und daher nicht „unentgeltlich“ ist. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe nicht die für eine solche Beurteilung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht zulässigerweise verwiesen hat, erhebt die Beklagte zu 1 von ihren Kunden seit dem 15. Juli 2005 eine monatliche Gebühr von 9,99 €. Bereits dies spricht nach der Lebenserfahrung dafür, dass die Beklagte zu 1 mit dem Angebot von „Shift.TV“ einen Gewinn erzielen möchte. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte zu 1 habe unter Beweisantritt vorgetragen, die von den Kunden erhobenen Gebühren deckten nicht die Kosten für die Etablierung und Aufrechterhaltung der Infrastruktur der „Persönlichen Videorecorder“. Darauf kommt es nicht an. Die Beklagte zu 1 stellt nicht in Abrede, dass sie nicht nur von ihren Kunden eine Gebühr erhebt, sondern auch aus dem Bereitstellen von Werbeflächen auf den Internet-Seiten ihres Angebots „Shift.TV“ Einnahmen erzielt. Das Herstellen von Vervielfältigungsstücken ist bereits dann nicht unentgeltlich im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG, wenn es wesentlicher Bestandteil eines auf Gewinnerzielung gerichteten Geschäftsmodells ist (vgl. Schwenzer, ZUM 1997, 478, 480 f.; Braun, AfP 2007, 5, 12; a.A. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 53 Rdn. 16; Wiebe, CR 2007, 28, 31; Hofmann, MMR 2006, 793, 798 f.; v. Zimmermann, MMR 2007, 553, 555). So verhält es sich hier. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann das Geschäftsmodell der Beklagten zu 1 nicht künstlich in einen defizitären Bereich des Vertriebs von „Persönlichen Videorecordern“ und einen profitablen Bereich der Vermarktung von Werbeflächen zergliedert werden. Das Angebot zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen ist unabdingbare Voraussetzung für die Erzielung der Werbeeinnahmen.
57
b) Sollten dagegen die Kunden die von der Beklagten zu 1 über Satelliten -Antennen empfangenen Sendungen – nach den unter II 1 c bb angeführten Maßstäben – selbst auf den „Persönlichen Videorecordern“ abgespeichert haben und die Videorecorder daher dem Bereich der Kunden zuzuordnen sein, wird das Berufungsgericht weiter zu prüfen haben, ob die Beklagte zu 1 Sendungen der Klägerin an die „Persönlichen Videorecorder“ so vieler Kunden weitergeleitet hat, dass sie diese damit im Sinne der § 15 Abs. 3 UrhG einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. In diesem Fall hätte die Beklagte zu 1 – wie unter I 1 d bb ausgeführt – das Recht der Klägerin verletzt, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG).
58
2. Hat die Beklagte zu 1 das der Klägerin als Sendeunternehmen zustehende Leistungsschutzrecht aus § 87 Abs. 1 UrhG in der einen oder anderen Weise verletzt, ist auch der Klageantrag zu I 2 begründet.
59
a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung des dem Antrag zu I 2 stattgebenden Verbots, das Angebot „Shift.TV“ Dritten zur Einbindung in eine Website zu lizenzieren, auf die Ausführungen des Landgerichts verwiesen. Dessen Annahme, das Lizenzierungsverbot sei begründet, weil die Urheber- rechtsverletzung durch eine Lizenzierung fortgesetzt und vertieft würde, wird von der Revision nicht angegriffen und lässt auch keine Rechtsfehler erkennen.
60
b) Gegen die Zuerkennung des Auskunftsantrags zu II hat die Revision keine Rügen erhoben. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich. Der Auskunftsanspruch wäre als Hilfsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs begründet (§ 242 BGB). Das für einen Schadensersatzanspruch notwendige Verschulden der Beklagten zu 1 ergibt sich daraus, dass sie sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt hat, in dem sie eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit ihres Verhaltens in Betracht ziehen musste (BGH, Urt. v. 17.2.2000 – I ZR 194/97, GRUR 2000, 699, 702 – Kabelweitersendung, m.w.N.).
61
3. Im Falle einer Verletzung des Leistungsschutzrechts der Klägerin aus § 87 Abs. 1 UrhG wären die Klageanträge zu I 1, I 2 und II schließlich auch gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 begründet. Da den Beklagten zu 2 und 3 als Geschäftsführern der Beklagten zu 1 – wie unter II 2 c ausgeführt – auch deren Verletzung des Leistungsschutzrechts aus § 87 Abs. 1 UrhG zuzurechnen wäre , wären sie für die Rechtsverletzung – entgegen der Auffassung der Revision – nicht nur als Störer, sondern als Täter verantwortlich. Sie hafteten daher nicht nur auf Unterlassung, sondern auch auf Schadensersatz und hätten die zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs begehrte Auskunft zu erteilen.
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Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 12.05.2006 - 5 O 4391/05 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 28.11.2006 - 14 U 1071/06 -

(1) Ist der Widerspruch vom Inhaber einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang erhoben worden, so hat er, wenn der Gegner die Einrede der Nichtbenutzung erhebt, nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Marke, gegen die der Widerspruch sich richtet, gemäß § 26 benutzt worden ist, sofern zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen sie möglich war. Der Nachweis kann auch durch eine eidesstattliche Versicherung erbracht werden. Bei der Entscheidung werden nur Waren und Dienstleistungen berücksichtigt, für die die Benutzung nachgewiesen worden ist.

(2) Ergibt die Prüfung des Widerspruchs, daß die Marke für alle oder für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, zu löschen ist, so wird die Eintragung ganz oder teilweise gelöscht. Kann die Eintragung der Marke nicht gelöscht werden, so wird der Widerspruch zurückgewiesen.

(3) Ist die eingetragene Marke wegen einer oder mehrerer Marken mit älterem Zeitrang zu löschen, so kann das Verfahren über weitere Widersprüche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Eintragung der Marke ausgesetzt werden.

(4) Im Falle der Löschung nach Absatz 2 ist § 52 Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden.