Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2017 - 4 StR 192/16

published on 11/01/2017 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2017 - 4 StR 192/16
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 192/16
vom
11. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen
Person u.a.
hier: Anhörungsrüge
ECLI:DE:BGH:2017:110117B4STR192.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2017 beschlossen :
Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2016 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 20. November 2015 mit Beschluss vom 11. Oktober 2016 als unbegründet verworfen. Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seiner beim Bundesgerichtshof am 17. November 2016 eingegangenen Anhörungsrüge. Zur Begründung führt er aus, der Senat sei mit der Verwerfung der Revision ohne Durchführung des gebotenen Anfrageverfahrens (§ 132 Abs. 2, 3 GVG) von eigener Rechtsprechung und der der anderen Strafsenate des Bundesgerichtshofs zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Widerstandsunfähigkeit in § 179 Abs. 1 StGB abgewichen und habe seine Entscheidung auch nicht näher begründet.
2
Die rechtzeitig erhobene und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet.
3
1. Soweit der Verurteilte eine Verletzung der Vorlegungspflicht (§ 132 Abs. 2, 3 GVG) geltend macht, weist der Senat darauf hin, dass der Sonderrechtsbehelf des § 356a StPO nach seinem Wortlaut und Normzweck, eine Durchsetzungsgarantie für das „prozessuale Urrecht“ auf rechtliches Gehör zu schaffen (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 30. April 2003 – 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395, 408), nicht dazu bestimmt ist, dass damit auch behauptete Verletzungen von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG geltend gemacht werdenkönnen. Für eine entsprechende Anwendung des § 356a StPO auf solche Fälle ist kein Raum (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 – 2 StR 585/11 mwN; ebenso schon BFH, Beschluss vom 17. Juni 2005 – VI S 3/05, NJW 2005, 2639, 2640 mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 24. März 2011 – 4 StR 637/10, StraFo 2011, 218).
4
2. Im Übrigen hat der Senat bei seiner Entscheidung weder Verfahrensstoff verwertet, zu dem der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen. Er hat bei seiner Entscheidung vielmehr das Revisionsvorbringen in vollem Umfang bedacht und gewürdigt, es aber – in Übereinstimmung mit dem eingehend begründeten Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts – nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt auch für die ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 23. Mai 2016 zu der zunächst nur allgemein erhobenen Rüge der Verletzung materiellen Rechts, die sich u.a. bereits eingehend mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 29. September 2009 – 1 StR 426/09, BGHSt 54, 169 ff.) befassen, die der Verurteilte nunmehr zur Begründung der behaupteten Divergenz heranzieht.
5
Eine (weiter gehende) Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidungen besteht nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2007 – 2 BvR 496/07, StraFo 2007, 463 mwN). Ebenso wenig ist das Revisionsgericht verpflichtet, vor seiner Entscheidung über ein Rechtsmittel des Angeklagten diesen auf seine Rechtsauffas- sung hinzuweisen (Senatsbeschluss vom 5. November 2014 – 4 StR 34/14 mwN).
Sost-Scheible Franke Quentin
Feilcke Paul
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(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate. (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Sena

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der
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Annotations

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.