Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2011 - 4 StR 659/10

bei uns veröffentlicht am15.02.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 659/10
vom
15. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung
hier: Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Februar 2011 beschlossen
:
Der Senat beabsichtigt zu entscheiden:
Die Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens eines
der Wohnung von Menschen dienenden Gebäudes gemäß
§ 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist bei der Brandlegung in einem
einheitlichen, teils gewerblich, teils zu Wohnzwecken genutzten
Gebäude erst vollendet, wenn ein zum Wohnen bestimmter
selbständiger Teil des Gebäudes durch die Brandlegung
für Wohnzwecke unbrauchbar geworden ist.
Der Senat fragt daher beim 2. Strafsenat an, ob an dem Beschluss
vom 19. Juli 2007 - 2 StR 266/07 festgehalten wird.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.

I.


2
Nach den Feststellungen betrieb der Angeklagte in angemieteten Räumlichkeiten im Erdgeschoß des Tatanwesens, in welchem sich im Erdgeschoß verschiedene Geschäftslokale und im Obergeschoß fünf genutzte Wohnungen befanden, ein Sonnenstudio. Da die Einkünfte des Angeklagten nicht ausreich- ten, um seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, fasste er den Entschluss, das Inventar des Sonnenstudios durch Dritte in Brand setzen zu lassen, um gegenüber der Inventarversicherung vermeintliche Versicherungsansprüche betrügerisch geltend zu machen. Mit der Brandlegung beauftragte der Angeklagte ihm bekannte Personen, die nicht ermittelt werden konnten. Der Angeklagte hielt es für möglich und nahm billigend in Kauf, dass sich das Feuer auch auf das bewohnte Obergeschoß ausweiten konnte. Nicht ausschließbar vertraute er aber darauf, dass Menschen dadurch weder verletzt noch getötet werden.
3
Am 24. Januar 2009 zwischen 2.30 und 4.20 Uhr gelangten die vom Angeklagten beauftragten Täter mit einem vom Angeklagten überlassenen Schlüssel in das Sonnenstudio. Sie entzündeten im Eingangsbereich in der Nähe der dortigen Empfangstheke befindliche Gegenstände, wofür sie etwas Benzin aus einem mitgebrachten 5-Liter-Kanister verwendeten, den sie mit geöffnetem Verschluss im Sonnenstudio zurückließen. Das Feuer, das Gebäudeteile nicht erfasste, führte dazu, dass die Einrichtungen des Sonnenstudios, vor allem die Trennwände im Bereich der Empfangstheke und in ihrer Nähe in größerem Umfang verrußt bzw. verkohlt und - ebenso wie die Akustikdecke - durch die Hitzeeinwirkung zerstört wurden. Beim Eintreffen der um 6.55 Uhr alarmierten Feuerwehr war das Feuer bis auf noch vorhandene Glutnester erloschen. In Folge des Brandes, durch den niemand verletzt wurde, war das vom Angeklagten angemietete Geschäftslokal bis zu dessen Instandsetzung nicht mehr nutzbar. Hätte sich aus der Brandlegung ein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwartender Vollbrand des Sonnenstudios entwickelt, wäre mit einem Übergreifen des Feuers auf das Obergeschoß und einer Gefährdung der Bewohner zu rechnen gewesen.

II.


4
1. Der Senat beabsichtigt, den Schuldspruch des angefochtenen Urteils dahin zu ändern, dass sich der Angeklagte der Anstiftung zur versuchten besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit Brandstiftung gemäß § 26 StGB i.V.m. § 306b Abs. 2 Nr. 2, § 306a Abs. 1 Nr. 1, § 22, § 306 Abs. 1 Nr. 1, § 52 StGB schuldig gemacht hat. Die von den unbekannten Tätern begangene schwere Brandstiftung ist nicht über das Versuchsstadium hinaus verwirklicht worden.
5
Da das Landgericht ein Übergreifen des Feuers auf Gebäudeteile in der Weise, dass deren Fortbrennen aus eigener Kraft möglich war (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1986 - 1 StR 270/86, BGHSt 34, 115, 117), nicht hat feststellen können, fehlt es an einem vollendeten Inbrandsetzen. Nach Ansicht des Senats liegen entgegen der Annahme der Strafkammer auch die Voraussetzungen der Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens eines der Wohnung von Menschen dienenden Gebäudes nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht vor.
6
Schutzobjekt des durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom 26. Januar 1998 (BGBl I 164) neu gefassten § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist jede Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient. Geschützt ist die Wohnstätte des Menschen als der örtliche Mittelpunkt menschlichen Lebens (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1975 - 4 StR 120/75, BGHSt 26, 121, 123). Aus dem auf das Wohnen bezogenen Schutzzweck des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB folgt, dass die Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens eines Wohngebäudes bei einer Brandlegung in einem einheitlichen, teils gewerblich, teils als Wohnung genutzten Gebäude erst dann verwirklicht ist, wenn (zumindest) ein zum selbständigen Gebrauch bestimmter Teil des Wohngebäudes , d.h. eine zum Wohnen bestimmte abgeschlossene Untereinheit, durch die Brandlegung für Wohnzwecke unbrauchbar geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 18, 20; Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 3 StR 339/06, NStZ-RR 2007, 78; Beschluss vom 10. Januar 2007 - 5 StR 401/06, NStZ 2007, 270, 271; Beschluss vom 6. Mai 2008 - 4 StR 20/08, NStZ 2008, 519; Beschluss vom 14. Juli 2009 - 3 StR 276/09, NStZ 2010, 151, 152; Beschluss vom 26. Januar 2010 - 3 StR 442/09, NStZ 2010, 452; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 306a Rn. 8a; anders noch BGH, Beschluss vom 29. September 1999 - 3 StR 359/99, NStZ 2000, 197). Dass das Feuer auf zu Wohnzwecken genutzte Teile des Gebäudes hätte übergreifen können, ändert nichts am fehlenden Eintritt des in § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB tatbestandlich vorausgesetzten Erfolgs und vermag daher die Annahme einer vollendeten schweren Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 StGB nicht zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2010 - 3 StR 442/09 aaO). Da die Inbrandsetzung des Inventars des Sonnenstudios lediglich zu einer Zerstörung des dem Betrieb des Sonnenstudios dienenden Geschäftslokals führte, ist die von den unbekannt gebliebenen Tätern verübte schwere Brandstiftung nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB im Versuchsstadium stecken geblieben.
7
2. Der beabsichtigten Entscheidung steht der Beschluss des 2. Strafsenats vom 19. Juli 2007 - 2 StR 266/07 entgegen. In dieser Entscheidung hat der 2. Strafsenat bei einer Brandlegung in einem teils gewerblich, teils zu Wohnzwecken genutzten Gebäude, die zur zeitweisen Unbrauchbarkeit eines Ladengeschäfts als abgrenzbarer Teil des Gebäudes führte, ohne nähere Begründung die Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens eines Wohngebäudes als vollendet angesehen. Die Ausführungen in dem Urteil des 2. Strafsenats vom 17. November 2010 - 2 StR 399/10 (zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) sprechen zwar dafür, dass nunmehr auch der 2. Strafsenat davon ausgeht, dass für die Vollendung des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens erforderlich ist, dass Wohnräume von der Zerstörungswirkung der Brandlegung betroffen sind. Eine eindeutige Aufgabe des Beschlusses vom 19. Juli 2007 - 2 StR 266/07 ist ihnen indes nicht zu entnehmen.
8
3. Der Senat fragt daher gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei dem 2. Strafsenat an, ob an der dem Beschluss vom 19. Juli 2007 zu Grunde liegenden Rechtsauffassung festgehalten wird.
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

