Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2010 - 5 StR 299/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat gegen den Angeklagten – unter rechtskräftiger Teilfreisprechung – wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zwei Gesamtfreiheitsstrafen (zwei Jahre – unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einem Berufungsurteil des Landgerichts Dresden vom 11. April 2006 – sowie fünf Jahre) verhängt. Das Landgericht hat ferner zwei Monate der ersten Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet, wobei insgesamt ein Jahr und sechs Monate aus den Gesamtfreiheitsstrafen vorab zu vollstrecken seien. Die Revision des Angeklagten hat lediglich zur (mehrfachen ) Gesamtstrafbildung Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtmittel unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Zu den Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend, insoweit abweichend von der Begründung im Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts :
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- Die auf Verletzung des § 265 Abs. 3 StPO gestützte Verfahrensrüge scheitert an § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Der Beschwerdeführer hat eine vollständige Mitteilung der zwei Monate vor dem rechtlichen Hinweis erfolgten Verfahrensvorgänge aus der Hauptverhandlung unterlassen (Protokollband Bl. 89), aus denen die Strafkammer bei der Ablehnung des Aussetzungsantrags die genügende Vorbereitung der Verteidigung abgeleitet hat. In der Sache würde der Senat aus § 265 Abs. 3 StPO hier keinen unbedingten Anspruch auf Aussetzung der Hauptverhandlung herleiten, die im Übrigen nahe liegend mit Abtrennung des Verfahrens in dem allein betroffenen Einzelfall zu verbinden gewesen wäre. Anders als in dem weitaus gewichtigeren Fall des 2. Strafsenats in BGHSt 48, 183 dürfte bei dem hier in Frage stehenden Übergang von § 29a BtMG auf die Qualifikation des § 30a BtMG in einem von mehr als zehn angeklagten Fällen eine angemessene Unterbrechung der Hauptverhandlung in sachgerechter erweiterter Auslegung der Verfahrensvorschrift als ausreichend anzusehen sein (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl. § 265 Rdn. 37).
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- 2. Sachlichrechtlich sind Schuldsprüche, Einzelstrafaussprüche, Strafabschlag und Maßregelausspruch rechtsfehlerfrei. Indes hat die Strafkammer § 55 StGB rechtsfehlerhaft angewendet. Nicht das genannte Berufungsurteil bildete eine Zäsur, sondern das nach Begehung der darin abgeurteilten Taten ergangene Urteil des Amtsgerichts Kamenz vom 25. Mai 2004, hinsichtlich dessen Geldstrafe die Berufungsstrafkammer aber nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB von einer Gesamtstrafbildung abgesehen hatte (UA S. 10; vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl. § 55 Rdn. 9a mit Rspr.-Nachw.). An dieser Zäsurwirkung ändern zwischenzeitliche Geldstrafenvollstreckungen mangels Erledigung der Freiheitsstrafe nichts, weil die untereinander gesamtstraffähigen Sanktionen als Einheit zu betrachten sind (BGH, Beschluss vom 15. September 2010 – 5 StR 325/10). Da später vor Beendigung der gesamten Tatserie gegen den Angeklagten verhängte Geldstrafen nach den Feststellungen erledigt sind (UA S. 12 f.), hätte aus allen Einzelstrafen eine einzige Gesamtfreiheitsstrafe gebildet werden müssen. Es liegt zwar eher fern, dass diese milder ausfallen könnte als die nach § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO nun maßgebliche Obergrenze von sechs Jahren und sieben Monaten (Summe der beiden bislang verhängten Gesamtfreiheitsstrafen abzüglich der Strafe aus dem Berufungsurteil, hinsichtlich dessen rechtsfehlerhaft eine Einbeziehung erfolgt ist und nunmehr ein Widerruf der Strafaussetzung droht, vgl. UA S. 11). Der Senat kann dies indes, entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts , nicht im Sinne fehlender Beschwer sicher ausschließen. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem bloßen Subsumtionsfehler nicht.
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- Die Anrechnung von zwei Monaten wegen überlanger Verfahrensdauer bleibt aufrecht erhalten, nunmehr bezogen auf die neu zu bildende einheitliche Gesamtfreiheitsstrafe. Ein Vorwegvollzug vor der Maßregel nach § 64 StGB, der hinsichtlich der bisherigen Gesamtstrafen zutreffend angeordnet war (UA S. 105), wäre gemessen an der Höhe der neuen Gesamtfrei- heitsstrafe neu zu bestimmen, wird sich indes aufgrund der zwischenzeitlich weiter vollzogenen Untersuchungshaft wohl erübrigen (vgl. Fischer aaO § 67 Rdn. 9a).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.