Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2012 - 4 StR 523/11

bei uns veröffentlicht am11.01.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 523/11
vom
11. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. Januar 2012 einstimmig

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 29. April 2011 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: 1. Der Senat ist mit Vorsitzendem Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann , Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck sowie den Richtern am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Mutzbauer und Bender vorschriftsmäßig besetzt. Das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Absatz 1 Satz 2 GG) ist gewahrt. Das Präsidium des Bundesgerichtshofs hat in Wahrnehmung der ihm nach § 21e Absatz 1 Satz 1 GVG obliegenden Aufgabe dem Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann – zusätzlich zum Vorsitz im 4. Strafsenat – den Vorsitz im 2. Strafsenat zugewiesen und bestimmt, dass im Kollisionsfall die Tätigkeit im 2. Strafsenat vorgeht. Es hat diese Regelung in willkürfreier Auslegung des § 21f Absatz 2 Satz 1 GVG und unter Berücksichtigung der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2005 – VI ZR 137/04, NJW 2006, 154; BSG, Beschluss vom 29. November 2006 – B 6 KA 34/06 B, NJW 2007, 2717; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 – 3 C 4/85, NJW 1986, 1366) getroffen. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann nimmt die Aufgabe als Vorsitzender des 4. Strafsenats weiterhin in dem vom Gesetz vorausgesetzten und in der Sache gebotenen Umfang wahr. Nach der senatsinternen Geschäftsverteilung des 4. Strafsenats steht er allen Spruchgruppen als Vorsitzender vor. Im Übrigen ergibt sich die Besetzung mit der Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck sowie den Richtern am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Mutzbauer und Bender aus Nr. 7 der senatsinternen Geschäftsverteilung vom 27. Dezember 2011 in Verbindung mit der senatsinternen Geschäftsverteilung vom 14. Dezember 2010. Ein Fall der Divergenz zu der Entscheidung des 2. Strafsenats vom 11. Januar 2012 – 2 StR 346/11 – liegt nicht vor, weil der 2. Strafsenat in einem späteren Urteil vom gleichen Tag – 2 StR 482/11 – diese Rechtsprechung aufgegeben hat. 2. Die Rüge der Verletzung des § 160a StPO greift nicht durch. Es kann dahinstehen, ob das Landgericht durch die Feststellung, dass der Angeklagte „letztmalig um 02:06 Uhr versucht hatte, seinen Verteidiger per Mobiltelefon zu erreichen“, gegen § 160a Abs. 1 Satz 5 StPO verstoßen hat. Auf einem eventu- ellen Verstoß würde das Urteil nicht beruhen. Das Landgericht hat die retrograden Verbindungsdaten der Mobiltelefone des Angeklagten bei der Beweiswürdigung sowohl zu der Frage ausgewertet, dass der Angeklagte zur Tatzeit selbst über diese Mobiltelefone verfügte, als auch zum Tatablauf. Zum Zeitpunkt seiner letzten Telefonate vor der Festnah- me wurde der Angeklagte observiert. Für die Beweiswürdigung war nur von Bedeutung , dass der Angeklagte in Übereinstimmung mit den Zeitangaben der retrograden Verbindungsdaten für die fraglichen Mobiltelefone telefoniert hat; dass er Kontakt zu seinem späteren Verteidiger aufnehmen wollte, hat das Landgericht in seiner Beweiswürdigung nicht verwertet. 3. Ein Zirkelschluss des Landgerichts bei der Beweiswürdigung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht zu besorgen. Das Landgericht hat die Feststellung, dass der Angeklagte ein „ausgesprochener TelekommunikationsVielnutzer“ ist, in der Beweiswürdigung nichtnäher begründet. Dies gefährdet den Bestand des Urteils jedoch nicht. Der Tatrichter ist nicht gehalten, jede Einzelheit der Beweiswürdigung in den Urteilsgründen zu belegen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2009 – 4 StR 610/08 Rn. 27). Die Erkenntnis kann auf Zeugenaussagen in der Hauptverhandlung beruhen. Soweit die Revision auch die Erwägung der Kammer UA S. 17 als zirkelschlüssig rügt, übersieht sie, dass sich die Beweiswürdigung an dieser Stelle mit dem Umstand auseinandersetzt, dass sich beide Mobiltelefone bei einer Person befanden; dass dies der Angeklagte war, ergibt sich dann aus der weiteren Beweiswürdigung UA S. 20 ff. Ernemann Roggenbuck Cierniak Mutzbauer Bender

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 21e


(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, wel

Strafprozeßordnung - StPO | § 160a Maßnahmen bei zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsgeheimnisträgern


(1) Eine Ermittlungsmaßnahme, die sich gegen eine in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder Nummer 4 genannte Person, einen Rechtsanwalt oder einen Kammerrechtsbeistand richtet und voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würde, über die diese das Zeugn

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 21f


(1) Den Vorsitz in den Spruchkörpern bei den Landgerichten, bei den Oberlandesgerichten sowie bei dem Bundesgerichtshof führen der Präsident und die Vorsitzenden Richter. (2) Bei Verhinderung des Vorsitzenden führt den Vorsitz das vom Präsidium best

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.

(1) Den Vorsitz in den Spruchkörpern bei den Landgerichten, bei den Oberlandesgerichten sowie bei dem Bundesgerichtshof führen der Präsident und die Vorsitzenden Richter.

