Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2011 - 4 StR 689/10

bei uns veröffentlicht am25.01.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 689/10
vom
25. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. Januar 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 6. Oktober 2010 dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen drei tatmehrheitlich begangenen Fällen des unerlaubten gemeinschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte 200 Gramm Kokain zu einem Preis von 9.000 Euro gewinnbringend an seinen Abnehmer. Auf dessen Reklamation wegen der "minderwertigen Qualität" nahm er 170 Gramm Kokain zurück und lieferte "im Gegenzug" gegen Zahlung weiterer 4.500 Euro 300 Gramm Kokain. Auf die erneute Beschwerde des Abnehmers nahm er die Gesamtmenge zurück und lieferte gegen Zahlung eines erneuten Aufpreises von 4.500 Euro 500 Gramm Kokain. Gemäß der Vereinbarung mit seinem Lieferanten erhielt der Angeklagte einen Gewinnanteil in Höhe von 2.500 Euro.
3
2. Der Schuldspruch wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Wird eine zum Weiterverkauf erworbene Rauschgiftmenge in eine andere Menge umgetauscht, weil etwa - wie hier - die gelieferte Qualität nicht den Erwartungen entspricht, so sind auch die Bemühungen um die Rückgabe der mangelhaften und die Nachlieferung einer mangelfreien Ware auf die Abwicklung ein- und desselben Rauschgiftgeschäftes gerichtet (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 – 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 259; BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 2004 - 1 StR 538/03, NStZ 2005, 232, vom 24. Oktober 2006 – 3 StR 388/06, StV 2007, 83, vom 23. September 2009 - 2 StR 325/09, NStZ-RR 2010, 24, und vom 30. September 2009 - 2 StR 323/09, NStZ-RR 2010, 26). Dies gilt auch, wenn - wie hier - der Umtausch in der Weise vollzogen wird, dass die Liefermenge gegen einen Aufpreis erhöht wird. Denn auch in diesem Fall betrifft zumindest die Vereinbarung des Umtausches beide Rauschgiftmengen (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 – 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 259). Zwischen den drei abgeurteilten Taten des Angeklagten besteht daher hier Tateinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 1981 – 2 StR 489/81, StV 1982, 23).
4
3. Der Senat hat den Schuldspruch dementsprechend selbst geändert (§ 354 Abs. 1 StPO entsprechend); der geständige Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können (§ 265 StPO). Ferner war der Schuldspruch insoweit zu berichtigen, als die mittäterschaftliche Begehungsweise im Tenor nicht aufzuführen ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 260 Rn. 24 m.w.N.).
5
4. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall der vom Landgericht verhängten drei Einzelstrafen.
6
Angesichts des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat trägt der Senat keine Bedenken, an die Stelle der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren eine gleich hohe Freiheitsstrafe zu setzen. Die zutreffende Bestimmung der Konkurrenzen führt zu keiner Veränderung des Unrechts- und Schuldumfangs. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine "Konkurrenzkorrektur" in aller Regel keine Verringerung des verwirklichten Tatunrechts bedeutet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 1997 - 2 StR 566/96, NStZ 1997, 233, vom 14. April 1999 - 1 StR 678/98, NStZ 1999, 513, 514, jew. m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 1. März 2004 - 2 BvR 2251/03); so verhält es sich auch hier.
7
Für einen Teilfreispruch ist kein Raum (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juni 2008 - 3 StR 163/08).
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 373/11 vom 23. August 2011 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Dez. 2012 - 4 StR 384/12

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 384/12 vom 19. Dezember 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen zu Ziff. 1. bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. zu Ziff. 2. unerlaubten Handeltreibens mit Betäubun

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 538/03
vom
22. Januar 2004
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2004

