Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2012 - 5 StR 233/12

bei uns veröffentlicht am06.06.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 233/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 6. Juni 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juni 2012

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 6. Februar 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte wegen (besonders ) schwerer räuberischer Erpressung und räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung (Geschehen vom 2. September 2010 – II.1 der Urteilsgründe) verurteilt wurde; jedoch bleiben die Feststellungen mit Ausnahme der die Schreckschusspistole betreffenden aufrechterhalten.

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (besonders) schwerer räuberischer Erpressung und wegen räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie wegen anderer Delikte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
2
1. Nach den unter II.1 getroffenen Feststellungen suchte der Angeklagte am 2. September 2010 gemeinsam mit dem gesondert verfolgten S. den Zeugen Ba. in dessen Wohnung in der Absicht auf, unter Androhung von Gewalt von ihm 300 € zu erlangen und „aus der Wohnung des Ba. Wertgegenstände mitzunehmen“ (UA S. 6). Zum Abtransportder angestrebten Beute hatte der Angeklagte eigens eine große leere Sporttasche mitgebracht. Nachdem die Täter von dem Zeugen Ba. unter Vorhalt einer geladenen Schreckschusspistole die Herausgabe eines Laptops, eines I-Phones und einer Playstation erzwungen hatten, wurden sie durch Erscheinen eines Besuchers gestört und begaben sich mit der Beute in Richtung der Wohnungseingangstür. Dabei erblickte der Angeklagte auf einem Wäscheständer einen nassen Lacoste-Pullover, den er in Zueignungsabsicht an sich nahm. Als der Geschädigte den Pullover ergriff, schlug der Angeklagte „mit seinem Kopf auf die Nase des Ba. , um sich den Besitz des Pullovers zu erhalten“ (UA S. 7 f.).
3
2. Das Landgericht wertet dieses Geschehen als zwei realkonkurrierende Taten der (besonders) schweren räuberischen Erpressung und des räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung. Hinsichtlich der ersten Tat sieht es wegen der Verwendung einer Waffe den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB als erfüllt an, ohne allerdings den erhöhten Unrechtsgehalt im Tenor kenntlich zu machen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2003 – 3 StR 373/02, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4). Sowohl die Annahme von zwei tatmehrheitlich begangenen Taten als auch die Anwendung der Qualifikation hinsichtlich des ersten Teils des Geschehens begegnen durchgreifenden sachlich-rechtlichen Bedenken.

4
a) Die Wegnahme des Pullovers schloss sich zeitlich und räumlich unmittelbar an die räuberische Erpressung an. Sie wurde unter Fortwirkung der – wenn auch nach Erscheinen des Besuchers möglicherweise gelockerten – Zwangslage begangen. Damit lag natürliche Handlungseinheit vor (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. August 1992 – 3 StR 358/92, BGHR StGB § 249 Abs. 1 Drohung 3; vom 11. Dezember 2007 – 4 StR 576/07). Zudem wurde die noch vor Beendigung der räuberischen Erpressung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. August 2002 – 1 StR 287/02, NStZ-RR 2002, 334) begangene Wegnahme des Pullovers von dem Entschluss des Angeklagten getragen, „aus der Wohnung des Ba. Wertgegenstände mitzunehmen“ (UA S. 6; vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Oktober 1998 – 4 StR 455/98, StraFo 1999, 100, 101; vom 12. August 1992, aaO).
5
b) Darüber hinaus sind die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht belegt. Es ist nicht festgestellt, dass nach der Bauart der Schreckschusspistole beim Abfeuern der Munition der Explosionsdruck nach vorne durch den Lauf austritt und es sich deshalb um eine Waffe im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a und Abs. 2 Nr. 1 StGB handelt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 2003 – GSSt 2/02, BGHSt 48, 197, 201; vom 15. März 2011 – 4 StR 40/11, NJW 2011, 1979, 1980; vom 9. Februar 2010 – 3 StR 11/10, NStZ-RR 2010, 170).
6
3. Die rechtsfehlerhafte Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses hinsichtlich der Delikte im Rahmen des unter II.1 des angefochtenen Urteils festgestellten Geschehens führt zu einer Aufhebung der entsprechenden Schuldsprüche und bedingt bereits die Aufhebung der jeweiligen Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Der Senat kann keine Umstellung der Schuldsprüche vornehmen. Denn er kann nicht ausschließen, dass weitere Feststellungen zu der Bauart der Schreckschusspistole (vgl. MünchKommStGB /Heinrich, 2007, § 1 WaffG Rn. 83) und den hierauf bezogenen Wahrnehmungen des Angeklagten getroffen werden können, welche die Annahme einer besonders schweren räuberischen Erpressung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB tragen. Einer umfassenderen Aufhebung von Feststellungen bedarf es hingegen nicht, da hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses lediglich ein Wertungsfehler vorliegt.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

Strafprozeßordnung - StPO | § 260 Urteil


(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils. (2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, gena