(2) Bei Verhinderung des Vorsitzenden führt den Vorsitz das vom Präsidium bestimmte Mitglied des Spruchkörpers. Ist auch dieser Vertreter verhindert, führt das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter das lebensälteste Mitglied des Spruchkörpers den Vorsitz.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 137/04 Verkündet am:
13. September 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GVG § 21 f Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1

a) Verhinderung des Vorsitzenden im Sinne des § 21 f Abs. 2 Satz 1 GVG ist nur
eine vorübergehende Verhinderung. Unzulässig ist deshalb die dauernde oder für
eine unabsehbare Zeit erfolgende Vertretung des ordentlichen Vorsitzenden.

b) Wann aus der vorübergehenden Verhinderung bei längerer Erkrankung eine dauernde
wird, ist eine unter Berücksichtigung des Zwecks von § 21 f Abs. 1 GVG zu
beantwortende Frage des Einzelfalls. Jedenfalls dann, wenn der ordentliche Vorsitzende
über ein ganzes Geschäftsjahr wegen Krankheit dienstunfähig war, hat
das Präsidium vor der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das nächste
Geschäftsjahr die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um die
Frage nach der voraussichtlichen Fortdauer der Verhinderung zu klären. Kann
hiernach nicht mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit
gerechnet werden, muss das Präsidium von einer dauernden Verhinderung ausgehen
und dies bei der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das nächste
Geschäftsjahr berücksichtigen.
BGH, Urteil vom 13. September 2005 - VI ZR 137/04 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. September 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom 29. April 2004 aufgehoben , soweit es über die Klage entschieden hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, von deren Erhebung abgesehen wird, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückzahlung von 70 Millionen DM, die sie an die Beklagte als Entschädigung für verlorene Aktien auf der Grundlage des Wertpapierbereinigungsschlussgesetzes gezahlt hat. Sie behauptet, die Beklagte habe den der Auszahlung zugrundeliegenden Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 1989 durch Täuschung des Gerichts erschlichen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr auf die Berufung der Klägerin stattgegeben und die Revision zugelassen, mit der die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt. Soweit das Berufungsgericht eine Widerklage abgewiesen hat, nimmt die Beklagte das Urteil hin.

Entscheidungsgründe:

