Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Nov. 2013 - 2 StR 379/13

bei uns veröffentlicht am19.11.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 379/13
vom
19. November 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 19. November 2013 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 15. März 2013 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit er verurteilt wurde. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg, so dass es auf die weiteren Beanstandungen nicht ankommt.

I.

2
Der Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 230 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 338 Nr. 5 StPO liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:
3
Der Angeklagte wurde in der Hauptverhandlung während der Vernehmung der Zeugin H. von der Anwesenheit ausgeschlossen. Im Rahmen der Vernehmung der Zeugin wurde dieser eine Luftbildaufnahme von "Google Earth" vorgelegt, die den T. -Platz in K. zeigte, auf dem sich die Tat ereignet hatte. Die Aufnahme wurde mit der Zeugin erörtert, wobei sie Standorte von Personen und Fahrzeugen auf dem Bild markierte und kennzeichnete. "Sodann wurde die Skizze von allen Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommen und Erklärungen seitens des Vorsitzenden abgegeben" (Protokoll der Hauptverhandlung vom 6. Dezember 2012). Nach Abschluss der Zeugenvernehmung wurde der Angeklagte wieder in den Sitzungssaal geführt. Der Augenscheinsbeweis wurde in seiner Anwesenheit nicht wiederholt.

II.

4
Die Revision des Angeklagten rügt bei dieser Sachlage zu Recht, dass ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung in seiner Abwesenheit stattgefunden hat, so dass sein Anwesenheitsrecht verletzt wurde (§ 230 Abs. 1, § 247 Satz 2, § 338 Nr. 5 StPO). Der Verfahrensfehler wurde auch während der weiteren Hauptverhandlung nicht geheilt, was zur Aufhebung des Urteils zwingt.
5
Aus dem Protokollvermerk ergibt sich, dass es sich bei der Betrachtung des Luftbilds um ein Beweiserhebung durch "Augenschein" und nicht lediglich um einen Vernehmungsbehelf bei der Befragung der Zeugin gehandelt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 1 StR 264/10, NStZ 2011, 51). Gegenstand der Beweisaufnahme war nicht etwa nur die Erläuterung einer Skizze, welche die Zeugin zur Illustration ihrer Angaben während der Vernehmung angefertigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 - 1 StR 391/03, NStZ-RR 2005, 260 f.). Vielmehr wurde eine außerhalb der Hauptverhandlung angefertigte und ausgedruckte Luftbildaufnahme in der Hauptverhandlung betrachtet und erörtert , was bereits für sich genommen - unabhängig von der Bewertung der Einzeichnungen durch die Zeugin - einen Fall des Augenscheinsbeweises darstellt.
Die Ausschließung des Angeklagten von der Anwesenheit in der Hauptverhandlung rechtfertigte aber nur die Verhandlung in seiner Abwesenheit während der Zeugenvernehmung, nicht bei der Erhebung von Sachbeweisen (vgl. Senat, Urteil vom 7. April 2004 - 2 StR 436/03, StV 2005, 6 f.).
6
Der Augenscheinsbeweis war auch ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung , da die Luftbildaufnahme den Tatort betraf. Sie gab den Richtern und Verfahrensbeteiligten einen Eindruck von dessen Gestaltung zur Tatzeit und den dort herrschenden räumlichen Verhältnissen.
7
Gemäß § 338 Nr. 5 StPO ist davon auszugehen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht (vgl. Senat, Beschluss vom 8. August 2007 - 2 StR 224/07, NStZ 2007, 717, 718), auch wenn die Urteilsgründe auf diesen Augenschein nicht ausdrücklich Bezug nehmen und die Aussage der Zeugin H. im Rahmen der Beweiswürdigung im Hinblick auf den Tatvorwurf als nicht aussagekräftig bezeichnet wurde. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der visuell durch eine Luftbildaufnahme vom Tatort vermittelte Eindruck für die Entscheidungsfindung unausgesprochen von Bedeutung war. Appl Krehl Eschelbach Ott Zeng

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Strafprozeßordnung - StPO | § 338 Absolute Revisionsgründe


Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

Strafprozeßordnung - StPO | § 230 Ausbleiben des Angeklagten


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Das Gericht kann anordnen, daß sich der Angeklagte während einer Vernehmung aus dem Sitzungszimmer entfernt, wenn zu befürchten ist, ein Mitangeklagter oder ein Zeuge werde bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Angeklagten die Wahrheit nicht sagen.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Gegen einen ausgebliebenen Angeklagten findet eine Hauptverhandlung nicht statt.

