Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2018 - 5 StR 175/18

bei uns veröffentlicht am06.06.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 175/18
vom
6. Juni 2018
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:060618B5STR175.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6. Juni 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24. November 2017 aufgehoben
a) im Schuldspruch betreffend die Tat 1 mit den zugehörigen Feststellungen; ausgenommen hiervon sind diejenigen zum objektiven Tatgeschehen, die aufrechterhalten bleiben,
b) in den Aussprüchen über die Einzelstrafe für die Tat 1 und die Gesamtstrafe sowie
c) im Ausspruch über die Wertersatzeinziehung. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in zwei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit gefährlicher Körperverletzung (Tat 1 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jah- ren verurteilt und Einziehungsanordnungen getroffen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Nach den Feststellungen der Strafkammer zu Tat 1 überfiel der Angeklagte mit seinen Mittätern H. und M. kurz vor Ladenschluss einen Supermarkt in Hamburg. Gemeinsam mit M. bedrohte H. zwei Angestellte mit einer Schusswaffe und forderte sie auf, in die Büroräume des Supermarktes zu gehen. Obwohl die Zeugen keinen Widerstand leisteten, gab H. einen Schuss ab, der den Zeugen Ha. am Unterarm traf und eine heftig blutende Verletzung verursachte. Währenddessen überwältigte der Angeklagte die Kassiererin, die bei Ertönen des Schusses vor Schreck zusammenbrach und vom Angeklagten ebenfalls zu den Büroräumen gezerrt wurde. Die beiden Mittäter leerten den Tresor, in dem sich die Wocheneinnahmen in Höhe von mehr als 42.000 Euro befanden. Der Angeklagte öffnete derweil die Kasse, aus der er und der kurz darauf hinzugekommene M. die Tageseinnahmen von knapp 4.000 Euro entnahmen. Die Täter flüchteten, nachdem sie die Angestellten in dem Büroraum eingeschlossen hatten. Das entwendete Geld konnte nicht sichergestellt werden.
3
2. Die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten betreffend Tat 1 wegen gefährlicher Körperverletzung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
4
Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte „spätes- tens nach Abgabe des Schusses der Existenz der Schusswaffe gewahr wurde und – die fortgesetzte Verwendung der Waffe billigend in Kauf nehmend – mit der Umsetzung des weiteren Tatplans nichtsdestotrotz voranschritt“ (UA S. 29).
5
Insoweit hat der Generalbundesanwalt wie folgt Stellung genommen: „Voraussetzung für eine strafbare Verantwortung im Wege der – hier allein in Betracht kommenden – sukzessiven Mittäter- schaft ist, dass jemand in Kenntnis und Billigung des von einem anderen begonnenen Handelns in das tatbestandsmäßige Geschehen als Mittäter eingreift und er sich – auch stillschweigend – mitdem anderen vor Beendigung der Tat zu gemeinschaftlicher weiterer Ausführung verbindet (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Januar 2011 – 5 StR 515/10 –, NStZ-RR 2011, 111, 112). Daran fehlt es, wenn für die Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolgs bereits al-les getan (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1996 – 4 StR 343/96 –, NStZ 1997, 82) oder das Geschehen vollständig abgeschlossen ist, selbst wenn die hinzutretende Person dessen Folgen kennt, billigt und ausnutzt (vgl. Senat, Urteil vom 25. April 2017 – 5 StR 433/16 –, NStZ-RR 2017, 221, 222; BGH, Beschluss vom 7. März2016 – 2StR 123/15 –, NStZ 2016, 524, 525). Daran gemessen ist das Landgericht zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die getroffenen Feststellungen zur Zurechnung der Gewaltandrohung und der fortgesetzten Verwendung der Schusswaffe im Hinblick auf die noch nicht vollendete Wegnahme der von den Tätern erstrebten Tageseinnahmen und damit zur Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schweren Raubes führen (vgl. UA S. 29). Für die Annahme sukzessiver Mittäterschaft in Bezug auf den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung bleibt indessen kein Raum. Als der Angeklagte den spontanen Schusswaffeneinsatz bemerkte, war die Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen Ha. bereits beendet. Zuverlässige Feststellungen, dass er den Einsatz der Waffe schon vorher, das heißt vor erfolgreicher Schussabgabe, gemerkt und gebilligt haben könnte, hat das Landgericht ersichtlich nicht treffen können. Kommt insoweit aber die Annahme sukzessiver Tatbegehung nicht in Betracht, scheidet eine Strafbarkeit des Ange- klagten wegen gefährlicher Körperverletzung aus.“
6
Dem verschließt sich der Senat nicht. Er kann allerdings nicht ausschließen , dass ein neu mit der Sache befasstes Tatgericht ergänzende Feststellungen zu treffen vermag, die die Annahme eines Vorsatzes des Angeklagten je- denfalls bezogen auf die Verwirklichung der Tatbestandsvariante der §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB – bei Vorliegen einer unerheblichen Abweichung vom Kausalverlauf – rechtfertigt. Er hebt daher den Schuldspruch betreffend die Tat 1 auf. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen können bestehen bleiben.
