Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Aug. 2010 - 4 StR 157/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue „im besonders schweren Fall“ in 129 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts stehen die Fälle 51 und 52 nicht in Realkonkurrenz.
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- Nach den Feststellungen rief der Angeklagte im Januar 2007 die Zeugin K. an und bat sie, die Bestellung von – tatsächlich für den Weiterverkauf auf eigene Rechnung vorgesehenen – Heizthermen für Wohnungen in der B. (Fall 51) sowie in der F. und der E. (Fall 52) in L. zu veranlassen, was diese im Folgenden auch tat. Danach liegt Tateinheit vor, weil der Angeklagte die Bestellungen – auch wenn diese später nicht gemeinsam ausgeführt wurden – durch dieselbe Handlung veranlasste (vgl. BGH, Beschluss vom 26. August 1993 – 1 StR 505/93, BGHR StGB § 52 Abs. 1 Handlung, dieselbe 26).
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- 2. Ebenso hält die Annahme 77 selbständiger Taten in den Fällen der Erteilung von Montageaufträgen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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- a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen erteilte der Angeklagte dem Mitangeklagten im Namen seiner Arbeitgeberin für insgesamt 77 der bestellten Heizthermen Aufträge zur Montage, die dieser verabredungsgemäß nicht durchführte, aber in Rechnung stellte. Dabei vergab der Angeklagte an manchen Tagen Aufträge für mehrere Thermen, die er von Schreibkräften fertigen ließ und dann entweder unterschrieb oder über ein Online-Portal freigab (Fälle 2a und 2b, 4a und 4b, 6a und 6b,14c und 14d, 16a und 16b, 17a bis 17c, 18a bis 18h, 19a und 19b, 28a bis 28e, 29a bis 29d, 30a bis 30c, 31a und 31c, 32a bis 32c, 33a und 33b, 34a und 34b, 35a und 35b, 41a bis 41f, 45a und 45b, 46a bis 46c, 47a bis 47c, 48a und 48b, 49a und 49b sowie 50a und 50b).
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- b) Die jeweils am selben Tag erteilten Montageaufträge stehen jedenfalls in natürlicher Handlungseinheit. Eine solche liegt vor, wenn zwischen einer Mehrheit strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters auch für einen Dritten objektiv als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungen auf einer einzigen Willensentschließung beruhen (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 1. September 1994 – 4 StR 259/94, NStZ 1995, 46 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Montageaufträge wurden in den aufgeführten Fällen jeweils am selben Tag demselben Auftragnehmer zum Nachteil derselben Geschädigten hinsichtlich solcher Heizthermen erteilt, deren Bestellungen auch das Landgericht als jeweils einheitlichen Vorgang gewertet hat. Es liegt daher nahe, dass der Angeklagte die jeweilige Vergabe der Aufträge zusammen erledigte und nicht auf Grund eines neuen Tatentschlusses handelte.
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- 3. § 265 StPO steht einer Umstellung des Schuldspruchs nicht entgegen; denn der Angeklagte hätte sich gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
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- 4. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall derjenigen Einzelstrafen , die von der Strafkammer neben der höchsten Einzelstrafe für die an jeweils demselben Tag begangenen Taten verhängt wurden. Einer Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe bedarf es dagegen nicht. Denn durch die Zusammenfassung mehrerer Taten zu jeweils einer einzigen Tat ändert sich deren Schuldgehalt nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2010 – 4 StR 592/09 m.w.N.). Der Senat schließt daher – auch im Hinblick auf den unverändert gebliebenen Gesamtschaden von annähernd 300.000 EUR – aus, dass die verhängte Gesamtstrafe bei zutreffender Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses niedriger ausgefallen wäre.
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- 5. Wegen des lediglich geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Mutzbauer Bender
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
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sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.