Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2011 - 4 StR 173/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Verurteilung wegen Sachbeschädigung entfällt,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung, vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, eine Maßregel nach §§ 69, 69a StGB angeordnet und den Pkw des Angeklagten eingezogen. Ge- gen das Urteil richtet sich die auf Beanstandungen des Verfahrens und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Diese hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
- 2
- 1. Die Verfahrensrüge, mit der die Revision die Fehlerhaftigkeit der Urteilsfeststellungen zur Geschwindigkeit des vom Angeklagten gesteuerten Pkws im Zeitpunkt der Kollision mit dem Fußgänger geltend macht, hat keinen Erfolg. Denn aus den Grundsätzen der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit sowie der Notwendigkeit, gegebenenfalls auch erst in der Hauptverhandlung angefallene Erkenntnisse in das Gutachten einzubeziehen, folgt, dass allein der Inhalt des in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens für die Entscheidungsfindung maßgebend ist. Nur hierauf kann das Urteil beruhen (Beschluss vom 12. Februar 2008 - 1 StR 649/07, NStZ 2008, 418 mwN). Den Inhalt des in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens kann das Revisionsgericht aber, wenn er - wie hier - von dessen Wiedergabe im Urteil abweichen soll, nur durch eine in der Revision nicht zulässige Rekonstruktion der Hauptverhandlung feststellen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 337 Rn. 14 mwN). Hieran ändert auch die Mitteilung der "Zusammenfassung der mündlichen Gutachten-Erstattung" in der Revisionsbegründungsschrift nichts.
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- 2. Soweit die Revision die Bejahung des Tötungsvorsatzes durch das Schwurgericht angreift, hat sie weder mit der Verfahrens- noch mit der Sachrüge Erfolg. Die Feststellungen hierzu sind rechtsfehlerfrei getroffen; weitere Darlegungen zum Willenselement des bedingten Tötungsvorsatzes vermisst der Senat nicht. Jedoch hat das Schwurgericht keine Feststellungen zum Vorsatz bezüglich der Sachbeschädigungen getroffen. Da der Senat im Hinblick auf die sorgfältige Beweiswürdigung in dem landgerichtlichen Urteil ausschließt, dass hierzu weitere Feststellungen möglich sind, lässt er diesen Schuldspruch entfallen.
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- 3. Der Schuldspruch im Übrigen und auch die Maßregel- sowie die Einziehungsanordnung weisen keinen Rechtsfehler auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Dagegen kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben. Trotz der - auch nach dem Wegfall der Sachbeschädigung - nicht überhöhten Strafe kann der Senat aufgrund der sehr knapp und lediglich mit allgemein gehaltenen Erwägungen begründeten Ablehnung eines sonstigen minder schweren Falls im Sinne des § 213 StGB nicht mit Sicherheit ausschließen, dass das Landgericht eine geringere Strafe verhängt hätte, wenn es einen der vertypten Milderungsgründe zur Heranziehung des minder schweren Falles "verbraucht" und anschließend den Strafrahmen des § 213 StGB wegen des weiteren vertypten Milderungsgrundes nach § 49 Abs. 1 StGB gemindert hätte. Diese Prüfung hat das Landgericht - wie der Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 4. April 2011 ausgeführt hat - nicht vorgenommen.
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(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.
(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen
- 1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c), - 1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d), - 2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316), - 3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder - 4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.
(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.
(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.
(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.
(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.
(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.
(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.