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(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 576/07
vom
11. Dezember 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 11. Dezember 2007 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 10. Juli 2007
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Diebstahl schuldig ist,
b) im Rechtsfolgenausspruch, auch soweit eine Entscheidung nach § 64 StGB unterblieben ist, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tatmehrheit mit Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel er- sichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch bedarf der Änderung, weil die Strafkammer das Konkurrenzverhältnis zwischen der schweren räuberischen Erpressung und dem Diebstahl unrichtig beurteilt und insoweit Tatmehrheit angenommen hat.
3
Zwar sind mehrere natürliche Handlungen grundsätzlich auch mehrere Taten im Rechtssinne. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn mehrere an sich selbständige Betätigungen zeitlich, räumlich und situativ derart miteinander verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise eine einheitliche Handlung bilden. Unter diesen Umständen ist von einer Tat im Rechtssinne auszugehen (BGHR StGB vor § 1/natürliche Handlungseinheit, Entschluss einheitlicher 13). So verhält es sich hier. Die Wegnahme des Mobiltelefons erfolgte bei Gelegenheit der zwar vollendeten, aber noch nicht beendeten schweren räuberischen Erpressung zum Nachteil desselben Tatopfers.
4
Der Senat kann den Schuldspruch umstellen, da auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte gegen das geänderte Konkurrenzverhältnis anders als geschehen hätte verteidigen können.
5
2. Mit der Schuldspruchänderung entfallen die von der Strafkammer festgesetzten Einzelstrafen (vier Jahre sowie sechs Monate Freiheitsstrafe). Die Festsetzung der vom Landgericht als angemessen erachteten Gesamtstrafe oder der höheren Einzelstrafe als Strafe für das einheitliche Delikt in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO kommt hier nicht in Betracht, da die vom Landgericht vorgenommene Strafzumessung nicht frei von Rechtsfehlern ist (vgl. nachstehend a). Darüber hinaus hätte sich das Landgericht ange- sichts der getroffenen Feststellungen zur Prüfung der Frage, ob eine Maßregel nach § 64 StGB anzuordnen ist, veranlasst sehen müssen (vgl. nachstehend b). Der Rechtsfolgenausspruch unterliegt deshalb insgesamt der Aufhebung.
6
a) Soweit das Landgericht bei Bemessung der Einzelstrafen maßgeblich zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass er "zur Tatzeit wegen nicht weniger als vier Verurteilungen ... unter laufender Bewährung ... stand", hat es, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist, übersehen, dass die Verurteilung durch das Amtsgericht St. Ingbert vom 19. September 2006 nach der verfahrensgegenständlichen Tat vom 28. August 2006 ergangen ist. Der Senat kann in Anbetracht der Höhe der verhängten Strafen nicht ausschließen, dass sich dieser Rechtsfehler bei der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe ausgewirkt hat. Die Strafe ist deshalb für das einheitliche Delikt neu zuzumessen. Der neue Tatrichter wird auch zu berücksichtigen haben, dass die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts St. Ingbert vom 19. September 2006 gesamtstrafenfähig (§ 55 StGB) ist.
7
b) Nach den Feststellungen konsumiert der vielfach wegen Gewalt- und Eigentumsdelikten vorbestrafte Angeklagte seit vielen Jahren regelmäßig Heroin. Die verfahrensgegenständliche Tat spielte im Drogenmilieu. Der Angeklagte hatte sich vor Tatbeginn nicht ausschließbar Heroin gespritzt und wies im Tatzeitpunkt überdies eine Blutalkoholkonzentration von 2,48 ‰ auf. Er hatte bei seiner kurz nach der Tat erfolgten Festnahme deutliche Ausfallerscheinungen. Deshalb hat das Landgericht nicht auszuschließen vermocht, dass er die Tat im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begangen hat.
8
