Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 169/19
vom
16. April 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von
Ausländern u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:160419B5STR169.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 16. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. Oktober 2018 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Einziehungsbetrag auf 5.218,75 Euro festgesetzt ist und der Angeklagte für diesen mit Y. und deren Vater gesamtschuldnerisch haftet.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

1. Der Senat ergänzt die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift wie folgt: Nach den landgerichtlichen Feststellungen unterstützte der Angeklagte syrische Staatsangehörige gegen Entgelt dabei, mittels aufgrund falscher Angaben erlangter polnischer Touristenvisa nach Deutschland einzureisen bzw. dieses zu versuchen. Das Landgericht hat dieses Verhalten zu Recht als gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern gemäß § 97 Abs. 2 i.V.m. § 96 Abs. 1 Nr. 1 und § 95 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 6 AufenthG angesehen (vgl. MüKo-StGB/Gericke, StGB, 3. Aufl., § 96 AufenthG Rn. 16 mwN).
2. Zur Änderung der Einziehungsanordnung hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: „DasLandgericht hat den der Tatertragseinziehung nach § 73c Satz 1 StGB unterliegenden Betrag rechtsfehlerhaft in einer Fremdwährung angegeben. Dem Willen des Reformgesetzgebers folgend, ist der Betrag von 6.000 US-Dollar gemäß dem im Zeitpunkt der Erlangung am 24. August 2015 geltenden Wechselkurs (1,1497 EUR/USD) in 5.218,75 EUR umzurechnen (vgl. BT-Drs. 18/9525, S. 67; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73c Rdnr. 5; MüKoStGB/Joecks, 3. Aufl., § 73a Rdnr. 17; Schönke/Schröder/ Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73c Rdnr. 10). Auf die früher vorherrschend vertretene Auffassung, die auf den Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung abgestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 1953 – 1 StR 781/52 –, BGHSt 4, 305; Beschluss vom 5. November 2015 – 2 StR 96/15 –, juris Rdnr. 10; LK-Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73a Rdnr. 13), kommt es angesichts der neuen Gesetzeslage (vgl. zum anwendbaren Recht Art. 316h Satz 1 EGStGB) nicht mehr an. Der Senat kann in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Umrechnung auf der Basis der durch die Deutsche Bundesbank veröffentlichten taggenauen Euro-Referenzkurse der Europäischen Zentralbank selbst vornehmen und den Tenor dahingehend berichtigen.“ Mutzbauer Sander Schneider Berger Mosbacher

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Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 95 Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,2. ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet a

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 96 Einschleusen von Ausländern


(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung 1. nach § 95 Abs.

Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch - StGBEG | Art 316h Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung


Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73

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Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2015 - 2 StR 96/15

bei uns veröffentlicht am 05.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 96/15 vom 5. November 2015 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2015:0511152STR96.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgeri
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2019 - 5 StR 169/19.

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2019 - 2 StR 473/18

bei uns veröffentlicht am 06.08.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 473/18 vom 6. August 2019 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen zu 1.: besonders schwerer räuberischer Erpressung zu 2. und 3.: besonders schweren Raubes u.a. ECLI:DE:BGH:2019:060819B2STR473.18.0 Der 2. St

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung

1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und
a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder
b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig handelt,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt,
3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht,
4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder
5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
Ebenso wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 Buchstabe a zugunsten eines minderjährigen ledigen Ausländers handelt, der ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten Person oder einer dritten Person, die die Fürsorge oder Obhut für ihn übernommen hat, in das Bundesgebiet einreist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn

1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und
2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.