7
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs für Tat 1 bedingt den Wegfall der für sich genommen nicht überhöhten Einzelstrafe sowie der Gesamtfreiheitsstrafe und der Einziehungsanordnung. Hinsichtlich letzterer verweist der Senat auf sein Urteil vom 24. Mai 2018 (5 StR 623/17 und 624/17).
Mutzbauer Sander Schneider
König RiBGH Berger ist wegen Sonderurlaubs ortsabwesend und daher an der Unterschrift gehindert. Mutzbauer

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

5 StR 515/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 10. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2011

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 3. Juni 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) hinsichtlich der Angeklagten R. und E. jeweils im Schuldspruch, wobei die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufrechterhalten bleiben;
b) hinsichtlich des Angeklagten S. im Strafausspruch.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen, bezüglich des Angeklagten S. jedoch mit der Klarstellung, dass er wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt ist.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen „gemeinschaftlicher versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung“ zu Freiheitsstrafen von neun Jahren (S. ) sowie von jeweils sechs Jahren und sechs Monaten (R. und E. ) verurteilt. Die An- geklagten wenden sich gegen die Verurteilung und machen die Verletzung formellen (S. und E. ) und materiellen Rechts geltend. Die Revisionen erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Nach den Feststellungen suchten die mehrfach, auch einschlägig vorbestraften Angeklagten am 1. Februar 2010 den Nebenkläger B. in seiner Wohnung auf; der Angeklagte S. beabsichtigte, den Nebenkläger aus Verärgerung über eine frühere Bemerkung „zu schlagen und Geld von ihm zu verlangen“ (UA S. 8). R. und E. hatte er „zur Unterstützung und Einschüchterung“ (UA S. 9) zu dem Treffen mitgenommen. Indes vermochte die Strafkammer nicht festzustellen, dass diese um das geplante Vorgehen wussten. Seinem Vorhaben entsprechend versetzte der Angeklagte S. dem Nebenkläger unter Verwendung von „Quarzhandschuhen“ mehrere Faustschläge ins Gesicht. Während der Schläge saßen R. und E. auf der Couch „gleich links neben der Tür“ des etwa zwölf Quadratmeter großen Zimmers des Nebenklägers und beobachteten das Geschehen. Immer noch verärgert nahm S. ein Messer von der Ablage unter dem Couchtisch und stach den Nebenkläger in die linke Schulter und den rechten Oberschenkel. Er forderte von B. „einen Schein“, womit er die Zahlung von 1.000 Euro meinte, „oder ihm würden die Finger abgeschnitten. Zur Untermauerung seiner Forderung ergriff er die Hand B. s, legte sie auf den Schreibtisch und setzte das Messer so an die Finger des Nebenklägers, als wenn er sie abschneiden wollte“ (UA S. 10). Dies veranlasste R. , S. vom Nebenkläger wegzuziehen, während E. dem S. das Messer abnahm. Um den Nebenkläger herumstehend, fragten ihn nun alle drei Angeklagten, ob er zahlen werde. Aus Angst vor weiteren Misshandlungen schlug der Nebenkläger eine Zahlung am 16. Februar 2010 vor, weil er dann erst wieder Geld erhalte, und zeigte gleichzeitig eine bis auf wenige Cent leere Geldbörse vor. Die Fragen von S. und R. , ob er irgendwo anders noch Geld habe, verneinte er. S. ließ sich auf eine spätere Zahlung ein und betonte drohend , dass er wisse, wo die Mutter und die Schwester des Nebenklägers wohnten. E. und R. „untermauerten“ die Forderung des S. , indem sie äußerten, B. solle lieber zahlen, „weil ihm andernfalls die Finger abgeschnitten würden“ und auch seine Mutter und seine Schwester zu leiden haben würden (UA S. 11). Zu einer Geldübergabe kam es letztlich nicht, weil der Nebenkläger die Polizei informierte.
