Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Mai 2015 - 3 StR 575/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Senat beschränkt die weitere Strafverfolgung auf den Vorwurf des Völkermordes anlässlich des "Massakers von Kiziguro" und nimmt damit von dieser die dem Angeklagten mit der Anklageschrift zur Last gelegten einzelnen Tötungsdelikte bezüglich der Opfer dieses Massakers aus. Auf die Wirksamkeit der entsprechenden Verfahrensbeschränkung, die bereits das Oberlandesgericht während der erstinstanzlichen Hauptverhandlung - allerdings ohne Zustimmung der Nebenkläger - vorgenommen hat, kommt es deshalb nicht an.
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- Gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Nr. 2 StPO kann das mit der Sache befasste Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der betroffenen Nebenkläger in jeder Lage des Verfahrens einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, u.a. dann von der Strafverfolgung ausnehmen, wenn ein Urteil wegen dieser Gesetzesverletzungen in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn der Beschuldigte wegen der verbleibenden Gesetzesverletzungen eine Strafe zu erwarten hat, die zur Einwirkung auf ihn und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
- 3
- Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Generalbundesanwalt und die an dem Verfahren beteiligten Nebenkläger haben in der Hauptverhandlung vor dem Senat ihre Zustimmung zu der Verfahrensbeschränkung erklärt. Der Gang der Beweisaufnahme in der bisherigen Hauptverhandlung, die vom 18. Januar 2011 bis zum 18. Februar 2014 durchgeführt worden ist und damit mehr als drei Jahre angedauert hat, belegt, dass die Aufklärung der Geschehnisse , die sich im Jahre 1994 in Ruanda zutrugen, sich in hohem Maße zeitaufwändig gestaltet. Es ist deshalb - ohne dass dies näherer Darlegung bedarf - zu erwarten, dass nach der Teilaufhebung des Urteils des Oberlandesgerichts vom 18. Februar 2014 und der Zurückverweisung der Sache durch den Senat erneut eine langwierige Beweisaufnahme erforderlich wäre, wenn über den vom Oberlandesgericht bisher seinem Urteil zugrunde gelegten Verfahrensstoff hinaus die Verwirklichung weiterer Gesetzesverletzungen aufzuklären wäre. Dem Angeklagten droht, nachdem der Senat die Verneinung der mittäterschaftlichen Verwirklichung des Völkermordes durch das Oberlandesgericht als rechtsfehlerhaft gewertet hat, nach der erneut durchzuführenden Hauptverhandlung allein wegen dieses Delikts eine lebenslange Freiheitsstrafe.
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- Demnach erscheint mit Blick auf die Zwecke, denen § 154a StPO dient, namentlich die Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, die Beschränkung der Kognitionspflicht trotz des hohen Gewichts, das auch die einzelnen Tötungsdelikte aufweisen, als angemessen. Hinzu kommt, dass die Entscheidung des Senats lediglich eine vorläufige Reduzierung des Verfahrensstoffs bewirkt. Gemäß § 154a Abs. 3 Satz 1 StPO kann das neue Tatgericht die durch diesen Beschluss von der Strafverfolgung ausgeschiedenen Gesetzesverletzungen jederzeit wieder in das Verfahren einbeziehen; nach § 154a Abs. 3 Satz 2 StPO ist es hierzu auf Antrag des Generalbundesanwalts sogar verpflichtet.
Annotations
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,
- 1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder - 2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.
(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.