Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2016 - 3 StR 503/15

bei uns veröffentlicht am23.02.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 503/15
vom
23. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:230216B3STR503.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. und 3. auf dessen Antrag - am 23. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 4. August 2015, soweit es ihn betrifft,
a) aufgehoben, aa) und der Angeklagte freigesprochen, soweit er im Fall 1 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit fallen die ausscheidbaren Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last; bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
b) in der Urteilsformel dahin geändert, dass der Angeklagte wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt ist.
2. Auf die Revision des Angeklagten E. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, dahin abgeändert, dass die Dauer des Vorwegvollzugs der Freiheitsstrafe vor der Maßregel auf ein Jahr, zehn Monate und zwei Wochen festgesetzt wird.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Der Beschwerdeführer S. hat die verbleibenden, der Beschwerdeführer E. hat die gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten E. hat es wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen erpresserischen Menschenraubes zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vor der Maßregel ein Jahr und zehn Monate der Strafe zu vollstrecken sind. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen; der Angeklagte E. macht zudem ein Verfahrenshindernis geltend. Die Rechtsmittel haben den jeweils aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten S. im Fall 1 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts waren der Angeklagte E. und der gesondert Verfolgte B. übereingekommen, im großen Umfang mit Amphetamin Handel zu treiben. Das Angebot seines Verwandten B. , sich an diesem Handel dadurch zu beteiligen, dass er sich "stark" machen solle, etwa wenn Abnehmer nicht zahlen wollten oder wenn ähnliche Probleme auftreten würden, lehnte der durchtrainiert und muskulös wirkende Angeklagte S. ab. Mitte September des Jahres 2014 hielten E. und B. in der Wohnung des Angeklagten E. etwa zwei Kilogramm Amphetamin zum gewinnbringenden Verkauf vorrätig, das sie im Gefrierfach des Kühlschranks versteckt aufbewahrten. Am Tattag erwartete der Angeklagte E. den als betrügerisch geltenden "Kleindealer" F. , der ihm aus einem vorangegangenen Betäubungsmittelgeschäft noch Geld schuldete und mit dem er und der gesondert Verfolgte B. keine Geschäfte - jedenfalls keine "größeren Umfangs" - mehr machen wollten. F. erschien gegen Mittag in Begleitung von zwei weiteren Betäubungsmittelkonsumenten in der Wohnung und verbrachte dort die nächsten Stunden, in denen die Anwesenden Betäubungsmittel konsumierten und F. versuchte, E. zum Abschluss von Betäubungsmittelgeschäften zu überreden. Am Nachmittag rief der gesondert Verfolgte B. , der die Wohnung verlassen hatte, bei dem Angeklagten S. an und bat ihn zur Wohnung des Angeklagten E. zu fahren und nach dem Rechten zu sehen, weil F. und seine Begleiter dort "Ärger machten". S. kam dem nach, um dem Angeklagten E. Schutz anzubieten; dieser versicherte ihm jedoch, dass es keinen Streit gebe, woraufhin der Angeklagte S. die Wohnung nach wenigen Minuten wieder verließ.
4
b) Das Landgericht hat eine Unterstützung der "Betäubungsmittelgeschäfte" von E. und B. ausweislich der rechtlichen Würdigung darin gesehen, dass der Angeklagte S. dem Angeklagten E. "bei - den von B. befürchteten - Schwierigkeiten mit F. " beistand.
5
Ein Hilfeleisten im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB wird dadurch indes nicht belegt, vielmehr ist der Tatbestand der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch den Angeklagten S. auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht erfüllt. Insoweit gilt:
6
Nach ständiger Rechtsprechung ist als Hilfeleistung im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert; dass sie für den Eintritt des Erfolges in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird, ist nicht erforderlich. Eine solche Unterstützung kann auch in der Form der psychischen Beihilfe geleistet werden. Voraussetzung dafür ist allerdings ein konkreter Tatbeitrag des Gehilfen, durch den der Haupttäter in seinem Tatentschluss bestärkt wird (s. etwa BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 3 StR 206/11, NStZ 2012, 316 mwN).
7
