Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2004 - 5 StR 472/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
a) soweit der Angeklagte im Fall II.1. der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Teilerfolg. Im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Generalbundesanwalt hat zur Verurteilung im Fall II.1. und zur Anordnung der Maßregel ausgeführt: „Der Tatrichter hat im Falle II.1. seiner ‚stereotypen Pflicht‘ nicht genügt, die Frage eines möglichen Rücktritts vom Versuch zu erörtern (vgl. Basdorf SchlHA 1993, 57, 58; Senat, Beschl. v. 29. Januar 2003 – 5 StR 562/02). Angesichts der ungewöhnlichen Tatumstände läßt sich hier (vgl. dagegen Senat in NStZ-RR 2002, 230) dem Urteilszusammenhang der Ausschluß eines freiwilligen Rücktritts vom unbeendeten Versuch (vgl. BGHSt 35, 184, 186) ebenso wenig zweifelsfrei (vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 26) entnehmen wie die Annahme eines fehlgeschlagenen Versuchs , bei dem die Möglichkeit des strafbefreienden Rücktritts dem Täter versagt ist (vgl. aaO Nr. 27). ... Die äußerst knappen Feststellungen und Bewertungen sind nicht geeignet , die Maßregelanordnung zu rechtfertigen. Diese setzt die positive Feststellung eines länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Defekts voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begründet (st. Rspr.; vgl. BGHSt 34, 22, 26 f.; BGHR StGB § 63 Zustand 26). Schon dieser Defekt ist im Urteil nicht ausreichend belegt. Danach ist der Angeklagte ‚in seiner Persönlichkeit erheblich fehlentwickelt, wobei neurotische Mechanismen (Ängste, Zwangshandlungen wie Waschzwang, durchgängig gedrückte Stimmung) im Vordergrund stehen‘, er leidet an einer ‚Neurose‘, die ‚aus dem Konflikt des Angeklagten zwischen seiner vor etwa drei Jahren zutage getretenen Homo-/Bisexualität und der vom polnischen Katholizismus geprägten rigiden Sexualmoral entspringt ‘ (UA S. 4). Damit läßt sich eine so einschneidende Maßregel wie die des § 63 StGB nicht rechtsfehlerfrei begründen.
Auch die spärlichen Ausführungen des Landgerichts zur Gefährlichkeitsprognose begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Konkrete Anhaltspunkte, die die Erwartung künftiger Straftaten begründet erscheinen ließen, hat das Landgericht nicht mitgeteilt. Eine Wiederholungsgefahr im Sinne von § 63 StGB verlangt eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades und nicht nur die bloße Möglichkeit erneuter Rechtsbrüche (vgl. BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 16, 19). Eine solche Wahrscheinlichkeit ist schon mangels hinreichend umfassender Würdigung der Persönlichkeit des Angeklagten und seines im wesentlichen unauffälligen Vorlebens nicht erkennbar.“ Dem folgt der Senat. Er hebt danach die Verurteilung im Fall II.1. und den gesamten Rechtsfolgenausspruch auf.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.