Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2009 - I ZA 11/09

bei uns veröffentlicht am02.12.2009
vorgehend
Amtsgericht Deggendorf, 1 M 185/09, 24.02.2009
Landgericht Deggendorf, 13 T 51/09, 15.05.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZA 11/09
vom
2. Dezember 2009
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert,
Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Der Antrag des Schuldners, ihm Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Deggendorf - 1. Zivilkammer - vom 15. Mai 2009 ( ) zu bewilligen und ihm einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Senat hat mit Beschluss vom heutigen Tag die Rechtsbeschwerde des Schuldners im Verfahren I ZB 65/09 zurückgewiesen. Im vorliegenden Verfahren stellen sich keine anderen Rechtsfragen. Der Schuldner ist verpflichtet, im amtlichen Vermögensverzeichnis hinsichtlich seiner Mandate Angaben zu Namen, Anschrift, Forderungsgrund und Forderungshöhe zu machen.
Bornkamm Büscher Schaffert Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
AG Deggendorf, Entscheidung vom 24.02.2009 - 1 M 185/09 -
LG Deggendorf, Entscheidung vom 15.05.2009 - 13 T 51/09 -

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Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des unbebauten Grundstücks Flurnummer 595/6 der Gemarkung S … Dieses hatte er im Rahmen der Flurbereinigung erworben. Mit „Vorauszahlungsbescheid zur Entwässerung“ der Stadt S. vom 20. Februar 1985 wurde der Kläger in Höhe von 3675,63 DM in Anspruch genommen.

Mit Schreiben des Kommunalunternehmens S. vom 21. August 2009 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass zur Vorbereitung der Beitragserhebung ermittelt werde, in welcher Höhe Beiträge bereits geleistet worden seien. Für das Grundstück des Klägers ergebe sich nach den Unterlagen eine bisher geleistete Beitragszahlung in Höhe von 1879,32 €.

Aufgrund der Entwässerungssatzung und der Beitrags- und Gebührensatzung des Kommunalunternehmens S. vom 23. November 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2012 einen Herstellungsbeitrag von 1932,00 € fest (Beitragsanteil auf beitragspflichtige Grundstücksfläche 644 m² zu 1,25 €/m²; auf beitragspflichtige Geschossflächen 161 m² zu 7,00 €/m²). Die bisher geleisteten Beiträge wurden abzüglich der Abschreibung (verbrauchte Beiträge 1299,42 €) in Höhe von 579,90 € angerechnet, womit sich ein zu zahlender Herstellungsbeitrag von 1352,10 € ergab.

Der Kläger erhob am 24. April 2012 Widerspruch. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger Anfechtungsklage. Mit Urteil vom 1. Dezember 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der Bescheid vom 13. April 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 seien rechtmäßig. Zu Recht sei der Beklagte davon ausgegangen, dass erst mit Inkrafttreten der Entwässerungssatzung des Beklagten und der dazugehörigen Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. November 2011 erstmals wirksam eine Beitragspflicht begründet wurde mit der Folge, dass - mangels einer Übergangsregelung in der Satzung - früher geleistete Beitragszahlungen (grundstücks-, nicht personenbezogen) auf den sich satzungsgemäß ergebenden Herstellungsbeitrag anzurechnen sind. Für die nunmehr der BGS-EWS des Beklagten vom 23. November 2011 unterworfene „Entwässerungseinrichtung S.“ (vgl. § 1 Abs. 1 der Entwässerungssatzung des Beklagten vom 23. November 2011 - EWS 2011) habe für die früher nicht nur technisch, sondern auch rechtlich getrennten (Teil-)Entwässerungsanlagen der bis 30. April 1978 selbständigen Gemeinde W … einerseits und der Stadt S. … andererseits zuvor zu keiner Zeit gültiges Satzungsrecht bestanden (wird ausgeführt).

Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen der der Beitragsveranlagung des Grundstücks des Klägers zugrunde liegenden Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 23. November 2011 (BGS-EWS 2011) seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Wie bereits dargelegt, waren die Vorgängersatzungen nichtig. Der Kläger habe kein schützenswertes Vertrauen darauf, dass ungültige Abgabesatzungen nicht nachträglich durch eine gültige ersetzt würden. Der bayerische Landesgesetzgeber habe die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08, BGBl I 2013, 820 ff. = BayVBl 2013, 465 ff. = NVwZ 2013, 1004 ff.) umgesetzt und in Art. 19 Abs. 2 KAG eine entsprechende Regelung geschaffen, die am Tage der Entscheidung in der vorliegenden Streitsache in Kraft getreten ist. Die dort bestimmte 30-jährige Verjährungsfrist seit Eintreten der Vorteilslage - der Kläger war 1989 und 1992 zu Beitragsleistungen herangezogen worden - sei vorliegend ersichtlich noch nicht abgelaufen.

Bedenken an der Wirksamkeit der Stammsatzung, der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung S. des Beklagten vom 23. November 2011 (EWS 2011), die Voraussetzung einer wirksamen Beitragssatzung ist, seien nicht geltend gemacht worden; sie seien auch sonst nicht ersichtlich. Auch hielten die Regelungen der BGS/EWS [2011] materiell-rechtlich einer gerichtlichen Nachprüfung stand. Die Anrechnung früher geleisteter Beitragszahlungen sei ordnungsgemäß erfolgt. Da vorliegend der jeweilige Restbuchwert der vorhandenen Anlagenteile in die Kalkulation eingestellt worden sei, komme die vom Kläger begehrte vollumfängliche Anrechnung seiner erbrachten Vorleistungen nicht in Betracht. Insoweit könne letztlich nichts anderes gelten als in dem Fall, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses der erstmals gültigen Satzung beim Herstellungsaufwand berücksichtigte Anlagenteile keinen Vorteil mehr hätten vermitteln können, wenn z. B. eine alte Kläranlage habe abgebrochen werden müssen. In diesem Fall beziehe sich ein Teil der vom Beitragspflichtigen erbrachten Vorleistungen auf Investitionen für Anlagenteile, die nicht mehr vorhanden seien, vom beitragspflichtigen Grundstückseigentümer jedoch über einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen worden seien. Dies rechtfertige es, die erbrachte Vorleistung in dem Maße prozentual zu kürzen, das dem Vorteil entspreche, den der Altanschließer aus dem nicht mehr vorhandenen Anlageteil bisher gezogen habe. Entsprechendes gelte für den vorliegenden Fall, wo Anlagenteile zwar noch nicht „verschwunden“, jedoch infolge Abschreibungen nur noch mit einem „Rest(buch) wert“ vorhanden seien. Zu entsprechenden Ergebnissen sei der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Fällen gekommen, in denen (bislang) gemeindliche Einrichtungen von einem neuen Einrichtungsträger - einem Zweckverband - übernommen worden seien. Danach hätten die Mitgliedsgemeinden den Altanschließern noch nicht verbrauchte (abgeschriebene) Herstellungsbeiträge zurückzuzahlen, ggf. gestaffelt nach dem Zeitpunkt, zu dem sie für die gemeindliche Einrichtung beitragspflichtig geworden seien, mithin unter Berücksichtigung der Dauer der Nutzung durch den Altanschließer. Da derartige Trägerwechsel - von (Mitglieds-)Gemeinden auf einen Zweckverband - in ihren Auswirkungen der vorliegenden Konstellation, dass durch die Verbindung zweier bisher technisch und rechtlich getrennter Entwässerungseinrichtungen eine „neue“ Einrichtung desselben Einrichtungsträgers geschaffen werde, vergleichbar seien, gelte vorliegend nichts anderes. Gegen die rechnerische Ermittlung des Abschreibungssatzes durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband habe der Kläger Maßgebliches nicht eingewendet; Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermittlung seien auch nicht ersichtlich. Indem der Beklagte die im Jahr 1985 erbrachten Vorleistungen des Klägers mit einem jährlichen Abschreibungssatz von 2,88% unter Zugrundelegung eines von dem der Beitragszahlung jeweils folgenden Jahr bis 2010 reichenden Abschreibungszeitraums, in dem der Kläger als Altanschließer aus den Anlageteilen Vorteile - Nutzen - hätte ziehen können, gekürzt habe, habe er dem sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nachvollziehbar Rechnung getragen.

Die Beitragserhebung sei nicht wegen Zeitablaufs nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG unzulässig. Der Beitrag habe noch erhoben werden können, weil die Vorteilslage frühestens 1984 eingetreten sei und damit die Veranlagung am 13. April 2012 noch innerhalb des 30-jährigen Zeitraums des Art. 19 Abs. 2 KAG erfolgt sei. Diese Übergangsvorschrift sei vorliegend anwendbar, weil der Beitrag durch nicht bestandskräftigen Bescheid vor dem 1. April 2014 festgesetzt worden sei. Der auf den Zeitraum ab 1984 eingegrenzte Eintritt der Vorteilslage ergebe sich zur Überzeugung der Kammer daraus, dass in den Plänen zum Bebauungsplan Nr. 21 vom 7. Dezember 1983 keine vorherige Bebauung erfasst worden sei, dass im Verzeichnis über die Herstellungskosten und Wiederbeschaffungszeitwerte sämtliche Schächte zwischen den maßgeblichen Anschlusspunkten mit dem Baujahr 1984 erfasst seien und dass am 18. Dezember 1984 eine Schlussabnahme für die Beendigung der Maßnahme („Kanalisation in der …“) erfolgt sei. Daraus ergebe sich, dass die Möglichkeit des Anschlusses des Grundstücks frühestens mit Verlegung dieses Leitungsabschnitts im Laufe des Jahres 1984 gegeben gewesen sei. Gegen die Festlegung einer 30-jährigen Verjährungsfrist in Art. 19 Abs. 2 KAG bestünden keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, U.v. 12.3.2015, 20 B 14.441, Rdnr. 28, juris) in einem obiter dictum Zweifel an der Vereinbarkeit von Art. 19 Abs. 2 KAG mit dem in Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV enthaltenen Gleichheitssatz geäußert. Die Kammer schließe sich diesen Bedenken jedoch nicht an und habe keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsvorschrift (wird ausgeführt).

Die Berufung werde nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage der Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift Art. 19 Abs. 2 KAG grundsätzliche Bedeutung habe und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 13. März 2015 (Az. 20 B 14.1441, Rdnr. 28, juris) und im Beschluss vom 11. Mai 2015 (Az. 20 ZB 15.218, Rdnr. 5, juris) Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 1. Dezember 2015 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 13. April 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes Roth vom 6. Oktober 2014 aufzuheben.

Vorliegend sei grundsätzlich von einem Übergangsfall im Sinne des Art. 19 Abs. 2 KAG auszugehen, bei dem der streitgegenständliche Beitrag durch nicht bestandskräftigen Bescheid vom 13. April 2012 vor dem 4. April 2014 festgesetzt worden sei. In einem derartigen Fall solle die Festsetzungsfrist einheitlich 30 Jahre ab dem Eintritt der Vorteilslage betragen. Das Verwaltungsgericht habe sowohl den maßgeblichen Eintritt der Vorteilslage als auch die Unvereinbarkeit der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV verkannt. Das Verwaltungsgericht gehe in seiner Entscheidung davon aus, dass die für den Lauf der Verjährungsfrist maßgebende Vorteilslage erst im Jahr 1984 eingetreten sei. Dies würde sich daraus ergeben, dass die Möglichkeit des Anschlusses des Grundstückes des Klägers frühestens mit Verlegung des betreffenden Leitungsabschnitts im Laufe des Jahres 1984 gewesen sei. Dies sei unzutreffend, denn maßgeblich sei das Inkrafttreten des Bebauungsplanes im Jahre 1983, was einen Zeitraum bis zum Bescheidserlass von 29 Jahren ergebe, sodass es maßgeblich auf die Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG ankomme. Diese Regelung sei jedoch verfassungswidrig. Insoweit werde auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. März 2015 (Aktenzeichen: 20 B 14.1441) verwiesen. Auf die Frage, ob bei der streitgegenständlichen Veranlagung die Anrechnung früher geleisteter Beitragszahlungen ordnungsgemäß erfolgt sei, komme es deswegen nicht mehr an.