Eine den konkreten Handel mit den im Kühlschrank versteckten zwei Kilogramm Amphetamin objektiv fördernde Handlung des Angeklagten S. lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass die beiden Haupttäter mit dem schlecht beleumundeten F. keine (weiteren) Rauschgiftgeschäfte tätigen wollten; ein konkreter Betäubungsmittelumsatz stand mithin nicht im Raum. Aber auch eine Hilfeleistung dergestalt, dass der Angeklagte S. die Haupttäter dabei unterstützte, sich im Besitz der Betäubungsmittel zu halten bzw. den Besitz gegen Übergriffe von F. und seinen Begleitern zu verteidigen, ist nicht zu erkennen, denn tat- sächlich hatte der Angeklagte E. - entgegen den Befürchtungen des gesondert Verfolgten B. - keine "Schwierigkeiten" mit F. , bei denen er objektiv der Unterstützung durch den Angeklagten S. bedurft hätte. Schließlich ergeben die Feststellungen auch nicht das Vorliegen der Voraussetzungen einer psychischen Beihilfe, weil es an der erforderlichen Bestärkung des Tatentschlusses fehlt: Im Vorfeld der von den Haupttätern aufgenommenen Handelstätigkeit hatte der Angeklagte eine Beteiligung an deren Geschäften gerade abgelehnt. Dessen ungeachtet hatten sich E. und B. gleichwohl zum Amphetaminhandel entschlossen und diesen Entschluss bereits durch Beschaffung der Drogen und deren Vorrätighalten zum gewinnbringenden Verkauf in die Tat umgesetzt. Angesichts dessen ist nicht ersichtlich , dass sich das - zeitlich danach liegende - Aufsuchen der Wohnung des Angeklagten E. noch bestärkend auf den Tatentschluss der beiden Haupttäter ausgewirkt haben könnte.
8
c) Nach alledem kann die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall 1 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Der Senat schließt aus, dass insoweit noch weitere Feststellungen getroffen werden können, aufgrund derer gleichwohl ein dahingehender Schuldspruch ergehen könnte, und spricht den Angeklagten deshalb in diesem Anklagepunkt frei (§ 354 Abs. 1 StPO). Der daraus resultierende Wegfall der für diese Tat verhängten Einzelstrafe bedingt die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Es verbleibt bei der im Fall 2 der Urteilsgründe verhängten, von dem Rechtsfehler nicht betroffenen Einzelstrafe von sechs Jahren wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.
9
2. a) Das Rechtsmittel des Angeklagten E. zeigt zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil dieses Angeklagten auf, insbesondere besteht das geltend gemachte Verfahrenshindernis - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - nicht. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Strafzumessung des angefochtenen Urteils wendet, bemerkt der Senat ergänzend: Die beanstandete Wendung, nach der das Landgericht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass er mehrfach - wenn auch nicht durchweg einschlägig - vorbestraft ist, lässt einen durchgreifenden Rechtsfehler nicht erkennen. Zwar ist es zutreffend, dass der Bundeszentralregisterauszug - anders als die Formulierung im Urteil verstanden werden könnte - nur eine einschlägige Vorstrafe aufweist. Angesichts des Umstandes , dass der Angeklagte insgesamt neunmal vorverurteilt ist und die Vollstreckung der zuletzt wegen Betäubungsmittelbesitzes verhängten Freiheitsstrafe zur Tatzeit noch zur Bewährung ausgesetzt war, kann der Senat indes jedenfalls ausschließen, dass die Strafkammer - sollte sie entsprechend dem Revisionsvorbringen tatsächlich eine mehrfache Vorverurteilung wegen Betäubungsmitteldelikten "impliziert" haben - auch mit Blick auf die den Unrechtsgehalt der Tat wesentlich prägende Menge der Betäubungsmittel zur Annahme eines minder schweren Falles gelangt wäre, wenn sie - zutreffend - nur eine einschlägige Vorstrafe in ihre Erwägungen einbezogen hätte.
10
b) Auch die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als rechtsfehlerhaft erweist sich insoweit aber die Bestimmung des vor der Maßregel zu vollziehenden Teils der Gesamtfreiheitsstrafe. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, beträgt die Dauer des nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB zu bestimmenden Vorwegvollzugs mit Blick auf den gemäß § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB zu berücksichtigenden Halbstrafenzeitpunkt und die voraussichtliche Therapiedauer von 18 Monaten hier ein Jahr, zehn Monate und zwei Wochen (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 26. Mai 2015 - 3 StR 110/15, juris).
11
3. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Angeklagten S. beruht auf § 467 Abs. 1, § 473 Abs. 1 StPO. Betreffend den Angeklagten E. folgt sie aus § 473 Abs. 4 StPO: Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.
Becker Hubert Mayer Gericke Tiemann