(2) Ist das Ausbleiben des Angeklagten nicht genügend entschuldigt, so ist die Vorführung anzuordnen oder ein Haftbefehl zu erlassen, soweit dies zur Durchführung der Hauptverhandlung geboten ist.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Gegen einen ausgebliebenen Angeklagten findet eine Hauptverhandlung nicht statt.

(2) Ist das Ausbleiben des Angeklagten nicht genügend entschuldigt, so ist die Vorführung anzuordnen oder ein Haftbefehl zu erlassen, soweit dies zur Durchführung der Hauptverhandlung geboten ist.

Das Gericht kann anordnen, daß sich der Angeklagte während einer Vernehmung aus dem Sitzungszimmer entfernt, wenn zu befürchten ist, ein Mitangeklagter oder ein Zeuge werde bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Angeklagten die Wahrheit nicht sagen. Das gleiche gilt, wenn bei der Vernehmung einer Person unter 18 Jahren als Zeuge in Gegenwart des Angeklagten ein erheblicher Nachteil für das Wohl des Zeugen zu befürchten ist oder wenn bei einer Vernehmung einer anderen Person als Zeuge in Gegenwart des Angeklagten die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für ihre Gesundheit besteht. Die Entfernung des Angeklagten kann für die Dauer von Erörterungen über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten angeordnet werden, wenn ein erheblicher Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist. Der Vorsitzende hat den Angeklagten, sobald dieser wieder anwesend ist, von dem wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 264/10
vom
5. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 5. Oktober 2010 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 3. Dezember 2009 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 20 Fällen, davon in 13 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, in fünf Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern und in zwei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge, mit der die Einvernahme eines Augenscheins in Abwesenheit des Angeklagten beanstandet wird (§ 338 Nr. 5 StPO), Erfolg.
3
1. Der Rüge liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
4
Das Landgericht hat am ersten und am fünften Hauptverhandlungstag die Geschädigte, die 1992 geborene Zeugin R. (Stieftochter des Angeklagten), vernommen und jeweils für die Dauer der Vernehmung die Entfernung des Angeklagten gemäß § 247 StPO angeordnet. Gelegentlich der Vernehmung der Geschädigten am fünften Hauptverhandlungstag hat die Verteidigung eine Fotografie vorgelegt, welche die Gegebenheiten einer von der Geschädigten in ihrer Vernehmung genannten Örtlichkeit zeigt. Das Protokoll verhält sich dazu wie folgt:
5
„Der Verteidiger des Angeklagten übergab ein Lichtbild über die Örtlichkeiten des Badezimmers. Das Lichtbild wurde von der Kammer, dem Vertreter der Staatsanwaltschaft, der Sachverständigen, dem Verteidiger und der Zeugin in Augenschein genommen. Die Zeugin äußert sich hierzu.“
6
Nachdem der Angeklagte wieder in den Sitzungssaal gerufen wurde, wurde er vom Vorsitzenden über den Inhalt der Aussage der Zeugin R. informiert , auch zu deren Angaben zum vorgenannten Lichtbild. Eine (nochmalige ) förmliche Augenscheinnahme fand nicht statt.
7
2. Dieser Verfahrensgang begründet den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO. Die hier durchgeführte Augenscheinsnahme (a) ist vom restriktiv auszulegenden Begriff der Vernehmung i.S.d. § 247 StPO nicht umfasst (b), so dass entgegen § 230 Abs. 1 StPO ein Teil der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt wurde. Der daraus resultierende Verfahrensverstoß wurde hier auch nicht geheilt (c).
8
a) Das Lichtbild wurde förmlich in Augenschein genommen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass das gegenständliche Lichtbild lediglich - was als Teil der Vernehmung zulässig gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2002 - 1 StR 234/02) - als Vernehmungsbehelf herangezogen wurde. Das Vorhalten von Urkunden und die Verwendung von Augenscheinsobjekten als Vernehmungsbehelfe im Verlauf einer Zeugenvernehmung hätten keiner Aufnahme in die Sitzungsniederschrift bedurft (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2000 - 1 StR 488/00, NStZ 2001, 262). Hier wird durch die Niederschrift über die Hauptverhandlung jedoch bewiesen (§ 274 StPO), dass eine förmliche Beweisaufnahme stattgefunden hat. Umstände, die die Beweiskraft des Protokolls in Zweifel ziehen könnten, liegen nicht vor. Zwar ist der Inhalt eines Hauptverhandlungsprotokolls insoweit auslegungsfähig (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2004 - 