1. Die von der Revision erhobene Rüge, das Berufungsgericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (§ 547 Nr. 1 ZPO), hat Erfolg.
a) Vorsitzender des als Berufungsgericht entscheidenden 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main war nach dem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2004 - wie auch schon in den Jahren zuvor - Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht B.. Als Vertreter des Vorsitzenden war Richter am Oberlandesgericht S. bestimmt. Gemäß Lit. C Ziff. 1 des Geschäftsverteilungsplans richtete sich die Vertretung der Vorsitzenden der Senate nach § 21 f Abs. 2 GVG. B. war seit Juli 2002 bis zu seinem Tod im April 2004 ohne Unterbrechung dienstunfähig erkrankt. Das Präsidium des Oberlandesgerichts hatte deshalb dem 16. Zivilsenat mit Wirkung vom 5. Juni 2003 eine Richterin
mit halber Arbeitskraft zugewiesen. Der Änderungsbeschl uss zur Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts für das Geschäftsjahr 2003 vom 5. Juni 2003 stellte hierzu einleitend fest: "Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht B. ist noch immer auf unabsehbare Zeit erkrankt, so dass sich die Notwendigkeit der Vertretung im Vorsitz des Senats durch Richter am Oberlandesgericht S. auch weiterhin stellt". Auf Anfrage des Prozessbevollmächtigten der Beklagten antwortete die Präsidentin des Oberlandesgerichts mit Schreiben vom 1. September 2004, dass sich aus den beigezogenen Personalakten des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht B. nichts Näheres über Art und Verlauf seiner Erkrankung ergebe. Die Dienstunfähigkeitsanzeigen und -atteste enthielten keine näheren Informationen. Auch dem Präsidium sei nur bekannt gewesen, dass B. wegen einer schweren Krankheit auf unabsehbare Zeit dienstunfähig gewesen sei. In zwei weiteren Schreiben teilte die Präsidentin des Oberlandesgerichts mit, soweit dies möglich gewesen sei, seien Informationen über den Gesundheitszustand von Herrn B. eingeholt und an das Präsidium weitergegeben worden. Lange Zeit habe Hoffnung auf eine Besserung des Krankheitsbildes bestanden. Weiteres hat sie dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht bekannt gegeben. Die vom erkennenden Senat eingeholte amtliche Auskunft der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 31. Mai 2005 enthält gleichfalls keine näheren Angaben zur Krankheit des B. oder deren Verlauf. Auf das Schreiben vom 31. Mai 2005 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
b) Die Aufgaben des Vorsitzenden des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts sind nach dem Vortrag der Parteien und der Auskunft der Präsidentin des Oberlandesgerichts über einen Zeitraum von deutlich mehr als einem Geschäftsjahr (Juli 2002 bis April 2004) durch den geschäftsplanmäßig bestellten Vertreter wahrgenommen worden. Im Zeitpunkt der maßgeblichen, dem ange-
fochtenen Urteil zugrundeliegenden mündlichen Verhandlung vom 11. März 2004 war das Berufungsgericht ohne ordentlichen Vorsitzenden. aa) Gemäß § 21 f Abs. 1 GVG führen den Vorsitz in den Spruchkörpern bei den Oberlandesgerichten neben den Präsidenten die Vorsitzenden Richter. Ausschließlich bei Verhinderung des Vorsitzenden führt stellvertretend nach § 21 f Abs. 2 Satz 1 GVG das vom Präsidium bestimmte Mitglied des Spruchkörpers den Vorsitz. Unter Verhinderung im Sinne dieser Vorschrift ist jedoch lediglich eine vorübergehende Abhaltung von der Ausübung des Vorsitzes zu verstehen. Unzulässig ist demgegenüber die dauernde oder für eine unabsehbare Zeit erfolgende Vertretung des ordentlichen Vorsitzenden (st. Rspr., vgl. BGHZ 16, 254, 256; 37, 210, 214; 95, 246 f.; BGHSt 21, 131, 133; BGH, Urteile vom 13. Dezember 1960 - 5 StR 488/60 - Umdr. S. 4; vom 28. Mai 1974 - 4 StR 37/74 - NJW 1974, 1572, 1573; vom 27. September 1988 - 1 StR 187/88 - NJW 1989, 843, 844; BFHE 155, 470, 471; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 - 3 C 4/85 - NJW 1986, 1366, 1367; Beschluss vom 11. Juli 2001 - 1 DB 20/01 - NJW 2001, 3493, 3494; vgl. bereits RGZ 119, 280, 282 f.; ebenso Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl., § 59 Rdn. 7; MünchKomm-ZPO/Wolf, 2. Aufl., § 59 GVG Rdn. 9; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 21 f GVG Rdn. 5; § 21 e GVG Rdn. 39). Eine solche dauernde "Verhinderung" erfordert gegebenenfalls eine Berücksichtigung im Geschäftsverteilungsplan des laufenden Geschäftsjahrs (vgl. § 21 e Abs. 3 Satz 1 GVG). bb) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht Einigkeit darüber , dass die Frage, ob die Verhinderung des Vorsitzenden vorübergehend oder dauernd ist, nicht losgelöst von dem Grund der Verhinderung beantwortet werden kann. Für den Fall der Erkrankung gilt, dass eine nur vorübergehende Verhinderung anzunehmen ist, wenn nach menschlicher Voraussicht mit einer baldigen Wiederherstellung der Gesundheit gerechnet werden kann (vgl.
BGHZ 16, 254, 256; Kissel/Mayer, aaO, § 59 Rdn. 7; Zöller/Gummer, aaO, § 21 e GVG Rdn. 39 a), nach den ärztlichen Auskünften zu erwarten ist, dass der erkrankte Vorsitzende in absehbarer, nicht zu ferner Zeit seine Dienstgeschäfte wieder aufnehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1960 - 5 StR 488/60 - Umdr. S. 5) oder im Zeitpunkt der Feststellung des Vertretungsfalls die Rückkehr des Erkrankten erwartet werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 1988 - 1 StR 187/88 - aaO, 844; vgl. auch MünchKomm -ZPO/Wolf, aaO, § 21 f GVG Rdn. 4; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 551 Rdn. 4). Allerdings wird bei einer Erkrankung eine gewisse Unsicherheit über die Dauer der Verhinderung hinzunehmen sein, weil der Verlauf und die Dauer einer Krankheit nur in beschränktem Umfang durch ärztliche oder sonstige menschliche Maßnahmen beeinflusst werden können und weil keine Gefahr besteht, dass die Dauer