Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2019 - 3 StR 348/19

15.10.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 348/19
vom
15. Oktober 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs u.a.
hier: Revision des Angeklagten G.
ECLI:DE:BGH:2019:151019B3STR348.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. Oktober 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 Satz 1, § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten G. gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 11. April 2019 wird
a) von der Einziehung von Tatmitteln abgesehen und die Verfolgung der Taten auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt ,
b) das Urteil aufgehoben aa) im Ausspruch über die Einziehung von Tatmitteln; diese Anordnung entfällt, bb) im Ausspruch über die Einziehung von Wertersatz von Taterträgen - auch soweit es die Mitangeklagten C. und E. betrifft - mit den jeweils zugehörigen Feststellungen.
Im Umfang dieser Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in sieben Fällen, die nicht revidierenden Mitangeklagten C. und E. darüber hinaus wegen weiterer Straftaten, zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Außerdem hat es die Einziehung von Tatmitteln und von Wertersatz angeordnet, betreffend den Angeklagten G. in Höhe von 23.262,60 €, hinsichtlich des Mitangeklagten C. in Höhe von 22.707 € und in Bezug auf den Mitangeklagten E. inHöhe von 28.800 €. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten G. hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg ; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Senat hat auf Antrag des Generalbundesanwalts die Einziehung von Tatmitteln gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO von der Strafverfolgung ausgenommen. Das führt zum Wegfall der betreffenden Einziehungsanordnung.
3
2. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Anordnung der Einziehung von Wertersatz gemäß § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB i.V.m. Art. 316h Satz 1 EGStGB stößt demgegenüber auf durchgreifende rechtliche Bedenken.
4
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen verkauften die Angeklagten Kapitalanlegern wertlose Inhaberschuldverschreibungen oder Aktien an einer von ihnen gegründeten US-amerikanischen Briefkastenfirma, indem sie ihnen bewusst wahrheitswidrig vorspiegelten, das Unternehmen inves- tiere in Firmen, die ein neues, wirtschaftlich erfolgreiches Trendgetränk auf den Markt bringen würden. Tatsächlich handelte es sich bei den von den Angeklagten vorgeschobenen Firmen nicht um wirtschaftlich aktive Unternehmen. Zahlungen der Anleger wickelten die Angeklagten zumeist über Konten der Firmen "F. " sowie "C. " ab; über das Konto der F. waren die Angeklagten G. und C. verfügungsberechtigt.
5
Der Entscheidung über die Einziehung von Wertersatz hat die Strafkammer tabellarische Zusammenstellungen zugrunde gelegt, aus denen sich ergeben soll, welche Taterträge den Angeklagten jeweils "persönlich" zuflossen. Dazu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Nicht nachvollziehbar ist jedoch die Entscheidung über den Wertersatz (vgl. UA S. 37). Die angeführten Teilbeträge, die dem Angeklagten zugeflossen sein sollen, lassen sich den Feststellungen weder nach der Höhe , noch nach den Daten zuordnen. Allein die tabellarische Aufstellung erlaubt die gebotene sachlich-rechtliche Prüfung nicht. Auch der Umstand , dass der Angeklagte Mitverfügungsberechtigter des Kontos der F. war, begründet nicht, dass ihm diese Beträge jeweils selbst zugeflossen sind."
6
Dem schließt sich der Senat an.
7
Der Senat hebt die Anordnung der Einziehung von Wertersatz deshalb auf Antrag des Generalbundesanwalts auf. Er erstreckt die Entscheidung auf die nicht revidierenden Mitangeklagten C. und E. , weil diese von dem Rechtsfehler gleichermaßen betroffen sind (§ 357 Satz 1 StPO).
Schäfer Gericke Tiemann
Berg Erbguth

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafprozeßordnung - StPO | § 421 Absehen von der Einziehung


(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn 1. das Erlangte nur einen geringen Wert hat,2. die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Be

Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch - StGBEG | Art 316h Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung


Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn

1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat,
2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder
3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.

(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.

(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn

1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat,
2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder
3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.

(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.

(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73 bis 73c, 75 Absatz 1 und 3 sowie die §§ 73d, 73e, 76, 76a, 76b und 78 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) anzuwenden. Die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) sind nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.