Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2007 - 5 StR 155/07

bei uns veröffentlicht am10.05.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 155/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 10. Mai 2007
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Mai 2007

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. November 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, das der Angeklagte der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;
b) im Strafausspruch aufgehoben;
c) dahin ergänzt, dass der Angeklagte im Übrigen freigesprochen wird.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Soweit der Angeklagte freigesprochen wird, fallen die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.
4. Zu neuer Verhandlung und Entscheidung über den Strafausspruch , auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, wird die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner nicht näher ausgeführten Sachrüge, die den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg hat.
2
Die Feststellungen, wonach der Angeklagte „über das Rauschgiftgeschäft informiert und in dieses eingebunden war“ (UA S. 10), aber den Haupttäter lediglich begleitet hat, tragen eine Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens nicht. Der Angeklagte hatte danach keinen Einfluss auf das Geschäft, da dieses vom Haupttäter mit dem Ankäufer vereinbart wurde. Auch eine faktische Zugriffsmöglichkeit auf die Drogen oder das Geld bestand zu keinem Zeitpunkt. Allein der Umstand, dass der Angeklagte, der für seine Mitwirkung kein Geld erhielt, sich weitere „legale Geschäfte“ mit dem Ankäufer versprach, rechtfertigt nicht die Bewertung als mittäterschaftliches Handeltreiben. Der Senat stellt den Schuldspruch entsprechend um; der geständige Angeklagte hätte sich auch nach entsprechendem rechtlichen Hinweis gegen einen so gemilderten Schuldspruch nicht wirksamer verteidigen können.
3
Die Änderung des Schuldspruchs hat Auswirkungen auf die Strafrahmenwahl und zieht deshalb die Aufhebung des Strafausspruches nach sich. Die Feststellungen zur Strafzumessung können hier jedoch aufrecht erhalten bleiben, weil lediglich ein Subsumtionsfehler vorliegt. Der neue Tatrichter kann insoweit neue Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
4
Soweit dem Angeklagten mit der Anklage zur Last gelegt worden ist, an einem weiteren Rauschgiftgeschäft beteiligt gewesen zu sein, holt der Senat schließlich den nach den Urteilsfeststellungen erforderlichen Frei- spruch nach. Der Umstand, dass das Landgericht im Eröffnungsbeschluss auf die Möglichkeit hingewiesen hat, dass dieser Tatvorwurf mit dem weiteren eine einheitliche Tat darstellen könne, rechtfertigt das Unterlassen des gebotenen förmlichen Teilfreispruchs nicht (vgl. BGHR StPO § 260 Urteilsspruch 1; BGH, Beschluss vom 18. Januar 1983 – 3 StR 415/82, insoweit in NStZ 1983, 277 und StV 1983, 266 nicht abgedruckt; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 260 Rdn. 13). Hierin liegt keine von der Anklage abweichende Eröffnungsentscheidung im Sinne des § 207 Abs. 2 StPO, sondern nur ein Hinweis im Sinne von § 265 StPO. Danach war der tatmehrheitliche Vorwurf noch Gegenstand des Verfahrens, welches durch den Urteilsspruch erschöpfend zu erledigen ist.
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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2007 - 5 StR 155/07 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafprozeßordnung - StPO | § 260 Urteil


(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils. (2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, gena

Strafprozeßordnung - StPO | § 207 Inhalt des Eröffnungsbeschlusses


(1) In dem Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, läßt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu und bezeichnet das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll. (2) Das Gericht legt in dem Beschluß dar, mit welchen

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) In dem Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, läßt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu und bezeichnet das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll.

(2) Das Gericht legt in dem Beschluß dar, mit welchen Änderungen es die Anklage zur Hauptverhandlung zuläßt, wenn

1.
wegen mehrerer Taten Anklage erhoben ist und wegen einzelner von ihnen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird,
2.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne abtrennbare Teile einer Tat beschränkt wird oder solche Teile in das Verfahren wieder einbezogen werden,
3.
die Tat rechtlich abweichend von der Anklageschrift gewürdigt wird oder
4.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Straftat begangen worden sind, beschränkt wird oder solche Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbezogen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 reicht die Staatsanwaltschaft eine dem Beschluß entsprechende neue Anklageschrift ein. Von der Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen kann abgesehen werden.

(4) Das Gericht beschließt zugleich von Amts wegen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.