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Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 132


(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate. (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Sena

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 26 Anstiftung


Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.

Strafgesetzbuch - StGB | § 306 Brandstiftung


(1) Wer fremde 1. Gebäude oder Hütten,2. Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,3. Warenlager oder -vorräte,4. Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge,5. Wälder, Heiden oder Moore oder6. land-, ernährungs- o

Strafgesetzbuch - StGB | § 306a Schwere Brandstiftung


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,2. eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder3.

Strafgesetzbuch - StGB | § 306b Besonders schwere Brandstiftung


(1) Wer durch eine Brandstiftung nach § 306 oder § 306a eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

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Referenzen

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.

(1) Wer durch eine Brandstiftung nach § 306 oder § 306a eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter in den Fällen des § 306a

1.
einen anderen Menschen durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt,
2.
in der Absicht handelt, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken oder
3.
das Löschen des Brandes verhindert oder erschwert.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Wer fremde

1.
Gebäude oder Hütten,
2.
Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen,
3.
Warenlager oder -vorräte,
4.
Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge,
5.
Wälder, Heiden oder Moore oder
6.
land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

5 StR 401/06

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 10. Januar 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2007 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Berlin vom 25. April 2006 nach § 349 Abs. 4
StPO aufgehoben

a) im Schuldspruch mit den zugehörigen Feststellungen
– mit Ausnahme derjenigen zum äußeren Tathergang –
soweit der Angeklagte wegen schwerer Brandstiftung in
zwei Fällen und versuchter schwerer Brandstiftung in
zwei Fällen (Fälle 2 bis 5 des Urteils) verurteilt worden
ist;

