Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Aug. 2015 - 3 StR 265/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des Betrugs in 43 Fällen und des versuchten Betrugs in neun Fällen schuldig ist,
b) im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 47 Fällen und versuchten Betrugs in neun Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Der Schuldspruch wegen Betrugs in 47 Fällen begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken; der Angeklagte ist des Betrugs in 43 Fällen schuldig.
- 3
- a) Der Verurteilung des Angeklagten wegen 29 der insgesamt abgeurteilten Fälle des (vollendeten) Betrugs liegen folgende Feststellungen zugrunde:
- 4
- Der Angeklagte wollte sich eine zusätzliche Einnahmequelle dadurch verschaffen, dass er wahrheitswidrig den Handel mit exotischen Zierfischen vorspiegelte und um private Finanzinvestitionen in die damit angeblich verbundenen Importgeschäfte warb. Als Anlagevermittler gewann er den - in diesen Fällen noch gutgläubigen - Mitangeklagten, der in der Folge den Vorgaben des Angeklagten entsprechend werbende Tätigkeit entfaltete, die Anlagebeträge der gewonnenen Kunden regelmäßig in bar entgegennahm und die Summen nach Abzug einer Provision sogleich und in jedem Einzelfall für sich, in der Regel ebenfalls in bar, an den Angeklagten weiterleitete. Von zehn auf diese Weise getäuschten Anlegern erlangte der Angeklagte in 29 Einzelfällen Geldbeträge in Höhe von insgesamt ca. 300.000 €.
- 5
- b) Zutreffend geht das Landgericht in diesen Fällen von Betrugshandlungen des Angeklagten in mittelbarer Täterschaft aus. Aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist auch die Wertung des Landgerichts, die Entgegennahme der Investitionssummen aus der Hand des Mitangeklagten in bar enthalte jeweils auch die konkludente Erklärung des Angeklagten, das behauptete Handelsgeschäft bestehe fort, was den Mitangeklagten in seinem Irrtum bestärkt habe, deshalb einen eigenständigen Tatbeitrag des Angeklagten hinsichtlich nachfolgender Werbemaßnahmen darstelle und so zu tatmehrheitlich begangenen Betrugstaten des Angeklagten führe.
- 6
- Nicht bedacht hat das Landgericht indes, dass der Mitangeklagte innerhalb der beschriebenen Tatserie am 6. November 2011 einerseits von zwei Anlegern Geldbeträge ausgehändigt erhielt und diese dem Angeklagten andererseits auch nicht in bar aushändigte, sondern überwies (B. II. 1. und 3. der Urteilsgründe ; Taten 32b und 6). Bereits der enge zeitliche Zusammenhang dieser beiden Fälle legt nahe, dass ihnen ein einheitlicher Tatbeitrag des Angeklagten vorausging mit der Folge von Tateinheit. Weiter in Tateinheit zu diesen Einzelfällen stehen - was den Angeklagten betrifft - aber auch die ihnen unmittelbar nachfolgenden Einwerbungen des Mitangeklagten, denn allein in der Hinnahme der beiden Gutschriften kam eine konkludente Bekräftigung des Verwendungszwecks dem Mitangeklagten gegenüber, wie sie das Landgericht in der persönlichen Entgegennahme der Bargeldbeträge gesehen hat, nicht zum Ausdruck. Zugunsten des Angeklagten als den Banküberweisungen unmittelbar nachfolgend anzunehmen sind die Einwerbungen des Mitangeklagten zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen Oktober und Dezember 2011 (B. II. 4. der Urteilsgründe; Tat 16), zu einem unbekannten Zeitpunkt im November 2011 (B. II. 7. der Urteilsgründe; Tat 27) und am 14. Dezember 2011 (B. II. 4. der Urteilsgründe; Tat 17).
- 7
- c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte bei zutreffender rechtlicher Bewertung des Konkurrenzverhältnisses nicht wirksamer hätte verteidigen können.
- 8
- 2. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen Bestand.
- 9
- Nach den Feststellungen ist der Angeklagte Berufssoldat im Range eines Hauptbootsmanns. Ein Berufssoldat verliert u.a. dann seine Rechtsstellung , wenn gegen ihn durch Urteil eines deutschen Gerichts auf Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer vorsätzlich begangenen Tat erkannt ist (§ 48 Satz 1 Nr. 2 SoldatenG). Derartige dienstrechtliche Folgen einer Verurteilung , die mit dem Verlust der wirtschaftlichen und der beruflichen Grundlagen einhergehen können, bilden einen bestimmenden Strafzumessungsgrund, den zu erwägen das Landgericht gehalten gewesen wäre (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO; BGH, Beschlüsse vom 15. November 2012 - 3 StR 199/12, juris Rn. 3; vom 3. November 2009 - 4 StR 445/09, NStZ-RR 2010, 39).
RiBGH Gericke befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.