2 StR 492/03, NStZ-RR 2004, 237). Die hier gewählte Formulierung enthält (anders als in dem der Entscheidung vom 4. Mai 2004 - 1 StR 391/03 - zugrunde liegenden Fall) indes keine Unklarheiten und lässt Zweifel daran nicht aufkommen, dass ein förmlicher Augenschein durchgeführt wurde. Außerdem wird die Durchführung einer förmlichen Beweisaufnahme durch die dienstliche Stellungnahme des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft bestätigt („Lichtbild wurde … in Augenschein genommen“) und auch in den vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahmen der Berufsrichter nicht in Abrede gestellt („der Zeugin dieses Foto vorgehalten bzw. mit ihr in Augenschein genommen“).
9
b) Welche Verfahrensvorgänge vom Begriff der Vernehmung i.S.d. § 247 Satz 1 und 2 StPO erfasst werden, wird vom Gesetz nicht näher bestimmt. Dieser Begriff ist im Regelungszusammenhang der §§ 247 und 248 StPO aufgrund der hohen Bedeutung der Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung , die als Anspruch auf rechtliches Gehör und angemessene Verteidigung in Art. 103 Abs. 1 GG sowie durch Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK garantiert wird, restriktiv auszulegen (BGH, Beschluss des Großen Senats für Strafsachen vom 21. April 2010 - GSSt 1/09, Rn. 14 mwN, wistra 2010, 352 = NJW 2010, 2450).
Die Erhebung eines Sachbeweises kann demnach, auch wenn er eng mit der Vernehmung verbunden ist, nicht als Teil der Vernehmung i.S.d. § 247 StPO angesehen werden, sondern ist ein Vorgang mit einer selbstständigen verfahrensrechtlichen Bedeutung. Die Augenscheinsnahme in Abwesenheit des Angeklagten war daher vom Beschluss über seine Ausschließung nicht gedeckt. Somit fand ein Teil der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten statt, dessen Anwesenheit das Gesetz vorschreibt (§§ 230, 247 StPO). Dies begründet den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO.
10
c) Der Verfahrensfehler wurde nicht geheilt. Dies hätte nur durch eine - hier nicht erfolgte - Wiederholung der Augenscheinseinnahme während der weiteren Hauptverhandlung in Anwesenheit des Angeklagten erfolgen können. Zwar muss die förmliche Augenscheinseinnahme nicht dergestalt wiederholt werden, dass das Gericht und die Verfahrensbeteiligten das Augenscheinsobjekt nochmals besichtigen. Vielmehr hätte die Besichtigung des Augenscheinsobjekts durch den Angeklagten während seiner Unterrichtung gemäß § 247 Satz 4 StPO ausgereicht, wenn die weiterhin anwesenden Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit einer neuerlichen Augenscheinsnahme hatten (BGH, Urteil vom 11. November 2009 - 5 StR 530/08 mwN, NStZ 2010, 162). Indes lässt sich aus dem zu dieser wesentlichen Förmlichkeit (§ 274 StPO) schweigenden Protokoll zur Hauptverhandlung nicht feststellen, dass der Augenschein - wenigstens - in dieser Weise nachgeholt worden wäre. Soweit den dienstlichen Stellungnahmen zu entnehmen ist, das Lichtbild sei „thematisiert“ oder (soweit erinnerlich durch Hochheben) vorgezeigt worden, vermag dies die - negative - Beweiskraft des Protokolls nicht zu entkräften.
11
3. Das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds (§ 338 Nr. 5 StPO) führt zur Aufhebung des Urteils, ohne dass es darauf ankommt, ob das Urteil tatsächlich auf dem Verfahrensfehler beruhen kann.
12
Ein Fall, in dem es denkgesetzlich ausgeschlossen wäre, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2006 - 4 StR 131/06), liegt nicht vor. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob derartiges hier hätte angenommen werden können, wenn das in Augenschein genommene Lichtbild vom Angeklagten selbst stammte oder von diesem sogar selbst gefertigt wurde, es also keinem Zweifel unterliegen kann, dass er die dem Augenscheinsobjekt zu entnehmenden Tatsachen mindestens so gut kennt, als wäre ihm das Foto zur Augenscheinsnahme vorgelegt worden. Denn dies kann weder aus dem Protokoll noch aus den ergänzend eingeholten dienstlichen Stellungnahmen mit der dazu erforderlichen Bestimmtheit festgestellt werden.
Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Graf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 391/03
vom
4. Mai 2004
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. Mai 2004,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Schluckebier,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und Rechtsanwalt ,
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 14. Februar 2003 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten, der die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat keinen Erfolg.