b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen
Feststellungen.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
G r ü n d e
1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung
in zwei Fällen, versuchter schwerer Brandstiftung in zwei Fällen sowie wegen
Sachbeschädigung in zwei Fällen unter Einbeziehung einer anderweitig ver-
hängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren, zwei Monaten
und einer Woche verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte
mit seiner Revision. Diese hat mit der Sachrüge den aus dem Beschlusstenor
ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift
des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
2 1. Nach den Feststellungen der Strafkammer zündete der Angeklagte
in den Fällen 2 bis 5 der Urteilsgründe innerhalb eines Zeitraums von drei
Tagen jeweils im Keller eines mehrgeschossigen Neubauhauskomplexes
Gegenstände an. Er selbst bewohnte mit seiner Familie ebenso wie seine
Schwiegereltern eine Wohnung in dem Komplex. Ein Motiv für diese Taten
hat die Strafkammer nicht festgestellt.
3 Im Fall 2 zündete der Angeklagte mit einem Feuerzeug einen Karton
in dem Kellerverschlag an, der neben dem von ihm genutzten Verschlag lag.
Das dortige Inventar geriet in Brand. Im Fall 3 entzündete er einen aus einem
anderen Kellerverschlag heraushängenden Stofffetzen, woraufhin dieser
Verschlag und vier weitere „ausbrannten“. Aufgrund der durch den Brand
entstandenen Hitze verschmolzen Versorgungsleitungen – infolgedessen fiel
der Strom aus, die Hauptstromleitung blieb für mehrere Stunden abgeschaltet
– und an der Betondecke kam es zu Putzabplatzungen. Im Fall 4 entzündete
er ebenfalls einen aus einem Kellerverschlag in Höhe der Versorgungsleitungen
heraushängenden Stofffetzen; dieser und die Holzlatten des Verschlages
fingen Feuer. Im Fall 5 zündete der Angeklagte in einer Nische des
Kellergangs einen Pappkarton an, woraufhin die Versorgungsleitungen im
Keller verschmolzen, weswegen der Strom abgeschaltet werden musste und
drei Kellerverschläge „ausbrannten“.
4 2. Das Landgericht ist in den Fällen 3 und 5 von einer vollendeten
schweren Brandstiftung ausgegangen, weil die Versorgungsleitungen aufgrund
der Brände unbrauchbar geworden seien. In den Fällen 2 und 4 habe
der Angeklagte jeweils eine solche Tat versucht, da er ein Ausbreiten des
Feuers auf die Versorgungsleitungen und damit auf einen für den bestimmungsgemäßen
Gebrauch eines Hauses wesentlichen Teil beabsichtigt habe.
5 3. Diese Würdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Eine
Verurteilung nach § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der hier in Betracht kommenden
ersten Variante setzt voraus, dass ein zur Wohnung von Menschen dienendes
Gebäude in Brand gesetzt oder durch die Brandlegung ganz oder
teilweise zerstört wurde, bzw. der Täter dazu vorsätzlich unmittelbar angesetzt
hat. Dies belegen die Feststellungen nicht.
6 a) Ein Kellerraum in einem Wohnhaus ist in der vom Landgericht angenommenen
Tatbestandsalternative „in Brand setzen“ mögliches Tatobjekt
des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB, wenn das Feuer wesentliche Gebäudeteile
erfasst hat oder es sich auf Gebäudeteile ausweiten kann, die für den bestimmungsgemäßen
Gebrauch des Gebäudes, also das Wohnen, wesentlich
sind (BGHSt 48, 14, 21; vgl. auch BGH NJW 1999, 299 zu § 306 Nr. 2 StGB
a. F.).
7 aa) Aus der Feststellung, dass die Kellerverschläge „ausgebrannt“ seien
, kann nur geschlossen werden, dass dort gelagerte Gegenstände und die
Vorrichtungen zur Abtrennung der Kellerverschläge gebrannt haben. Für sich
genommen genügt das nicht, da es sich nicht um für das Wohnen wesentliche
Gebäudeteile handelt (verneinend z. B. BGHSt 48, 14, 22: Holzlatten
und Stoffbezug der Kellertür; BGH NStZ 2003, 266: Holzwände, die einzelne
Kellerabteile abtrennen; BGH NStE Nr. 10 zu § 306 StGB: Lattenkellertür
). Feststellungen dazu, ob die Inbrandsetzung dieser Gegenstände geeignet
war, das Feuer anderen, für die bestimmungsgemäße Nutzung wesentlichen
Gebäudeteilen mitzuteilen, fehlen. Angesichts der üblichen Bauweise
von mehrgeschossigen Wohngebäuden versteht sich dies auch nicht von
selbst (vgl. hierzu BGHSt 18, 363, 364; BGH NJW 1999, 299).
8 bb) Dass infolge der Hitze Putz von der Betondecke abgeplatzt war,
begründet den Tatbestand der Inbrandsetzung ebenfalls nicht (BGH, Beschluss
vom 18. Oktober 1983 – 5 StR 760/83).
9 cc) Gleiches gilt für die verschmorten Versorgungsleitungen (vgl.
BGHSt 48, 14, 22). Bei den im Keller verlaufenden Versorgungsleitungen
handelt es sich nicht um für den bestimmungsgemäßen Gebrauch wesentliche
Gebäudeteile. Dass ein hitzebedingtes Verschmoren dieser Leitungen
geeignet gewesen wäre, das Feuer den Wohnzwecken dienenden Bereichen
des Hauses mitzuteilen, ist nicht festgestellt. Da es sich jedenfalls nicht um
gasführende Versorgungsleitungen gehandelt hat, ist nicht auszuschließen,
dass eine solche Eignung fehlte.
10 dd) Nach den Feststellungen liegt auch kein (untauglicher) Versuch
einer schweren Brandstiftung vor. Es ist nicht tragfähig belegt, dass der Angeklagte
das Mehrfamilienhaus und nicht nur abgetrennte Kellerbereiche in
Brand setzen wollte. Angesichts des Umstands, dass er das Haus mit seiner
Familie selbst bewohnte und sich auch zum Teil nach der Entzündung der
Gegenstände wieder in seine Wohnung zurückbegab, hätte es hierzu näherer
Erörterungen bedurft.
11 b) Die Feststellungen tragen auch eine Verurteilung wegen vollendeter
oder versuchter Brandstiftung in der Tatbestandsalternative „ein Gebäude
durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstören“ (§ 306a Abs. 1 Nr. 1
zweite Alt. StGB) nicht. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass
diese Handlungsalternative sich an dem primären Schutzzweck des § 306a
Abs. 1 Nr. 1 StGB – Wohnen als „Mittelpunkt menschlichen Lebens“ – ausrichtet
und daher bei einer Brandlegung in einem Mehrfamilienhaus erst erfüllt
ist, wenn eine zum Wohnen bestimmte „Untereinheit“ dadurch für Wohnzwecke
unbrauchbar geworden ist. Dies setzt voraus, dass wegen der
Brandlegungsfolgen die Wohnung für eine beträchtliche Zeit – und nicht für
Stunden oder einen Tag – nicht mehr benutzbar ist (BGHSt 48, 14, 20). Die
für Stunden unterbrochene Stromversorgung erfüllt diese Voraussetzungen
nicht. Soweit im Urteil festgestellt ist, dass eine Wohnung im dritten Obergeschoss
aufgrund der Raucheinwirkung verrußt war und renoviert werden
musste, ist weder ersichtlich, aufgrund welcher Tat es zu dieser Folge kam,
noch dass die Wohnung im oben dargestellten Sinne unbrauchbar war. Zudem
lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen, dass sich der Vorsatz
des Angeklagten auf eine Brandstiftung an einem zur Wohnung von Menschen
dienenden Gebäude bezogen hat.
12 4. Die Verurteilung wegen Sachbeschädigung in zwei Fällen – hierbei
entzündete er jeweils einen Container in einem Müllraum, der zu dem von
ihm bewohnten Wohnkomplex gehörte – ist zwar rechtsfehlerfrei, jedoch