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. August 2003
a) im Schuldspruch unter Beschränkung der Strafverfolgung nach § 154a Abs. 2 StPO dahin abgeändert, daß aa) der Halbsatz "des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit versuchter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" entfällt; damit entfällt die Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten (Fall II. 2. der Urteilsgründe); bb) in dem nachfolgenden Nachsatz die Wörter "mit unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln" entfallen;
b) in dem Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 3. der Urteilsgründe und in dem die Fälle II. 1. bis 4. betreffenden Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen einer Reihe von Betäubungsmitteldelikten zu Gesamtfreiheitsstrafen von fünf Jahren und sechs Monaten sowie von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Verfall von "!# %$ & '( )* +-,&. / 0 54.000 einer Änderung des Schuldspruchs sowie zu einer teilweisen Aufhebung des Strafausspruchs. 1. In den Fällen II. 2. und 3. liegt nur eine Tat im Rechtssinne vor. Die beiden Fahrten des Zeugen S. nach Belgien dienten der Abwicklung eines einzigen auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichteten Geschäfts. Der Angeklagte hatte kein weiteres Kilogramm Rauschgift bestellt, sondern tauschte lediglich die einmal erhaltene, wirkungslose Substanz um (vgl. BGHSt 43, 252, 259 m.w.N.). Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts nimmt der Senat die im Fall II. 2. ebenfalls tateinheitlich begangene versuchte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 154a Abs. 2 StPO von der Verfolgung aus. Im Fall II. 3. entfällt zudem - worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist - die Verurteilung wegen unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln, weil es sich bei dem Material, das der Zeuge S. zum Umtausch nach Belgien brachte, nicht um Rauschgift handelte, was dem Angeklagten bekannt war. Der Senat hat den Schuldspruch dementsprechend selbst geändert; der Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
2. Die Zusammenfassung der Fälle II. 2. und 3. führt zum Wegfall der für den Fall II. 2. verhängten Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Als Folge der anderen Sicht der Konkurrenzfrage hebt der Senat auch die Einzelstrafe im Fall II. 3. auf, denn auch insoweit hat sich der Schuldumfang geändert , weil hier die tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln entfallen ist. Damit ist auch die die Fälle II. 1. bis 4. erfassende Gesamtstrafe aufzuheben. Die den aufgehobenen Teil des Strafausspruchs betreffenden tatsächlichen Feststellungen können bestehenbleiben; der neue Tatrichter ist an ergänzenden, widerspruchsfreien Feststellungen, namentlich zur weiteren persönlichen Entwicklung des Beschwerdeführers nicht gehindert. 3. Im übrigen weist das Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Nack Wahl Boetticher
Kolz Hebenstreit

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 325/09
vom
23. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. September 2009
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Marburg vom 7. April 2009
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen schuldig ist;
b) im Strafausspruch in den Einzelstrafen für die Fälle 1 bis 7 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in dreizehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine Revision führt mit der Sachrüge zur Schuldspruchänderung und Aufhebung in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, dass die Verurteilung in den Fällen 2 bis 7 der Urteilsgründe jeweils wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge der rechtlichen Überprüfung nicht standhält. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte im Fall 1 der Urteilsgründe 10 kg minderwertiges Cannabisharz zum Weiterverkauf erworben. Nach Reklamation erklärte sich sein Lieferant bereit, zum Ersatz 10 kg Marihuana zu liefern. Dies geschah in sechs Teillieferungen; nach deren Abschluss gab der Angeklagte das minderwertige Cannabisharz zurück. Das Landgericht hat die Ersatzlieferungen als jeweils selbständige Fälle (2 bis 7) des Handeltreibens angesehen und Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten verhängt; für die Tat 1 hat es eine Einzelstrafe von zwei Jahren festgesetzt.
3
Die Verurteilung in den Fällen 2 bis 7 muss entfallen, weil es sich bei den Umtauschlieferungen um unselbständige Teilakte der einheitlichen Tat 1 handelte (vgl. BGH NStZ 2005, 232; Weber BtMG 3. Aufl. § 29 Rn. 391 m.w.N.). Insoweit war daher der Schuldspruch zu ändern; die Einzelstrafen waren aufzuheben.
4
2. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts lässt sich nicht ausschließen , dass die Festsetzung der Gesamtfreiheitsstrafe auf dem Rechtsfehler beruht. Auch die Einzelstrafe im Fall 1 der Urteilsgründe war aufzuheben, weil der neue Tatrichter den Unrechts- und Schuldgehalt des festgestellten Verhaltens insgesamt neu zu bewerten und zu einer Straffestsetzung unter Einbeziehung der unselbständigen weiteren Tathandlungen zu gelangen hat. Hierbei kann er auch eine die bisherige Einzelstrafe übersteigende neue Einzelstrafe festsetzen.
5
3. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Frau VRinBGH Dr. Rissing-van Saan ist wegen Erholungsurlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Rothfuß Rothfuß Fischer Roggenbuck Cierniak