3
2. Die Verurteilung der Angeklagten E. und R. wegen mittäterschaftlicher Beteiligung an den Straftaten hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
4
Das Landgericht nimmt sukzessive Mittäterschaft an: E. und R. hätten die Körperverletzungshandlungen des S. gesehen und dessen von Drohungen begleitete Geldforderung vernommen. Nach ihrem Einschreiten , das lediglich der Verhinderung des Abschneidens der Finger des Nebenklägers gegolten habe, hätten sie die Forderung des S. „untermauert“. Insoweit hätten sie „mehrere Tatbeiträge geleistet, um den Angeklagten S. zu Unrecht zu bereichern“ (UA S. 23).
5
a) Diese Erwägungen tragen ersichtlich nicht die Annahme einer mittäterschaftlichen Beteiligung der Angeklagten E. und R. an der Körperverletzung. Sukzessive Mittäterschaft ist nur gegeben, wenn jemand in Kenntnis und Billigung des von einem anderen begonnenen Handelns in das tatbestandsmäßige Geschehen als Mittäter eingreift und er sich – auch stillschweigend – mit dem anderen vor Beendigung der Tat zu gemeinschaftlicher weiterer Ausführung verbindet (BGH, Urteil vom 22. April 1999 – 4 StR 3/99, NStZ 1999, 452, 453 mwN). Die Körperverletzungshandlungen zum Nachteil des Nebenklägers waren indes – wozu R. und E. durch ihr Eingreifen beigetragen hatten – im Zeitpunkt ihres Tätigwerdens zur verbalen Verstärkung der Geldforderung des S. bereits beendet.
6
Die Tatbeiträge von E. und R. zu der Körperverletzung könnten allenfalls in einer psychischen Unterstützung des S. liegen. Die Strafkammer hat insoweit festgestellt, dass sich der Nebenkläger auch durch die Angeklagten E. und R. bedroht gefühlt habe. „Er sah sie im Lager des Angeklagten S. , zumal sie weder verbal noch sonst Anstalten machten, S. von den Schlägen abzuhalten“ (UA S. 10). Erstreckt sich der Gehilfenbeitrag jedoch – wie vorliegend – auf bloßes „Dabeisein“, bedarf es sorgfältiger und genauer Feststellungen darüber, dass dadurch die Tatbegehung in ihrer konkreten Gestalt objektiv gefördert oder erleichtert wurde und dass der Gehilfe sich dessen bewusst war (BGH, Beschluss vom 13. Januar 1993 – 3 StR 516/92, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Unterlassen 5). Insbesondere zur subjektiven Seite verhält sich das Urteil indes nicht, so dass eine entsprechende Abänderung des Schuldspruchs durch den Senat nicht möglich war.
7
b) Auch die Annahme einer Mittäterschaft von E. und R. an der räuberischen Erpressung – wobei ihnen der im Zeitpunkt ihrer Unterstützungshandlungen bereits beendete Einsatz des Messers nicht zuzurechnen wäre – wird von den Feststellungen nicht getragen. Ob ein Tatbeteiligter als Mittäter eine Tat begeht, ist nach den gesamten Umständen, die von der Verurteilung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für die Beurteilung können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 1993 – 1 StR 742/93, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 14 st. Rspr.).