I.

1. Der Beschwerdeführer macht den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO i.V.m. §§ 230 Abs. 1, 247 Satz 2, 2. Halbsatz StPO geltend. Dazu trägt er vor: Während der gemäß § 247 Satz 2, 2. Halbsatz StPO angeordneten Entfernung des Angeklagten aus dem Sitzungssaal für die Dauer der Vernehmung der geschädigten Zeugin F. Ö. habe die Strafkammer auch Beweis durch Augenscheinseinnahme erhoben, die bezüglich Bl. 178 sowie Bl. 465 der
Akten weder zuvor in Anwesenheit des Angeklagten durchgeführt noch später wiederholt worden sei. Das Protokoll des ersten Hauptverhandlungstages weise folgende Vorgänge aus: "Die Zeugin äußerte sich weiter auf Vorhalte. Schließlich wurden die Lichtbilder Blatt 310 / 317, sowie die Skizze Blatt 178 und die Lichtbilder Blatt 351 / 369, 465 / 467 der Akten in Augenschein genommen und der Zeugin vorgezeigt, die sich hierzu äußerte (Bl. 626 d. EA)." Die Augenscheinseinnahme sei vom Ausschließungsbeschluß nicht gedeckt gewesen. Eine Ablichtung der Skizze Bl. 178 fügt der Beschwerdeführer in seinen Revisionsvortrag ein, eine solche von Bl. 465 nicht. Das Protokoll ist inhaltlich zutreffend wiedergegeben. Die Rüge hat keinen Erfolg.
a) Bezüglich Bl. 465 d.A. genügt sie nicht den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Das bloße Zitieren des Protokolls reicht dazu nicht aus. Aktenteile, auf die die Verfahrensrüge gestützt wird, müssen in der Revisionsbegründungsschrift im einzelnen bezeichnet und wörtlich oder inhaltlich wiedergegeben werden (vgl. BGH NStZ 1992, 29). Den Inhalt von Bl. 465 d.A. verschweigt die Revision. Dagegen legt sie eine Vielzahl von Lichtbildern vor, die nicht Gegenstand von Revisionsrügen sind. Das Revisionsgericht kann hier allein auf Grund der vorliegenden Revisionsbegründung nicht nachprüfen, ob Bl. 465 Gegenstand des Sachbeweises war oder nur als nicht protokollierungspflichtiger Vernehmungsbehelf in die Hauptverhandlung eingeführt wurde (vgl. BGH StV 2000, 241; BGHR StPO § 247 Abwesenheit

10).