Der Beklagte beantragte,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Frage, welche baulichen und sonstigen Maßnahmen beim technischen Zusammenschluss der Anlage im Jahre 2008 getätigt worden seien, verweise der Beklagte auf das vorgelegte Schreiben des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes vom 5. Dezember 2014. Mit dem technischen Zusammenschluss der vormals - auch rechtlich - getrennten Einrichtungen S. … und W … sei eine neue Einrichtung entstanden. Es hätten in erheblichem Umfang Investitionen an der zentralen Kläranlage in S … vorgenommen werden müssen, um eine ordnungsgemäß funktionierende Entwässerung zu gewährleisten. Zum einen hätten Anlagegüter im Umfang von rund 65% des noch vorhandenen Wertes der Kläranlage erneuert oder zusätzlich geschaffen werden müssen. Die Kläranlagen in W … und Sch … seien aufgelassen worden. Die erforderlichen Maßnahmen zur Umgestaltung des Kanalnetzes hätten fast der Hälfte des Wertes des vorhandenen Kanalnetzes (Wert zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses) entsprochen. Die noch nicht abgeschlossene Umgestaltung beinhalte folgende Maßnahmen: Erstellung von Verbindungsleitungen (über 6,8 km) zur Zentralkläranlage, Auswechslung hydraulisch überlasteter Kanäle, Erneuerung bestehender Kanäle, Umstellung in Teilbereichen von Mischauf Trennsystem, Erweiterung des Kanalnetzes, 13 zusätzliche Sonderbauwerke, Erneuerung eines weiteren Sonderbauwerks in Wa … Der kommunale Prüfungsverband gehe davon aus, dass durch den technischen Zusammenschluss von S … und W … eine neue Einrichtung entstanden sei, die erstmals einen Vorteil für die angeschlossenen Grundstücke vermittelt habe. Die ursprünglichen Anlagen seien untergegangen und damit auch der Vorteil. Auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der 30-jährigen Festsetzungsverjährungsfrist komme es deshalb nicht an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufes der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist im Ergebnis richtig. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid des Beklagten vom 13. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Oktober 2014 findet in der Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. November 2011 (BGS/EWS 2011) eine rechtliche Grundlage und verletzt den Kläger auch mit der konkreten Festsetzung nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungseinrichtungen, wie die des Beklagten. Von dieser Ermächtigung hat der Beklagte durch den Erlass seiner Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. November 2011 (BGS/EWS 2011) Gebrauch gemacht. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Abgabesatzung und der zugrunde liegenden Entwässerungssatzung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der streitgegenständliche Bescheid hat auf jeden Fall eine rechtliche Grundlage in der BGS/EWS 2011, weil es sich bei der durch den streitgegenständlichen Bescheid abgerechneten Maßnahme um eine Neuherstellung der Entwässerungsanlage des Beklagten handelt, so dass es auf die Wirksamkeit der Vorgängersatzungen nicht ankommt.

Der Beklagte ist als selbständiges Kommunalunternehmen (Art. 84 BayGO) in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts richtiger Beklagter (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil er den streitgegenständlichen Bescheid erlassen hat. Der Beklagte ist auch für den Erlass des Herstellungsbeitragsbescheids sachlich zuständig und befugt. Die Gemeinden können Kommunalunternehmen einzelne oder alle mit einem bestimmten Zweck zusammenhängende Aufgaben ganz oder teilweise übertragen (Art. 89 Abs. 2 BayGO). Die Aufgabe der Abwasserbeseitigung hat die Stadt S. an das Kommunalunternehmen S. durch § 2 Abs. 1 der Unternehmenssatzung des Kommunalunternehmens S. vom 16. November 2004 übertragen, die entsprechende Befugnis, Abgabebescheide zu erheben, ausdrücklich jedoch nicht. Zwar ist zu beachten, dass eine dem Art. 22 Abs. 1 KommZG entsprechende Regelung, wonach ausdrücklich auch die Befugnis, Abgaben zu erheben auf den Zweckverband übergeht, in Art. 89 GO nicht enthalten ist und es eine allgemeine Regel, die Befugnis folge immer der Aufgabe, nicht gibt. Bei der Gründung von Kommunalunternehmen ist aber eine ausdrückliche Übertragung der Befugnis, Beiträge zu erheben neben der Aufgabenübertragung nicht erforderlich. Art. 91 Abs. 4 GO bestimmt, dass das Unternehmen zur Vollstreckung von Verwaltungsakten in demselben Umfang berechtigt ist wie die Gemeinde, wenn es auf Grund einer Aufgabenübertragung nach Art. 89 Abs. 2 hoheitliche Befugnisse ausübt und bei der Aufgabenübertragung nichts Abweichendes geregelt wird. Damit geht die Vorschrift stillschweigend davon aus, dass bei Kommunalunternehmen mit der Aufgabe auch die Befugnis übergeht.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung eines Herstellungsbeitragsbescheides (Art. 5 Abs. 1 KAG) liegen vor. Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung für eine öffentliche Einrichtung ist nicht verletzt, weil der Beklagte zu Recht von einer Neuherstellung der Wasserversorgungsanlage in seinem Gemeindegebiet ausgegangen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt BayVGH, U.v. 19.5.2010 - 20 N 09.3077 - BayVBl. 2011, 116 = juris Rn. 43 m.w.N.) wird der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung für eine öffentliche Einrichtung dann nicht verletzt, wenn Beiträge für eine Neueinrichtung verlangt werden sollen, denn für sie war eine früher erbrachte Leistung nicht bestimmt. Von einer wiederum beitragsfähigen Herstellung einer neuen Einrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG ist bei leitungsgebundenen Einrichtungen dann auszugehen, wenn die vorhandene Einrichtung durch die Baumaßnahme grundlegend umgestaltet bzw. erneuert wird und sie nach der Verkehrsauffassung nunmehr als eine andere bzw. neue Einrichtung anzusehen ist. Dabei kommt es maßgeblich auf den bisherigen Umfang und Zustand der alten Einrichtung an, etwa ob sie unter Beachtung neuzeitlicher Anforderungen unzureichend oder untragbar geworden ist, und auf Erfordernisse und Zwänge, die Anlass für die Umgestaltung sind. Weisen in der neuen Gesamteinrichtung die neuen Teile ein erhebliches Übergewicht auf, ist im Regelfall von einer neuen Einrichtung auszugehen. An der Neuherstellung ändert sich auch nichts dadurch, dass in der neuen Einrichtung Teile der alten Anlage weiter verwendet werden, für die bereits Beiträge geleistet worden sind. Dies hindert nicht das Entstehen neuer Beitragspflichten, sondern wirkt sich allenfalls aufwandmindernd aus (vgl. BayVGH U.v. 27.11.2003 - 23 B 03.1250 - BeckRS 2003, 31487, beck-online). Soweit Altanlagenteile in die Neuanlage einbezogen werden, ist zweckmäßigerweise deren Restbuchwert bei der Kalkulation der Beitragssätze für die neu erstellte Anlage zu berücksichtigen. Frühere Beitragsleistungen der Altanschließer sind durch die Gewährung eines Abschlags auf die neue Beitragsschuld zu berücksichtigen, der sich an dem Verhältnis des Restbuchwertes zum Gesamtbuchwert zu orientieren hat (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 749 m.w.N.). So verhält es sich auch hier. Mit dem Zusammenschluss der vormals zumindest technisch getrennten Entwässerungsanlagen ist eine neue Entwässerungsanlage entstanden. Diese Betrachtung wird durch die getätigten umfangreichen Verbesserungsmaßnahmen untermauert. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten hätten Anlagegüter im Umfang von rund 65% des noch vorhandenen Wertes der Kläranlage erneuert oder zusätzlich geschaffen werden müssen. Die Kläranlagen in W … und Sch … sind aufgelassen worden. Die erforderlichen Maßnahmen zur Umgestaltung des Kanalnetzes hätten fast der Hälfte des Wertes des vorhandenen Kanalnetzes (zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses) entsprochen. Die Umgestaltung beinhalte folgende Maßnahmen: Erstellung von Verbindungsleitungen (über 6,8 km) zur Zentralkläranlage, Auswechslung hydraulisch überlasteter Kanäle, Erneuerung bestehender Kanäle, Umstellung in Teilbereichen von Mischauf Trennsystem, Erweiterung des Kanalnetzes, 13 zusätzliche Sonderbauwerke, Erneuerung eines weiteren Sonderbauwerks in Wa … Damit kann nicht mehr von einer Verbesserung, Reparatur oder Erneuerung gesprochen werden. Infolgedessen hat der Beklagte den Restbuchwert der vorhandenen Anlagenteile in die Kalkulation eingestellt, wobei allerdings die (Neu-)Investitions-maßnahmen diesen Restbuchwert bei weitem überstiegen haben.

Von dieser Einschätzung ist das Verwaltungsgericht in seinem durch die Berufung des Klägers angefochtenen Urteil (Seite 10 f.) ebenfalls ausgegangen. Unzutreffend zieht das Verwaltungsgericht jedoch den Schluss, dass für das erstmalige Entstehen der für die streitgegenständliche Beitragserhebung maßgeblichen Vorteilslage der erstmalige Anschluss des Grundstücks des Klägers an die ursprüngliche Entwässerungseinrichtung maßgeblich ist. Handelt es sich um eine Neuherstellung einer Entwässerungsanlage, kommt es für das Entstehen der Vorteilslage und damit für die Berechnung des Laufes der Zwanzigjahresfrist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG auf die Fertigstellung und die Benutzbarkeit der Neuanlage an. Dies war frühestens im Jahr 2008. Obwohl in der neuen Anlage noch nicht vollends abgeschriebene Investitionsgüter aus den Altanlagen vorhanden sind, stellt dies keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Belastungsklarheit dar, denn dieser Umstand wurde durch die Ansetzung des Restbuchwertes in der Beitragskalkulation entsprechend berücksichtigt. Damit kommt es auf die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung nach Art. 19 Abs. 2 KAG nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

Aktenzeichen: AN 1 K 14.01740

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 1. Dezember 2015

1. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 1130 99

Hauptpunkte:

- Festsetzung eines Herstellungsbeitrags im Jahr 2012 für ein im Jahr 1984 erschlossenes Grundstück

- Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

gegen

Kommunalunternehmen ... Anstalt des öffentlichen Rechts vertreten durch den Vorstand ...

- Beklagter -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

wegen Herstellungsbeitrag/Entwässerung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 1. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Burgdorf den Richter am Verwaltungsgericht Opitsch den Richter Brandl-Michel und durch den ehrenamtlichen Richter ... die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund mündlicher Verhandlung vom 1. Dezember 2015 am 1. Dezember 2015 folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer des unbebauten Grundstücks Flurnummer ... der Gemarkung ... (...). Dieses hatte er im Rahmen der Flurbereinigung erworben. Mit „Vorauszahlungsbescheid zur Entwässerung“ der Stadt ... vom 20. Februar 1985 wurde der Kläger in Höhe von 3675,63 DM in Anspruch genommen (644 m² Grundstücksfläche ... 3,26 DM; Geschossfläche ¼ von 644 m² ... 9,79 DM).

Mit Schreiben des Kommunalunternehmens ... vom 21. August 2009 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass zur Vorbereitung der Beitragserhebung ermittelt werde, in welcher Höhe Beiträge bereits geleistet worden seien. Für das Grundstück des Klägers ergebe sich nach den Unterlagen eine bisher geleistete Beitragszahlung in Höhe von 1879,32 €.

Aufgrund der Entwässerungssatzung und der Beitrags- und Gebührensatzung des Kommunalunternehmens ... vom 23. November 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2012 einen Herstellungsbeitrag von 1932,00 € fest (Beitragsanteil auf beitragspflichtige Grundstücksfläche 644 m² ... 1,25 €/m²; auf beitragspflichtige Geschossflächen 161 m² ... 7,00 €/m²). Die bisher geleisteten Beiträge wurden abzüglich der Abschreibung (verbrauchte Beiträge 1299,42 €) in Höhe von 579,90 € angerechnet, womit sich ein zu zahlender Herstellungsbeitrag von 1352,10 € ergab.