8
Aus den Feststellungen ergibt sich indes, dass E. und R. kein eigenes Interesse an der Tat hatten, deren „Nutznießer“ alleine S. sein sollte (UA S. 26). Dieser hatte auch die Idee zur Tat und bestimmte deren „Ob“. Auf das „Wie“ der Tat machten E. und R. nur insoweit einen maßgeblichen gestalterischen Einfluss geltend, als sie den weiteren Mes- sereinsatz verhinderten. Auch hinsichtlich der versuchten räuberischen Erpressung hatten sie damit weder Tatherrschaft noch den Willen dazu. Bei der bloßen verbalen „Untermauerung“ der Geldforderung des Angeklagten S. handelt es sich vielmehr um eine typische Beihilfehandlung.
9
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs gegen die Angeklagten E. und R. führt hier auch zur Aufhebung des Strafausspruchs bezüglich des Angeklagten S. . Die Strafkammer hat in seiner Person strafschärfend berücksichtigt, dass „er durch seine Tat zwei Straftaten jeweils in mehreren Alternativen verwirklicht hat“. Hinsichtlich der begangenen Körperverletzung bezog sich die Strafkammer dabei auch auf die Variante der gemeinschaftlichen Begehung, welche durch die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht begründet ist.
10
Rechtlichen Bedenken begegnet insbesondere auch, dass die Strafkammer hinsichtlich der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung von der fakultativen Möglichkeit der Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB keinen Gebrauch gemacht hat. Die Wahl des Strafrahmens – die revisionsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist – hat aufgrund aller schuldrelevanten Umstände zu erfolgen, wobei den wesentlich versuchsbezogenen besonderes Gewicht zukommt, namentlich der Nähe zur Tatvollendung, der Gefährlichkeit des Versuchs und der eingesetzten kriminellen Energie (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 23 Rn. 4 mwN). Die Strafkammer hat in diesem Zusammenhang ausgeführt: „Zur Nähe der Tatvollendung war zu berücksichtigen, dass dem Geschädigten zwar eine Zahlungsfrist von zwei Wochen gewährt worden war, zwei Wochen Zeit zur Beschaffung von 1.000 Euro für einen Auszubildenden jedoch sehr kurzfristig ist, so dass hier durchaus von einer geringen Nähe zur Tatvollendung gesprochen werden kann“ (UA S. 29). Diese Begründung ist unschlüssig. Sie stellt auf die persönlichen Umstände des Nebenklägers ab, die gerade dagegen sprechen, dass er das Geld innerhalb der gesetzten Frist hätte aufbringen können und es somit zur Vollendung der Tat gekommen wäre. Nachdem sich eine unmittelbare Verwirklichung des Tatziels aufgrund der finanziellen Verhältnisse des Geschädigten nicht realisieren ließ und die Angeklagten die Wohnung verlassen hatten, lag eine Vollendung des Erpressungstatbestandes vielmehr fern. Daneben vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die Strafkammer aufgrund der rechtlich unzutreffenden Würdigung der Teilnahmebeiträge der Angeklagten E. und R. von einer übersteigerten kriminellen Intensität der Tat ausgegangen ist und sich dies in der Versagung einer Strafmilderung ebenfalls ausgewirkt hat.
11
Aufgrund der vorliegenden Wertungsfehler bedurfte es keiner Aufhebungen der Feststellungen bezüglich des Angeklagten S. . Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie den bislang getroffenen nicht widersprechen.
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(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 623/17
5 StR 624/17
vom
24. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:240518U5STR623.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Mai 2018, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger, Köhler
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt M. ,
als Verteidiger des Angeklagten A. L. ,
Rechtsanwältin P.
als Verteidigerin des Angeklagten G. ,
Rechtsanwältin Mo.