können die diesbezüglichen Einzelstrafen nicht bestehen bleiben. Denn die
Erwägungen, mit denen das Landgericht eine erhebliche Beeinträchtigung
des Steuerungsvermögens des Angeklagten verneint hat, sind nicht tragfähig.
13 Der Angeklagte, der früher Missbrauch von „Valoron“ betrieb und zur
Tatzeit regelmäßig „Tilidin“, ein entfernt mit Morphin verwandtes Analgetikum
, konsumierte, hat eine deutliche Affinität zum Feuerlegen, die in den
abgeurteilten Taten und in der Vorverurteilung wegen zehn Brandstiftungsdelikten
zum Ausdruck gekommen ist. Ein Tatmotiv konnte für keine der hiesigen
Taten festgestellt werden. Angesichts dessen durfte sich die Strafkammer
nicht auf die Wiedergabe der gutachterlichen Stellungnahme beschränken
, die – soweit im Urteil wiedergegeben – im Wesentlichen an die wenigen
durch den Angeklagten gewonnenen Erkenntnisse anknüpfte. Denn dieser
hat in Ausübung seines Schweigerechts zu den ihm vorgeworfenen Taten
keine Angaben gemacht, weswegen die Kammer „nicht genügend Anhaltspunkte“
(UA S. 35) für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der
Steuerungsfähigkeit gewinnen konnte.
14 Vielmehr hätte es aufgrund der oben dargestellten Auffälligkeiten und
der Art der Kriminalität (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Oktober 1995
5 StR 530/95; BGH, Beschluss vom 25. Juli 2001 – 5 StR 287/01) zur Beurteilung
, ob der Angeklagte an einer erheblichen Persönlichkeitsstörung im
Sinne einer schweren seelischen Abartigkeit leidet, einer sorgfältigen Auseinandersetzung
mit sämtlichen diesbezüglich zur Verfügung stehenden Anknüpfungstatsachen
bedurft. So wird das bei der Wiedergabe der Ausführungen
der Sachverständigen erwähnte Vorgutachten im Rahmen der früheren
Verurteilung nicht erörtert. Das Urteil beschränkt sich auf das Einfügen der
Feststellungen zum Tatablauf; zu welchem Ergebnis das Gutachten und das
verurteilende Tatgericht kamen, wird nicht mitgeteilt. Auch fehlen Ausführungen
dazu, welche Erkenntnisse sich aus den Vernehmungen der Ehefrau
und der Schwiegereltern zur Verfassung des Angeklagten – über den „Tilidinkonsum“
hinaus – ergeben haben. Weiterhin lassen die Urteilsgründe in
diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit den Begleiterscheinungen
weiterer Aburteilungen oder Beschuldigungen vermissen.
15 Sollte das Ergebnis der neuen Hauptverhandlung zur sicheren Feststellung
der Merkmale des § 21 StGB führen, was nach der bislang hingenommenen
unzulänglichen Beurteilungsgrundlage trotz des bisherigen Begutachtungsergebnisses
nicht fernliegt, kommt die Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB in Betracht.
16 Zur Gesamtstrafbildung wird auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts
vom 5. September 2006 verwiesen.
Basdorf Häger Gerhardt
Raum Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 20/08
vom
6. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag bzw. nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am
6. Mai 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 10. September 2007
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der schweren Brandstiftung in zwei Fällen und der versuchten schweren Brandstiftung in drei Fällen schuldig ist;
b) im Strafausspruch in den Fällen II. 1 und 2, im Gesamtstrafenausspruch und im Maßregelausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung in vier Fällen und versuchter schwerer Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 7. Februar 2008 unter anderem ausgeführt: "Die Annahme der Kammer, der Angeklagte habe die Wohnhäuser in den Fällen II. 1, 2 und 4 des Urteils teilweise zerstört, begegnet … durchgreifenden Bedenken. 'Teilweises Zerstören' setzt - ausgerichtet am Schutzzweck des § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB - bei einer Brandlegung in einem Mehrfamilienhaus voraus, dass (zumindest) ein zum selbständigen Gebrauch bestimmter Teil des Wohngebäudes, d. h. eine zum Wohnen bestimmte, abgeschlossene 'Untereinheit', durch die Brandlegung für Wohnzwecke unbrauchbar geworden ist. Hierfür genügt es nicht, dass lediglich das Mobiliar zerstört wurde. Erforderlich ist vielmehr, dass für den 'verständigen' Wohnungsinhaber die Wohnung wegen der Brandlegungsfolgen für eine beträchtliche Zeit - und nicht nur für Stunden oder einen Tag - nicht mehr benutzbar ist (Senat, Urt. v. 12.09.2002 - 4 StR 165/02, BGHR StGB § 306 Zerstörung 2; Fischer, StGB, 55. Aufl. 2008, § 306a Rn. 3 sowie § 306 Rn. 16 jeweils m.w.N.), wobei dies auch Folge einer starken Verrußung sein kann (BGH, Beschl. v. 05.12.2001 - 3 StR 422/01 = StV 2002, 145; s.a. Senat, a.a.O., m.w.N.). Hieran gemessen tragen allein die Feststellungen zu II. 5 des Urteils eine Strafbarkeit gemäß § 306a StGB wegen teilweisen Zerstörens einer als Wohnung dienenden Räumlichkeit. Denn insoweit ist dem Urteil zu entnehmen , dass die oberen Wohnungen in den betroffenen Häusern infolge des starken Rußabklatsches zeitweise unbewohnbar waren (UA S. 23, erster Absatz a.E.). Bezüglich II. 1 des Urteils dagegen hat die Kammer lediglich festgestellt, dass der Angeklagte einen im Hausflur abgestellten Knautschsessel in Brand setzte, weitere in der Nähe abgestellte Möbelstücke Feuer fingen und starker Rauch u.a. in zwei Wohnungen im vierten Obergeschoss eindrang (UA S. 18, zweiter Absatz). Ob es darin auch zu Verrußungen gekommen ist, teilt das Urteil nicht mit. Die Feststellung, es habe sich an den Wänden im zweiten, dritten und vierten Obergeschoss sowie an der Decke des Treppenhauses deutlicher Rußabklatsch niedergeschlagen (UA S. 18, zweiter Absatz), ist insoweit nicht aussagekräftig, weil sie sich - wie auch die verursachten Ablösungen von Putz und Beschädigungen von Kabelbefestigungen - offensichtlich allein auf den Flur, nicht dagegen auf einen zu Wohnzwecken genutzten Bereich des Hauses bezieht. Auch die Ausführungen zu Fall II. 2 des Urteils - Beschädigungen der Flurwand in unmittelbarer Nähe des Brandherdes, Verrußung der Flurwand und der Flurdecke, Einrußung eines auf dem Flur abgestellten Schreibtisches sowie mit Löschwasser benetzter Fußboden im gesamten Treppenhaus (UA S. 20, erster Absatz) - belegen nicht die teilweise Zerstörung eines zu Wohnzwecken genutzten Teilbereichs des Mehrfamilienhauses. Das Gleiche gilt bezüglich II. 4 des Urteils: ausweislich der Feststellungen wurde der Flur- und Treppenhausbereich an Wänden, Decken und Boden des zweiten und dritten Stockwerks sowie im Dachgeschoss stark mit Rußabklatsch belegt (UA S. 21, zweiter Absatz). Dies allein aber lässt - auch unter Berücksichtigung des erheblichen Sachschadens - keinen Rückschluss auf die Beeinträchtigung des Wohnzwecks des Mehrfamilienhauses zu. Jedoch wird der Schuldspruch insoweit noch im Hinblick auf die Tatbestandsalternative des Inbrandsetzens im Sinne von § 306a Absatz 1 StGB getragen. … Der Schuldspruch ist daher in den Fällen II. 1 und 2 des Urteils dahingehend abzuändern, dass der Angeklagte lediglich wie im Fall II. 3 wegen versuchter schwerer Brandstiftung schuldig ist. Angesichts der umfassenden Ausführungen der Kammer zu den verursachten Beschädigungen ist es auszuschließen, dass weitergehende Feststellungen zu Brandschäden getroffen werden können, die die Annahme einer vollendeten Tat zu tragen vermögen. Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen II. 1 und 2 des Urteils hat die Aufhebung der jeweiligen Einzelstrafen und der darauf beruhenden Gesamtstrafe zur Folge. Sie lässt jedoch die weiteren Einzelstrafen unberührt. Soweit die Kammer im Fall II. 4 des Urteils über das Inbrandsetzen hinaus rechtsfehlerhaft auch ein teilweises Zerstören des Wohnobjektes angenommen hat, hat sie dies nicht strafschärfend gewertet. Mit der Erwägung, der Angeklagte habe Schäden verursacht, ´die das für ei- ne teilweise Zerstörung des Brandobjektes erforderliche Maß erheblich übersteigen´ (UA S. 36, dritter Absatz), hat die Kammer offensichtlich den erheblichen Sachschaden - zu Recht - strafschärfend berücksichtigt."