Der Kläger legte am 24. April 2012 Widerspruch gegen den Beitragsbescheid ein. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 zurückgewiesen.

Es bestünden keine Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen der Satzungen sowie gegen die materiellrechtliche Wirksamkeit der entscheidungserheblichen Satzungsregelungen. Die Beitragsschuld sei erstmals mit Inkrafttreten der BGS/EWS am 1. Januar 2012 entstanden, denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setze die erstmalige Entstehung der Beitragspflicht neben der Erschließung des Grundstücks das Vorliegen einer gültigen Abgabesatzung voraus. Wirksames Satzungsrecht zur Erhebung von Herstellungsbeiträgen habe es bis zum Erlass der BGS/EWS 2011 aber nicht gegeben.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe es für zulässig erachtet, von einer Übergangsregelung abzusehen und Altanschließer nach dem neuen Satzungsrecht nochmals zu veranlagen und früher bereits geleistete Beiträge anzurechnen. Diese „Vorleistungen“ stellten keine Vorausleistungen oder Vorauszahlungen dar, sondern könnten nur dann in vollem Umfang angerechnet werden, wenn der gesamte bisherige Investitionsaufwand für dieselbe Anlage ungeschmälert, also ohne Berücksichtigung eventueller Abschreibungen, in die Kalkulation der Beitragssätze eingestellt worden sei. Deshalb hätten die Abschreibungen für nicht mehr vorhandene Vorteile berücksichtigt werden müssen. Die prozentuale Kürzung der „Vorleistungen“ entspreche dem Vorteil, den der Altanschließer aus den nicht mehr vorhandenen, bzw. (teilweise) abgeschriebenen Anlageteilen bisher gezogen habe oder hätte ziehen können.

Die Festsetzungsverjährung sei zum Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheids vom 13. April 2012 noch nicht eingetreten. Die Frist, die zum 1. April 2014 durch Änderungsgesetz in das Kommunalabgabengesetz aufgenommen worden sei, beginne mit Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eingetreten sei. Zusätzlich sei mit dem Änderungsgesetz eine Übergangsregelung mit Wirkung für alle anhängigen Fälle eingeführt worden, die eine Frist von 30 Jahren vorsehe. Diese sei im vorliegenden Fall maßgebend.

Die Stadt ... habe den Kläger erstmals 1985 in Anspruch genommen. Dies sei somit der frühestmögliche Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage. Ein Ablauf könnte also frühestens mit Ablauf des Jahres 2015 eintreten. Nachdem auch die Anschlussmöglichkeit als eventueller weiterer möglicher Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage erst im Jahr 1984 geschaffen worden sei, wäre auch hier die gesetzliche Höchstfrist bei Erlass des angefochtenen Bescheides noch nicht überschritten.

Hiergegen erhob der Kläger mit am 3. November 2014 bei Gericht eingegangenem Schreiben Klage mit dem sinngemäßen Antrag:

Der Bescheid des Kommunalunternehmens ... vom 13. April 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 werden aufgehoben.

Zur Begründung führt der Kläger aus, ausgehend von einer 20-jährigen Verjährungsfrist hätte ab 2004 nicht mehr mit Nachforderungen gerechnet werden dürfen, was auch der Intention des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 entspreche. Die Übergangsregelung dürfe nur für zu diesem Zeitpunkt rechtzeitige Verfahren gelten, nicht im vorliegenden Fall. Hilfsweise solle vom Gericht die Zahlung der bereits geleisteten 1879,32 € geprüft werden, da diese den gesetzlichen Herstellungsbeitrag nur um 52,68 € übersteige.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 18. November 2014:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2014 ausgeführt, das Landratsamt habe im Widerspruchsbescheid zutreffend erläutert, dass auch unter Berücksichtigung der Änderung des Kommunalabgabengesetzes kein Fall der Verjährung vorliege. Die Verjährungsfrist beginne - unabhängig vom Entstehen der Beitragsschuld - mit Ablauf des Jahres, in dem die sogenannte „Vorteilslage“ eingetreten sei, und betrage, abhängig von der Erfüllung gesetzlicher oder satzungsrechtlich verankerter Mitwirkungspflichten 20 oder 25 Jahre. Auch das Verwaltungsgericht Regensburg habe die Auffassung vertreten, es müsse auf den Eintritt der konkreten Vorteilslage abgestellt werden (VG Regensburg, Entscheidung vom 14.7.2014, Az. RN 3 K 13.1812). Auch der Bayerische Kommunale Prüfverband habe sich mit der vorliegenden Beitragsheranziehung befasst und gehe in der Stellungnahme vom 5. Dezember 2014 davon aus, dass durch den technischen Zusammenschluss von ... und ... eine neue Einrichtung entstanden sei und erstmals ein Vorteil vermittelt werde. Die ursprünglichen Anlagen seien untergegangen und damit auch der durch diese Anlagen vermittelte Vorteil. Dieser technische Zusammenschluss mit der oben genannten Umgestaltung dürfte auch für die Bürger ohne weiteres erkennbar gewesen sein.

Hierauf entgegnete der Kläger mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2014, ein entsprechender technischer Zusammenschluss sei für den Bürger gerade nicht erkennbar gewesen und dürfe nicht für die sogenannte Vorteilslage herangezogen werden. Das Argument sei im Übrigen vollkommen neu und nachgeschoben.

Nachdem das Gericht den Kläger über die vorherige Entscheidung im Parallelverfahren (AN 1 K 12.01430) in Kenntnis gesetzt hatte, teilte dieser mit Schriftsatz vom 30. November 2015 mit, er gehe davon aus, dass die Vorteilslage schon vor 1981/1982 bestanden habe. Zudem verweise er auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U. v. 12.3.2015, 20 B 14.441), in dem deutliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Art. 19 Abs. 2 KAG geäußert worden seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beitragsbescheid des Beklagten vom 13. April 2012 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 6. Oktober 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a. Der Beklagte ist passivlegitimiert. Diesbezüglich hat die Kammer im Urteil vom 1. April 2014 (AN 1 K 12.01430) bereits festgestellt:

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können Gemeinden und Landkreise zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählt auch die von dem Beklagten für die Stadt ... öffentlich betriebene Entwässerungsanlage (vgl. § 1 Abs. 1 der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung... des Beklagten vom 23.11.2011 - EWS -), durch welche das Grundstück des Klägers erschlossen wird.

Die Stadt ... hat dem mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestatteten (mithin gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 a KAG i. V. m. § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO bzw. § 61 Nr. 1 VwGO beteiligtenfähigen) Beklagten, einem selbstständigen Kommunalunternehmen i. S. d. Art. 89 ff. GO in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 89 Abs. 1 Satz 1 GO i. V. m. § 1 Abs. 1 der Unternehmenssatzung für das „Kommunalunternehmen..., Anstalt des öffentlichen Rechts der Stadt ...“ vom 16.11.2004 - Unternehmenssatzung), nicht nur gemäß § 2 Abs. 1 dieser Satzung die Abwasserbeseitigung für das Stadtgebiet und damit die Aufgabe, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Reinlichkeit Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten (vgl. Art. 57 Abs. 1 Satz 1 GO) übertragen, sondern dem Beklagten darüber hinaus gemäß Art. 89 Abs. 2 Satz 3 GO in § 2 Abs. 3 der Unternehmenssatzung das Recht eingeräumt, an seiner Stelle Satzungen über die Benutzung der Entwässerungseinrichtung und über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren nach dem Kommunalabgabengesetz für deren Benutzung zu erlassen. Gegen die Übertragung der Beitrags- (und Gebühren-) Festsetzung und damit der Erhebung von Kommunalabgaben ist insoweit nichts zu erinnern. Sie ist mit der Regelung in Art. 89 Abs. 2 GO vereinbar (vgl. VG Ansbach, U. v. 22.6.2004, AN 1 K 03.234). Aus dem Fehlen einer den Vorschriften der Art. 7 Abs. 2 bzw. Art. 17 Abs. 1 KommZG entsprechenden Regelung in den Art. 89 ff. GO ist nicht der Schluss zu ziehen, dass der Gesetzgeber eine Übertragung von Befugnissen auf ein Kommunalunternehmen ausschließen wollte. Der Begriff der Aufgabe, die auf ein Kommunalunternehmen bzw. auf einen Zweckverband oder im Rahmen einer Zweckvereinbarung auf eine der beteiligten Gebietskörperschaften übertragen werden kann, ist sowohl in der Gemeindeordnung als auch im Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit im gleichen Sinn und umfassend zu verstehen. Mit „Aufgaben“ in Art. 89 Abs. 2 GO wie in Art. 7 Abs. 2 bzw. Art. 17 Abs. 1 KommZG ist nichts anderes gemeint als z. B. mit „Aufgaben“ in Art. 57 GO, nämlich das Recht und die Pflicht, bestimmte Angelegenheiten zu erledigen und die dafür notwendigen Mittel (d. h. auch die durch besondere Normen vorgesehenen Befugnisse) einzusetzen. Die Vorschriften der Art. 8 Abs. 2 bzw. Art. 22 Abs. 1 KommZG haben insoweit nur klarstellende Funktion; der Übergang der Befugnisse auf den Zweckverband ist in Art. 22 Abs. 1 KommZG deswegen ausdrücklich erwähnt, um einen Anknüpfungspunkt für die in Art. 22 Abs. 3 KommZG folgende Vorschrift zu schaffen, wonach die Verbandssatzung grundsätzlich den Übergang einzelner Befugnisse ausschließen kann. Entsprechendes gilt für die Übertragung von Befugnissen auf eine der beteiligten Gebietskörperschaften im Rahmen einer Zweckvereinbarung im Hinblick auf Art. 8 Abs. 3 i. V. m. Art. 7 Abs. 3 KommZG. Eine den Vorschriften der Art. 8 Abs. 2 bzw. Art. 22 Abs. 1 KommZG entsprechende Regelung war in der Gemeindeordnung im Hinblick auf die noch flexibler als in Art. 7 Abs. 2 bzw. Art. 17 Abs. 1 KommZG formulierte Möglichkeit, „einzelne oder alle mit einem bestimmten Zweck zusammenhängende Aufgaben ganz oder teilweise“ auf ein Kommunalunternehmen zu übertragen, entbehrlich. Art. 89 Abs. 2 GO schließt deshalb die Übertragung von Befugnissen auf ein Kommunalunternehmen nicht aus (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: September 2004, Art. 89 GO, RN 17, 20; Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung, Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung des Freistaats Bayern, Stand: Okt. 2006, Art. 89, Anm. 3, unter Hinweis auf Schulz, BayVBl. 1996, 129/131; Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, Stand: Okt. 2006, Art. 89, RN 7; so auch IMS vom 16.12.1998, IB3-1515.2-15, FSt 1999/118); einschränkend für das - hier gegebene - satzungsgemäß öffentlichrechtlich geregelte Benutzungsverhältnis Widtmann/Grasser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand: März 2006, Art. 89, Erl. 7).

b. Der Bescheid vom 13. April 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 sind rechtmäßig.

I.

Der Beklagte konnte Beiträge zur Deckung des Aufwands für die Herstellung der Entwässerungseinrichtung erheben, weil durch Art. 5 Abs. 1 KAG in der maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70), sowie die Bestimmungen der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) des Beklagten vom 23. November 2011, in Kraft getreten am 1 Januar 2012, eine genügende Rechtsgrundlage gegeben war und die dort genannten Voraussetzungen für die Beitragserhebung vorlagen.