(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 96/15
vom
5. November 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:0511152STR96.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 5. November 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten P. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 14. Juli 2014, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten J. wird das oben genannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz dahingehend abgeändert, dass hinsichtlich eines Betrages von 6.860,80 Euro der Verfall von Wertersatz angeordnet wird. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten J. wird verworfen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten J. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit acht Fällen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten, die Angeklagte P. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es eine Einziehungsentscheidung sowie eine Anordnung über den Verfall von Wertersatz getroffen. Gegen vier weitere Mitangeklagte hat es ebenfalls Freiheitsstrafen verhängt. Die Revision der Angeklagten P. hat in vollem Umfang, das auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten J. in dem aus dem Tenor ersichtlichem Umfang Erfolg; im Übrigen ist es offensichtlich unbegründet.
2
1. Der Schuldspruch gegen die Angeklagte P. hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Annahme des Landgerichts, die Angeklagte habe dadurch Beihilfe zum Betreiben der Cannabisplantage des Mitangeklagten J. geleistet, dass sie ihm in Kenntnis des dort betriebenen Betäubungsmittelanbaus zum Zwecke der Führung konspirativer Gespräche auf ihren Namen, den Namen ihrer Tochter und ihres Enkels lautende SIM-Karten übergeben und zudem zwei Kraftfahrzeuge für Fahrten zum Ort der Plantage zur Verfügung gestellt habe (UA S. 79), liegt keine tragfähige Beweiswürdigung zugrunde.
3
Die Strafkammer ist zwar unter Hinweis auf Telefongespräche vom 8. und 27. August 2013 ohne Rechtsfehler zu der Überzeugung gelangt, die Angeklagte habe von der Cannabisplantage gewusst (UA S. 102). Dass die Angeklagte aber den Mitangeklagten J. , ihren Verlobten, durch die beschriebenen Tathandlungen in dessen Aktivitäten konkret unterstützt hat bzw. unterstützen wollte, hat das Landgericht nicht bzw. nicht hinreichend belegt. Die Angeklagte hat die Tatvorwürfe bestritten, der Mitangeklagte J. hat angegeben, die Angeklagte P. habe ihn bei seinem Tun nicht unterstützt bzw. nicht unterstützen wollen (UA S. 89). Einer der Mitangeklagten, der Angeklagte M. , hat sich zwar entsprechend den getroffenen Feststellungen geständig eingelassen (UA S. 87); dass er, der sich lediglich vertretungsweise eine Woche um die Aufzucht der Cannabispflanzen kümmerte, aber etwas zur Übergabe von Handys oder Kraftfahrzeugen durch die Angeklagte gesagt haben könnte, lässt sich der Beweiswürdigung des Landgerichts nicht entnehmen.
4
Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich nicht, worauf die Strafkammer ihre Feststellungen insoweit gestützt haben könnte. Lediglich an einer Stelle im Urteil ist (gestützt auf die Auswertung überwachter Telefongespräche) überhaupt erwähnt, dass der Mitangeklagte J. ein Telefon verwendete, welches auf die Angeklagte P. registriert war (UA S. 83). Ein Hinweis auf eine Nutzung der auf die Tochter und den Enkel der Angeklagten registrierten SIM-Karten fehlt ebenso wie Ausführungen dazu, dass es die Angeklagte war, die diese SIM-Karten beschafft und an den Mitangeklagten J. (weiter-)gegeben hatte. Eine solche Weitergabe versteht sich bei dritten Personen zuzuordnenden SIM-Karten im Übrigen auch nicht von selbst. Soweit sich den Urteilsgründen im Übrigen entnehmen lässt, dass der Mitangeklagte J. ein Gespräch über ein auf die Angeklagte registriertes Handy führte, belegt dies nicht die im Urteil getroffene Feststellung, sie habe ihm mehrere Handys zum Zwecke der konspirativen Führung von Gesprächen überlassen. Zudem hätte - was die Überlassung eines Telefons an den Verlobten anbelangt - der Gehilfenvorsatz näherer Erörterung bedurft, weil die Angeklagte dies möglicherweise allein im Hinblick auf die persönliche Beziehung und nicht zur Förderung von ihm begangener Straftaten getan haben könnte (vgl. BGHR StGB § 27 I Hilfeleisten 32).
5