der Verhinderung von menschlichen Entscheidungen abhängig gemacht wird, die die Belange der Rechtspflege nicht genügend berücksichtigen (vgl. BGH, BGHZ 16, 254, 256 und Urteile vom 13. Dezember 1960 - 5 StR 488/60 - Umdr. S. 4 f.; vom 27. September 1988 - 1 StR 187/88 - aaO; Kissel/Mayer, aaO; Löwe-Rosenberg/Breidling, StPO, 25. Aufl., § 21 f GVG Rdn. 25). Deshalb wird eine Erkrankung auch bei längerer Dauer zunächst als vorübergehende Verhinderung angesehen, da das Ende vorausschauend meist nicht, insbesondere in der Regel nicht für den für etwaige Maßnahmen zuständigen Dienstvorgesetzten feststellbar ist (BGH, BGHSt 21, 131, 133; Urteil vom 28. Mai 1974 - 4 StR 37/74 -; Urteil vom 27. September 1988 - 1 StR 187/88 - beide aaO; Löwe-Rosenberg/Breidling, aaO, § 21 f GVG Rdn. 25; Zöller/Gummer, aaO). cc) Wann aus einer vorübergehenden Verhinderung bei längerer Erkrankung eine dauernde Verhinderung wird, ist eine unter Berücksichtigung des Zwecks von § 21 f Abs. 1 GVG zu beantwortende Frage des Einzelfalls. Der Begriff der dauernden oder vorübergehenden Verhinderung ist zwar rechtlicher
Natur und unterliegt daher der Nachprüfung des Revisionsgerichts. Es hängt jedoch immer von der Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls ab, ob dieser Rechtsbegriff ausgefüllt ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1960 - 5 StR 488/60). Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Fall dauernder Verhinderung bejaht, wenn bei länger dauernder Erkrankung des ordentlichen Vorsitzenden eines Spruchkörpers abzusehen ist, dass dieser den Vorsitz nicht wieder übernehmen werden wird, und seine demnächst zu erwartende dauernde Verhinderung durch seinen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand bestätigt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 - 3 C 4/85 - aaO; vgl. auch Zöller/Gummer, aaO, § 21 e GVG Rdn. 39 b). Häufig werden dem Präsidium solche konkreten Anhaltspunkte für eine Beurteilung zunächst nicht zur Verfügung stehen. Auch bei schweren längeren Krankheiten wird es oft so sein, dass als Information über Art und Dauer der Erkrankung lediglich jeweils für einzelne Zeitabschnitte geltende Dienstunfähigkeitsbescheinigungen und Atteste vorgelegt werden, die keine Angaben über die Art der Erkrankung enthalten und über deren Dauer eine gesicherte Prognose nicht zulassen. Es liegt indes auf der Hand, dass in einem solchen Fall die Frage, ob und wann die vorübergehende Verhinderung in eine dauernde übergeht, nicht unbegrenzte Zeit in der Schwebe bleiben kann (vgl. Löwe-Rosenberg/Breidling, aaO, § 21 f GVG Rdn. 19). Dies würde Sinn und Zweck des § 21 f Abs. 1 GVG, im Rahmen des Möglichen eine zusätzliche Gewähr für die Güte und Stetigkeit der Rechtsprechung innerhalb der Spruchkörper zu schaffen, widersprechen. Hierfür ist es erforderlich, dass der ordentliche Vorsitzende auch tatsächlich in der Lage ist, einen richtunggebenden Einfluss auf die Rechtsprechung des Spruchkörpers auszuüben, insbesondere die Kontinuität der Rechtsprechung zu gewährleisten (vgl. BGHZ [GS] 37, 210 ff.). Maßgebend ist daher in der Regel, ob im Fall einer Erkrankung des Vorsitzenden nach menschlicher Voraussicht in absehbarer Zeit mit der Wiederherstellung der Gesundheit gerechnet werden kann (vgl. BGH,
BGHZ 16, 256 und Urteil vom 13. Dezember 1960 - 5 StR 488/60 -). Auf die Klärung dieser Frage wird das Präsidium erforderlichenfalls bei längerer Dauer der Erkrankung vor einer Beschlussfassung hinzuwirken haben. 2. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht lag nach diesen Grundsätzen ein Fall zulässiger Vertretung nicht vor, wobei der Sachverhalt nicht zu einer abschließenden Entscheidung nötigt, ob und wann das Präsidium bei längerer Krankheit mit nicht prognostizierbarem Ende bereits während des laufenden Geschäftsjahrs Maßnahmen nach § 21 e Abs. 3 GVG ergreifen und einen anderen ständigen Vorsitzenden bestellen muss (vgl. BGH, BGHZ 95, 246 f.; Urteil vom 27. September 1988 - 1 StR 187/88 - aaO; KKStPO /Diemer, 5. Aufl., § 21 f GVG Rdn. 3; Kissel/Mayer, aaO, § 21 f Rdn. 2; § 59 Rdn. 7; Löwe-Rosenberg/Breidling, aaO, § 21 e GVG Rdn. 16, § 21 f GVG Rdn. 19; MünchKomm-ZPO/Wolf, aaO, § 21 f GVG Rdn. 4 und 6; Zöller/Gummer, aaO, § 21 f GVG Rdn. 5). Jedenfalls dann, wenn der geschäftsplanmäßige Vorsitzende - wie hier - während eines ganzen Geschäftsjahrs krankheitsbedingt verhindert war, muss das Präsidium vor der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das nächste Geschäftsjahr die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um die Frage nach der voraussichtlichen Fortdauer der Verhinderung zu klären (vgl. auch BGH, BGHZ 16, 254, 258 f. und Urteil vom 13. Dezember 1960 - 5 StR 488/60 - Umdr. S. 4, 6). Kann hiernach nicht mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit gerechnet werden, muss das Präsidium in einem solchen Fall von einer dauernden Verhinderung ausgehen und dies bei der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das nächste Geschäftsjahr berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 1985 - 3 C 4/85 - aaO). Das Präsidium ist im hier zu entscheidenden Fall im Beschluss über den Geschäftsverteilungsplan 2003 ohne erkennbare Anhaltspunkte etwa in ärztli-