In Anbetracht dieser Umstände hätte der Tatrichter - gemäß § 246 a StPO unter Hinzuziehung eines Sachverständigen - über die Frage einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB (n.F.) befinden müssen. Zwar muss nach der Neuregelung des § 64 StGB die Maßregel nicht mehr zwingend angeordnet werden. Gleichwohl soll auch weiterhin, wenn die Voraussetzungen des § 64 StGB vorliegen, nur in besonderen Ausnahmefällen von der Unterbringung abgesehen werden (BTDrucks. 16/5137, S. 10, 16/1344, S. 12). Ein solcher liegt hier nach den bisherigen Feststellungen nicht vor. Die Urteilsgründe lassen trotz einer im Rahmen eines früheren Maßregelvollzugs gescheiterten Therapie auch nicht erkennen, dass bei dem Angeklagten die erforderliche hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg (§ 64 Satz 2 StGB n.F.) nicht besteht. Vielmehr hat sich der Angeklagte im September 2006 aus eigenem Antrieb um die Aufnahme in einer Therapieeinrichtung bemüht, was auf eine bei ihm vorhandene Therapiebereitschaft hinweist.
9
Der Anordnung einer Unterbringung nach § 64 StGB (n.F.) steht nicht entgegen, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Nichtanordnung der Maßregel hat der Beschwerdeführer auch nicht von seinem Revisionsangriff ausgenommen.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 287/02
vom
27. August 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2002 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Augsburg vom 15. März 2002 dahin geändert, daß der Angeklagte
wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit
mit zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen der Nötigung zu der
Freiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt ist.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet
verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung sowie wegen zweier rechtlich zusammentreffender Fälle der Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat nur in geringem Umfang Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet.
Der Generalbundesanwalt hat zutreffend ausgeführt: „Die Annahme des Landgerichts, die schwere räuberische Erpressung stünde im Verhältnis der
Tatmehrheit zu der danach (in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen) begangenen Nötigung, hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen stehen diese Taten im Verhältnis der Tateinheit. Die schwere räuberische Erpressung war vollendet, als der Angeklagte im Besitz des Geldes, das er von der Zeugin S. erhalten hatte, die Bank verließ (UA S. 12). Die Tat war damit aber noch nicht beendet, da die endgültige Sicherstellung der Beute noch nicht erfolgt war (vgl. Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. vor § 22 Rdn. 8). Um diese zu erreichen, nötigte der Angeklagte seine Verfolger, die Zeugen F. und R. , zur Umkehr (UA S. 12, 13). In einem derartigen Fall steht die Gesetzesverletzung, die der Beendigung einer bereits vollendeten räuberischen Erpressung dient, zu dieser Tat im Verhältnis der Tateinheit nach § 52 StGB (vgl. BGHSt 26, 24 ff.; BGH NJW 1992, 2103, 2104). Die Nötigung tritt hier nicht aus Gründen der Gesetzeskonkurrenz hinter §§ 253, 255, 250 StGB zurück (zu einem solchen Fall vgl. BGH NStZ-RR 2000, 106), weil der Angeklagte mit der Nötigung der bislang unbeteiligten Zeugen F. und R. deren Willensbetätigungsfreiheit und damit ein neues Rechtsgut verletzte, um im Besitz der Beute zu bleiben. Der Änderung des Schuldspruchs steht § 265 StPO nicht entgegen, weil der (geständige) Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.“
Die vom Landgericht verhängte Strafe kann als Einzelstrafe in dieser Höhe bestehen bleiben, da vorliegend die Änderung des Konkurrenzverhältnisses von Tatmehrheit in Tateinheit den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten , so wie er in der ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafe zum Ausdruck gekommen ist, nicht berührt (vgl. BGHR StGB § 249 Abs. 1 Konkurrenzen 1 m.w. Nachw.).
Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Nack Wahl Boetticher Schluckebier Kolz