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 163/08
vom
3. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Bestimmens eines Minderjährigen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1. c) und 2. auf dessen Antrag - am
3. Juni 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2007
a) dahin geändert, dass der Teilfreispruch entfällt,
b) dahin ergänzt, dass die Höhe eines Tagessatzes der in den Fällen B. VII. und VIII. der Urteilsgründe (Fälle 31 und 32 der Anklage) verhängten Geldstrafen von 90 bzw. 30 Tagessätzen auf einen Euro festgesetzt wird,
c) aufgehoben, soweit eine Entscheidung zur Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Bestimmens eines Minderjährigen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und anderer Delikte zur Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der Sachbeschwerde. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch wie auch zum Strafausspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
3
1. Das Urteil hat indes keinen Bestand, soweit das Landgericht die Prüfung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterlassen hat. Nach den - rechtsfehlerfrei getroffenen - Urteilsfeststellungen war dies veranlasst. Der Angeklagte hat im Alter von 15 Jahren erstmals "gekifft". Später probierte er Kokain, Speed und chemische Drogen. Im letzten halben Jahr vor seiner Verhaftung konsumierte er täglich Betäubungsmittel und zusätzlich Alkohol. Nach den - insoweit unwiderlegt gebliebenen - Angaben des Angeklagten handelte er mit Betäubungsmitteln, um seinen - zuletzt stark angestiegenen - Drogenkonsum zu finanzieren.
4
Diese Sachlage legt nahe, dass die gegenständlichen Taten auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Daher hätte das Landgericht prüfen und entscheiden müssen, ob die Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Daran hat sich durch die Neufassung des § 64 StGB nichts geändert (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 72). Den bisher getroffenen Feststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass die Maßregelanordnung jedenfalls deswegen ausscheiden müsste, weil es an der hinreichend konkreten Aussicht eines Behandlungserfolges (§ 64 Satz 2 StGB) fehlt.
5
Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt hier den Strafausspruch unberührt. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mildere Einzelstrafen oder eine geringere Gesamtstrafe verhängt hätte.
6
Zur Prüfung der Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB bedarf es in der neuen Hauptverhandlung der Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO).
7
2. Der die Tatkomplexe eins bis sieben und neun bis 28 der Anklage betreffende Teilfreispruch kann insgesamt nicht bestehen bleiben.
8
Allerdings ist ein Angeklagter, der nicht wegen aller Delikte verurteilt wird, die er der Anklage zufolge in Tatmehrheit begangen haben soll, insoweit freizusprechen, um Anklage und Eröffnungsbeschluss zu erschöpfen; dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Gericht das Konkurrenzverhältnis anders beurteilt und von Tateinheit ausgeht (st. Rspr.; vgl. BGHSt 44, 196, 202). Voraussetzung ist jedoch, dass das Gericht die als tatmehrheitlich angeklagte "Tat" nicht für erwiesen hält. So verhält es sich hier gerade nicht: Das Landgericht hat den Angeklagten lediglich deshalb freigesprochen, weil die tatmehrheitlich angeklagten Betäubungsmittelstraftaten nach seiner rechtlichen Würdigung nicht Gegenstand eines selbständigen Schuld- und Strafausspruchs sein konnten. Unter diesen Umständen ist für einen Teilfreispruch kein Raum (vgl. BGH NStZ 2003, 546; NStZ 2004, 554). Dieser muss daher entfallen. Das Verschlechterungsverbot steht dem nicht entgegen.
9
3. In den Fällen B. VII. und VIII. der Urteilsgründe (Fälle 31 und 32 der Anklage) hat das Landgericht Geldstrafen verhängt. Dabei hat es zwar die Tagessatzanzahl mit 90 bzw. 30 festgesetzt, aber unterlassen, die Höhe eines Tagessatzes zu bestimmen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 StGB). Dessen bedarf es auch dann, wenn wie hier aus den Einzelgeldstrafen und Einzelfreiheitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet worden ist (BGHSt 30, 93, 96; BGHR StGB § 54 Abs. 3 Tagessatzhöhe 1). Der Senat hat dies dadurch nachgeholt, dass er den einzelnen Tagessatz auf das Mindestmaß von einem Euro festgesetzt hat (§ 40 Abs. 2 Satz 3 StGB; vgl. BGH, Beschl. vom 11. Januar 2006 - 2 StR 571/05). Becker Miebach von Lienen Hubert Schäfer