Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 49/13
vom
14. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 14. März 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 17. Oktober 2012 aufgehoben ,
a) soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch,
b) soweit es den Mitangeklagten R. betrifft, in den Aussprüchen über die in den Fällen III. 4, 5, 9 bis 13, 20 und 21 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und im Gesamtstrafenausspruch,
c) soweit es den Mitangeklagten S. betrifft in den Aussprüchen über die in den Fällen III. 5, 9 bis 11, 13 und 21 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und im Gesamtstrafenausspruch.
Die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrecht erhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen schweren Bandendiebstahls in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen die nicht revidierenden Mitangeklagten R. und S. hat es wegen schweren Bandendiebstahls in 22 Fällen (R. ) bzw. 15 Fällen (S. ) unter Einbeziehung von jeweils mehreren Einzelstrafen aus Vorverurteilungen ebenfalls jeweils auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren erkannt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die Bemessung der gegen den Angeklagten B. in den Fällen III. 4, 5, 9 bis 13, 20 und 21 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
Bei der Bemessung der Einzelstrafen durfte die Strafkammer zwar neben allgemeinen Strafzumessungserwägungen maßgeblich auf die den Schuldumfang bestimmende Höhe der jeweils erlangten Beute abstellen. Sie hat aber in den Fällen III. 4, 5, 9, 11, 12 und 20 der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte lediglich zwischen 100 und 1.050 Euro erbeutete, höhere Einzelfreiheitsstrafen (jeweils drei Jahre) verhängt als im Fall III. 8 der Urteilsgründe , in dem die Beute 1.200 Euro betrug. Dabei handelt es sich zwar offenkundig nur um ein Versehen des Landgerichts und der Angeklagte ist allein dadurch, dass das Gericht im Fall III. 8 wegen der vermeintlich „etwas geringeren Beutehöhe“ eine Einzelfreiheitsstrafe von (nur) zwei Jahren und acht Mona- ten verhängt hat, nicht beschwert. Der Senat kann indes nicht ausschließen, dass das Landgericht in den Fällen III. 4, 5, 9, 11, 12 und 20 versehentlich zu hohe Einzelfreiheitsstrafen verhängt hat.
4
Soweit die Strafkammer ausgeführt hat, sie habe die Einzelstrafen in allen übrigen Fällen, in denen ein pauschales Geständnis des Angeklagten vorlag , „unter Berücksichtigung der Beutehöhe“ festgesetzt, hat sie diese Strafzumessungserwägung bei der konkreten Bemessung der entsprechenden Einzelstrafen offenkundig aus den Augen verloren. Denn sie hat ungeachtet dessen, dass die erlangte Beute hier zwischen 300 und 4.000 Euro lag, ohne weitere Begründung in allen Fällen eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt und damit die Beutehöhe gerade nicht berücksichtigt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Gericht bei tatsächlicher Differenzierung nach der Beutehöhe jedenfalls in den Fällen III. 10, 13 und 21, in denen die Beute unter 570 Euro lag, geringere Einzelstrafen verhängt hätte.
5
Um der neu zur Entscheidung berufenen Strafklammer eine insgesamt in sich stimmige Strafzumessung zu ermöglichen, hebt der Senat den Strafausspruch insgesamt auf.
6
2. Die dargestellten Fehler bei der Strafzumessung betreffen auch die gegen die nicht revidierenden Mitangeklagten R. und S. in den Fällen III. 4, 5, 9 bis 13, 20 bis 21 (R. ) bzw. in den Fällen III. 5, 9 bis 11, 13 und 21 (S. ) verhängten Einzelstrafen, da die Strafkammer insoweit die Höhe der Beute als Strafzumessungskriterium ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei berücksichtigt hat. Dies führt gemäß § 357 Satz 1 StPO zur Aufhebung der entsprechenden Einzelstrafen sowie der gegen diese Angeklagten verhängten Gesamtstrafen.
7
3. Da es sich bei den aufgezeigten Fehlern um bloße Wertungsfehler handelt, können die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu den jeweiligen Strafaussprüchen bestehen bleiben. Ergänzende und hierzu nicht in Widerspruch tretende Feststellungen sind möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 5 StR 453/12). Becker Fischer Appl Berger Ott

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2013 - 2 StR 49/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2013 - 2 StR 49/13

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2013 - 2 StR 49/13 zitiert 3 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2013 - 2 StR 49/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2013 - 2 StR 49/13 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2012 - 5 StR 453/12

bei uns veröffentlicht am 09.10.2012

5 StR 453/12 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 9. Oktober 2012 in der Strafsache gegen wegen besonders schweren Raubes u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Oktober 2012 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urt
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2013 - 2 StR 49/13.

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Okt. 2013 - 2 StR 282/13

bei uns veröffentlicht am 30.10.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 282/13 vom 30. Oktober 2013 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen besonders schweren Raubs u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 30

Referenzen

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

5 StR 453/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 9. Oktober 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Oktober 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 27. März 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch im Fall II.2 der Urteilsgründe aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub (Fall 1) unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiervon hat es sieben Monate der Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt erkannt. Darüber hinaus hat das Landgericht gegen den Angeklagten wegen Diebstahls (Fall 2) eine weitere Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt. Die Revision des Angeklagten erzielt lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
Die im Fall 2 wegen Diebstahls verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr hat keinen Bestand. Die Strafkammer hat im Rahmen der Strafzumessung und bei der Prüfung der Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung rechtsfehlerhaft strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte durch unzutreffende Angaben versucht habe, das Gericht über eine berufliche Beschäf- tigung zur Tatzeit „zu täuschen, um sich ein falsches Alibi zu verschaffen“ (UA S. 20). Damit hat der Angeklagte aber die Grenzen prozessual zulässigen Verteidigungsverhaltens (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 46 Rn. 53 f. mwN) selbst dann nicht überschritten, wenn er dadurch den Tatverdacht zwangsläufig auf sonstige in Betracht kommende Personen als Alternativtäter lenken wollte. Auch die Formulierung, dass der Angeklagte die Tat nach einer erfolgreich abgeschlossenen Drogenentwöhnungsbehandlung „scheinbar grundlos begangen“ habe, begründet die Besorgnis, dass dem Angeklag- ten die Tatbegehung als solche straferhöhend angelastet wird.
3
Angesichts des vorliegenden Wertungsfehlers bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Sie können allenfalls durch widerspruchsfreie Feststellungen ergänzt werden.
Basdorf Schaal Dölp König Bellay