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 40/11
vom
15. März 2011
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Zur Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung und wegen unbefugten Tragens von
inländischen Uniformen und Amtsabzeichen, wenn der nicht der Bundeswehr
angehörende Täter unter Vortäuschung seiner Zugehörigkeit zu den Feldjägern
der Bundeswehr hoheitliche Befugnisse gegenüber Zivilpersonen in Anspruch
nimmt.
BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 4 StR 40/11 - LG Essen -
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 15. März 2011 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 15. Oktober 2010 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Amtsanmaßung, Urkundenfälschung, Missbrauch von Amtsabzeichen und Verstoß gegen das Waffengesetz verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Höhe des Tagessatzes der wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung verhängten Geldstrafe auf 1 Euro festgesetzt wird.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Amtsanmaßung, Urkundenfälschung, Missbrauch von Amtsabzeichen und einem "Verstoß gegen das Waffengesetz“ sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen nach Auflösung der dortigen Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen teilweisen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
Das Landgericht hat im Wesentlichen Folgendes festgestellt:
4
Nachdem die Zeugin S. in Gegenwart des Angeklagten Ende Mai/Anfang Juni 2009 davon berichtet hatte, der Geschädigte habe sie während einer mit ihr geführten kurzen Beziehung sexuell missbraucht, fasste der Angeklagte , der ebenso wie seine anwesenden Freunde dieser Schilderung Glauben schenkte, den Plan, den Geschädigten gemeinsam mit einer zweiten Person zum Zwecke der Bestrafung aufzusuchen und ihn zu verprügeln. Zur Vorbereitung der Tat entwarf der Angeklagte am Computer einen "Durchsuchungsbeschluss" , in dem – sinngemäß und in quasiamtlicher Diktion – die Durchsuchung der Wohnung des Geschädigten wegen des Verdachts verschiedener Straftaten, u.a. wegen "sexueller Belästigung“, "angeordnet" wird. Das Schriftstück war mit einem aus dem Internet herunter geladenen Bundeswehrkreuz versehen und mit dem vom Angeklagten herrührenden handschriftlichen Namenszug "Hauptmann M. " versehen. Es enthielt am Ende ein wiederum aus dem Internet herunter geladenes Bundeswehr-Kreuz, den Schriftzug "Bundeswehr" , einen Bundesadler sowie einen schwarz-rot-goldenen Farbstreifen mit den Worten "Bundesministerium der Verteidigung". Der Angeklagte fertigte zusätzlich ein weiteres Schriftstück, in dem die "Vollstreckung des Vollzugsbefehls" erteilt und gegebenenfalls die "sofortige Festnahme" des Geschädigten "gestattet" wird. Dieses Schreiben endet mit dem handschriftlichen Namenszug "Oberst Sch. " und enthält ähnliche militärische und nationale Hoheitszeichen wie der "Durchsuchungsbeschluss".
5
Am Abend des 13. Juni 2009 begaben sich der Angeklagte und sein Mittäter , der frühere Mitangeklagte P. , in Begleitung mehrerer Freunde mit dem Pkw der Zeugin B. , der Lebensgefährtin des Angeklagten, und einem weiteren Fahrzeug in die Nähe der Wohnung des Geschädigten. Entsprechend dem im Wesentlichen vom Angeklagten ausgearbeiteten Plan legten er und P. , obwohl beide der Bundeswehr nicht angehörten, "Feldjägeruniformen“ aus dem Besitz des Angeklagten an. Der Angeklagte streifte zusätzlich eine Armbinde mit den Buchstaben "MP“ (Militärpolizei) über einen Oberarm. Mit dem Pkw der Zeugin B. , den sie zuvor mit von einem Schrottfahrzeug abmontierten Kennzeichen versehen hatten, rollten beide das letzte Wegstück im Leerlauf zum Wohnhaus des Geschädigten; ihre Begleiter blieben zurück. Ausgerüstet waren P. und der Angeklagte mit zwei vom Angeklagten beschafften Gaspistolen, die sie in Halftern mit sich führten. Die Pistole des Angeklagten war nicht geladen. Nachdem sich der Angeklagte und P. Zutritt zur Wohnung verschafft und festgestellt hatten, dass sich entgegen ihrer Erwartung nicht nur der Geschädigte , sondern drei weitere Personen in der Wohnung aufhielten, gaben sie ihren Plan auf, den Geschädigten zu verprügeln. Der Angeklagte überreichte dem Geschädigten die beiden von ihm angefertigten Schriftstücke, P. nahm die Waffe aus seinem Halfter und richtete sie auf den Geschädigten sowie zwei der Anwesenden. Er (P. ) lud die Pistole durch, wobei eine Patrone heraus fiel, die er vom Boden aufhob und einsteckte, woraufhin er sich in die Küche begab, die Tür hinter sich schloss und den Raum lautstark durchsuchte. Der inzwischen verängstigte Geschädigte las die ihm überreichten Schreiben. Er hielt den Angeklagten und P. tatsächlich für Feldjäger der Bundeswehr und vermutete einen Zusammenhang zwischen deren Erscheinen und den auch ihm bekannten Vorwürfen der Zeugin S. . Der Angeklagte ließ den Geschädigten das zweite Schreiben unterzeichnen, notierte die Personalien der weiteren Anwesenden und fragte den Geschädigten, ob dieser Waffen oder Betäubungsmittel in Besitz habe. Daraufhin nahm er aus einer vom Geschädigten geöffneten Schublade ein Messer im Wert von etwa 10 Euro mit dem Bemerken an sich, er müsse dieses "konfiszieren". Außerdem steckte er eine Tüte mit Marihuana ein, die einem der Wohnungsinsassen gehörte. Nach etwa 30 Minuten verließen er und P. die Wohnung. Beide bestiegen den Pkw der Zeugin B. , den der Angeklagte, der nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war, die Straße hinauffuhr, wo die Zeugin B. zustieg und das Steuer übernahm. Auf Bitten der Zeugin B. gab der Angeklagte das Marihuana an diese weiter; das "konfiszierte" Messer, das P. nicht haben wollte, warf der Angeklagte etwa drei bis vier Wochen nach der Tat weg.