Die Kammer hat im Urteil vom 1. April 2014 (a. a. O.) zur insoweit unveränderten Rechtslage ausgeführt:

Zu Recht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass erst mit Inkrafttreten der Entwässerungssatzung des Beklagten und der dazugehörigen Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. November 2011 erstmals wirksam eine Beitragspflicht begründet wurde mit der Folge, dass - mangels einer Übergangsregelung in der Satzung - früher geleistete Beitragszahlungen (grundstücks-, nicht personenbezogen) auf den sich satzungsgemäß ergebenden Herstellungsbeitrag anzurechnen sind (vgl. BayVGH, B. v. 29.3.2011, 20 ZB 11.220; B. v. 2.8.2005, 23 ZB 05.349, GK 2006/63; U. v. 16.3.2005, 23 BV 04.2295, BayVBl 2006, 108 ff. = GK 2005/188; B. v. 20.12.2004, 23 CS 04.3051; U. v. 15.5.2003, 23 B 02.3261, BayVBl 2004, 144 ff. = GK 2004/26; B. v. 5.12.2001, 23 ZS 01.2926; B. v. 9.10.2001, 23 CS 01.985; U. v. 1.12.1997, 23 B 96.851, BayVBl 1998, 214 f. = GK 1998/126). Diese Anrechnungspflicht ergibt sich bei Anwendung des neuen Satzungsrechts unmittelbar aus der dem Art. 15 Abs. 1 Satz 2 GO entsprechenden Pflicht zur Gleichbehandlung, weshalb es einer besonderen satzungsrechtlichen Regelung nicht bedarf (vgl. BayVGH, U. v. 10.3.1983, 23 B 81 A.1964; U. v. 30.3.1984, 23 B 81 A.1967, BayVBl 1985, 656 ff.).

Für die nunmehr der BGS-EWS des Beklagten vom 23. November 2011 unterworfene „Entwässerungseinrichtung ...“ (vgl. § 1 Abs. 1 der Entwässerungssatzung des Beklagten vom 23. November 2011 - EWS 2011) bestand für die früher nicht nur technisch, sondern auch rechtlich getrennten (Teil-)Entwässerungsanlagen der bis 30. April 1978 selbstständigen Gemeinde ... einerseits und der Stadt ... andererseits zuvor zu keiner Zeit gültiges Satzungsrecht.

Für die Teilanlage ... konnte eine Beitragspflicht weder auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde ... vom 28. April 1978 (BGS-EWS/W 1978) noch auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 28. November 1984 (BGS-EWS/W 1984) und vom 17. Dezember 1992 (BGS-EWS/W 1992) entstehen. Die BGS-EWS/W 1978 war wegen des in § 9 der Satzung neben anderen Bemessungsmerkmalen vorgesehenen Grundbeitrags - eines zur sachgerechten Vorteilsabgeltung ungeeigneten Beitragsmaßstabs - in ihrem gesamten Beitragsteil nichtig (vgl. BayVGH, B. v. 22.3.1989, 23 CS 88.02813). Die BGS-EWS/W 1984 war im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. U. v. 7.5.1982, 23 B 1709/79, BayVBl 1983, 305 ff. = FSt 1983/171), wonach auch technisch getrennte Anlagen einer Gemeinde als eine Einrichtung im Sinne des Art. 21 GO anzusehen seien, wegen der auch nicht ausnahmsweise gerechtfertigten anlagenbezogenen Kalkulation der Teilanlage... nichtig. Dem stehen auch die nachfolgenden Änderungen des Art. 21 GO (zum 1.12.1985 und zum 1.4.1992) nicht entgegen, da diese nicht bewirkten, dass nichtige Satzungen damit „automatisch“ Rechtswirksamkeit erlangten (vgl. BayVGH, U. v. 27.4.1992, 23 B 91.2413, GK 1993/58; B. v. 31.3.1992, 23 CS 92.310; U. v. 20.1.1995, 23 B 92.757, GK 1995/266). Die BGS-EWS/W 1992 ist zwar nicht wegen der in § 5 Abs. 2 Satz 3 enthaltenen unzulässigen Dachgeschossregelung in ihrem gesamten Beitragsteil nichtig, da die Heranziehung auch von (bloß) ausbaufähigen Dachgeschossen infolge der zulässigen Heranziehung von tatsächlich ausgebauten Dachgeschossen lediglich zur Teilnichtigkeit führt, weil nicht angenommen werden kann, dass der Satzungsgeber angesichts dieses Umstandes und der damit zu erwartenden, wenn auch wohl geringfügigen Schmälerung des fälligen Beitragsaufkommens an der verbleibenden Restregelung nicht festhalten würde (vgl. BayVGH, U. v. 10.12.2007, 23 B 07.1974; B. v. 15.12.2001, 23 B 01.1165, BayVBl 2002, 471 ff.). Die Nichtigkeit des Beitragsteils ergibt sich jedoch aus der unzulässigen Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. Satz 4, wonach Gebäude und selbstständige Gebäudeteile (Nebengebäude) nur hinsichtlich der Geschosse herangezogen werden sollen, die tatsächlich eine Schmutzwasserableitung haben. Diese Beschränkung auf einzelne Geschosse beinhaltet nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B. v. 13.12.2007, 23 B 07.2700; U. v. 16.11.2006, 23 BV 06.2403; U. v. 27.2.2003, 23 B 02.1032, BayVBl 2003, 373 f. = GK 2003/143; U. v. 11.09.2001, 23 ZB 01.401, GK 2002/25) einen Verstoß gegen das Prinzip des adäquaten Vorteilsausgleichs und den Gleichheitssatz, weil der durch den Anschluss erlangte Vorteil das gesamte Gebäude bzw. dessen gesamten selbstständigen Gebäudeteil erfasst. Darüber hinaus ist die BGS-EWS/W 1992 auch deshalb nichtig, weil sie entgegen Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KAG für diejenigen Grundstücke, bei denen § 4 Abs. 5 der Entwässerungssatzung der Stadt... (EWS 1992) ein Benutzungsrecht zur Einleitung von Niederschlagswasser wegen der möglichen ordnungsgemäßen Versickerung oder anderweitigen Beseitigung verneint, eine Beitragsabstufung nicht vorsieht (vgl. BayVGH, B. v. 7.3.2011, 20 ZB 10.3151; U. v. 25.7.2001, 23 B 00.2601, GK 2002/74; B. v. 8.11.2000, 23 CS 00.2177, GK 2001/121; U. v. 13.8.1998, 23 N 97.472, VwRR 1999, 169 ff. = GK 2000/248).

Hinsichtlich der Teilanlage ... gilt, dass eine Beitragspflicht weder aufgrund der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Stadt ... vom 24. November 1970 (EWS 1970) noch aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 3. Dezember 1974 (BGS-EWS/S 1974) noch aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 14. Mai 1982 (BGS-EWS/S 1982) noch aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 28. November 1984 (BGS-EWS/S 1984) noch aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung für die Erweiterung und Verbesserung der Entwässerungsanlage für das Gebiet der Stadt ... mit den Stadtteilen ..., ... und ... vom 29. Juli 1992 (VBS-EWS/S 1992) noch aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt ... vom 17. Dezember 1992 (BGS-EWS/S 1992) entstehen konnte. Die EWS 1970 ist bereits aus formellen Gründen nicht rechtswirksam zustande gekommen, weil sie bereits am 24. November 1970 und damit vor der am 15. Dezember 1970 erteilten rechtsaufsichtlichen Genehmigung des Landratsamts ... ausgefertigt worden war (vgl. BayVGH, B. v. 20.12.2004, 23 CS 04.3051; U. v. 10.11.1998, 23 B 97.439; U. v. 15.10.1992, 6 B 89.2341, BayVBl 1993, 213 f. = NVwZ-RR 1993, 212; U. v. 16.3.1990, 23 B 88.567, BayVBl 1991, 23 f. = NVwZ-RR 1990, 588 f.). Die BGS-EWS/S 1974 war ebenso wie die nachfolgende BGS-EWS/S 1982 wegen des in § 9 a) BGS-EWS/S 1974 bzw. § 6 Abs. 2 a) BGS-EWS/S 1982 neben anderen Bemessungsmerkmalen vorgesehenen Grundbeitrags in ihrem gesamten Beitragsteil nichtig, da dieser - wie bereits oben dargelegt - einen zur sachgerechten Vorteilsabgeltung ungeeigneten Beitragsmaßstab darstellt. Für die BGS-EWS/S 1984 gilt zwangsläufig dasselbe wie für die BGS-EWS/W 1984. Für die BGS-EWS/S 1992 gilt wegen der mit der BGS-EWS/W (insoweit) übereinstimmenden Satzungsregelungen Entsprechendes. Die VBS-EWS/S 1992 ist bereits deshalb nichtig, weil es insoweit an einer erforderlichen wirksamen Herstellungsbeitragssatzung fehlt; ein Verbesserungsbeitrag kann nur erhoben werden, wenn zuvor auf der Grundlage einer wirksamen Herstellungsbeitragssatzung Herstellungsbeiträge erhoben werden konnten (vgl. BayVGH, U. v. 16.11.2006, 23 BV 06.2403; B. v. 6.3.2006, 23 B 05.1848; U. v. 16.3.2005, 23 BV 04.2295, BayVBl 2006, 108 ff. = GK 2005/188; B. v. 13.2.2003, 23 CS 03.86 u. a.; B. v. 9.10.2001, 23 CS 01.985, BayVBl 2002, 86 f.).

Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen der der Beitragsveranlagung des Grundstücks des Klägers zugrunde liegenden Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 23. November 2011 (BGS-EWS 2011) sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Wie bereits dargelegt, waren die Vorgängersatzungen nichtig. Der Kläger hat kein schützenswertes Vertrauen darauf, dass ungültige Abgabesatzungen nicht nachträglich durch eine gültige ersetzt werden. Der bayerische Landesgesetzgeber hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08, BGBl I 2013, 820 ff. = BayVBl 2013, 465 ff. = NVwZ 2013, 1004 ff.) umgesetzt und in Art. 19 Abs. 2 KAG eine entsprechende Regelung geschaffen, die am Tage der Entscheidung in der vorliegenden Streitsache in Kraft getreten ist. Die dort bestimmte 30-jährige Verjährungsfrist seit Eintreten der Vorteilslage - der Kläger war 1989 und 1992 zu Beitragsleistungen herangezogen worden - ist vorliegend ersichtlich noch nicht abgelaufen.

Bedenken an der Wirksamkeit der Stammsatzung, der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung ... des Beklagten vom 23. November 2011 (EWS 2011), die Voraussetzung einer wirksamen Beitragssatzung ist (vgl. dazu BayVGH, B. v. 15.1.2007, 23 CS 06.3315; U. v. 18.5.2004, 23 B 04.78; U. v. 28.11.2002, 23 B 02.2078, BayVBl. 2003, 178 = GK 2003/131), wurden nicht geltend gemacht; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Widmungsbereich der Stammsatzung und der Geltungsbereich der Abgabesatzung (vgl. dazu BayVGH, B. v. 24.7.2001, 23 ZB 01.446) stimmen überein.

Auch halten die Regelungen der BGS/EWS [2011] materiellrechtlich einer gerichtlichen Nachprüfung stand. Die Satzung enthält in § 5 Abs. 1 Satz 2 die gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 6 KAG erforderliche Flächenbegrenzungsregelung und in § 6 Abs. 2 auch die im Hinblick auf § 4 Abs. 5 EWS 2011 gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 KAG gebotene Beitragsabstufung.

II.