3
Dem schließt sich der Senat an. Obwohl die Einzelstrafen in den Fällen II. 1 und 2 und die Gesamtstrafe nicht überhöht erscheinen, hebt der Senat die Strafen antragsgemäß auf, weil nicht auszuschließen ist, dass sie bei rechtsfehlerfreier Beurteilung der Schuldsprüche in den Fällen II. 1 und 2 niedriger festgesetzt worden wären.
4
2. Auch der Maßregelausspruch kann nicht bestehen bleiben. Zwar hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte den Hang hat, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, die abgeurteilten Taten auf den Hang zurückzuführen sind und die Gefahr besteht, dass der Angeklagte infolge des Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Zur Erfolgsaussicht einer Unterbringung (§ 64 Satz 2 StGB) äußert sich die Strafkammer jedoch nicht. Eine solche versteht sich hier nicht von selbst, weil der Angeklagte wiederholt "vergebliche Entgiftungsversuche" durchgeführt hat (UA 6, 8, 9 f., 11, 12, 38) und er schließlich keinen Arzt mehr fand, der ihn zur "Entgiftung" einweisen wollte (UA 12). In der neuen Hauptverhandlung werden daher durch die - sachverständig beratene - Strafkammer auch Feststellungen zur Frage der hinreichend konkreten Erfolgsaussicht der Unterbringungsanordnung zu treffen sein (vgl. hierzu BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 7, 8). Frau VRi'inBGH Dr. Tepperwien Maatz Kuckein ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben Maatz Athing Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 276/09
vom
14. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 14. Juli 2009 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 25. Februar 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "schwerer Brandstiftung in zwei Fällen, wobei es in einem Fall bei einem Versuch blieb", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen warf der Angeklagte in zwei Fällen jeweils einen entzündeten Feuerwerkskörper durch ein geöffnetes Wohnungsfenster. In dem Fall, in dem das Landgericht eine vollendete schwere Brandstiftung angenommen hat, entstand ein Brand, durch den das Kinderzimmer so stark beschädigt wurde, dass es wegen einer erforderlichen Renovierung vier Wochen lang nicht genutzt werden konnte. Alle Möbel und Gegenstände in der gesamten Wohnung mussten aufwendig gesäubert und renoviert werden.
3
Das Landgericht hat in beiden Fällen einen bedingten Brandstiftungsvorsatz mit der Begründung bejaht, dem Angeklagten sei bewusst gewesen, dass die in die Wohnungen geworfenen, entzündeten Feuerwerkskörper einen Wohnungsbrand auslösen könnten.
4
2. Die Verurteilung des Angeklagten kann nicht bestehen bleiben.
5
a) Im zweiten Fall tragen die Feststellungen eine Verurteilung wegen vollendeter schwerer Brandstiftung (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB) nicht, denn ihnen lässt sich nicht entnehmen, dass das Wohngebäude in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört wurde. Die erste Tatbestandsalternative ist nicht erfüllt, weil kein für den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes wesentlicher Bestandteil derart vom Feuer erfasst wurde, dass dieser selbständig, d. h. ohne Fortwirken des Zündmittels, weiter brannte (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 306 Rdn. 14 f.). Das Tatbestandsmerkmal "teilweise zerstört" setzt bei einer Brandlegung in einem Mehrfamilienhaus voraus, dass zumindest eine Wohnung für eine beträchtliche Zeit zu Wohnzwecken nicht mehr benutzbar war (vgl. BGHSt 48, 14, 20; BGH NStZ 2001, 252 und 2007, 270). Die festgestellte Unbenutzbarkeit des Kinderzimmers reicht somit nicht aus. Dass die gesamte Wohnung wegen einer starken Verrußung über längere Zeit nicht bewohnt werden konnte, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen.
6
b) In beiden Fällen genügen die Ausführungen des Landgerichts nicht den Anforderungen, die an die Begründung eines bedingten Brandstiftungsvorsatzes zu stellen sind. Da bedingter Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit im Grenzbereich eng beieinander liegen, müssen bei der Annahme bedingten Vorsatzes sowohl das Wissens- als auch das Willenselement sorgfältig geprüft werden. Insbesondere die Würdigung zum Willenselement muss sich mit den Feststellungen des Urteils zur Persönlichkeit des Täters auseinander setzen und alle für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände in Betracht ziehen. Geboten ist eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände (vgl. BGHSt 36, 1, 9 f.). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
7
Das Urteil enthält keine Ausführungen dazu, dass der Angeklagte das teilweise Zerstören der Wohnung oder ein Inbrandsetzen des Gebäudes billigend in Kauf genommen hat. Dies ergibt sich auch nicht von selbst aus den objektiven Feststellungen. Der nicht unerheblich alkoholisierte Angeklagte (Tatzeit -BAK: 1,4 bzw. 1,32 Promille) wollte die Inhaber der Wohnung nach seiner unwiderlegten Einlassung lediglich erschrecken. Er wusste nicht, ob die entzündeten Feuerwerkskörper, die nur kurze Zeit mit einem Feuerschweif abbrennen, auf leicht entflammbare Gegenstände fallen werden. Ein persönliches Interesse an einer Brandlegung hatte er nicht. Allein aus der Kenntnis von der allgemeinen Gefährlichkeit seines Handelns kann hier eine Billigung daher nicht abgeleitet werden (vgl. BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 2, 4, 9, 12).
Becker Pfister von Lienen
Hubert Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 442/09
vom
26. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schwerer Brandstiftung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 26. Januar 2010 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 8. Juni 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten der besonders schweren Brandstiftung schuldig gesprochen und sie jeweils zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen sie die Verletzung des materiellen Rechts und beanstanden das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit von beiden Angeklagten übereinstimmend erhobenen Verfahrensrügen Erfolg. Auf die Sachrügen kommt es deshalb nicht an.

