Bundesgerichtshof Beschluss, 09. März 2017 - 3 StR 529/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 9. März 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erpressung, Betrugs in sechs Fällen, Diebstahls und Erschleichens von Leistungen in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und angeordnet, dass davon drei Monate als vollstreckt gelten. Dagegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Der Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II. 16 (Erpressung) und 22 (Diebstahl) der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben. Die Strafkammer hat die Strafen jeweils den für besonders schwere Fälle der Erpressung bzw. des Diebstahls vorgesehenen Strafrahmen (§ 253 Abs. 4 Satz 1 bzw. § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB) entnommen, weil sie davon ausgegangen ist, dass der Angeklagte die Taten gewerbsmäßig begangen hat (§ 253 Abs. 4 Satz 2 Alternative 1 bzw. § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB). Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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- Gewerbsmäßig handelt, wer die Absicht verfolgt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. Dezember 1995 - 2 StR 575/95, NJW 1996, 1069). Die Wiederholungsabsicht muss sich gerade auf dasjenige Delikt beziehen, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert oder als besonders schwerer Fall einzustufen ist (vgl. BGH, aaO). Das war hier im Hinblick auf die Erpressung und den Diebstahl nicht der Fall.
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- Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen entschloss sich der unter andauernden Geldsorgen leidende Angeklagte dazu, sich durch die Begehung von Straftaten eine fortlaufende Verdienstmöglichkeit zu verschaffen. Da ihm bekannt war, dass Mobilfunk- oder Bezahlfernsehunternehmen ihren Kunden bereits bei Vertragsabschluss Elektronikartikel wie Mobiltelefone oder Receiver aushändigen, er selbst jedoch aufgrund negativer Einträge in der Schufa-Auskunftsdatei von solchen Unternehmen nicht als Vertragspartner akzeptiert wurde, sah er eine gute Einnahmequelle darin, mit Unterstützung anderer Personen auf deren Namen entsprechende Verträge abzuschließen, um so an die Elektronikartikel zu gelangen und diese zu veräußern. In Umsetzung seines Tatplans beging er in der Folgezeit zwei Betrugstaten zum Nachteil von Mobilfunk- bzw. Bezahlfernsehunternehmen (Fälle II. 15 und 17 der Urteilsgründe ) sowie vier weitere Betrügereien zum Nachteil anderer Geschädigter (Fälle II. 18 bis 21 der Urteilsgründe). Daneben beging er bei zwei sich bietenden Gelegenheiten die Erpressung (Fall II. 16 der Urteilsgründe) und den Diebstahl (Fall II. 22 der Urteilsgründe).
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- Diese Feststellungen tragen zwar die Bewertung des Landgerichts, dass der Angeklagte hinsichtlich der Betrugstaten gewerbsmäßig handelte. Das folgt im Hinblick auf die Fälle II. 15 und 17 der Urteilsgründe daraus, dass er den Entschluss gefasst hatte, sich durch wiederholte Betrügereien zum Nachteil von Mobilfunk- bzw. Bezahlfernsehunternehmen eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen, und in Bezug auf die Betrugstaten in den Fällen II. 18 bis 21 der Urteilsgründe handelte es sich ungeachtet der von dem ursprünglichen Tatplan des Angeklagten abweichenden Tatmodalitäten ebenfalls jeweils um dasjenige Delikt, auf dessen Begehung die Wiederholungsabsicht des Angeklagten gerichtet war.
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- Gewerbsmäßiges Handeln im Hinblick auf die Erpressung und den Diebstahl belegen die Feststellungen demgegenüber nicht. Der Entschluss des Angeklagten , sich durch Straftaten eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen , bezog sich allein auf Betrugstaten, nicht jedoch auf Erpressungs- oder Diebstahlsdelikte. Dementsprechend beging er die Erpressung und den Diebstahl jeweils aufgrund eines spontanen Tatentschlusses.
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- 2. Die Einzelstrafen in den Fällen II. 16 und 22 der Urteilsgründe müssen deshalb auf der Grundlage des jeweiligen Regelstrafrahmens (§ 253 Abs. 1 bzw. § 242 Abs. 1 StGB) neu bemessen werden. Dies entzieht auch der Gesamtstrafe die Grundlage. Die den Einzelstrafen in den Fällen II. 16 und 22 der Urteilsgründe sowie der Gesamtstrafe zugrunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler jedoch nicht berührt und können deshalb bestehen bleiben.
Tiemann Berg
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält, - 2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist, - 3.
gewerbsmäßig stiehlt, - 4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient, - 5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist, - 6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder - 7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.