Die Anrechnung früher geleisteter Beitragszahlungen ist ordnungsgemäß erfolgt. Diesbezüglich verweist die Kammer ebenfalls auf die Ausführungen in ihrem Urteil vom 1. April 2014 (a. a. O.):

Da vorliegend der jeweilige Restbuchwert der vorhandenen Anlagenteile in die Kalkulation eingestellt wurde, kommt die vom Kläger begehrte vollumfängliche Anrechnung seiner erbrachten Vorleistungen nicht in Betracht. Insoweit kann letztlich nichts anderes gelten als in dem Falle, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses der erstmals gültigen Satzung beim Herstellungsaufwand berücksichtigte Anlagenteile keinen Vorteil mehr vermitteln können, wenn z. B. eine alte Kläranlage abgebrochen werden musste (vgl. BayVGH, U. v. 1.12.1997, 23 B 96.851, BayVBl 1998, 214 f. = GK 1998/126). In diesem Falle bezieht sich ein Teil der vom Beitragspflichtigen erbrachten Vorleistungen auf Investitionen für Anlagenteile, die nicht mehr vorhanden sind, vom beitragspflichtigen Grundstückseigentümer jedoch über einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen worden waren. Dies rechtfertigt es, die erbrachte Vorleistung in dem Maße prozentual zu kürzen, das dem Vorteil entspricht, den der Altanschließer aus dem nicht mehr vorhandenen Anlageteil bisher gezogen hat. Entsprechendes gilt für den vorliegenden Fall, wo Anlagenteile zwar noch nicht „verschwunden“, jedoch infolge Abschreibungen nur noch mit einem „Rest(buch)wert“ sind. Zu entsprechenden Ergebnissen ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Fällen gekommen, in denen (bislang) gemeindliche Einrichtungen von einem neuen Einrichtungsträger - einem Zweckverband - übernommen wurden (vgl. B. v. 17.12.2001, 23 CS 01.2361, a. a. O., unter Hinweis auf U. v. 13.2.1997, 23 B 93.471, VwRR-BY 1997, 155 ff., und BVerwG, U. v. 16.9.1981, 8 C 48/81, DVBl 1982, 76 ff. = KStZ 1982, 69 ff.; B. v. 17.3.1989, 23 B 88.02201, GK 1990/19; U. v. 15.12.1989, 23 B 88.01025, VGHE 43, 155 ff. = GK 1990/248). Danach hätten die Mitgliedsgemeinden den Altanschließern noch nicht verbrauchte (abgeschriebene) Herstellungsbeiträge zurückzuzahlen (so auch BVerwG, B. v. 22.3.2007, 10 BN 5/06, BayVBl 2007, 473 f. = NVwZ 2007, 955 f.), ggf. gestaffelt nach dem Zeitpunkt, zu dem sie für die gemeindliche Einrichtung beitragspflichtig geworden waren (vgl. BayVGH, B. v. 17.3.1989, 23 B 88.02201, a. a. O.; U. v. 15.12.1989, 23 B 88.01025, a. a. O.), mithin unter Berücksichtigung der Dauer der Nutzung durch den Altanschließer. Da derartige Trägerwechsel - von (Mitglieds-)Gemeinden auf einen Zweckverband - in ihren Auswirkungen der vorliegenden Konstellation, dass durch die Verbindung zweier bisher technisch und rechtlich getrennter Entwässerungseinrichtungen eine „neue“ Einrichtung desselben Einrichtungsträgers geschaffen wird, vergleichbar sind (vgl. BayVGH, U. v. 19.5.2010, 20 N 09.3077, BayVBl 2011, 116 f. = GK 2010/179), gilt vorliegend nichts anderes.

[…]

Gegen die rechnerische Ermittlung des Abschreibungssatzes durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband (vgl. Vorauskalkulation 01.01.2012 - 31.12.2013: Ermittlung des Anteils der noch nicht verbrauchten Herstellungsbeiträge der bis 2008 selbstständigen Entwässerungseinrichtung ...) hat der Kläger Maßgebliches nicht eingewendet; Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermittlung sind auch nicht ersichtlich.

Indem der Beklagte die im Jahr 1985 erbrachten Vorleistungen des Klägers mit einem jährlichen Abschreibungssatz von 2,88% unter Zugrundelegung eines von dem der Beitragszahlung jeweils folgenden Jahr bis 2010 reichenden Abschreibungszeitraums, in dem der Kläger als Altanschließer aus den Anlageteilen Vorteile - Nutzen - hätte ziehen können, gekürzt hat, hat er dem sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nachvollziehbar Rechnung getragen.

III.

Die Beitragserhebung ist nicht wegen Zeitablaufs nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, 19 Abs. 2 KAG unzulässig. Der Beitrag konnte noch erhoben werden, weil die Vorteilslage frühestens 1984 eingetreten ist und damit die Veranlagung am 13. April 2012 noch innerhalb des 30-jährigen Zeitraums des Art. 19 Abs. 2 KAG erfolgt ist. Diese Übergangsvorschrift ist vorliegend anwendbar, weil der Beitrag durch nicht bestandskräftigen Bescheid vor dem 1. April 2014 festgesetzt wurde.

Der auf den Zeitraum ab 1984 eingegrenzte Eintritt der Vorteilslage ergibt sich zur Überzeugung der Kammer daraus, dass in den Plänen zum Bebauungsplan Nr. ... „...“ vom 7. Dezember 1983 keine vorherige Bebauung erfasst war, dass im Verzeichnis über die Herstellungskosten und Wiederbeschaffungszeitwerte sämtliche Schächte zwischen den Anschlusspunkten ... und ... mit dem Baujahr 1984 erfasst sind und dass am 18. Dezember 1984 eine Schlussabnahme für die Beendigung der Maßnahme („Kanalisation in der ...“) erfolgt ist. Daraus ergibt sich, dass die Möglichkeit des Anschlusses des klägerischen Grundstücks frühestens mit Verlegung dieses Leitungsabschnitts im Laufe des Jahres 1984 gegeben war.

IV.

Gegen die Festlegung einer 30-jährigen Verjährungsfrist in Art. 19 Abs. 2 KAG bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Zwar hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVGH, U. v. 12.3.2015, 20 B 14.441, Rdnr. 28, juris) in einem bloßem obiter dictum Zweifel an der Vereinbarkeit von Art. 19 Abs. 2 KAG mit dem in Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV enthaltenen Gleichheitssatz geäußert. Ein sachlicher Differenzierungsgrund sei nicht erkennbar, weil die im Gesetzesentwurf enthaltene Begründung nicht überzeuge. Bei Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG komme es maßgeblich auf die Festsetzung des Beitrags und somit auf die Bekanntgabe des Beitragsbescheids an. Somit könne keine unterschiedliche Behandlung von (ausgesetztem) Widerspruchsverfahren und verwaltungsgerichtlichem Verfahren auftreten.

Die Kammer schließt sich diesen Bedenken jedoch nicht an und hat - wie schon im Urteil vom 27.1.2015 (AN 1 K 14.01149) geäußert - keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsvorschrift (vgl. auch mit gleicher Einschätzung VG Regensburg, Urteil vom 20.10.2014, RO 8 K 14.744, S. 11 ff.).

Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Übergangsregelungen und Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. Osterloh/Nußberger in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl. 2014, Art. 3, Rdnr. 113; BVerfG, U. v. 23.11.1999, 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239 <270>; st. Rspr.). Bei der Regelung des Übergangs von einer älteren zu einer neueren Regelung steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu. Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtagsregelungen muss sich daher darauf beschränken, ob der Gesetzgeber den ihm zustehenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er alle in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob sich die Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, B. v. 18.3.2013, 1 BvR 2436/11, 1 BvR 3155/11, Rdnr. 34, juris m. w. N.; B. v. 7.10.2015, 2 BvR 413/15, juris m. w. N.).

Durch eine solche Stichtagsregelung entstehende Härten insbesondere im Hinblick auf den Vergleich der Betroffenen, die noch nicht bzw. gerade schon in den Anwendungsbereich der (hier bürgerbegünstigenden) Regelung kommen, können folglich nicht allein zur Verfassungswidrigkeit einer Regelung führen. Die Prüfung beschränkt sich in einem solchen Fall darauf, ob der Gesetzgeber seinen Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat.

Der Gesetzgeber hat mit der in Art. 19 Abs. 2 KAG getroffenen Regelung den ihm eröffneten Spielraum in sachgerechter Weise genutzt. Die getroffene Regelung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt, da nach der überzeugenden Gesetzesbegründung (LT-Drs. 17/370, S. 18) dem Umstand Rechnung getragen wird, dass auch im Beitragsrecht auf die Sach- und Rechtslage der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist, und folglich eine Änderung der Rechtslage im fakultativ möglichen (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO) Widerspruchsverfahren zu berücksichtigen ist (vgl. U. v. 1.3.2012, 20 B 11.1723, Rdnr. 17, juris: U. v. 28.2.1995, 23 B 92.3295, Rdnr. 23, juris unter Verweis auf U. v. 20.12.1991, 23 B 90.3449; U. v. 31.8.1984, 23 B 82 A. 1204, Rdnr. 14, juris). Insoweit ist die Entscheidung des Gesetzgebers, ein Auseinanderfallen der rechtlichen Beurteilung von nicht bestandskräftigen Veranlagungen vor dem 1. April 2014 zu verhindern und diese Fälle gleich zu behandeln, unabhängig davon, ob vor oder ab dem 1. April 2014 ein Widerspruchsbescheid erlassen wurde, als sachgerecht und nicht willkürlich anzusehen.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

3. Die Berufung wird nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage der Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift Art. 19 Abs. 2 KAG grundsätzliche Bedeutung hat und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 13. März 2015 (Az. 20 B 14.1441, Rdnr. 28, juris) und im Beschluss vom 11. Mai 2015 (Az. 20 ZB 15.218, Rdnr. 5, juris) Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert hat.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Berufungsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 1.352,10 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 60 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des unbebauten Grundstücks Flurnummer 595/6 der Gemarkung S … Dieses hatte er im Rahmen der Flurbereinigung erworben. Mit „Vorauszahlungsbescheid zur Entwässerung“ der Stadt S. vom 20. Februar 1985 wurde der Kläger in Höhe von 3675,63 DM in Anspruch genommen.

Mit Schreiben des Kommunalunternehmens S. vom 21. August 2009 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass zur Vorbereitung der Beitragserhebung ermittelt werde, in welcher Höhe Beiträge bereits geleistet worden seien. Für das Grundstück des Klägers ergebe sich nach den Unterlagen eine bisher geleistete Beitragszahlung in Höhe von 1879,32 €.

Aufgrund der Entwässerungssatzung und der Beitrags- und Gebührensatzung des Kommunalunternehmens S. vom 23. November 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2012 einen Herstellungsbeitrag von 1932,00 € fest (Beitragsanteil auf beitragspflichtige Grundstücksfläche 644 m² zu 1,25 €/m²; auf beitragspflichtige Geschossflächen 161 m² zu 7,00 €/m²). Die bisher geleisteten Beiträge wurden abzüglich der Abschreibung (verbrauchte Beiträge 1299,42 €) in Höhe von 579,90 € angerechnet, womit sich ein zu zahlender Herstellungsbeitrag von 1352,10 € ergab.

Der Kläger erhob am 24. April 2012 Widerspruch. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger Anfechtungsklage. Mit Urteil vom 1. Dezember 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der Bescheid vom 13. April 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 6. Oktober 2014 seien rechtmäßig. Zu Recht sei der Beklagte davon ausgegangen, dass erst mit Inkrafttreten der Entwässerungssatzung des Beklagten und der dazugehörigen Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. November 2011 erstmals wirksam eine Beitragspflicht begründet wurde mit der Folge, dass - mangels einer Übergangsregelung in der Satzung - früher geleistete Beitragszahlungen (grundstücks-, nicht personenbezogen) auf den sich satzungsgemäß ergebenden Herstellungsbeitrag anzurechnen sind. Für die nunmehr der BGS-EWS des Beklagten vom 23. November 2011 unterworfene „Entwässerungseinrichtung S.“ (vgl. § 1 Abs. 1 der Entwässerungssatzung des Beklagten vom 23. November 2011 - EWS 2011) habe für die früher nicht nur technisch, sondern auch rechtlich getrennten (Teil-)Entwässerungsanlagen der bis 30. April 1978 selbständigen Gemeinde W … einerseits und der Stadt S. … andererseits zuvor zu keiner Zeit gültiges Satzungsrecht bestanden (wird ausgeführt).

Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen der der Beitragsveranlagung des Grundstücks des Klägers zugrunde liegenden Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 23. November 2011 (BGS-EWS 2011) seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Wie bereits dargelegt, waren die Vorgängersatzungen nichtig. Der Kläger habe kein schützenswertes Vertrauen darauf, dass ungültige Abgabesatzungen nicht nachträglich durch eine gültige ersetzt würden. Der bayerische Landesgesetzgeber habe die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08, BGBl I 2013, 820 ff. = BayVBl 2013, 465 ff. = NVwZ 2013, 1004 ff.) umgesetzt und in Art. 19 Abs. 2 KAG eine entsprechende Regelung geschaffen, die am Tage der Entscheidung in der vorliegenden Streitsache in Kraft getreten ist. Die dort bestimmte 30-jährige Verjährungsfrist seit Eintreten der Vorteilslage - der Kläger war 1989 und 1992 zu Beitragsleistungen herangezogen worden - sei vorliegend ersichtlich noch nicht abgelaufen.

