Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2012 - 2 StR 585/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
I.
- 1
- Der Senat hat über die Revisionen der Verurteilten durch Beschluss vom 15. Februar 2012, der am 16. Februar 2012 auf der Geschäftsstelle eingegangen ist, gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO entschieden. Mit einem hiernach am 16. Februar 2012 um 17.43 Uhr per Telefax und am 17. Februar 2012 per Post eingegangenen Schriftsatz hat der Verurteilte E. die mitwirken- den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Auch der Verurteilte O. hat mit Schriftsatz vom 24. Februar 2012 diese Richter abgelehnt.
- 2
- Der Verurteilte E. hat unter dem 12. März 2012 eine Anhörungsrüge erhoben, weil er auf Tatsachen, die nach seiner Ansicht eine Richterablehnung begründen könnten, nicht vor der Revisionsverwerfung hingewiesen worden sei.
- 3
- Der Senat hat ihm durch Beschluss vom 31. März 2012 Vollstreckungsaufschub bis zur Entscheidung über die Anhörungsrüge gewährt.
II.
- 4
- 1. Die nachträgliche Richterablehnung derjenigen Senatsmitglieder, die am Beschluss vom 15. Februar 2012 mitgewirkt hatten, ist unzulässig.
- 5
- Unabhängig von der Frage einer entsprechenden Anwendung von § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO auf das Beschlussverfahren über die Begründetheit oder Unbegründetheit der Revision ist eine Richterablehnung im Revisionsverfahren nur statthaft, solange dieses noch nicht durch Wirksamwerden eines Beschlusses gemäß § 349 Abs. 2 StPO beendet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2012 - 3 StR 239/12; Jahn in: Festschrift für Fezer, 2008, S. 413, 424). Dies gilt auch dann, wenn die Richterablehnung mit einer Anhörungsrüge verbunden wird, die sich als unbegründet erweist.
- 6
- Der Sonderrechtsbehelf nach § 356a StPO ist nach seinem Wortlaut und Normzweck, eine Durchsetzungsgarantie für das "prozessuale Urrecht" auf rechtliches Gehör zu schaffen (BVerfG, Beschluss vom 30. April 2004 - 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 305, 408), nicht dazu bestimmt, dass damit auch behaupte- te Verletzungen von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG geltend gemacht werden können. Für eine analoge Anwendung des § 356a StPO auf solche Fälle ist kein Raum (vgl. Jahn in: Festschrift für Fezer, 2008, S. 413, 427). Das Recht auf Richterablehnung ist Bestandteil des Gewährleistungsgehalts von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1967 – 2 BvR 235/64, BVerfGE 21, 139, 145 f.; Beschluss vom 26. Januar 1971 – 2 BvR 443/69, BVerfGE 30, 149, 153), nicht desjenigen nach Art. 103 Abs. 1 GG. Daher ist das Nachschieben einer Richterablehnung mit einer Anhörungsrüge nach § 356a StPO nicht möglich.
- 7
- 2. Die Anhörungsrüge des Verurteilten E. ist unbegründet, weil der Senat Art. 103 Abs. 1 GG nicht verletzt hat.
- 8
- Dem Senat lagen zurzeit der Entscheidung gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO alle Äußerungen der Verteidigung vor, die bis zu jenem Zeitpunkt abgegeben worden waren. Alle auf das Revisionsverfahren bezogenen Schriftsätze waren Gegenstand der Beratung.
- 9
- Der Senat war auch nicht dazu verpflichtet, die Verteidigung auf Umstände hinzuweisen, aus denen sich nach deren Ansicht Ablehnungsgründe hätten herleiten lassen. Die Selbstanzeige ist vielmehr ausschließlich nach § 30 StPO vorgesehen und danach in das Ermessen der einzelnen Richter gestellt.
- 10
- Die insoweit von Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl abgegebenen Erklärungen sind hier gegenstandslos, weil er urlaubsbedingt an der Entscheidung nicht mitwirkt.
- 11
- Nach dem Maßstab aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Mai 2012 – 2 BvR 610, 625/12 – (NJW 2012, 2334, 2337) wäre eine Richterablehnung im Übrigen unbegründet gewesen. Dann aber kann der Revi- sionsverwerfungsbeschluss auch nicht auf einer Verletzung des Anspruchs des Verurteilten E. auf rechtliches Gehör beruhen.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.
(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Das für die Erledigung eines Ablehnungsgesuchs zuständige Gericht hat auch dann zu entscheiden, wenn ein solches Gesuch nicht angebracht ist, ein Richter aber von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder wenn aus anderer Veranlassung Zweifel darüber entstehen, ob ein Richter kraft Gesetzes ausgeschlossen ist.