II.

6
1. Soweit das Tatgeschehen bis zum Verlassen der Wohnung des Geschädigten betroffen ist, begegnet zunächst der Schuldspruch wegen „schweren Raubes“ durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
7
a) Zwar wird das Tatbestandsmerkmal der Wegnahme nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Täter - wie im vorliegenden Fall der Angeklagte - durch die falsche Behauptung einer amtlichen Beschlagnahme die Herausgabe einer fremden beweglichen Sache fordert und sie erreicht, selbst wenn das Opfer die Wegnahme nicht nur duldet, sondern die Sache dem Täter auf dessen Verlangen aushändigt. In einem solchen Fall ist für einen eigenen, freien Willensentschluss des Opfers, das sich dem Zwang fügt, kein Raum (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16. Januar 1963 - 2 StR 591/62, BGHSt 18, 221, 223 m.w.N.).
8
b) Im Ergebnis zu Recht rügt die Revision jedoch die unzureichende Darlegung der für den Tatbestand des Raubes im Sinne des § 249 StGB auch erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen dem eingesetzten Nötigungsmittel und der Wegnahme (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Januar 2003 - 4 StR 422/02, NStZ 2003, 431 m.w.N.). Die Anwendung von Gewalt oder Drohung darf nicht nur gelegentlich der Entwendung einer fremden Sache erfolgen, sondern sie muss darauf gerichtet sein, den Gewahrsamsbruch durch Ausschaltung eines erwarteten oder geleisteten Widerstandes zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2002 - 2 StR 225/02, NStZ-RR 2002, 304; MünchKommStGB/Sander § 249 Rn. 24).
9
Zwar trug der Angeklagte die von ihm mitgeführte Waffe nicht nur offen in einem Holster am Oberschenkel, sondern hatte während der weiteren Tatausführung "fast ständig" seine Hand auf die Waffe gelegt, woraus sich eine zumindest konkludente Drohung ergeben könnte, die Waffe nötigenfalls auch einzusetzen. Zu dem insoweit allein maßgeblichen Willen und der Vorstellung des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tatausführung (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. April 1963 - 4 StR 92/63, BGHSt 18, 329, 331; Sander aaO) verhalten sich die Urteilsgründe jedoch nicht.
10
c) Die Strafkammer hat ferner die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 StGB, dessen Strafrahmen sie ihrer Entscheidung – ohne nähere Bezeichnung der Tatvariante, die sich auch aus der rechtlichen Würdigung und der Liste der angewendeten Vorschriften nicht erschließt – zu Grunde gelegt hat, nicht ausreichend dargetan.
11
Waffen im Sinne des hier in Betracht kommenden § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB sind (einsatzbereite) Gas- und Schreckschusswaffen nur dann, wenn nach deren Bauart der Explosionsdruck beim Abfeuern der Munition nach vorne durch den Lauf austritt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 – GSSt 2/02, BGHSt 48, 197, 201; Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 8/11; SSWStGB /Kudlich § 244 Rn. 7 m.w.N.). Hierzu hat der Tatrichter regelmäßig genaue Feststellungen zu treffen, denn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne mag zwar üblich sein, kann aber nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 – 3 StR 17/10, NStZ 2010, 390; Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 8/11). Die dazu im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen erweisen sich als nicht ausreichend. Zwar steht der Umstand, dass der Angeklagte selbst nur eine ungeladene Gaspistole verwendete, einer mittäterschaftlichen Zurechnung (§ 25 Abs. 2 StGB) hinsichtlich der von P. eingesetzten, "geladenen“ Gaspistole nicht entgegen, zumal der Angeklagte beide beschafft und den Tatplan im Wesentlichen selbst ausgearbeitet hatte. Zum konkreten Ladezustand und zur Funktionsfähigkeit der Pistole des P. ist aber nichts weiter festgestellt.
12
2. Die – in Tateinheit mit schwerem Raub erfolgte – Verurteilung wegen Missbrauchs von Amtsabzeichen ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern.
13