Bedenken an der Wirksamkeit der Stammsatzung, der Satzung für die öffentliche Entwässerungseinrichtung S. des Beklagten vom 23. November 2011 (EWS 2011), die Voraussetzung einer wirksamen Beitragssatzung ist, seien nicht geltend gemacht worden; sie seien auch sonst nicht ersichtlich. Auch hielten die Regelungen der BGS/EWS [2011] materiell-rechtlich einer gerichtlichen Nachprüfung stand. Die Anrechnung früher geleisteter Beitragszahlungen sei ordnungsgemäß erfolgt. Da vorliegend der jeweilige Restbuchwert der vorhandenen Anlagenteile in die Kalkulation eingestellt worden sei, komme die vom Kläger begehrte vollumfängliche Anrechnung seiner erbrachten Vorleistungen nicht in Betracht. Insoweit könne letztlich nichts anderes gelten als in dem Fall, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses der erstmals gültigen Satzung beim Herstellungsaufwand berücksichtigte Anlagenteile keinen Vorteil mehr hätten vermitteln können, wenn z. B. eine alte Kläranlage habe abgebrochen werden müssen. In diesem Fall beziehe sich ein Teil der vom Beitragspflichtigen erbrachten Vorleistungen auf Investitionen für Anlagenteile, die nicht mehr vorhanden seien, vom beitragspflichtigen Grundstückseigentümer jedoch über einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen worden seien. Dies rechtfertige es, die erbrachte Vorleistung in dem Maße prozentual zu kürzen, das dem Vorteil entspreche, den der Altanschließer aus dem nicht mehr vorhandenen Anlageteil bisher gezogen habe. Entsprechendes gelte für den vorliegenden Fall, wo Anlagenteile zwar noch nicht „verschwunden“, jedoch infolge Abschreibungen nur noch mit einem „Rest(buch) wert“ vorhanden seien. Zu entsprechenden Ergebnissen sei der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Fällen gekommen, in denen (bislang) gemeindliche Einrichtungen von einem neuen Einrichtungsträger - einem Zweckverband - übernommen worden seien. Danach hätten die Mitgliedsgemeinden den Altanschließern noch nicht verbrauchte (abgeschriebene) Herstellungsbeiträge zurückzuzahlen, ggf. gestaffelt nach dem Zeitpunkt, zu dem sie für die gemeindliche Einrichtung beitragspflichtig geworden seien, mithin unter Berücksichtigung der Dauer der Nutzung durch den Altanschließer. Da derartige Trägerwechsel - von (Mitglieds-)Gemeinden auf einen Zweckverband - in ihren Auswirkungen der vorliegenden Konstellation, dass durch die Verbindung zweier bisher technisch und rechtlich getrennter Entwässerungseinrichtungen eine „neue“ Einrichtung desselben Einrichtungsträgers geschaffen werde, vergleichbar seien, gelte vorliegend nichts anderes. Gegen die rechnerische Ermittlung des Abschreibungssatzes durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband habe der Kläger Maßgebliches nicht eingewendet; Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermittlung seien auch nicht ersichtlich. Indem der Beklagte die im Jahr 1985 erbrachten Vorleistungen des Klägers mit einem jährlichen Abschreibungssatz von 2,88% unter Zugrundelegung eines von dem der Beitragszahlung jeweils folgenden Jahr bis 2010 reichenden Abschreibungszeitraums, in dem der Kläger als Altanschließer aus den Anlageteilen Vorteile - Nutzen - hätte ziehen können, gekürzt habe, habe er dem sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nachvollziehbar Rechnung getragen.

Die Beitragserhebung sei nicht wegen Zeitablaufs nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG unzulässig. Der Beitrag habe noch erhoben werden können, weil die Vorteilslage frühestens 1984 eingetreten sei und damit die Veranlagung am 13. April 2012 noch innerhalb des 30-jährigen Zeitraums des Art. 19 Abs. 2 KAG erfolgt sei. Diese Übergangsvorschrift sei vorliegend anwendbar, weil der Beitrag durch nicht bestandskräftigen Bescheid vor dem 1. April 2014 festgesetzt worden sei. Der auf den Zeitraum ab 1984 eingegrenzte Eintritt der Vorteilslage ergebe sich zur Überzeugung der Kammer daraus, dass in den Plänen zum Bebauungsplan Nr. 21 vom 7. Dezember 1983 keine vorherige Bebauung erfasst worden sei, dass im Verzeichnis über die Herstellungskosten und Wiederbeschaffungszeitwerte sämtliche Schächte zwischen den maßgeblichen Anschlusspunkten mit dem Baujahr 1984 erfasst seien und dass am 18. Dezember 1984 eine Schlussabnahme für die Beendigung der Maßnahme („Kanalisation in der …“) erfolgt sei. Daraus ergebe sich, dass die Möglichkeit des Anschlusses des Grundstücks frühestens mit Verlegung dieses Leitungsabschnitts im Laufe des Jahres 1984 gegeben gewesen sei. Gegen die Festlegung einer 30-jährigen Verjährungsfrist in Art. 19 Abs. 2 KAG bestünden keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, U.v. 12.3.2015, 20 B 14.441, Rdnr. 28, juris) in einem obiter dictum Zweifel an der Vereinbarkeit von Art. 19 Abs. 2 KAG mit dem in Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV enthaltenen Gleichheitssatz geäußert. Die Kammer schließe sich diesen Bedenken jedoch nicht an und habe keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsvorschrift (wird ausgeführt).

Die Berufung werde nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage der Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift Art. 19 Abs. 2 KAG grundsätzliche Bedeutung habe und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 13. März 2015 (Az. 20 B 14.1441, Rdnr. 28, juris) und im Beschluss vom 11. Mai 2015 (Az. 20 ZB 15.218, Rdnr. 5, juris) Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 1. Dezember 2015 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 13. April 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes Roth vom 6. Oktober 2014 aufzuheben.

Vorliegend sei grundsätzlich von einem Übergangsfall im Sinne des Art. 19 Abs. 2 KAG auszugehen, bei dem der streitgegenständliche Beitrag durch nicht bestandskräftigen Bescheid vom 13. April 2012 vor dem 4. April 2014 festgesetzt worden sei. In einem derartigen Fall solle die Festsetzungsfrist einheitlich 30 Jahre ab dem Eintritt der Vorteilslage betragen. Das Verwaltungsgericht habe sowohl den maßgeblichen Eintritt der Vorteilslage als auch die Unvereinbarkeit der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV verkannt. Das Verwaltungsgericht gehe in seiner Entscheidung davon aus, dass die für den Lauf der Verjährungsfrist maßgebende Vorteilslage erst im Jahr 1984 eingetreten sei. Dies würde sich daraus ergeben, dass die Möglichkeit des Anschlusses des Grundstückes des Klägers frühestens mit Verlegung des betreffenden Leitungsabschnitts im Laufe des Jahres 1984 gewesen sei. Dies sei unzutreffend, denn maßgeblich sei das Inkrafttreten des Bebauungsplanes im Jahre 1983, was einen Zeitraum bis zum Bescheidserlass von 29 Jahren ergebe, sodass es maßgeblich auf die Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG ankomme. Diese Regelung sei jedoch verfassungswidrig. Insoweit werde auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. März 2015 (Aktenzeichen: 20 B 14.1441) verwiesen. Auf die Frage, ob bei der streitgegenständlichen Veranlagung die Anrechnung früher geleisteter Beitragszahlungen ordnungsgemäß erfolgt sei, komme es deswegen nicht mehr an.

Der Beklagte beantragte,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Frage, welche baulichen und sonstigen Maßnahmen beim technischen Zusammenschluss der Anlage im Jahre 2008 getätigt worden seien, verweise der Beklagte auf das vorgelegte Schreiben des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes vom 5. Dezember 2014. Mit dem technischen Zusammenschluss der vormals - auch rechtlich - getrennten Einrichtungen S. … und W … sei eine neue Einrichtung entstanden. Es hätten in erheblichem Umfang Investitionen an der zentralen Kläranlage in S … vorgenommen werden müssen, um eine ordnungsgemäß funktionierende Entwässerung zu gewährleisten. Zum einen hätten Anlagegüter im Umfang von rund 65% des noch vorhandenen Wertes der Kläranlage erneuert oder zusätzlich geschaffen werden müssen. Die Kläranlagen in W … und Sch … seien aufgelassen worden. Die erforderlichen Maßnahmen zur Umgestaltung des Kanalnetzes hätten fast der Hälfte des Wertes des vorhandenen Kanalnetzes (Wert zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses) entsprochen. Die noch nicht abgeschlossene Umgestaltung beinhalte folgende Maßnahmen: Erstellung von Verbindungsleitungen (über 6,8 km) zur Zentralkläranlage, Auswechslung hydraulisch überlasteter Kanäle, Erneuerung bestehender Kanäle, Umstellung in Teilbereichen von Mischauf Trennsystem, Erweiterung des Kanalnetzes, 13 zusätzliche Sonderbauwerke, Erneuerung eines weiteren Sonderbauwerks in Wa … Der kommunale Prüfungsverband gehe davon aus, dass durch den technischen Zusammenschluss von S … und W … eine neue Einrichtung entstanden sei, die erstmals einen Vorteil für die angeschlossenen Grundstücke vermittelt habe. Die ursprünglichen Anlagen seien untergegangen und damit auch der Vorteil. Auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der 30-jährigen Festsetzungsverjährungsfrist komme es deshalb nicht an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufes der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist im Ergebnis richtig. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid des Beklagten vom 13. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Oktober 2014 findet in der Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. November 2011 (BGS/EWS 2011) eine rechtliche Grundlage und verletzt den Kläger auch mit der konkreten Festsetzung nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungseinrichtungen, wie die des Beklagten. Von dieser Ermächtigung hat der Beklagte durch den Erlass seiner Beitrags- und Gebührensatzung vom 23. November 2011 (BGS/EWS 2011) Gebrauch gemacht. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Abgabesatzung und der zugrunde liegenden Entwässerungssatzung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der streitgegenständliche Bescheid hat auf jeden Fall eine rechtliche Grundlage in der BGS/EWS 2011, weil es sich bei der durch den streitgegenständlichen Bescheid abgerechneten Maßnahme um eine Neuherstellung der Entwässerungsanlage des Beklagten handelt, so dass es auf die Wirksamkeit der Vorgängersatzungen nicht ankommt.