Mit Blick auf die Überlassung zweier Kraftfahrzeuge zur Nutzung durch den Mitangeklagten J. ergibt sich ein ähnliches Bild. Dass die Angeklagte P. ihrem Verlobten die PKWs konkret zu bestimmten einzelnen Fahrten zu der Cannabis-Plantage zur Verfügung gestellt hätte, ergibt sich nicht aus der Beweiswürdigung des Landgerichts, das sich auch insoweit nicht auf Aufgaben der Angeklagten und ihres Verlobten stützen konnte. Soweit nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass die Angeklagte es wahrgenommen und auch grundsätzlich billigend zugelassen hat, dass ihr Verlobter ihre Kraftfahrzeuge nutzte, hätte auch insoweit ihr Gehilfenvorsatz näherer Darlegung bedurft. Die Strafkammer hätte mit Blick auf die Einräumung einer allgemeinen Nutzungsmöglichkeit, die grundsätzlich eine neutrale Handlung darstellt, darlegen müssen, dass und ab wann die Angeklagte positiv wusste, dass ihr Verlobter auch Fahrten zur Plantage unternahm. Nur dann nämlich, wenn der Hilfeleistende weiß, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, ist sein Handeln regelmäßig als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen. Hält er es dagegen lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so reicht dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht aus, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung "die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein" ließ (vgl. BGHSt 46, 107, 112 im Zusammenhang mit berufstypischen neutralen Handlungen).
6
Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird der zu neuer Entscheidung berufene Tatrichter zu erwägen haben, ob sich eine Beihilfestrafbarkeit der Angeklagten auch aus ihren Telefonaten vom 27. August 2013 ergeben kann, mit denen sie möglicherweise die Betäubungsmittel zum Zwecke des Weiterverkaufs vor dem Zugriff durch die Strafverfolgungsbehörden sichern wollte. Mit Blick auf eine mögliche (Wert)Ersatzverfallsentscheidung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der Tatrichter bisher nicht dargelegt hat, ob und in welchem Umfang die Angeklagte P. durch den Verkauf von Betäubungsmitteln etwas erlangt hat.
7
2. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten J. hält ebenso wie der gegen ihn gerichtete Strafausspruch rechtlicher Nachprüfung stand. Bedenken begegnet hingegen die Anordnung des Verfalls von Wertersatz "hinsichtlich sichergestellter Geldbeträge von 3.995,-- Euro, 470,-- Euro und 2.910,-- CHF". Insoweit war der Ausspruch entsprechend dem Tenor zu berichtigen.
8
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte der Angeklagte mindestens drei Kilogramm Marihuana und erzielte dadurch einen Erlös von zumindest 10.500,-- Euro. Bei der Durchsuchung der gemeinsam von ihm und der Mitangeklagten P. bewohnten Wohnung wurden ein Bargeldbetrag von 3.995,-- Euro, bei dem es sich nach der Überzeugung der Strafkammer "jedenfalls ganz überwiegend" um einen Teil des erzielten Verkaufserlöses handelte, bei der späteren Festnahme des Angeklagten weitere Bargeldbeträge von 470,--- Euro und 2.910,-- CHF sichergestellt.
9
b) Dies rechtfertigt die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe eines Gesamtbetrages von insgesamt 6.860,80 Euro. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte zumindest 10.500,-- Euro im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB aus der Veräußerung von Drogen erlangt hat. Dieses Geld ist aber nicht mehr individualisierbar im Vermögen des Angeklagten vorhanden, so dass lediglich die Anordnung von Wertersatzverfall in Betracht kommt (§ 73a StGB). Soweit die Strafkammer davon ausgegangen ist, es handele sich bei den in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Geldscheinen "jedenfalls ganz überwiegend" um Erlöse aus den Betäubungsmittelgeschäften , hat sie sich damit nicht die für eine Verfallsanordnung nach § 73 Abs. 1 StGB erforderliche Überzeugung verschaffen können, dass sämtliche Geldscheine unberührt und unvermischt aus der Veräußerung von Drogen erlangt worden sind. Mit Blick auf eine eingetretene Vermischung von Geldern scheidet deshalb Verfall zugunsten von Wertersatzverfall aus (vgl. Körner /Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl. § 33, Rn. 145).
10
Die Anordnung dieses Wertersatzverfalls hat das Landgericht wertmäßig auf den Betrag von Geldern begrenzen wollen, die bei dem Angeklagten und der Mitangeklagten P. sichergestellt werden konnten. Soweit es sich dabei neben 3.995,-- Euro aus deren Wohnung und 470,-- Euro bei seiner Festnahme auch um 2.910,-- CHF handelte, war dieser Fremdwährungsbetrag entsprechend dem im Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung am 14. Juli 2014 gel- tenden Wechselkurs (0,8233 €/CHF) in 2.395,60 Euro umzurechnen. Zusam- men ergibt dies insgesamt einen Betrag von 6.860,80 Euro, auf den die Anordnung von Wertersatzverfall entsprechend den tatrichterlichen Vorgaben zu beschränken war, ohne dass es in der Person des Angeklagten insoweit von Bedeutung ist, dass im Hinblick auf einen Betrag von 3.995,-- Euro die gegen die Mitangeklagte P. gerichtete Anordnung des Wertersatzverfalls aufgehoben worden ist. Appl Krehl Eschelbach Ott Bartel

Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73 bis 73c, 75 Absatz 1 und 3 sowie die §§ 73d, 73e, 76, 76a, 76b und 78 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) anzuwenden. Die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) sind nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.