Aus der Akte ergibt sich, daß Bl. 465 das Vorblatt der Lichtbildmappe ist, welches ein Übersendungsschreiben enthält. Es handelt sich also entgegen der Bezeichnung im Protokoll und der darauf Bezug nehmenden Revisionsbegründung nicht um ein Lichtbild. Ein beschriebenes Blatt der Ermittlungsakte ist in der Regel Gegenstand des Urkundenbeweises. Gegenstand des Augenscheins kann es sein, wenn es nicht auf seinen Inhalt, sondern auf sein Vorhandensein oder seine Beschaffenheit ankommt (BGH NStZ-RR 99, 37). Auch dazu trägt die Revision nichts vor. Das Revisionsgericht kann nicht nachprüfen, ob Verfahrensrecht verletzt ist. Der Beschwerdeführer entzieht durch einen derart lückenhaften Vortrag seiner Behauptung, die Verfahrensweise sei gesetzwidrig , den Boden, weil er sich mit den gegen seine Behauptung sprechenden Umständen nicht auseinandersetzen muß. Dies macht die Rüge unzulässig (BGHSt 40, 218, 240).
b) Bezüglich der Skizze Bl. 178 d.A. kann offenbleiben, ob die Rüge nach § 338 Nr. 5 StPO zulässig erhoben ist (BGHR StPO § 347 Abwesenheit 10); sie ist jedenfalls unbegründet. Soweit das Protokoll die Augenscheinseinnahme einer Skizze ausweist, ist es unklar. Daher ist das Protokoll hier kein Beweis im Sinne von §§ 273, 274 StPO dafür, daß tatsächlich eine entsprechende Augenscheinseinnahme als Sachbeweiserhebung stattgefunden hat. Aus der von der Revision vorgelegten Skizze (Bl. 178 d.A.), den Urteilsgründen , dem Akteninhalt und den vom Senat eingeholten, im Freibeweis verwertbaren dienstlichen Erklärungen der Richter ergibt sich vielmehr, daß die Skizze bei der Vernehmung der Zeugin Ö. lediglich als Vernehmungsbehelf gedient hat.
Dem Inhalt der vorgelegten Skizze ist im Zusammenhang mit den Urteilsgründen zu entnehmen, daß es sich um den Tatort mit eingezeichnetem Standort von Täter und Opfer im Fall 4, das Badezimmer in der Wohnung Ö. , handelt. Diese Skizze ist ersichtlich freihändig gezeichnet und enthält keine maßstäbliche Darstellung. Von wem sie herrührt, trägt der Beschwerdeführer nicht vor. Bei einer solchen Skizze handelt es sich um die Darstellung der individuellen Wahrnehmung einer Person, die diese - oder ein Dritter nach ihren Angaben - entsprechend den zeichnerischen Fähigkeiten gefertigt hat. Solche Skizzen dürfen nur zum Beweis ihrer Existenz oder Herstellung in Augenschein genommen werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl. § 86 Rdn. 12). Über den Inhalt der Skizze kann grundsätzlich nur durch Vernehmung der wahrnehmenden Person - in der Regel des Herstellers - Beweis erhoben werden. Bei einem Foto handelt es sich dagegen um die mit technischen Mitteln hergestellte objektive Wiedergabe eines Zustandes von Personen oder Sachen. Ein Foto kann deshalb auch bezüglich seines Inhalts Gegenstand des Augenscheins sein. Skizzen der vorliegenden Art werden dagegen in der Regel als Vernehmungshilfen benutzt, weil es sich um das festgehaltene Ergebnis einer Wahrnehmung handelt, was zum Inhalt der Bekundungen der Beweisperson wird (BGHSt 18, 51, 54; Meyer-Goßner aaO). Die Skizze läßt hier - ohne Erläuterung - ersichtlich keinen eigenen Beweiswert erkennen. Im Unterschied zum vorliegenden Fall handelte es sich in der Senatsentscheidung - Urteil vom 23. Oktober 2002 - 1 StR 234/02 - = NStZ 2003, 218 - um drei Lichtbildblätter, die der Beschwerdeführer in Ablichtung mit seiner Revisionsbegründungsschrift vorgelegt hatte. Auf diesen sind Fotos von Personen abgebildet, um deren Wiedererkennen es ging. Die Fotos sind daher dem Inhalt nach Augenscheinsgegenstände.
Hier ergibt sich aus der Sachakte - nicht aus dem Revisionsvorbringen -, daß die Skizze Bl. 178 im Ermittlungsverfahren vom Opfer gefertigt wurde. Also wurde sie laut Protokoll der Herstellerin - der wahrnehmenden Person - vorgezeigt , die sich hierzu äußerte. Es liegt deshalb nahe, daß sie - wie im Regelfall bei einer derartigen Skizze - zur Erläuterung und Veranschaulichung der Zeugenangaben diente. Das Protokoll verwendet zwar auch den rechtstechnischen Begriff des Augenscheins, da aber der Inhalt der Skizze im Gegensatz zum Foto nicht Gegenstand des Augenscheins sein kann, ist das Protokoll in diesem Punkt ebenso unklar wie hinsichtlich des Vorblattes der Lichtbildmappe. Weitere Unklarheiten ergeben sich - auch nach dem Revisionsvortrag - daraus, daß die erwähnten Lichtbilder jeweils mehrfach im Rahmen von Zeugenvernehmungen in Augenschein genommen wurden. Eine Augenscheinseinnahme durch das Gericht als Erhebung des Sachbeweises erfolgt aber in der Regel nur einmal. Damit entfällt die Beweiskraft des Protokolls im Sinne von §§ 273, 274 StPO im Hinblick auf eine Beweiserhebung durch Augenscheinseinnahme bezüglich der Skizze (BGH NStZ 2002, 270). Der Senat hatte deshalb im Wege des Freibeweises zu klären, auf welche Art und Weise die Skizze Bl. 178 d.A. tatsächlich in die Hauptverhandlung eingeführt wurde. Dazu hat er dienstliche Äußerungen d er am Verfahren beteiligten Berufsrichter eingeholt. Diese haben übereinstimmend erklärt, daß die Skizze im Wege des Vorhalts der polizeilichen Vernehmung als Vernehmungsbehelf benutzt wurde. Der vom Beschwerdeführer in Anspruch genommene Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO ist damit nicht gegeben. 2. Den Öffentlichkeitsgrundsatz hat die Strafkammer ebenfalls nicht verletzt (§ 169 StPO).