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2016 - 3 StR 503/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2016 - 3 StR 503/15

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2016 - 3 StR 503/15 zitiert 7 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Strafgesetzbuch - StGB | § 67 Reihenfolge der Vollstreckung


(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen. (2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vol

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2016 - 3 StR 503/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2016 - 3 StR 503/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2011 - 3 StR 206/11

bei uns veröffentlicht am 25.10.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 206/11 vom 25. Oktober 2011 in der Strafsache gegen wegen Betruges u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2015 - 3 StR 110/15

bei uns veröffentlicht am 26.05.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 1 1 0 / 1 5 vom 26. Mai 2015 in der Strafsache gegen wegen schwerer räuberischer Erpressung Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführer

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 206/11
vom
25. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
25. Oktober 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 31. Januar 2011, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
a) mit den zugehörigen Feststellungen in den Fällen II. 1. c) Fall 30 (Fallakte 85) und II. 1. c) Fall 32 (Fallakte 87) der Urteilsgründe ;
b) im Ausspruch über die jeweilige Einzelstrafe in den Fällen II. 1. c) Fall 2 (Fallakte 6), II. 1. c) Fall 29 (Fallakte 84) und II. 1. c) Fall 34 (Fallakte 94 bzw. 95) der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen aufrecht erhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen und Beihilfe zur Untreue in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt sowie bestimmt, dass von dieser acht Monate wegen "überlanger Verfahrensdauer" als vollstreckt gelten. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue in den Fällen II. 1. c) Fall 30 (Fallakte 85) und II. 1. c) Fall 32 (Fallakte 87) der Urteilsgründe hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen belegen in diesen Fällen kein Hilfeleisten des Angeklagten im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB zu den von dem Mitangeklagten N. begangenen Haupttaten.
3
Nach ständiger Rechtsprechung ist als Hilfeleistung im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert; dass sie für den Eintritt des Erfolges in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird, ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 16. November2006 - 3 StR 139/06, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 27). Eine solche Unterstützung kann auch in der Form der psychischen Beihilfe geleistet werden. Voraussetzung ist dann allerdings ein konkreter Tatbeitrag des Gehilfen, durch den der Haupttäter in seinem Tatentschluss bestärkt wird. Die Annahme allein psychischer Beihilfe bedarf genauer Feststellungen, insbesondere zur objektiv fördernden Funktion sowie zur entsprechenden Willensrichtung des Gehilfen sowie gegebenenfalls zu einer konkludenten Verständigung zwischen Haupttä- ter und diesem. Zudem ist eine Beihilfe nach Beendigung der Haupttat ausgeschlossen ; möglich sind dann allenfalls Anschlussdelikte nach den §§ 257 ff. StGB (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 27 Rn. 6, 10 jeweils mwN). Gemessen hieran tragen die Urteilsgründe die Annahme einer Beihilfe nicht.
4
a) Im Fall II. 1. c) Fall 30 (Fallakte 85) der Urteilsgründe war die ursprüngliche Haupttat im Jahr 2004 vollendet und beendet; denn mit der Auszahlung bzw. Überweisung des Darlehensbetrages auf das Konto des als Darlehensnehmer vorgeschobenen B. sowie an den Notar H. war bei der geschädigten D. Bank ein endgültiger Vermögensverlust eingetreten. Der Angeklagte erstellte erst nach diesem Zeitpunkt eine unrichtige Verdienstbescheinigung für B. . Die Handlung des Angeklagten könnte sich deshalb allenfalls fördernd im Sinne einer Beihilfe auf die Erhöhung des Darle- hensbetrages von 200.000 € auf 215.000 € Mitte des Jahres 2005 ausgewirkt haben; Näheres zu dieser möglichen Haupttat sowie dem Einfluss der unzutreffenden Verdienstbescheinigung hierauf lässt sich den Feststellungen jedoch nicht entnehmen.
5
b) Soweit die Strafkammer in beiden genannten Fällen im Übrigen darauf abstellt, der Angeklagte habe den Haupttäter N. psychisch unterstützt, belegen die Feststellungen ein tatbestandsmäßiges Hilfeleisten gemäß § 27 Abs. 1 StGB ebenfalls nicht. Danach handelte der Haupttäter N. bei der Beschaffung der Kredite, die letztlich der A. GmbH zukommen sollten, "in Absprache" mit dem Angeklagten sowie dem Mitangeklagten Ha. . Der Inhalt dieser "Absprache" bleibt allerdings im Dunkeln. Die Feststellungen lassen deshalb - entgegen der von der Strafkammer im Rahmen der rechtlichen Würdigung vorgenommenen Wertung - nicht erkennen, auf welche konkrete Weise gerade der Angeklagte den Tatentschluss des N. bestärkte, den Finanzbe- darf der A. GmbH auf unlautere Weise zu decken. Allein die Einbindung des Angeklagten in das von N. errichtete Firmengeflecht reicht hierfür nicht aus.
6
2. In den Fällen II. 1. c) Fall 2 (Fallakte 6), II. 1. c) Fall 29 (Fallakte 84) und II. 1. c) Fall 34 (Fallakte 94 bzw. 95) der Urteilsgründe, in denen das Landgericht den Angeklagten ebenfalls wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt hat, begegnet der Strafausspruch durchgreifenden materiellrechtlichen Bedenken. In diesen Fällen ist die Strafkammer - rechtsfehlerfrei - jeweils von einem besonders schweren Fall nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 StGB ausgegangen. Sie hat den sich hieraus ergebenden Strafrahmen sodann gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert. Jedoch hat sie rechtsfehlerhaft eine weitere Strafrahmenverschiebung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB nicht in Betracht gezogen.
7
a) Die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB ist ein strafbarkeitsbegründendes besonderes persönliches Merkmal nach § 28 Abs. 1 StGB. Bei einem Gehilfen, der - wie der Angeklagte - im Zeitpunkt der Unterstützungshandlung nicht selbst in einem Treueverhältnis zu der Geschädigten steht, ist eine Strafmilderung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben der Milderung nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zu erörtern, es sei denn, das Tatgericht hätte allein wegen des Fehlens des Treueverhältnisses Beihilfe statt Täterschaft angenommen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 1988 - 2 StR 111/88, BGHR StGB § 28 Abs. 1 Merkmal 2; Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 109; Beschluss vom 26. November 2008 - 5 StR 440/08, NStZ-RR 2009, 102).
8
b) Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, ob das Landgericht den Tatbeitrag des Angeklagten an sich nur als den eines Gehilfen gewertet oder ob es den Angeklagten nur deshalb als Gehilfen angesehen hat, weil er nicht in einem Treueverhältnis zu der Geschädigten stand. § 28 Abs. 1 StGB findet in den Entscheidungsgründen keine Erwähnung.
9
c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die in den genannten Fällen verhängten Einzelstrafen auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruhen. Er hält eine Entscheidung nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO nicht für angezeigt. Aufgrund der teilweisen Aufhebung des Schuldspruchs sowie der Einzelstrafen hat auch die Gesamtstrafe keinen Bestand. Die Strafzumessungstatsachen, die das Landgericht festgestellt hat, werden allerdings von den dargelegten Rechtsfehlern nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen, sind zulässig.
10
3. Die Kompensationsentscheidung wird von der Teilaufhebung des Urteils nicht erfasst (BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135). Der Angeklagte ist durch die rechtsfehlerhaft überhöhte Entschädigung - acht Monate Freiheitsstrafe bei einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von zwei Jahren und drei Monaten - nicht beschwert. Mit Blick auf die Ausführungen der Revision und des Generalbundesanwalts weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Höhe der im Falle einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung zu gewährenden Entschädigung sich nicht nach der Höhe der Strafe richtet, auf die das Tatgericht erkannt hat. Die im Wege des sog. Vollstreckungsmodells vorzunehmende Kompensation koppelt den Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht vielmehr von vornherein von Fragen des Tatunrechts , der Schuld und der Strafhöhe ab. Der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (vgl. schon BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 138; s. auch BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, aaO, 138).
Becker von Lienen Hubert
Schäfer Menges