chen Auskünften zunächst von einer nur vorübergehenden Verhinderung des Vorsitzenden Richters B. ausgegangen, obwohl dieser bei der Beschlussfassung schon seit Juli 2002 dienstunfähig war. In seinem Beschluss vom 5. Juni 2003 ist es dann wiederum ohne nachvollziehbare Kenntnisse über die Erkrankung und ihre voraussichtliche Dauer im Einzelfall von einer "immer noch" gegebenen Verhinderung "auf unabsehbare Zeit" ausgegangen. Bei Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das Jahr 2004 am 17. Dezember 2003 schließlich war B. bereits seit etwa eineinhalb Jahren wegen Krankheit dienstunfähig. Nach der vom erkennenden Senat eingeholten amtlichen Auskunft der Präsidentin des Oberlandesgerichts, welche den Vortrag der Beklagten bestätigt , waren dem Präsidium des Oberlandesgerichts auch bei dieser Beschlussfassung keine tatsächlichen Umstände der Erkrankung bekannt, nach denen in absehbarer Zeit mit einer Wiederaufnahme der Dienstgeschäfte durch B. zu rechnen gewesen wäre. Dass B. im April 2004 verstarb, weist im Gegenteil darauf hin, dass mit einer alsbaldigen Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit zum damaligen Zeitpunkt nicht zu rechnen war. Das Präsidium hat B. dennoch erneut zum Vorsitzenden des 16. Zivilsenats auch für das Geschäftsjahr 2004 bestimmt, obwohl er nach den erwähnten Grundsätzen der Rechtsprechung dauernd verhindert war. Hiernach war der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt bei der Entscheidung über die Berufung der Klägerin nicht vorschriftsmäßig besetzt (§ 547 Nr. 1 ZPO, § 21 f Abs. 1 GVG). Das Berufungsurteil ist daher ohne Sachprüfung im Umfang der Anfechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 2 ZPO). 3. Die Parteien werden Gelegenheit haben, in der neu eröffneten Berufungsverhandlung dem Berufungsgericht ihre im Revisionsverfahren vorgebrachten Einwände erneut vorzutragen. Im Hinblick auf die vom Berufungsgericht zur Begründung der Revisionszulassung aufgeworfenen Rechtsfragen
weist der erkennende Senat jedoch für den Fall, dass das Berufungsgericht erneut zu einer Haftung der Beklagten gelangen sollte, vorsorglich auf Folgendes hin:
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann demjenigen , der einen Vermögensschaden erlitten hat, weil ein anderer unter Irreführung des Gerichts arglistig eine unrichtige Entscheidung gegen ihn erschlichen hat, ungeachtet deren Rechtskraft unter strengen Voraussetzungen ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 826 BGB zustehen. Die Rechtskraft muss dann zurücktreten, wenn ihre Ausnutzung mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre (Senatsurteile vom 15. Dezember 1964 - VI ZR 214/63 - WM 1965, 277, 278 und vom 15. November 1994 - VI ZR 2/94 - VersR 1995, 228, 229; ebenso BGHZ 40, 130, 132 f.; 50, 115, 117; 101, 380, 383 f.; für das Wertpapierbereinigungsverfahren vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 1968 - II ZR 29/67 - WM 1968, 969, 970). Dieser Schadensersatzanspruch kann gegenüber rechtskräftigen Zivilurteilen , aber auch gegenüber Urteilen der Arbeits- und Sozialgerichte geltend gemacht werden (vgl. BSGE 60, 251, 253 m.w.N. und BAGE 10, 88, 98 f.; Walker in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 367, 373; zur Anwendung auf andere der Rechtskraft fähige Titel vgl. die Nachweise bei MünchKommBGB /Wagner, 4. Aufl., § 826 Rdn. 137; Soergel/Hönn/Dönneweg, BGB, 12. Aufl., § 826 Rdn. 238 f.; Staudinger/Oechsler, BGB, 13. Bearbeitung, § 826 Rdn. 541 f.). Gründe dafür, dass anderes zu gelten hätte, wenn sich der Anspruch aus § 826 BGB - wie im Streitfall - gegen ein Urteil richtet, das ein erfolgreiches Wiederaufnahmeverfahren abschließt, sind nicht ersichtlich. Die neue Hauptsacheentscheidung tritt an die Stelle der aufgehobenen. Für ihre Rechtskraft gelten die allgemeinen Regeln (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, aaO, § 590 Rdn. 10 und 12; Zöller/Greger, aaO, vor § 578 Rdn. 26). Zudem hat der
Schadensersatzanspruch seine Grundlage, auch soweit damit die Rechtskraftwirkung einer gerichtlichen Entscheidung überwunden werden soll, im materiellen Recht. Die auf § 826 BGB gestützte Klage stellt (im Gegensatz etwa zur Restitutionsklage des Wiederaufnahmeverfahrens) den Bestand der gerichtlichen Entscheidung nicht in Frage. Sie ist vielmehr darauf gerichtet, die hierdurch verursachte Einbuße im Wege des Schadensersatzes auszugleichen, wobei zur Erreichung dieses Zweckes die (materielle) Rechtskraft der Entscheidung zurücktreten muss. Die Klage aus § 826 BGB ist daher kein "außerordentlicher Rechtsbehelf" gegen eine gerichtliche Entscheidung, sondern die Anwendung materiellen Zivilrechts (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1994 - VI ZR 2/94 - aaO, 230; vgl. auch BGHZ 50, 115, 118 m.w.N.; RGZ 46, 75, 79 f.). Dessen Anwendung ist unabhängig von dem prozessualen Verfahren, in dem das Urteil gefällt wird, dessen Rechtskraft durchbrochen werden soll.
b) Der erkennende Senat hat auch keine durchgreifenden Bedenken dagegen , dass im Vorprozess im Rahmen einer Schriftvergleichung als echt berücksichtigte Vergleichsunterschriften aufgrund der im Schadensersatzprozess aufgestellten Behauptung ihrer Verfälschung erneut auf ihre Echtheit hin überprüft werden, sofern hierfür nach Lage des Falles Veranlassung besteht. aa) Das Gericht des Schadensersatzprozesses gemäß § 826 BGB ist grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, im Vorprozess getroffene Feststellungen nachzuprüfen. Hierbei darf es auch die Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde abweichend beurteilen. Die Revision weist zwar zu Recht auf die besonderen Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers bei einer Klage auf Schadensersatz wegen sittenwidriger vorsätzlicher Erschleichung eines rechtskräftigen Urteils hin (vgl. BGH, BGHZ 40, 130, 133 f.; 50, 115, 122 f. und Urteile vom 19. Juni 1964 - V ZR 37/63 - NJW 1964, 1672, 1673; vom 23. Januar 1974 - VIII ZR 131/72 - NJW 1974, 557; Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Beweis-