a) Zum einen wird die revisionsgerichtliche Überprüfung durch eine nicht eindeutige rechtliche Zuordnung des vom Landgericht festgestellten Lebens- sachverhalts zu dem als erfüllt angesehenen Straftatbestand erschwert. Der Angeklagte trug während der Tat unbefugt eine "Feldjägeruniform", weshalb der Straftatbestand des Missbrauchs von (inländischen) Uniformen im Sinne des § 132a Abs. 1 Nr. 4 1. Variante StGB erfüllt sein kann. In Betracht kommt ferner die – ebenfalls unbefugte – Verwendung der Armbinde mit der Aufschrift "MP“ als Missbrauch von Amtsabzeichen im Sinne des § 132a Abs. 1 Nr. 4 4. Variante StGB.
14
b) Zum anderen ist der Tatbestand des § 132a StGB in beiden Tatvarianten nur erfüllt, wenn es sich bei der jeweiligen Uniform bzw. dem Amtsabzeichen um solche handelt, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen eingeführt sind (vgl. dazu eingehend LK-StGB/Krauß, 12. Aufl. § 132a Rn. 50 ff. m.w.N.). Amtsabzeichen werden zudem nur dann von der Strafvorschrift erfasst , wenn sie, ohne Bestandteil der Amtskleidung zu sein, an vorschriftsmäßigen Uniformen angebracht sind und den Träger als Inhaber eines bestimmten Amtes kennzeichnen (BGH, Beschluss vom 23. April 1992 – 1 StR 58/92, NStZ 1992, 490; Krauß aaO Rn. 52; MünchKommStGB/Hohmann § 132a Rn. 16, jeweils m.w.N.). Dazu, ob die vom Angeklagten und seinem Mittäter getragenen Uniformen und die vom Angeklagten zusätzlich verwendete Armbinde mit der Aufschrift "MP“ tatsächlich zu den durch öffentlich-rechtliche Vorschriften eingeführten Uniformen bzw. Abzeichen gehören oder solchen zum Verwechseln ähnlich sind (§ 132a Abs. 2 StGB), enthalten die Urteilsgründe keine näheren Feststellungen (vgl. dazu Art. 2 der gemäß § 4 Abs. 3 SG erlassene Anordnung des Bundespräsidenten über die Dienstgradbezeichnungen und die Uniform der Soldaten (BPräsUnifAnO) vom 14. Juli 1978 (BGBl. I S. 1067; i.d.F. vom 31. Mai 1996, VMBl. 1996 S. 260).
15
3. Da das Landgericht insoweit zu Recht von Tateinheit ausgegangen ist, kann auch die für sich genommen rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen Urkun- denfälschung durch Anfertigung der beiden Schreiben durch den Angeklagten nicht aufrecht erhalten bleiben (vgl. Meyer-Goßner StPO 53. Aufl. § 353 Rn. 7a).
16
4. Aus demselben Grund erstreckt sich die Aufhebung auch auf die tateinheitliche Verurteilung wegen eines Vergehens gemäß § 132 StGB. Zudem hält der Schuldspruch wegen Amtsanmaßung lediglich im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
17
a) Die Tatmodalitäten des § 132 StGB setzen voraus, dass der Täter entweder als Inhaber eines öffentlichen Amtes auftritt und eine Handlung vornimmt , die den Anschein hoheitlichen Handelns erweckt (§ 132 1. Alternative StGB) oder dass er eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf (§ 132 2. Alternative StGB; vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 1993 – 4 StR 416/93, BGHSt 40, 8, 11 f.). Dabei ist das Tatbestandsmerkmal "öffentliches Amt“ nach den Kriterien des Staats- und Verwaltungsrechts zu bestimmen und sowohl im statusrechtlichen als auch im funktionellen Sinne zu verstehen (zur Amtsträgereigenschaft Senatsurteil vom 10. März 1983 – 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264, 267 f.; MünchKommStGB/Radtke § 11 Rn. 16 f.; Hohmann aaO, § 132 Rn. 7). Die Ausübung militärischer Hoheitsbefugnisse und die Wahrnehmung militärischer Aufgaben sind deshalb regelmäßig nicht dem Begriff des öffentlichen Amtes im Sinne des § 132 StGB zuzuordnen; Soldaten sind keine Amtsträger im strafrechtlichen Sinne (vgl. SSWStGB /Satzger § 11 Rn. 18; Fischer StGB 58. Aufl. § 11 Rn. 16). Dies ergibt sich – im Umkehrschluss – auch aus § 48 WStG, durch den Soldaten der Bundeswehr lediglich für einen abschließenden Katalog von (Amts-)delikten den Amtsträgern im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB gleich gestellt werden. Bei der Anmaßung militärischer Befugnisse handelt es sich daher, soweit die Bundeswehr betroffen ist (anders im Fall der Anmaßung solcher Befugnisse von in Deutschland stationierten NATO-Truppen; vgl. dazu Hohmann aaO Rn. 9), grundsätzlich auch nicht um die Anmaßung eines öffentlichen Amtes im Sinne dieser Strafvorschrift (LK-StGB/Krauß, 12. Aufl. § 132 Rn. 12; Fischer aaO § 132 Rn. 5). Während für Soldaten und für die bei der Bundeswehr beschäftigten Zivilpersonen im Sinne von § 1 Abs. 2 WStG in solchen Fällen ausschließlich eine Strafbarkeit nach § 38 WStG in Betracht kommt, ist die Anmaßung militärischer Befugnisse durch sonstige Zivilpersonen regelmäßig weder von § 132 StGB noch von § 38 WStG erfasst (Krauß, Hohmann und Fischer, jeweils aaO; ebenso SSW-StGB/Jeßberger § 132 Rn. 5). Danach hätte sich der Angeklagte im vorliegenden Fall nach keiner der beiden Vorschriften strafbar gemacht.