Der Beklagte ist als selbständiges Kommunalunternehmen (Art. 84 BayGO) in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts richtiger Beklagter (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil er den streitgegenständlichen Bescheid erlassen hat. Der Beklagte ist auch für den Erlass des Herstellungsbeitragsbescheids sachlich zuständig und befugt. Die Gemeinden können Kommunalunternehmen einzelne oder alle mit einem bestimmten Zweck zusammenhängende Aufgaben ganz oder teilweise übertragen (Art. 89 Abs. 2 BayGO). Die Aufgabe der Abwasserbeseitigung hat die Stadt S. an das Kommunalunternehmen S. durch § 2 Abs. 1 der Unternehmenssatzung des Kommunalunternehmens S. vom 16. November 2004 übertragen, die entsprechende Befugnis, Abgabebescheide zu erheben, ausdrücklich jedoch nicht. Zwar ist zu beachten, dass eine dem Art. 22 Abs. 1 KommZG entsprechende Regelung, wonach ausdrücklich auch die Befugnis, Abgaben zu erheben auf den Zweckverband übergeht, in Art. 89 GO nicht enthalten ist und es eine allgemeine Regel, die Befugnis folge immer der Aufgabe, nicht gibt. Bei der Gründung von Kommunalunternehmen ist aber eine ausdrückliche Übertragung der Befugnis, Beiträge zu erheben neben der Aufgabenübertragung nicht erforderlich. Art. 91 Abs. 4 GO bestimmt, dass das Unternehmen zur Vollstreckung von Verwaltungsakten in demselben Umfang berechtigt ist wie die Gemeinde, wenn es auf Grund einer Aufgabenübertragung nach Art. 89 Abs. 2 hoheitliche Befugnisse ausübt und bei der Aufgabenübertragung nichts Abweichendes geregelt wird. Damit geht die Vorschrift stillschweigend davon aus, dass bei Kommunalunternehmen mit der Aufgabe auch die Befugnis übergeht.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung eines Herstellungsbeitragsbescheides (Art. 5 Abs. 1 KAG) liegen vor. Der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung für eine öffentliche Einrichtung ist nicht verletzt, weil der Beklagte zu Recht von einer Neuherstellung der Wasserversorgungsanlage in seinem Gemeindegebiet ausgegangen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt BayVGH, U.v. 19.5.2010 - 20 N 09.3077 - BayVBl. 2011, 116 = juris Rn. 43 m.w.N.) wird der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung für eine öffentliche Einrichtung dann nicht verletzt, wenn Beiträge für eine Neueinrichtung verlangt werden sollen, denn für sie war eine früher erbrachte Leistung nicht bestimmt. Von einer wiederum beitragsfähigen Herstellung einer neuen Einrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG ist bei leitungsgebundenen Einrichtungen dann auszugehen, wenn die vorhandene Einrichtung durch die Baumaßnahme grundlegend umgestaltet bzw. erneuert wird und sie nach der Verkehrsauffassung nunmehr als eine andere bzw. neue Einrichtung anzusehen ist. Dabei kommt es maßgeblich auf den bisherigen Umfang und Zustand der alten Einrichtung an, etwa ob sie unter Beachtung neuzeitlicher Anforderungen unzureichend oder untragbar geworden ist, und auf Erfordernisse und Zwänge, die Anlass für die Umgestaltung sind. Weisen in der neuen Gesamteinrichtung die neuen Teile ein erhebliches Übergewicht auf, ist im Regelfall von einer neuen Einrichtung auszugehen. An der Neuherstellung ändert sich auch nichts dadurch, dass in der neuen Einrichtung Teile der alten Anlage weiter verwendet werden, für die bereits Beiträge geleistet worden sind. Dies hindert nicht das Entstehen neuer Beitragspflichten, sondern wirkt sich allenfalls aufwandmindernd aus (vgl. BayVGH U.v. 27.11.2003 - 23 B 03.1250 - BeckRS 2003, 31487, beck-online). Soweit Altanlagenteile in die Neuanlage einbezogen werden, ist zweckmäßigerweise deren Restbuchwert bei der Kalkulation der Beitragssätze für die neu erstellte Anlage zu berücksichtigen. Frühere Beitragsleistungen der Altanschließer sind durch die Gewährung eines Abschlags auf die neue Beitragsschuld zu berücksichtigen, der sich an dem Verhältnis des Restbuchwertes zum Gesamtbuchwert zu orientieren hat (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 749 m.w.N.). So verhält es sich auch hier. Mit dem Zusammenschluss der vormals zumindest technisch getrennten Entwässerungsanlagen ist eine neue Entwässerungsanlage entstanden. Diese Betrachtung wird durch die getätigten umfangreichen Verbesserungsmaßnahmen untermauert. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten hätten Anlagegüter im Umfang von rund 65% des noch vorhandenen Wertes der Kläranlage erneuert oder zusätzlich geschaffen werden müssen. Die Kläranlagen in W … und Sch … sind aufgelassen worden. Die erforderlichen Maßnahmen zur Umgestaltung des Kanalnetzes hätten fast der Hälfte des Wertes des vorhandenen Kanalnetzes (zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses) entsprochen. Die Umgestaltung beinhalte folgende Maßnahmen: Erstellung von Verbindungsleitungen (über 6,8 km) zur Zentralkläranlage, Auswechslung hydraulisch überlasteter Kanäle, Erneuerung bestehender Kanäle, Umstellung in Teilbereichen von Mischauf Trennsystem, Erweiterung des Kanalnetzes, 13 zusätzliche Sonderbauwerke, Erneuerung eines weiteren Sonderbauwerks in Wa … Damit kann nicht mehr von einer Verbesserung, Reparatur oder Erneuerung gesprochen werden. Infolgedessen hat der Beklagte den Restbuchwert der vorhandenen Anlagenteile in die Kalkulation eingestellt, wobei allerdings die (Neu-)Investitions-maßnahmen diesen Restbuchwert bei weitem überstiegen haben.

Von dieser Einschätzung ist das Verwaltungsgericht in seinem durch die Berufung des Klägers angefochtenen Urteil (Seite 10 f.) ebenfalls ausgegangen. Unzutreffend zieht das Verwaltungsgericht jedoch den Schluss, dass für das erstmalige Entstehen der für die streitgegenständliche Beitragserhebung maßgeblichen Vorteilslage der erstmalige Anschluss des Grundstücks des Klägers an die ursprüngliche Entwässerungseinrichtung maßgeblich ist. Handelt es sich um eine Neuherstellung einer Entwässerungsanlage, kommt es für das Entstehen der Vorteilslage und damit für die Berechnung des Laufes der Zwanzigjahresfrist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG auf die Fertigstellung und die Benutzbarkeit der Neuanlage an. Dies war frühestens im Jahr 2008. Obwohl in der neuen Anlage noch nicht vollends abgeschriebene Investitionsgüter aus den Altanlagen vorhanden sind, stellt dies keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Belastungsklarheit dar, denn dieser Umstand wurde durch die Ansetzung des Restbuchwertes in der Beitragskalkulation entsprechend berücksichtigt. Damit kommt es auf die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung nach Art. 19 Abs. 2 KAG nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 319,44 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg, da weder der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (hierzu 1.) noch der der Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (hierzu 2.) vorliegt. Soweit die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht wird, sind bereits die Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht erfüllt (hierzu 3.).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils liegen vor, wenn die angegriffene Entscheidung mit überwiegender bzw. hoher Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2011 - 20 ZB 11.1146 - juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - NVwZ-RR 2004, 542). Schlüssige Gegenargumente liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Anhaltspunkte aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis nicht richtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2001/10 - NVwZ 2011, 546). Daran fehlt es hier.

a) Soweit die Klägerin sich in der Begründung des Zulassungsantrags gegen den vom Beklagten vorgenommenen Ansatz eines kalkulatorischen Zinssatzes nach Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG i. H. v. 5% wendet, werden ernstliche Zweifel nicht begründet. Denn Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG eröffnet der Verwaltung hinsichtlich der „Angemessenheit“ der angesetzten Verzinsung des Anlagekapitals einen Beurteilungsspielraum (vgl. im Einzelnen BayVGH, B.v. 23.10.2018 - 20 N 17.621 - juris Rn. 22 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 5.5.2008 - 4 BV 07.614 - BayVBl 2009, 247, juris Rn. 10; VGH BW, U.v. 16.2.1989 - 2 S 2279.87 - VBl BW 1989, 462; Hasl-Kleiber in Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, Stand Juli 2018, Teil 5, 54.00, 3.5; Stadlöder in Schieder/Happ, BayKAG, Stand Januar 2018, Art. 8 Rn. 39). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich daher im Sinne einer Vertretbarkeitskontrolle darauf, ob die Verwaltung den Sachverhalt vollständig erfasst hat, ob die maßgeblichen Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde oder ob sachfremde Erwägungen Einfluss auf die Entscheidung genommen haben (BayVGH, B.v. 23.10.2018 - 20 N 17.621 - juris Rn. 23 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall hat sich der Beklagte im Rahmen dieses Beurteilungsspielraums gehalten. Eine unzureichende Sachverhaltserfassung oder eine Überschreitung von Verfahrensregeln werden klägerseits nicht geltend gemacht und sind auch nicht erkennbar. Der Beklagte hat aber auch die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten. Insoweit bestehen nach der Rechtsprechung des BayVGH zwei grundsätzlich mögliche Herangehensweisen für die Bemessung eines angemessenen kalkulatorischen Zinssatzes: Er kann einerseits für die jeweilige Kalkulationsperiode nach den aktuellen Gegebenheiten, mit der Gefahr mehr oder weniger großer Schwankungen berechnet werden. Oder es kann andererseits ein auf längere Zeit beizubehaltender Zinssatz gewählt werden, der sich dementsprechend an längeren Perioden zu orientieren hat (BayVGH, B.v. 5.5.2008 - 4 BV 07.614 - juris Rn. 10). Eine Verpflichtung, sich im Sinne der genannten ersten Variante nur an aktuellen Zinsverhältnissen zu orientieren und daher ständig den Zinssatz nachzujustieren besteht demgegenüber nicht (BayVGH, B.v. 23.10.2018 - 20 N 17.621 - juris Rn. 25 m.w.N.). Der Beklagte hat sich vorliegend im Sinne der zweiten dargestellten Variante dafür entschieden, sich für die Wahl des Zinssatzes an längeren Perioden zu orientieren. Er hat sich laut seinem Vortrag im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (Schriftsatz vom 13.4.2016) an der Zinszeitreihe der Deutschen Bundesbank zu den Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Anleihen der öffentlichen Hand orientiert, wonach der Durchschnitt der letzten dreißig Jahre über alle Restlaufzeiten 4,70% betragen hat. Dies ist angesichts der Abschreibungszeiträume für langlebige Anlagegüter, wie sie in Entwässerungsanlagen typischerweise vorkommen, nicht zu beanstanden.

Die Klägerin wendet hiergegen nichts Substantiiertes ein. Soweit sie vorbringt, dass die „längere Sicht“ der vom Gesetzgeber in Art. 8 Abs. 6 KAG angesprochene bis zu vierjährige Zeitraum sein dürfte, unterliegt sie einem Rechtsirrtum. Denn Art. 8 Abs. 6 KAG regelt allein die Länge des Kalkulationszeitraums (vgl. LT-Drs. 12/8082, S. 9) und ist daher für die Frage, auf welchen Zeitraum für die Festlegung des angemessenen Zinssatzes abgestellt werden darf, ohne Bedeutung. Für die daneben von der Klägerin erhobene Forderung, dass der mehrjährige Zeitraum nicht über fünf bis zehn Jahre hinausgehen dürfe, ist ein möglicher rechtlicher Anknüpfungspunkt nicht erkennbar und wird bezeichnenderweise auch in der Begründung des Zulassungsantrags nicht vorgebracht.

Daneben werden auch durch die vom Beklagten vorgenommene allein retrospektive Betrachtung (ohne Berücksichtigung der in den kommenden Jahren aufgrund der langjährigen Niedrigzinsphase zu erwartenden rückläufigen Zinsentwicklung) die Bewertungsgrundsätze nicht verkannt. Eine Pflicht zur Berücksichtigung der erwarteten künftigen Reduzierung der Zinsen ist angesichts der fehlenden Vorhersehbarkeit der künftigen Zinsentwicklung nicht zu begründen. Allerdings wird in künftigen Kalkulationen für künftige Bemessungszeiträume eine Erhöhung des kalkulatorischen Zinssatzes angesichts der nun bereits schon mehrere Jahre andauernden Niedrigzinsphase nur schwer zu begründen sein.

Die vom Beklagten über die 4,70% hinaus vorgenommene Aufrundung auf 5% hält sich angesichts der Tatsache, dass der durchschnittliche Zinssatz der letzten vierzig Jahre nach der vom Beklagten vorgelegten Zeitreihe der Deutschen Bundesbank bei 5,5% liegt und das zu verzinsende Anlagekapital zu einem großen Teil aus langlebigen Anlagegütern besteht, noch im Rahmen des behördlichen Beurteilungsspielraums. Auch dass der Beklagte sachfremde Erwägungen angestellt hat, ist nicht ersichtlich.