I.


2
1. Zu Recht beanstanden die Angeklagten, dass das Landgericht die Aussage der Zeugin B. im Ermittlungsverfahren, den vom Angeklagten M. als Grund seiner Brandverletzungen behaupteten Grillunfall habe es nicht gegeben, sowie die betriebswirtschaftliche Auswertung 2008 für das durch den Brand zerstörte Lokal zu ihrem Nachteil verwertet hat. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Das Gericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten auch auf die Angaben der Zeugin B. gestützt. Dieser stand als Stieftochter des Angeklagten M. (UA S. 12) ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO zu, über das sie nach § 52 Abs. 3 StPO hätte belehrt werden müssen. Dies ist indes weder bei der polizeilichen Vernehmung noch bei der Vernehmung durch die Kammer erfolgt, was zu einem Verwertungsverbot ihrer Angaben führt (Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl., § 52 Rdnr. 32 m. zahlr. w.N.). Ein Ausnahmefall -wenn etwa feststeht, dass der Zeuge seine Rechte gekannt hat und auch nach Belehrung ausgesagt hätte - ist ersichtlich nicht gegeben. An der Unverwertbarkeit ändert schließlich auch der Umstand nichts, dass sich die Zeugin selbst als 'mit den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert' bezeichnet hat, denn es kommt auf die objektive Sachlage an und die Zeugin hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass sie als Stieftochter eines Angeklagten mit diesem 'verschwägert' im Sinne des § 52 StPO ist (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2006, 4 StR 40/06 = NStZ 06, 647). … Weiterhin rügt die Revision zu Recht, dass das Gericht seine Überzeugung - hinsichtlich der Motivlage - auch auf die 'Jahresbilanz 2008' gestützt hat, obwohl diese im Gegensatz zur 'Jahresbilanz 2007' nicht durch Verlesen in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Dies ergibt sich aus dem Schweigen des Protokolls hierzu … Diese Bilanz ist auch, wie von der Revision überzeugend dargelegt, nicht auf anderem Wege in die Hauptverhandlung eingeführt worden, zumal die Kammer ihr Urteil insoweit ausdrücklich auf die 'verlesene' (UA S. 26) Urkunde stützt."
3
Dem schließt sich der Senat an.
4
2. Begründet sind im Übrigen auch die Rügen, das Landgericht habe seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 244 Abs. 2 StPO) dadurch verletzt, dass es weitere Ermittlungen zur Entwicklung der Konten des Angeklagten A. bei der V. bank D. und bei der S. Bank bzw.
des Kontos des Angeklagten M. bei der Landessparkasse O. unterlassen hat. Hierzu hätte bereits der Umstand gedrängt, dass sich diese Bankverbindungen aus (verlesenen) Auskünften der Schufa Holding AG ergeben, deren Einholung das Landgericht zur Beweiserhebung über die Zahlungsfähigkeit der Angeklagten und zur Feststellung der von ihnen unterhaltenen Konten selbst angeordnet hat. Auf diesem Verfahrensfehler beruht das Urteil, denn da das Landgericht festgestellt hat, dass "das Privatkonto" des Angeklagten A. bereits über einen längeren Zeitraum im Soll war, und hieraus auf finanzielle Schwierigkeiten schließt, die es als "deutliches Motiv für eine Brandstiftung" wertet, ist es nicht auszuschließen, dass es zu einer abweichenden Würdigung der Motivlage gelangt wäre, wenn sich die oben angegebenen Konten in der von der Revision behaupteten Weise entwickelt hätten.

