Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2008 - 5 StR 496/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Die von dem Angeklagten zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegebene Revisionsbegründung ist nicht innerhalb der einmonatigen Revisionsbegründungsfrist nach § 345 Abs. 1 StPO angebracht worden. Diese endete wegen des dazwischen liegenden Wochenendes mit Ablauf des Montag, 11. Februar 2008. Tatsächlich trägt die Revisionsbegründungsschrift den 20. Februar 2008 als Eingangsstempel, den Tag, an dem der Rechtspfleger mit seiner Unterschrift die Übernahme der Verantwortung für den Inhalt der Revisionsbegründung übernommen hat.
Dem Angeklagten, dessen Verteidiger nicht nur die allgemeine Sachrüge, sondern auch Verfahrensrügen fristgerecht erhoben hat, war namentlich für seine Verfahrensrügen von Amts wegen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein amtliches Verschulden, das dazu genötigt hätte, liegt nicht vor. Der Rechtspfleger hat vermerkt, die Revisionsbegründung sei dem Rechtsantragsdienst am 6. Februar 2008 vorgelegt worden; ihre Bearbeitung sei vom 6. Februar 2008 bis 20. Februar 2008 erfolgt. Angesichts der vorliegenden vier Verfahrensakten, drei Sonderbände, eines LeitzordnerProtokollbandes , des 105 Seiten umfassenden Urteils und einer – abgese- hen von der erhobenen allgemeinen Sachrüge – Verfahrensrügen aufweisenden Revisionsbegründungsschrift des Angeklagten von 315 Seiten ist der dokumentierte zeitliche Prüfungsumfang des Rechtspflegers nicht unverhältnismäßig lang. Dies gilt gerade unter Berücksichtigung folgenden Umstands: das Recht eines Revisionsführers, die Revision zu Protokoll der Geschäftsstelle zu begründen, besteht nur innerhalb der normalen Dienststunden (BGH NStZ 1996, 353; BGHR StPO § 45 Abs. 1 Satz 1 Frist 1). In diesem Zusammenhang kann aber nicht erwartet werden, dass der Rechtspfleger während seiner gesamten Dienststunden für die Prüfung der vorliegenden Revisionsbegründung zur Verfügung steht. Denn zu berücksichtigen bleibt das Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen , nicht allein auf einen Angeklagten fokussierten Rechtspflege. Nichts anderes gilt für den hier vorliegenden Fall, in dem der Angeklagte dem Rechtspfleger eine von ihm, dem Angeklagten, verfasste Revisionsbegründungsschrift in dem oben beschriebenen Umfang vorlegt, die der Rechtspfleger gewissenhaft zu prüfen hat, um dem Erfordernis einer gestaltenden Beurteilung gerecht zu werden.
Ein amtliches Verschulden ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu erkennen , dass der Rechtspfleger bei der Vorlage dieser Revisionsbegründungsschrift gehalten gewesen wäre, den „gerichtserfahrenen“ Angeklagten während der Überprüfungszeit darüber zu informieren, dass er seine Überprüfung nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist wird bewältigen können. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Eröffnung der Möglichkeit einer Revisionsbegründung zu Protokoll der Geschäftsstelle durch den verteidigten Angeklagten rechtsstaatlich nicht geboten ist (BGH NStZ-RR 2008, 312; Senatsbeschluss vom 17. September 2008 – 5 StR 435/08).
Basdorf Raum Brause Schaal Dölp
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.
(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.
(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.