Da der Beklagte sich bei der Festsetzung des „angemessenen“ Zinssatzes damit im Rahmen des Beurteilungsspielraums gehalten hat, kann der festgelegte kalkulatorische Zinssatz entgegen der Argumentation der Klägerin auch nicht zu einer bewussten Überdeckung führen. Gleichwohl eintretende Kostenüberdeckungen sind nach der Rechtsprechung des Senats im folgenden Kalkulationszeitraum auszugleichen.

b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestehen aber auch nicht aufgrund der Argumentation der Klägerin, dass eine Rechtfertigung zum Ansatz kalkulatorischer Zinsen schon deshalb nicht bestehe, weil der Beklagte das Anlagekapital zum überwiegenden Teil unentgeltlich erhalten habe.

Nach Art. 8 Abs. 3 Sätze 1 und 3 KAG ist Gegenstand der „angemessenen“ Verzinsung das Anlagekapital. Der Begriff des Anlagekapitals ist nach allgemeiner Meinung deckungsgleich mit dem Anlagekapital nach § 87 Nr. 2 KommHV-Kameralistik. Danach besteht das Anlagekapital rechnerisch aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzgl. der Abschreibungen (vgl. nur Stadlöder in Schieder/Happ, Art. 8 KAG, Rd. 38).

Der Beklagte, der bis zum 31. Dezember 2013 als reiner Innenverband ausgestaltet war und erst seit dem 1. Januar 2014 als sog. Außenverband auch gegenüber den Bürgern seines Zuständigkeitsbereichs gegenüber auftritt, hatte hinsichtlich der von ihm in der Zeit als Innenverband hergestellten gemeinsamen Kläranlage und des Ringkanals um den S* … … zweifellos Herstellungskosten aufgewendet. Hinsichtlich der von den Gemeinden übernommenen Ortskanalisationen behauptet die Klägerin dagegen, dass diese unentgeltlich erhalten worden seien. Dies trifft aber bereits tatsächlich nicht zu, da der Beklagte nach § 2 der mit den Mitgliedsgemeinden abgeschlossenen Übertragungsvereinbarungen Ablösebeträge in Höhe der Differenz zwischen dem Restbuchwert des Vermögens und der Summe der Restbuchwerte der vereinnahmten Herstellungsbeiträge zzgl. anderweitiger Deckungsmittel zum Stand 31. Dezember 2013 gezahlt hat. Diese Ablösebeträge summierten sich auf insgesamt 19.688.356,63 Euro. Lediglich für die Wohnsitzgemeinde der Klägerin, die Gemeinde S* …, war nichts zu zahlen, da die Entwässerungseinrichtung der Gemeinde S* … bereits vollständig abgeschrieben war (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 15.3.2016 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren). Dies ist jedoch im Ergebnis unerheblich, da es für die Rechtmäßigkeit der Gebührenkalkulation nicht darauf ankommt, ob für einen Teilbereich der Entwässerungseinrichtung der Beklagten kein Ablösungsbetrag geflossen ist. Vielmehr kommt es auf die Gesamtheit der Entwässerungseinrichtung des Beklagten an. Diese setzt sich eben aus dem bereits vor 2014 vom Beklagten als Innenverband erstellten Anlagen und den zum Jahreswechsel 2013/2014 übernommenen Entwässerungseinrichtungen aller Mitgliedsgemeinden zusammen.

Dass die Verzinsung dieses Anlagekapitals nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, wurde von der Klägerin weder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch im Berufungszulassungsverfahren substantiiert gerügt. Nach der Rechtsprechung des VGH genügt es nicht, wenn eine Klagepartei ohne konkrete Belege lediglich behauptet, die bestimmten Gebührensätze seien nicht ordnungsgemäß ermittelt worden. Zwar verlangt der Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 VwGO), dass das Gericht alle vernünftigerweise zu Gebote stehenden Möglichkeiten zur Aufklärung des für seine Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts ausschöpft, die geeignet erscheinen, die dafür erforderliche Überzeugung zu gewinnen. Diese Pflicht findet aber in der Mitwirkungspflicht der Beteiligten eine Grenze. Sie besteht nicht nur darin, dass das Gericht die Beteiligten zur Erforschung des Sachverhalts mit heranziehen kann, sondern auch und gerade darin, dass die Klägerseite die zur Begründung ihrer Rechtsbehelfe oder ihrer Einwendungen dienenden Tatsachen oder Beweismittel nach § 82 Abs. 1 Satz 3 VwGO angeben soll. Solange sie dieser Pflicht nicht nachkommt, überprüfbare und einem Beweis zugängliche Tatsachen vorzutragen, braucht das Gericht der bloßen Möglichkeit fehlerhaft bestimmter Gebührensätze nicht nachzugehen. Dass es für die Klägerin nicht ganz einfach ist, die ermittelten Gebührensätze auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, entbindet sie nicht davon, sich im Rahmen der ihr obliegenden Mitwirkungspflicht selbst durch Akteneinsicht sachkundig zu machen, notfalls mit Hilfe eines beauftragten Sachverständigen. Um dieser Mitwirkungspflicht nachkommen zu können, ist der Klägerin ein umfangreiches Akteneinsichtsrecht in die Kalkulationsunterlagen eingeräumt (vgl. zum Ganzen BayVGH, U.v. 29.4.2010 - 20 BV 09.2024 - juris Rn. 61 m.w.N.). Die Klägerin hatte vorliegend Gelegenheit zur Einsicht in die Anlagenachweise des Beklagten (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 15.3.2016 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren). Sie hat jedoch nicht gerügt, dass darin falsche, den tatsächlichen Anschaffungskosten nicht entsprechende Werte enthalten sind. Ebenso wenig hat sie gerügt, dass auf der Grundlage der Anlagenachweise falsche Werte der Kalkulation zugrunde gelegt wurden. Damit ist eine ordnungsgemäße Kalkulationsrüge nicht erhoben worden. Das Verwaltungsgericht war damit entgegen der Antragsbegründung auch nicht von sich aus verpflichtet, im Wege der Amtsermittlung gemäß § 86 VwGO zu prüfen, welches „Eigenkapital“ (richtig: Anlagekapital) mit dem kalkulatorischen Zinssatz von 5% verzinst und in die Kalkulation eingestellt wurde. Die diesbezüglich erhobene Rüge in der Begründung des Zulassungsantrags geht mangels einer substantiierten Kalkulationsrüge ins Leere.

c) Aus den im Wesentlichen gleichen Gründen ist auch der Vorwurf der Klägerin unbegründet, der Beklagte habe nicht die Herstellungs- und Anschaffungskosten laut seinen Anlagenachweisen heranziehen dürfen zur Berechnung der Abschreibung, da er die Einrichtung im Wesentlichen unentgeltlich erhalten habe. Denn, wie oben dargestellt, hatte der Beklagte tatsächlich Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, aufgrund derer er sein Anlagekapital nach Art. 8 Abs. 3 Satz 2 KAG abschreiben und diese Abschreibungen der Gebührenkalkulation zugrunde legen konnte (Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG). Ob die insoweit angesetzten Werte zutreffend waren, war mangels einer substantiierten Kalkulationsrüge (s.o.) wiederum nicht von Amts wegen zu prüfen.

2. Auch der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liegt nicht vor. Dieser verlangt, dass das Verwaltungsgericht ausdrücklich oder konkludent in seinem Urteil einen Rechts- oder Tatsachensatz aufgestellt hat, der von einem Rechts- oder Tatsachensatz in einer Entscheidung eines Obergerichts abweicht (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 42 und 43).

Dem von der Klägerin angeführten Urteil des BayVGH vom 2. März 2000 (4 N 99.68 - NVwZ-RR 2001, 120, 121) kann zwar der Rechtssatz entnommen werden, dass die unmittelbaren Ausgaben für die Herstellung und Anschaffung von Anlagen der öffentlichen Einrichtung, wie Darlehenszinsen, nach der Regelung in Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG grundsätzlich erst über die Berücksichtigung der kalkulatorischen Kosten (Abschreibung und Zinsen) zu ansetzbaren Kosten würden. An Stelle der Darlehenszinsen könne eine angemessene Verzinsung des Anlagekapitals gebührenerhöhend in Ansatz gebracht werden. Allerdings hat das Verwaltungsgericht in seiner streitgegenständlichen Entscheidung bereits keinen damit im Widerspruch stehenden Rechtssatz aufgestellt. Die Klägerin führt in der Begründung des Zulassungsantrags insoweit aus, dass dem verwaltungsgerichtlichen Urteil der Rechtssatz zu entnehmen sei, dass der Beklagte bei der Gebührenkalkulation eine Eigenkapitalverzinsung ansetzen könne, deren Zinssatz weit höher sei als der tatsächliche marktübliche Zinssatz für Fremddarlehen. Dieser Satz findet sich jedoch an keiner Stelle des streitgegenständlichen Urteils. Die Begründung des Zulassungsantrags bleibt auch jeglichen Hinweis schuldig, woraus sie diesen Rechtssatz ableitet. Im Ergebnis kann dies jedoch offen bleiben, da dieser Rechtssatz auch nicht im Widerspruch zu der oben genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 2.3.2000 steht. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht in dem streitgegenständlichen Urteil im Einklang mit der obigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ausgeführt (s.S. 24/25 des Urteils), dass nach Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG eine angemessene Verzinsung des Anlagekapitals berücksichtigt werden solle (…). Der gewählte Zinssatz erscheine im Hinblick auf die dargelegten Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen noch als angemessen. Eine Orientierung an der derzeitigen geringeren Verzinsung greife zu kurz, da sie die längerfristigen Zinsschwankungen in einem breiteren Rahmen außer Acht lasse (…). Gerade bei langlebigen Anlagegütern sei das Abstellen auf das langjährige Mittel von Geld und Kapitalmarktrenditen sachlich begründet, jedenfalls sei der Beklagte nicht verpflichtet, sich nur an aktuellen Zinsverhältnissen zu orientieren.

Eine Divergenz liegt damit nicht vor.

3. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) verlangt nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ausführt, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutert, weshalb die Frage klärungsbedürftig ist und schließlich darlegt, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 a Rn. 72). „Darlegen“ bedeutet schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mehr als lediglich einen allgemeinen Hinweis. „Etwas darlegen“ bedeutet vielmehr soviel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (BVerwG, B.v. 2.10.1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90/91; B.v. 9.3.1993 - 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825). Der Orientierungspunkt dieser Erfordernisse ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung, mit der sich die Begründung des Zulassungsantrags substantiiert auseinandersetzen muss (BVerfG, B.v. 2.3.2006 - 2 BvR 767/02 - NVWZ 2006, 683). Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erfordert regelmäßig eine Durchdringung der Materie und in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird (BVerfG, B.v. 7.11.1994 - 2 BvR 2079/93 - juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 9.3.1993 - 3 B 105/92 - NJW 1993, 2825).

Diesen Anforderungen entspricht die Begründung des Zulassungsantrags nicht. Sie nennt zwar mehrere nach Auffassung der Klägerin grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen. Es fehlt aber an einer Darlegung im Einzelnen, warum diese Fragen entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und von Bedeutung über den Einzelfall hinaus sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1, 3, § 47 GKG.

Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 60 entsprechend.

(1) Die Beteiligten können die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Beteiligte können sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen.

(2) Werden die Prozessakten elektronisch geführt, wird Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt. Auf besonderen Antrag wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Ein Aktenausdruck oder ein Datenträger mit dem Inhalt der Akten wird auf besonders zu begründenden Antrag nur übermittelt, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse darlegt. Stehen der Akteneinsicht in der nach Satz 1 vorgesehenen Form wichtige Gründe entgegen, kann die Akteneinsicht in der nach den Sätzen 2 und 3 vorgesehenen Form auch ohne Antrag gewährt werden. Über einen Antrag nach Satz 3 entscheidet der Vorsitzende; die Entscheidung ist unanfechtbar. § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Werden die Prozessakten in Papierform geführt, wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Die Akteneinsicht kann, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, auch durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt werden. Nach dem Ermessen des Vorsitzenden kann der nach § 67 Absatz 2 Satz 1 und 2 Nummer 3 bis 6 bevollmächtigten Person die Mitnahme der Akten in die Wohnung oder Geschäftsräume gestattet werden. § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(4) In die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die Arbeiten zu ihrer Vorbereitung und die Dokumente, die Abstimmungen betreffen, wird Akteneinsicht nach den Absätzen 1 bis 3 nicht gewährt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.