II.

5
Für die neue Hauptverhandlung geben die Urteilsgründe Anlass zu folgendem Hinweis:
6
1. Nach den Feststellungen legten die Angeklagten in dem von ihnen im Erdgeschoss des Gebäudes betriebenen Imbisslokal an mehreren Stellen Feuer , um die Versicherungssumme für das Inventar zu erlangen. Der Brand zerstörte das Inventar fast vollständig, wurde aber von der Feuerwehr gelöscht, bevor er Gebäudeteile so erfasste, dass sie selbständig weiterbrennen konnten. Brandschäden an der abgehängten Gipsdecke, Rußablagerungen und Löschwasser machten die Räume des Lokals unbenutzbar, eine Verpuffung des verwendeten Brandbeschleunigers riss zudem dessen Glasfront aus der Verankerung. Wäre das Feuer später entdeckt worden, hätte es sich über den Abluftschacht der Dunstabzugshaube auf das gesamte Gebäude und damit auch auf die im zweiten Obergeschoss gelegenen Wohnungen ausbreiten können.
7
2. Dies trägt nicht den Schuldspruch wegen (vollendeter) besonders schwerer Brandstiftung nach § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB, da die Angeklagten kein der Wohnung von Menschen dienendes Gebäude in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung zerstört haben (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
8
Allerdings genügt es für ein vollendetes Inbrandsetzen nach § 306 a Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. StGB, wenn in einem - wie hier - einheitlichen, teils gewerblich, teils zu Wohnzwecken genutzten Gebäude nur solche Gebäudeteile selbständig brennen, die für die gewerbliche Nutzung wesentlich sind, aber nicht auszuschließen ist, dass das Feuer auf Gebäudeteile übergreift, die für das Wohnen wesentlich sind (BGH, Beschl. vom 20. Oktober 2009 - 3 StR 392/09 m. w. N.). § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB stellt als abstraktes Gefährdungsdelikt ein Handeln unter Strafe, das typischerweise das Leben von Personen gefährdet, die sich in einem Gebäude aufhalten; eine solche abstrakte Gefahr besteht bereits dann, wenn "das Gebäude" brennt und der Brand sich ausweiten kann (BGHSt 34, 115, 118; 35, 283, 285 f.).
9
Besteht der durch die Brandlegung bewirkte Erfolg indes nicht darin, dass wesentliche Gebäudeteile der gewerblich genutzten Räume selbständig brennen, sondern allein in der ganzen oder teilweisen Zerstörung dieser Räume durch die Brandlegung, so führt dies auch dann nicht zu einer vollendeten schweren Brandstiftung nach § 306 a Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. StGB, wenn die Gefahr bestand, dass das Feuer auf den Wohnzwecken dienenden Teil des Gebäudes übergreift. Eine (teilweise) Zerstörung kann auf vielfältigen durch die Brandlegung ausgelösten Umständen beruhen, etwa wie hier auf einer Rußentwicklung oder auf der Einwirkung von Löschmitteln (vgl. Fischer, StGB 57.
Aufl. § 306 Rdn. 15). Sie ist deshalb, wenn sie die gewerblichen Räume betrifft, nicht typischerweise auch mit einer Gefährdung der Personen verbunden, die sich in dem zu Wohnzwecken genutzten Gebäudeteil aufhalten. Auf diesen Gebäudeteil bezogen liegt der Sachverhalt nicht anders als bei einer Brandlegung, deren Erfolg ausgeblieben ist. Becker Sost-Scheible Hubert
Schäfer Mayer

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 442/09
vom
26. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schwerer Brandstiftung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 26. Januar 2010 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 8. Juni 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten der besonders schweren Brandstiftung schuldig gesprochen und sie jeweils zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen sie die Verletzung des materiellen Rechts und beanstanden das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit von beiden Angeklagten übereinstimmend erhobenen Verfahrensrügen Erfolg. Auf die Sachrügen kommt es deshalb nicht an.

I.