last, 2. Aufl., § 826 Rdn. 8 f.; MünchKomm-BGB/Wagner, aaO, Rdn. 130; MünchKomm-ZPO/Gottwald, aaO, § 322 Rdn. 215; Staudinger/Oechsler, aaO, Rdn. 492). Die Anwendung des § 826 BGB auf rechtskräftige Titel muss auf besonders schwerwiegende, eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben, weil jede Ausdehnung das Institut der Rechtskraft aushöhlen, die Rechtssicherheit beeinträchtigen und den Eintritt des Rechtsfriedens in untragbarer Weise in Frage stellen würde (vgl. Senatsurteil BGHZ 103, 44, 46; sowie BGHZ 101, 380, 383 f. m. umfangr. Nachw.; 112, 54, 58). Andernfalls würde ein Anreiz geschaffen , rechtskräftig entschiedene Prozesse im Wege einer Klage auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung und Herausgabe des Titels neu aufzurollen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Senatsurteil BGHZ 103, 44, 50 sowie BGHZ 40, 130, 134 f.; 112, 54, 58; Stein/Jonas/Leipold, aaO, § 322 Rdn. 273). Ist der Kläger indes seiner Darlegungslast nachgekommen, steht der Weg für eine Überprüfung der Feststellungen des Vorprozesses durch das Gericht des Schadensersatzprozesses offen. Denn das Gericht hat im Falle der sittenwidrigen Herbeiführung des Titels unter anderem zu prüfen, ob das Urteil im Vorprozess auf einer wahrheitswidrigen Sachverhaltsschilderung oder verfälschten Beweismitteln und hier insbesondere auf verfälschten Urkunden beruht (vgl. Senatsurteil vom 30. September 1969 - VI ZR 54/68 - VersR 1969, 1045 f.; RG, HRR 1935 Nr. 665; BGB-RGRK/Steffen, 12. Aufl., 1989, § 826 Rdn. 76 m.w.N.; Soergel/Hönn/Dönneweg, aaO, Rdn. 118; MünchKomm-BGB/Wagner, aaO, Rdn. 131; MünchKomm-ZPO/Gottwald, aaO, Rdn. 213; MünchKommZPO /Braun, aaO, vor § 578 Rdn. 12; Staudinger/Oechsler, aaO, Rdn. 498). Zu diesem Zweck dürfen und müssen die den Feststellungen des Vorprozesses zugrundeliegenden Beweismittel und Beweisergebnisse neu gewürdigt werden. So kann etwa die Aussage eines Zeugen, auf die sich das Gericht des Vorprozesses gestützt hat, nunmehr als falsch gewertet werden. Urkunden, die im Vorprozess als Original vorgelegt und behandelt wurden, dürfen als im Beweis-
wert erheblich geminderte Abschriften oder Rekonstruktionen erkannt werden. Eine im Vorprozess beweiserhebliche Urkunde kann auf ihre Richtigkeit hin überprüft und ihre Verfälschung festgestellt werden (vgl. BGH, BGHZ 50, 115, 124 und Urteile vom 20. März 1957 - IV ZR 235/56 - LM Nr. 7 zu § 826 (Fa) BGB; vom 27. Juni 1968 - II ZR 29/67 - aaO, 971; RGZ 46, 75, 79; BSGE 60, 251, 256 f.; vgl. ferner BAG, Urteil vom 27. Januar 1970 - 1 AZR 198/69 - AP Nr. 14 zu § 826 BGB). bb) Der Überprüfung der Vergleichsunterschriften steht auch nicht die Geständnisfiktion der §§ 439 Abs. 3, 288 ZPO entgegen. Die Echtheit der unter eine Privaturkunde gesetzten Namensunterschrift unterliegt der freien Beweiswürdigung des Gerichts (§ 440 Abs. 1 ZPO; MünchKomm-ZPO/Schreiber, aaO § 440 Rdn. 2 m.w.N.). Erklärt sich allerdings der Prozessgegner nicht zur Echtheit der Namensunterschrift, gilt deren Echtheit mit der Wirkung eines Geständnisses als anerkannt (§§ 439 Abs. 2 und 3, 288 ZPO). Diese Regeln gelten auch für die im Rahmen einer Schriftvergleichung im Sinne des § 441 ZPO zu verwendenden Vergleichsunterschriften (MünchKomm-ZPO/Schreiber, aaO, § 441 Rdn. 6; Stein/Jonas/Leipold, aaO, § 441 Rdn. 3). Die Wirkung eines gerichtlichen Geständnisses beschränkt sich aber auf den Prozess, in dem es abgegeben wurde (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2004 - II ZR 136/02 - NJWRR 2004, 1001 m.w.N.; BAG, Urteil vom 9. Februar 1995 - 2 AZR 389/94 - NJW 1996, 1299, 1230; MünchKomm-ZPO/Prütting, aaO, § 288 Rdn. 33; Stein/Jonas/Leipold, aaO, § 288 Rdn. 13, 20), hier also auf den Vorprozess. Für den Schadensersatzprozess nach § 826 BGB gilt die Beschränkung des Rechts auf freie Beweiswürdigung daher nicht.
4. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG Gebrauch gemacht.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 482/11
vom
11. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Januar
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
Bundesanwältin und
Richter am Landgericht
- in der VerhandlungRichter
am Landgericht
- bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 24. Juni 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der schweren räuberischen Erpressung freigesprochen. Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2
1. Die Staatsanwaltschaft hat dem Angeklagten mit Anklageschrift vom 21. April 2011 Folgendes zur Last gelegt:
3
Der Angeklagte habe sich am 19. März 2011 gegen 11.00 Uhr zu dem Lebensmittelgeschäft W. in G. /W. begeben. Er sei nicht mas- kiert gewesen, habe sich aber eine Kapuze übergezogen. In seiner Hand habe er eine schwarze Pistole gehalten. Diese habe er auf die Zeugin Wi. gerichtet und von ihr mit den Worten "Überfall und Geld her und Kasse auf" Bargeld in der Stückelung von 10, 20 und 50 Euro verlangt. Die Zeugin habe ihm 1.220 Euro in bar ausgehändigt und das Geld in einen von ihm bereit gehaltenen schwarzen Stoffbeutel gefüllt.
4
2. Die Strafkammer hat festgestellt:
5
Der Angeklagte fuhr am 19. März 2011 etwa um 11.00 Uhr mit einem von ihm angemieteten PKW Ford Mondeo mit ortsfremdem Kennzeichen auf der Hauptstraße durch G. in Richtung des Nachbarortes. Unmittelbar nachdem er eine Unterführung der BAB A 3 passiert hatte, bog er nach links in einen Feldweg ab. In engem zeitlichem Zusammenhang mit dieser Fahrt des Angeklagten - kurz vor 11.00 Uhr - geschah in G. auf der Hauptstraße die ihm zur Last gelegte Tat.
6
Die Verkäuferin des Lebensmittelgeschäftes, die Zeugin Wi. , konnte den Angeklagten bei einer Wahllichtbildvorlage zwar nicht identifizieren, meinte jedoch, nach dem Gesicht und der Mundpartie komme der Angeklagte "am ehesten" als Täter in Betracht. Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 29. März 2011 wurden eine Gaspistole, die abwechselnd mit Gas- und Knallpatronen geladen war, ein dunkles Kapuzenshirt, eine dunkle Stofftasche sowie weiße Turnschuhe sichergestellt. Die Gegenstände entsprechen deutlich der Beschreibung, die die Zeugin Wi. von der Kleidung des Täters, seiner Pistole und der zum Abtransport der Beute verwendeten Stofftasche gegeben hatte.