18
b) Handelt der Täter aber nicht nur unter Vortäuschung seiner Zugehörigkeit zu den Soldaten oder dem zivilen Personal der Bundeswehr, sondern beansprucht er zusätzlich "Amtsbefugnisse“ als Feldjäger, kommt hingegen eine Strafbarkeit gemäß § 132 2. Alternative StGB in Betracht.
19
aa) Gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie zivile Wachpersonen (UZwGBw) vom 12. August 1965 (BGBl. I 1965 S. 796, zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007, BGBl. I 3198) sind Soldaten der Bundeswehr , denen militärische Wach- oder Sicherheitsaufgaben übertragen sind, befugt , in Erfüllung dieser Aufgaben Personen anzuhalten, zu überprüfen, vorläufig festzunehmen und zu durchsuchen sowie Sachen sicherzustellen und zu beschlagnahmen und unmittelbaren Zwang gegen Personen und Sachen anzuwenden. Den Soldaten mit Sicherheitsaufgaben im Sinne dieses Gesetzes, zu denen nach Kapitel 1 Nr. I. 2 (1. Spiegelstrich) der Zentralen Dienstvorschrift 14/9 (ZDv 14/9) des Bundesministeriums der Verteidigung auch die im Feldjägerdienst stehenden Soldaten der Bundeswehr gehören, werden damit allge- meine polizeiliche Befugnisse auch gegenüber Privatpersonen verliehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1990 – 7 C 88/88, BVerwGE 84, 247, Tz. 14 ff. zur Einrichtung eines militärischen Sicherheitsbereichs im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2 UZwGBw durch Sperrung eines nichtmilitärischen Ortes; i.E. ebenso Fischer aaO; vgl. dazu auch Heinen, Rechtsgrundlagen Feldjägerdienst, 9. Aufl. 2010, S. 14 ff.).
20
bb) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen liegen auch die übrigen Voraussetzungen von § 132 2. Alternative StGB vor.
21
Wie in § 132 1. Alternative StGB wird dafür zunächst vorausgesetzt, dass sich das Handeln des Täters nach außen als Wahrnehmung öffentlicher Funktionen darstellt und objektiv mit einer hoheitlichen Maßnahme verwechselt werden könnte (Senatsurteil vom 9. Dezember 1993 aaO; Jeßberger aaO Rn. 9). Im Unterschied zu der ersten Tatmodalität wird der Anschein hoheitlichen Handelns in der zweiten Alternative aber durch die Handlung selbst begründet, nicht durch das Auftreten des Täters als Amtsträger. In Betracht kommen hier insbesondere Eingriffe in die Rechte Einzelner, etwa eine Verhaftung, Durchsuchung oder Beschlagnahme (RG, Urteil vom 25. Juni 1925 – II 166/25, RGSt 59, 291, 298; Hohmann aaO Rn. 18). Im Hinblick auf den Zweck der Strafvorschrift, die das Vertrauen der Allgemeinheit in die Autorität staatlichen Handelns schützen soll, erfüllt eine solche oder eine ähnliche Handlung nur dann nicht den Tatbestand des § 132 2. Alternative StGB, wenn sich das Verhalten des Täters so weit von den rechtlichen Vorgaben einer Amtshandlung entfernt, dass eine Verwechslung ausgeschlossen ist (vgl. dazu OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. April 2006 – 4 Ws 98/06, NStZ 2007, 527; Jeßberger aaO Rn. 10): Dabei ist auf die Sicht eines unbefangenen Beobachters abzustellen (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 1993 aaO, S. 13; Krauß aaO Rn. 30).
22
Danach ist die Verurteilung wegen Amtsanmaßung hier im Ergebnis zu Recht erfolgt. Der Angeklagte hat mit seinem Mittäter Handlungen vorgenommen , die nur in Ausübung hoheitlicher Funktionen vorgenommen werden durften. Er hat unter Vorlage zweier gefälschter Schriftstücke mit quasiamtlichem Inhalt bei dem Geschädigten, der das Geschehen für authentisch hielt und beiden Tätern die Feldjäger-Eigenschaft glaubte, eine "Durchsuchung“ sowie eine "Beschlagnahme“ durchgeführt und ist dabei in vorgetäuschter amtlicher Funktion als Feldjäger aufgetreten, also als vermeintlicher Angehöriger der Polizei der Bundeswehr. Ungeachtet formaler Mängel der von ihm gefertigten Schriftstücke entfernte sich sein Vorgehen unter Berücksichtigung seine Uniformierung und seines einen amtlichen Anschein erweckenden Gesamtverhaltens nicht so weit von den rechtlichen Vorgaben einer Amtshandlung, dass eine Verwechslung vom Standpunkt eines unbefangenen Betrachters ausgeschlossen war.

