Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Apr. 2016 - 2 StR 568/15
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 26. April 2016 gemäß § 206a, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 2. der Urteilsgründe wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten ;
b) das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und in zwei Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Körperverletzung und wegen Vergewaltigung in zwei Fällen schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und in zwei Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Körperverletzung und wegen Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf die nicht ausgeführte Verfahrensrüge und die allgemeine Sachrüge gestützte Revision. Das Rechtsmittel führt zur Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte im Fall II. 2. der Urteilsgründe wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden ist, sowie zu einer dadurch veranlassten Neufassung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Die nach den Feststellungen vom Angeklagten „im Jahre 2008“ begangene vorsätzliche Körperverletzung (Fall II. 2.) ist verjährt. Die für das Vergehen nach § 223 StGB maßgebliche Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB). Zugunsten des Angeklagten ist von einer Tatzeit 1. Januar 2008 auszugehen, weshalb zum 1. Januar 2013 Verjährung eingetreten ist. Eine Unterbrechung der Verjährung gemäß § 78c StGB war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Die Vorladung des Angeklagten mit Bekanntgabe des gegen ihn anhängigen Ermittlungsverfahrens erfolgte erst am 29. Mai 2013 bzw. 20. Juni 2013.
- 3
- 2. Die wegen des von Amts wegen zu beachtenden Verfahrenshindernisses gebotene Einstellung des Verfahrens im Fall II. 2. führt zu einer entsprechenden Änderung des Schuldspruchs.
- 4
- Der Ausspruch über die Gesamtstrafe kann jedoch trotz des Wegfalls der im Fall II. 2. verhängten Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten bestehen bleiben. Der Senat schließt im Hinblick auf die wegen der übrigen Taten verhängten Einzelstrafen aus, dass die Gesamtfreiheitsstrafe ohne die in dem nunmehr eingestellten Fall verhängte Einzelstrafe niedriger ausgefallen wäre. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng
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Referenzen - Gesetze
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.
(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist
- 1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, - 2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind, - 3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind, - 4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, - 5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.
(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.
(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch
- 1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe, - 2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung, - 3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist, - 4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 6.
die Erhebung der öffentlichen Klage, - 7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens, - 8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung, - 9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung, - 10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht, - 11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder - 12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.
(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.
(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.
(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.