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 4. August 2017 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten G. als Gesamtschuldner mit dem Angeklagten A. L. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 19.270,63 € angeordnet wird; weiterhin wird das vorgenannte Urteil, auch soweit es die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. betrifft, dahin geändert, dass diese Mitangeklagten in Höhe der gegen sie angeordneten Einziehungen mit den Angeklagten G. und A. L. sowie untereinander gesamtschuldnerisch haften.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. August 2017 dahin geändert, dass gegen den Angeklagten A. L. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 19.270,63 € angeordnet wird und er – insoweitauch auf seine Revision – mit dem Angeklagten G. sowie im Umfang der gegen die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. angeordneten Einziehungen als Gesamtschuldner haftet.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. L. wird verworfen.
4. Es wird davon abgesehen, den Angeklagten G. und A. L. die durch die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft im Revisionsverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen. Auch wird davon abgesehen, dem Angeklagten A. L. die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen ; er hat jedoch die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten G. mit Urteil vom 4. August 2017
1
des schweren Raubes sowie des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung und (im abgetrennten Verfahren) den Angeklagten A. L. mit Urteil vom 18. August 2017 des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten G. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, und den Angeklagten A. L. unter Einbeziehung von zwei früheren Urteilen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es gegen den Angeklagten G. die Einziehung eines Geldbetrages von 3.800 € sowie gegen den Angeklagten A. L. die Einziehung eines Geldbetrages von 8.000 € angeordnet.
Der Angeklagte A. L. wendet sich gegen seine Verurteilung mit
2
seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Die ebenfalls jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich gegen die Einziehungsentscheidungen des Landgerichts und sind jeweils auf die zur Tat vom 30. November 2016 auszusprechende Höhe der Einziehung des Wertes der Taterträge beschränkt. Während die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zu der von ihr angestrebten Änderung der Einziehungsentscheidungen führen, bleibt das Rechtsmittel des Angeklagten A. L. überwiegend erfolglos.

I.


3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen die Angeklagten A. L. und G. am Abend des 30. November 2016 ein Möbelgeschäft, in dem der Mitangeklagte Göt. angestellt war und ihnen den Zugang zum Kassenbüro verschaffte. Die Tatbeute sollte nach dem gemeinsamen Tatplan unter Göt. , A. L. und G. zu gleichen Anteilen aufgeteilt werden, wobei auch dem als Fahrer an der Tat mitwirkenden Mitangeklagten Gö. eine Entlohnung in Aussicht gestellt wurde. G. war für die Tat von dem weiteren Mitangeklagten E. L. , der die Angeklagten auf der Fahrt zum Tatort begleitete, mit zwei Messern und einer Rolle Klebeband ausgerüstet worden. Nachdem A. L. und G. mit Hilfe des Mitangeklagten Göt. in das Kassenbüro eingedrungen waren, zeigten sie den beiden dort tätigen Kassiererinnen drohend ihre Messer und forderten sie auf, sich auf den Boden zu legen. Mit einem im Kassenbüro vorgefundenen Schlüsselbund und einem von G. mitgebrachten Rucksack ging A. L. in einen angrenzenden Tresor- raum. Er öffnete einen der Tresore und entnahm diesem 11.835 €, die er in den Rucksack steckte. Die Öffnung eines weiteren Tresors gelang ihm nicht. Währenddessen forderte G. die Kassiererinnen auf, ihren Schmuck abzunehmen. Danach fesselte er sie mit dem Klebeband. Nachdem A. L. in das Kassenbüro zurückgekehrt war und beide Angeklagte die Festnetztelefone unbenutzbar gemacht hatten, nahmen sie von einem Schreibtisch ein „Safebag“, in dem sich Tageseinnahmen in Höhe von 7.415,53 € befanden, und aus einer Wechselgeldkasse 220,10 € an sich. Sie steckten dieses Geld ebenfalls in den Rucksack des Angeklagten G. . Beim anschließenden Verlassen des Tatorts trug A. L. den Rucksack mit der Gesamtbeute von 19.470,63 € und hielt ihn auch im Fluchtfahrzeug bis zum Erreichen einer Tiefgarage als Fahrtziel. Dort schütteten beide Angeklagte sowie die Mitangeklagten Gö. und E. L. das Geld aus dem Rucksack in den Kofferraum des Fahrzeuges und sortierten und stapelten es gemeinsam. Die Mitangeklagten Gö. und E. L. erhielten jeweils mindestens 1.300 €, der Angeklagte G. mindestens 4.000 € aus der Tatbeute. A. L. nahm für sich einen Anteil von mindestens 4.000 € sowie weitere 4.000 €, die er später dem Mitangeklagten Göt. als dessen Anteil übergab. Der Verbleib des restlichen Geldes konnte nicht festgestellt werden.