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.

(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.

(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.

(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.

(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.

(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 1 1 0 / 1 5
vom
26. Mai 2015
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 26. Mai 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 19. November 2014 im Ausspruch über die Reihenfolge der Vollstreckung dahin abgeändert, dass die Vollziehung von einem Jahr, einem Monat und zwei Wochen der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vor Vollziehung der Maßregel eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat zu vollstrecken ist. Seine auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision führt lediglich zu einer geänderten Festlegung der Dauer des Vorwegvollzugs ; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Entscheidung über die Dauer des Vorwegvollzugs der Freiheitsstrafe erweist sich als rechtsfehlerhaft. Nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB ist der vor der Maßregel vorweg zu vollziehende Teil der verhängten Freiheitsstrafe so zu bemessen , dass nach seiner Vollziehung und der anschließenden Unterbringung eine Aussetzung des Strafrests zur Bewährung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB nach Erledigung der Hälfte möglich ist. Unter Berücksichtigung der sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergebenden voraussichtlichen zweijährigen Therapie beträgt die Dauer des Vorwegvollzugs damit ein Jahr, einen Monat und zwei Wochen. Der Senat hat dementsprechend die Dauer des Vorwegvollzugs auf diesen Zeitraum geändert.
3
Der geringe Teilerfolg rechtfertigt eine Ermäßigung der Gebühr und die Auferlegung eines Teils der Auslagen auf die Staatskasse nach § 473 Abs. 4 StPO nicht.
Schäfer Pfister Hubert
Gericke Spaniol

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.