7
3. Das Landgericht hat sich von der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überzeugen vermocht. Zwar seien die verschiedenen Einlassungen des Angeklagten , er sei zur Tatzeit nicht in G. gewesen und habe sich bereits auf dem Heimweg nach Hamburg befunden, durch die Angaben der Zeugin S. widerlegt. Auch belasteten ihn die in seiner Wohnung aufgefundenen Gegenstände erheblich. Dennoch verblieben durchgreifende Zweifel an seiner Täterschaft. Die von der Zeugin Wi. abgegebene Täterbeschreibung treffe in wesentlichen Punkten nicht auf den Angeklagten zu. Darüber hinaus habe der Zeuge K. ausgesagt, er habe zur Tatzeit vor dem Lebensmittelgeschäft einen dunklen Kombi der Marke BMW gesehen, der ihm deshalb aufgefallen sei, weil an dem Fahrzeugheck sowohl das amtliche Kennzeichen als auch die Kennzeichenhalterung gefehlt habe. Diese Beobachtung deute darauf hin, dass ein anderer Täter das durch Entfernen des Kennzeichens präparierte Fahrzeug für den Überfall auf den Lebensmittelmarkt als Fluchtfahrzeug benutzt habe.

II.


8
1. Der Senat ist mit Vorsitzendem Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann sowie den Richtern am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, Dr. Appl, Prof. Dr. Schmitt und Prof. Dr. Krehl vorschriftsmäßig besetzt. Das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist gewahrt.
9
Das Präsidium des Bundesgerichtshofs hat in Wahrnehmung der ihm nach § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG obliegenden Aufgabe (siehe Meyer-Goßner 54. Aufl. § 21f GVG Rn. 3) dem Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann - zusätzlich zum Vorsitz im 4. Strafsenat - den Vorsitz im 2. Strafsenat zugewiesen und bestimmt, dass im Kollisionsfall die Tätigkeit im 2. Strafsenat vorgeht. Es hat bei dieser Regelung in willkürfreier Auslegung des § 21 Abs. 2 Satz 1 GVG und unter Berücksichtigung der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 2006, 154; BSG NJW 2007, 2717; BVerwG NJW 1986, 1366) angenommen, dass nach Ausscheiden der früheren Vorsitzenden des 2. Strafsenats aus dem Dienst am 31. Januar 2010 und anschließender Vakanz im Vorsitz jedenfalls mit Beginn des Geschäftsjahres 2012 keine vorübergehende Verhinderung des Vorsitzenden im Sinne dieser Vorschrift mehr gegeben ist, die eine weitere Vertretung im Vorsitz des 2. Strafsenates zuließe. Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann nimmt die ihm zugewiesene Aufgabe als Vorsitzender des 2. Strafsenates des Bundesgerichtshofs in dem vom Gesetz vorausgesetzten und in der Sache gebotenen Umfang wahr. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des 2. Strafsenats steht er allen Spruchgruppen als Vorsitzender vor.
10
Dass die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, Dr. Appl, Prof. Dr. Schmitt und Prof. Dr. Krehl im vorliegenden Fall zur Entscheidung berufen sind, ergibt sich aus der senatsinternen Geschäftsverteilung vom 28. Dezember 2011, welche die Sache der Spruchgruppe 1 in dieser personellen Besetzung zuweist.
11
2. Der Freispruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
12
a) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Ein Urteil kann indes keinen Bestand haben, wenn die Beweiswürdigung Rechtsfehler aufweist. Das ist etwa der Fall, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht berücksichtigt oder nahe liegende Schlussfolgerungen nicht erörtert werden, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; BGH NJW 2008, 2792; NStZ 2010, 407; NStZ-RR 2010, 182). Der Tatrichter ist gehalten, die Gründe für den Freispruch so vollständig und genau zu erörtern, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, an Hand der Urteilsgründe zu prüfen, ob der Freispruch auf rechtsfehlerfreien Erwägungen beruht. Insbesondere muss er sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinandersetzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen (BGH NJW 2008, 2792; Meyer-Goßner StPO, 54. Aufl., § 267 Rn. 33 mwN).
13
b) Daran gemessen begegnet die Beweiswürdigung des Landgerichts durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
14
Das angefochtene Urteil ist lückenhaft, soweit es sich mit den in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Gegenständen befasst. Die Urteilsgründe teilen hierzu lediglich mit, dass Pistole, Bekleidung und Stofftasche „deutlich“ der Beschreibung des Tatopfers von der Tatwaffe, der Täterkleidung sowie der zum Abtransport des Geldes verwendeten Stofftasche entsprachen. Zwar belaste das den Angeklagten erheblich, es sei aber auch zu bedenken, dass es sich - mit Ausnahme der Gaspistole - um weit verbreitete Gegenstände handele, die zudem keine individuellen Merkmale aufwiesen.
15
Diese Ausführungen reichen nicht aus, um dem Revisionsgericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob der Freispruch auf rechtsfehlerfreien Erwägungen zum Beweiswert der in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Gegenstände beruht. Insbesondere lassen sie nicht erkennen, ob das Landgericht dabei alle für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkte in seine Überlegungen einbezogen hat. Die Strafkammer versäumt es, die in der Wohnung sichergestellten Gegenstände näher zu beschreiben. Außerdem teilt sie nicht mit, welche konkreten Angaben die Zeugen Wi. und M. zu den Gegenständen gemacht haben, die bei der Tat verwendet wurden. Insoweit vermag der Senat nicht zu überprüfen, ob und inwieweit eine Übereinstimmung besteht, insbesondere wie das Landgericht zu der Wertung gelangt, die sichergestellten Gegenstände entsprächen "deutlich" der Beschreibung des Tatopfers. Dabei bleibt - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - offen, ob die Gegenstände der Beschreibung der Zeugin Wi. aufgrund charakteristischer Merkmale so ähneln, dass ein anderer Schluss als Identität fernliegend wäre.
16
Darüber hinaus fehlen Ausführungen in den Urteilsgründen zum Fundort von Gaspistole, Kapuzenshirt und Stofftasche in der Wohnung des Angeklagten. Auch aus der Auffindesituation der Gegenstände hätten sich aber möglich- erweise Schlüsse dahingehend ziehen lassen, ob sie bei dem Überfall verwendet wurden. Wurden sie etwa zusammen verwahrt, konnte dies auch unabhängig von der Frage, ob und inwieweit sie als Einzelstücke individuelle Besonderheiten aufwiesen, in hohem Maße dafür sprechen, dass sie wenige Tage zuvor auch gemeinsam benutzt wurden.