4
2. Das Landgericht ist bei seinen jeweils auf § 73 Abs. 1 StGB nF gestützten Einziehungsentscheidungen hinsichtlich des Angeklagten G. nur von einer eigenen Verfügungsgewalt bezüglich seines Anteils an der Tatbeute in Höhe von 4.000 € ausgegangen. Über die restliche Tatbeute habe er nicht verfügen können, da sie sich nach dem Verstauen des Geldes im Rucksack bei A. L. befunden habe. In der Tiefgarage habe zwar jeder der Angeklagten einen Teil der Beute sortiert. Eine direkte Verfügungsgewalt über die gesamte Beute habe sich hieraus aber nicht abgeleitet, weil das Sortieren nur dazu gedient habe, den Beuteanteil der Beteiligten zu ermitteln und die Tatbeute umgehend aufzuteilen.
5
Hinsichtlich des Angeklagten A. L. hat das Landgericht eine faktische Verfügungsgewalt nur hinsichtlich seines eigenen Beuteanteils in Höhe von 4.000 € sowie hinsichtlich des von ihm für mehrere Stunden in Verwahrung genommenen Anteils des ehemaligen Mitangeklagten Göt. in gleicher Höhe angenommen. Das Mitsichführen der weiteren Gelder sei über einen kurzfristigen Beutetransport nicht hinausgegangen. Es habe zudem von vornherein zwischen den Beteiligten Einigkeit bestanden, dass die Tatbeute unmittelbar nach der Tat habe aufgeteilt werden sollen.

II.


6
Die wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 f.) auf die Höhe der Einziehung des Wertes der Taterträge beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft sind begründet.
7
1. Das Landgericht ist bei den beiden unmittelbar die Tat ausführenden Angeklagten G. und A. L. zu Unrecht davon ausgegangen, dass diese nur ihre eigenen Beuteanteile (sowie bei L. den des Mitangeklagten Göt. ) als Taterträge erlangt haben.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann (vgl. zu § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246, und vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 45 f. mwN; siehe zur insoweit unveränderten Rechtslage nach § 73 StGB nF Köhler, NStZ 2017, 497, 498 f. mit Fn. 27). Bei mehreren Beteiligten genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben. Dies ist der Fall, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen können. Unerheblich ist bei der gebotenen gegenständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse bei Beuteteilung gemindert wurde (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, aaO S. 46 mwN; Beschlüsse vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, und vom 10. Januar 2008 – 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565).
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b) Nach diesem Maßstab hatten beide Angeklagte tatsächliche Verfügungsgewalt über die Gesamtbeute bereits am Tatort erlangt. Sie gingen dort arbeitsteilig vor, entwendeten die im Kassenbüro aufgefundenen Gelder im Zusammenwirken und nutzten den von G. zur Verfügung gestellten Rucksack zur Verwahrung und zum Abtransport der Beute. G. begleitete den Angeklagten A. L. bis zum Ort der planmäßigen Beuteteilung. Der zufällige Umstand , dass er dabei seinen Rucksack nicht selbst trug, schloss ihn vom Mitgewahrsam an den gesamten erst noch aufzuteilenden Geldern und der diesbezüglichen Mitverfügungsgewalt nicht aus.