III.

23
Soweit das Landgericht den Angeklagten darüber hinaus wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer (weiteren) Einzelgeldstrafe verurteilt hat, holt der Senat die unterbliebene Bestimmung der Tagessatzhöhe nach und legt sie entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts auf einen Euro fest. Dass die Geldstrafe in eine zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen war, lässt die Notwendigkeit einer solchen Festsetzung nicht entfallen (Senatsbeschluss vom 14. Mai 1981 – 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, und vom 29. August 2006 – 4 StR 231/06).

IV.

24
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin:
25
Sollte die neue Hauptverhandlung zu Feststellungen führen, die die Annahme einer finalen Verknüpfung zwischen dem eingesetzten Nötigungsmittel und der Wegnahme rechtfertigen, wird das Vorliegen von Zueignungsabsicht eingehend geprüft werden müssen. Für den Fall, dass die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 StGB erfüllt sein sollten, wäre der Angeklagte insoweit wegen "besonders schweren Raubes“ zu verurteilen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. September 2009 - 3 StR 297/09, NStZ 2010, 101; BGH, Beschluss vom 2. Februar 2011 - 2 StR 622/10). Bei erneuter Verurteilung des Angeklagten wegen eines Verstoßes gegen das WaffG werden die Anforderungen an die rechtliche Bezeichnung der Tat (§ 260 Abs. 4 Satz 1 StPO) in solchen Fällen zu berücksichtigen sein. Die Formulierung "wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz“ genügt regelmäßig nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 – 4 StR 574/06, NStZ 2007, 352). Ernemann RinBGH Solin-Stojanović Roggenbuck befindet sich im Ruhestand und ist daher gehindert zu unterschreiben. Ernemann Franke Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 11/10
vom
9. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1. b) und 3. auf dessen Antrag - am
9. Februar 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 21. September 2009 aufgehoben
a) im Fall II. 2. b) der Urteilsgründe mit den Feststellungen zur Beschaffenheit der bei der Tat verwendeten Schreckschusswaffe ; im Übrigen bleiben die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen aufrechterhalten,
b) im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung sowie wegen versuchter "schwerer räuberischer Erpressung" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet. Das Rechts- mittel hat auf die Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung im Fall II. 2. b) der Urteilsgründe wegen versuchter - richtigerweise: "besonders" - schwerer räuberischer Erpressung gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand (vgl. zur Tenorierung BGH NStZ-RR 2009, 377).
3
Das Landgericht hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, nähere Feststellungen zur Beschaffenheit der von der Angeklagten bei Bedrohung des Erpressungsopfers eingesetzten geladenen Schreckschusswaffe zu treffen. Die Voraussetzungen des Qualifikationstatbestands des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB sind deshalb nicht belegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterfällt eine geladene Schreckschusspistole nur dann dem Waffenbegriff des § 250 StGB, wenn feststeht, dass beim Abfeuern der Waffe der Explosionsdruck nach vorne aus dem Lauf austritt und deshalb die Waffe nach ihrer Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (BGHSt 48, 197, 201 f.; BGH NStZ-RR 2004, 169). Dies ergeben die Urteilsgründe nicht.
4
Dieser Rechtsfehler wirkt sich auf den Schuldspruch aus, da infolge der lückenhaften Feststellungen zur Tatwaffe nicht erkennbar ist, ob die Angeklagte lediglich den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB verwirklicht, mithin eine (versuchte) schwere räuberische Erpressung begangen hat, oder eine (versuchte) besonders schwere räuberische Erpressung im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Das Urteil ist deshalb, soweit es den Fall II. 2 b) betrifft, aufzuheben. Von der Aufhebung werden jedoch lediglich die Feststellungen zur Beschaffenheit der Tatwaffe erfasst; hingegen können im Übrigen die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen bestehen bleiben, da sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind.
5
2. Darüber hinaus begegnet der Maßregelausspruch durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Generalbundesanwalt hat hierzu Folgendes ausgeführt : "Keinen Bestand kann ... die Anordnung der Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB haben. Diese setzt voraus, dass der Ausschluss oder die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf einem länger dauernden psychischen Defekt des Täters beruht. Hat letztlich, wie vorliegend, der Genuss von Alkohol die Schuldfähigkeit bei der Begehung der Tat erheblich vermindert , so ist für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus grundsätzlich nur Raum, wenn der Täter an einer krankhaften Alkoholsucht leidet oder in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist (st. Rspr. BGHSt 34, 313 ff.; 44, 369, 373; BGH NStZ-RR 2007, 138). Diese Voraussetzungen hat das Landgericht jedoch nicht festgestellt ; vielmehr ist der gehörte psychiatrische Sachverständige lediglich zur Diagnose einer polyvalenten Abhängigkeit mit den Hauptdrogen Alkohol, Kokain, Heroin, Cannabinoiden gelangt (UA S. 12, 13). Allerdings kann auch bei einer fehlenden krankhaften Sucht die Anordnung einer Maßregel nach § 63 StGB getroffen werden, wenn infolge einer dauerhaften und behandlungsbedürftigen psychischen Störung eine verhältnismäßig geringe Alkoholmenge zur Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit führt oder wenn im Zusammenwirken der psychischen Störung und einer aktuellen Alkoholisierung als Auslöser des nach § 21 StGB relevanten Zustandes schon geringfügige, alltäg- liche Ereignisse in Betracht kommen (BGHSt 44, 369, 374 ff.; Fischer StGB 57. Auflage § 63 Rdn. 9a m.w.N.). Auch diese Voraussetzungen ergeben sich jedoch nicht aus den Urteilsgründen. Vielmehr hat die Strafkammer, dem Sachverständigen folgend, lediglich festgestellt, 'dass die Angeklagte aufgrund der Intelligenzminderung und der besonders ausgeprägten emotionalen und sozialen Unreife in erheblicher Weise irritierbar sei, so dass sie unter ungünstigen Rahmenbedingungen die Verhaltenssteuerung im Rahmen der bestehenden Gesetze und Normen kaum noch aufrechterhalten kann (UA S. 14, 15)', wobei aufgrund der bei beiden Taten vorhandenen zusätzlichen mittelgradigen Alkoholisierung die Steuerungsfähigkeit nur noch eingeschränkt vorhanden gewesen sei (UA S. 15). Dies genügt, wie dargelegt, für die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht. Feststellungen, die eine Anordnung nach § 63 StGB rechtfertigen, erscheinen in einer neuen Hauptverhandlung vorliegend nicht ausgeschlossen."
6
Dem schließt sich der Senat an. Becker von Lienen Sost-Scheible Hubert Mayer

(1) Dieses Gesetz regelt den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

(2) Waffen sind

1.
Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände und
2.
tragbare Gegenstände,
a)
die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen;
b)
die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind.

(3) Umgang mit einer Waffe oder Munition hat, wer diese erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, damit schießt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt. Umgang mit einer Schusswaffe hat auch, wer diese unbrauchbar macht.

(4) Die Begriffe der Waffen und Munition sowie die Einstufung von Gegenständen nach Absatz 2 Nr. 2 Buchstabe b als Waffen, die Begriffe der Arten des Umgangs und sonstige waffenrechtliche Begriffe sind in der Anlage 1 (Begriffsbestimmungen) zu diesem Gesetz näher geregelt.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.