Ernemann Fischer Appl Schmitt Krehl

(1) Eine Ermittlungsmaßnahme, die sich gegen eine in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder Nummer 4 genannte Person, einen Rechtsanwalt oder einen Kammerrechtsbeistand richtet und voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würde, über die diese das Zeugnis verweigern dürfte, ist unzulässig. Dennoch erlangte Erkenntnisse dürfen nicht verwendet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und der Löschung der Aufzeichnungen ist aktenkundig zu machen.Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend, wenn durch eine Ermittlungsmaßnahme, die sich nicht gegen eine in Satz 1 in Bezug genommene Person richtet, von dieser Person Erkenntnisse erlangt werden, über die sie das Zeugnis verweigern dürfte.

(2) Soweit durch eine Ermittlungsmaßnahme eine in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 3b oder Nr. 5 genannte Person betroffen wäre und dadurch voraussichtlich Erkenntnisse erlangt würden, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, ist dies im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit besonders zu berücksichtigen; betrifft das Verfahren keine Straftat von erheblicher Bedeutung, ist in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgungsinteresses auszugehen. Soweit geboten, ist die Maßnahme zu unterlassen oder, soweit dies nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken. Für die Verwertung von Erkenntnissen zu Beweiszwecken gilt Satz 1 entsprechend. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, soweit die in § 53a Genannten das Zeugnis verweigern dürften.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass die zeugnisverweigerungsberechtigte Person an der Tat oder an einer Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beteiligt ist. Ist die Tat nur auf Antrag oder nur mit Ermächtigung verfolgbar, ist Satz 1 in den Fällen des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 anzuwenden, sobald und soweit der Strafantrag gestellt oder die Ermächtigung erteilt ist.

(5) Die §§ 97, 100d Absatz 5 und § 100g Absatz 4 bleiben unberührt.

27
a) Die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Aufgabenbereich und der Stellung des Angeklagten Mü. in der Fa. GmbH ist nicht zu beanstanden. Das Gesetz verlangt mit keiner Vorschrift, dass der Tatrichter in den Urteilsgründen stets in allen Einzelheiten darzulegen hat, auf welche Weise er zu bestimmten Feststellungen gelangt ist (st. Rspr., vgl. nur BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 2 Beweisergebnis 3 m.w.N.). Insbesondere ist er nicht gehalten, bei einem eindeutigen Beweisergebnis die Angaben der einzelnen Zeugen inhaltlich im Einzelnen wiederzugeben.