2
1. Zu Recht beanstanden die Angeklagten, dass das Landgericht die Aussage der Zeugin B. im Ermittlungsverfahren, den vom Angeklagten M. als Grund seiner Brandverletzungen behaupteten Grillunfall habe es nicht gegeben, sowie die betriebswirtschaftliche Auswertung 2008 für das durch den Brand zerstörte Lokal zu ihrem Nachteil verwertet hat. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Das Gericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft der Angeklagten auch auf die Angaben der Zeugin B. gestützt. Dieser stand als Stieftochter des Angeklagten M. (UA S. 12) ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO zu, über das sie nach § 52 Abs. 3 StPO hätte belehrt werden müssen. Dies ist indes weder bei der polizeilichen Vernehmung noch bei der Vernehmung durch die Kammer erfolgt, was zu einem Verwertungsverbot ihrer Angaben führt (Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl., § 52 Rdnr. 32 m. zahlr. w.N.). Ein Ausnahmefall -wenn etwa feststeht, dass der Zeuge seine Rechte gekannt hat und auch nach Belehrung ausgesagt hätte - ist ersichtlich nicht gegeben. An der Unverwertbarkeit ändert schließlich auch der Umstand nichts, dass sich die Zeugin selbst als 'mit den Angeklagten nicht verwandt oder verschwägert' bezeichnet hat, denn es kommt auf die objektive Sachlage an und die Zeugin hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass sie als Stieftochter eines Angeklagten mit diesem 'verschwägert' im Sinne des § 52 StPO ist (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2006, 4 StR 40/06 = NStZ 06, 647). … Weiterhin rügt die Revision zu Recht, dass das Gericht seine Überzeugung - hinsichtlich der Motivlage - auch auf die 'Jahresbilanz 2008' gestützt hat, obwohl diese im Gegensatz zur 'Jahresbilanz 2007' nicht durch Verlesen in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Dies ergibt sich aus dem Schweigen des Protokolls hierzu … Diese Bilanz ist auch, wie von der Revision überzeugend dargelegt, nicht auf anderem Wege in die Hauptverhandlung eingeführt worden, zumal die Kammer ihr Urteil insoweit ausdrücklich auf die 'verlesene' (UA S. 26) Urkunde stützt."
3
Dem schließt sich der Senat an.
4
2. Begründet sind im Übrigen auch die Rügen, das Landgericht habe seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 244 Abs. 2 StPO) dadurch verletzt, dass es weitere Ermittlungen zur Entwicklung der Konten des Angeklagten A. bei der V. bank D. und bei der S. Bank bzw.
des Kontos des Angeklagten M. bei der Landessparkasse O. unterlassen hat. Hierzu hätte bereits der Umstand gedrängt, dass sich diese Bankverbindungen aus (verlesenen) Auskünften der Schufa Holding AG ergeben, deren Einholung das Landgericht zur Beweiserhebung über die Zahlungsfähigkeit der Angeklagten und zur Feststellung der von ihnen unterhaltenen Konten selbst angeordnet hat. Auf diesem Verfahrensfehler beruht das Urteil, denn da das Landgericht festgestellt hat, dass "das Privatkonto" des Angeklagten A. bereits über einen längeren Zeitraum im Soll war, und hieraus auf finanzielle Schwierigkeiten schließt, die es als "deutliches Motiv für eine Brandstiftung" wertet, ist es nicht auszuschließen, dass es zu einer abweichenden Würdigung der Motivlage gelangt wäre, wenn sich die oben angegebenen Konten in der von der Revision behaupteten Weise entwickelt hätten.

II.

5
Für die neue Hauptverhandlung geben die Urteilsgründe Anlass zu folgendem Hinweis:
6
1. Nach den Feststellungen legten die Angeklagten in dem von ihnen im Erdgeschoss des Gebäudes betriebenen Imbisslokal an mehreren Stellen Feuer , um die Versicherungssumme für das Inventar zu erlangen. Der Brand zerstörte das Inventar fast vollständig, wurde aber von der Feuerwehr gelöscht, bevor er Gebäudeteile so erfasste, dass sie selbständig weiterbrennen konnten. Brandschäden an der abgehängten Gipsdecke, Rußablagerungen und Löschwasser machten die Räume des Lokals unbenutzbar, eine Verpuffung des verwendeten Brandbeschleunigers riss zudem dessen Glasfront aus der Verankerung. Wäre das Feuer später entdeckt worden, hätte es sich über den Abluftschacht der Dunstabzugshaube auf das gesamte Gebäude und damit auch auf die im zweiten Obergeschoss gelegenen Wohnungen ausbreiten können.
7
2. Dies trägt nicht den Schuldspruch wegen (vollendeter) besonders schwerer Brandstiftung nach § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB, da die Angeklagten kein der Wohnung von Menschen dienendes Gebäude in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung zerstört haben (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
8
Allerdings genügt es für ein vollendetes Inbrandsetzen nach § 306 a Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. StGB, wenn in einem - wie hier - einheitlichen, teils gewerblich, teils zu Wohnzwecken genutzten Gebäude nur solche Gebäudeteile selbständig brennen, die für die gewerbliche Nutzung wesentlich sind, aber nicht auszuschließen ist, dass das Feuer auf Gebäudeteile übergreift, die für das Wohnen wesentlich sind (BGH, Beschl. vom 20. Oktober 2009 - 3 StR 392/09 m. w. N.). § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB stellt als abstraktes Gefährdungsdelikt ein Handeln unter Strafe, das typischerweise das Leben von Personen gefährdet, die sich in einem Gebäude aufhalten; eine solche abstrakte Gefahr besteht bereits dann, wenn "das Gebäude" brennt und der Brand sich ausweiten kann (BGHSt 34, 115, 118; 35, 283, 285 f.).
9
Besteht der durch die Brandlegung bewirkte Erfolg indes nicht darin, dass wesentliche Gebäudeteile der gewerblich genutzten Räume selbständig brennen, sondern allein in der ganzen oder teilweisen Zerstörung dieser Räume durch die Brandlegung, so führt dies auch dann nicht zu einer vollendeten schweren Brandstiftung nach § 306 a Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. StGB, wenn die Gefahr bestand, dass das Feuer auf den Wohnzwecken dienenden Teil des Gebäudes übergreift. Eine (teilweise) Zerstörung kann auf vielfältigen durch die Brandlegung ausgelösten Umständen beruhen, etwa wie hier auf einer Rußentwicklung oder auf der Einwirkung von Löschmitteln (vgl. Fischer, StGB 57.
Aufl. § 306 Rdn. 15). Sie ist deshalb, wenn sie die gewerblichen Räume betrifft, nicht typischerweise auch mit einer Gefährdung der Personen verbunden, die sich in dem zu Wohnzwecken genutzten Gebäudeteil aufhalten. Auf diesen Gebäudeteil bezogen liegt der Sachverhalt nicht anders als bei einer Brandlegung, deren Erfolg ausgeblieben ist. Becker Sost-Scheible Hubert
Schäfer Mayer

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.