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Die vom Landgericht für seine Auffassung herangezogene Rechtsprechung gebietet keine andere Beurteilung. In den beiden angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27. April 2010 (3 StR 112/10, NStZ 2010, 568 f.) und vom 8. August 2013 (3 StR 179/13, NStZ-RR 2014, 44) hatten die dortigen Revisionsführer jeweils nur eine kurze Transportfahrt durchgeführt, während die unmittelbare Tatausführung mit der Inbesitznahme der Beute von anderen Tätern vorgenommen worden war (vgl. zu Kurierfällen aber auch BGH, Urteile vom 14. September 1989 – 4 StR 306/89, BGHSt 36, 251, 253, und vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68).
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c) Die Angeklagten G. und A. L. haben danach ursprünglich die Gesamtbeute von 19.470,63 € aus der Raubtat vom 30. November 2016 erlangt. Da die gegenständliche Einziehung dieses Geldes nach § 73 Abs. 1 StGB nicht mehr möglich ist, unterliegt der dem Wert dieses Tatertrags entsprechende Geldbetrag gemäß § 73c Abs. 1 StGB der Einziehung. Hiervon ist nach Maßgabe des § 73e Abs. 1 StGB der vom Angeklagten G. auf den Schadenersatzanspruch des geschädigten Möbelhauses geleistete Betrag von 200 € abzuziehen.
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Der Senat bestimmt auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen den Wert des von den Angeklagten G. und A. L. aus der Raubtat vom 30. November 2016 Erlangten selbst (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
2. Bei der Anordnung einer Einziehung von Taterträgen oder einer Ein13 ziehung von Taterträgen nach §§ 73, 73c StGB bei mehreren Beteiligten, die an
demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht gewonnen haben, ist von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen. Damit wird ermöglicht, dass den Beteiligten das aus der Tat Erlangte entzogen wird, aber zugleich verhindert, dass dies mehrfach erfolgt (vgl. zur früheren Verfallsregelung der §§ 73, 73a StGB BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, aaO S. 46 ff. mwN; Beschlüsse vom 10. September 2002 – 1 StR281/02, NStZ 2003, 198, 199, und vom 5. Juli 2011 – 3 StR 129/11, StraFo 2011, 413, 414; siehe zur insoweit unveränderten Rechtslage nach §§ 73, 73c StGB nF Köhler, aaO).
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Auch insoweit ordnet der Senat selbst die gesamtschuldnerische Haftung der beiden Angeklagten untereinander an (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Abänderung des Rechtsfolgenaus15 spruchs des Urteils vom 4. August 2016 im Hinblick auf die Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung auf die Mitangeklagten Gö. , Göt. und E. L. zu erstrecken, da die Einziehungsentscheidungen auch bei ihnen auf dem aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangel beruhen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383 mwN).

III.


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Die Revision des Angeklagten A. L. erzielt lediglich den sich aus der Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung ergebenden Teilerfolg. Das Rechtsmittel ist im Übrigen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
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Der Senat schließt aus, dass die Jugendkammer bei einer rechtsfehlerfreien Bestimmung der Höhe des Tatertrages die gegen den Angeklagten A. L. zu erkennende Jugendstrafe niedriger festgesetzt hätte. Für die frühere Regelung des Verfalls entsprach es der ständigen Rechtsprechung, dass diese Maßnahme trotz bisweilen erheblicher Belastungen für den Verurteilten keinen Strafcharakter hat und keinen Genugtuungs-, sondern einen Präventionszweck verfolgt (vgl. BGH, Urteile vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 371 ff.; vom 30. Mai 2008 – 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 248, und vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, aaO S. 176). Die umfassende Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung hat ihren Rechtscharakter unberührt gelassen, so dass auch die mit einer Anordnung der Einziehung nach §§ 73, 73c StGB nF verbundene Vermögenseinbuße keinen Strafmilderungsgrund darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018 – 5 StR 600/17 mwN).
Sander Schneider König
Berger Köhler