a) Soweit der Angeklagte den Ausschluß der Öffentlichkeit für die Dauer der Vernehmung der Zeugin F. Ö. - nach §§ 171b Abs. 1 und 2 GVG beanstandet, ist diese Entscheidung gemäß § 171b Abs. 3 GVG unanfechtbar und daher durch das Revisionsgericht nicht überprüfbar (§ 336 Satz 2 StPO).
b) Der weiter gerügte Verstoß gegen § 338 Nr. 6 StPO liegt nicht vor. Insoweit wird auf die Ausführungen zu Ziffer 1 verwiesen. Im übrigen ist eine Augenscheinseinnahme während des Ausschlusses der Öffentlichkeit für die Dauer einer Zeugenvernehmung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu beanstanden, wenn sie im Zusammenhang mit der Zeugenaussage steht oder sich aus ihr entwickelt (BGHR GVG § 171b Abs. 1 Augenschein 1; BGH NStZ 2003, 218). 3. Hinsichtlich der übrigen Verfahrensrügen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 5. September 2003 Bezug genommen.

II.

Die Überprüfung des Urteils aufgrund der allgemeinen Sachrüge hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Das Landgericht ist in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe von einer nicht ausschließbar erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten infolge Alkoholgenusses ausgegangen (UA S. 17). Dies beschwert ihn
nicht, wenngleich der Zweifelssatz nicht nachvollziehbar angewendet und die Erheblichkeit im Sinne des § 21 StGB nicht als Rechtsbegriff behandelt wurde (vgl. BGH NJW 2002, 2188, 2189; BGH StV 1999, 309; BGHSt 43, 66, 77). Wahl Schluckebier Kolz Elf Graf

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.