Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2012 - 2 StR 257/12

bei uns veröffentlicht am20.11.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 257/12
vom
20. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 20. November 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 29. Februar 2012 im Schuldspruch dahin geändert , dass der Angeklagte unter Freisprechung im Übrigen des sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen , sowie des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei weiteren Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung , schuldig ist. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in acht Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung sowie in weiterer Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren, fünf Monaten und zwei Wochen verurteilt. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Gegen die Verurteilung richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel führt nur zu einer Änderung des Schuldspruchs in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
In den Fällen II.1 bis II.5 der Urteilsgründe ist hinsichtlich des Vergehens des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) die Verjährung der Strafverfolgung eingetreten. Darauf hat der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen. Diese nicht mehr genau datierbaren Taten sind im Zweifel zugunsten des Angeklagten innerhalb des vom Landgericht jeweils zu Grunde gelegten Tatzeitraums am 1. August 1996 (Fall 1), 1. Juni 1997 (Fall 2), 1. August 1997 (Fälle 3 und 4) und 1. August 1998 (Fall 5) begangen worden. Die Verjährungsfrist beträgt insoweit fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB); sie war deshalb mit Ablauf des Vortags zum jeweils datumsgleichen Tag der Jahre 2001 bis 2003 beendet. Da der Ablauf der Verjährungsfrist bereits vor Inkrafttreten der Regelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB am 1. April 2004 eingetreten war, kommt ein Ruhen der Verjährung nach dieser Vorschrift nicht in Frage (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2002 - 5 StR 476/01, BGHSt 47, 245, 247; Beschluss vom 24. Januar 2012 - 1 StR 614/11). Das Verfahrenshindernis führt zum Wegfall des Schuldspruchs wegen des tateinheitlich erfüllten Tatbestands des § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
3
Dies zwingt nicht zur Aufhebung des Ausspruchs über die Einzelstrafen in den Fällen II.1 bis II.5 der Urteilsgründe und der Gesamtstrafe. Das Landgericht hat die tateinheitliche Verwirklichung des Tatbestands von § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB bei der Strafbemessung nicht als bestimmenden Strafschärfungsgrund hervorgehoben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könnten Delikte, für welche die Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist, im Übrigen auch zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Oktober 2007 - 2 StR 441/07, NStZ 2008, 146). Schließlich käme dem Umstand, dass der Angeklagte eine Vertrauensstellung missbraucht hat, unabhängig von der Anwendbarkeit des § 174 StGB straferschwerende Wirkung zu, da dieser Gesichtspunkt die Tatschuld erhöht (BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 - 4 StR 600/11).
Becker Appl Berger Eschelbach Ott

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 78 Verjährungsfrist


(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht. (3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjäh

Strafgesetzbuch - StGB | § 174 Sexueller Mißbrauch von Schutzbefohlenen


(1) Wer sexuelle Handlungen 1. an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,2. an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsver

Strafgesetzbuch - StGB | § 78b Ruhen


(1) Die Verjährung ruht 1. bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,2. solange nach dem Gesetz d

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,
2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder
3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2

1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder
2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

(1) Die Verjährung ruht

1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237,
2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.

(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem

1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder
2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).

(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat

1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden,
2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat,
3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder
4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
Lässt sich das Datum des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat nicht ermitteln, gilt das Ersuchen nach Ablauf von einem Monat seit der Absendung oder Übergabe an den ausländischen Staat als zugegangen, sofern nicht die ersuchende Behörde Kenntnis davon erlangt, dass das Ersuchen dem ausländischen Staat tatsächlich nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Satz 1 gilt nicht für ein Auslieferungsersuchen, für das im ersuchten Staat auf Grund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) oder auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung eine § 83c des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vergleichbare Fristenregelung besteht.

(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
StGB §§ 2, 78b Abs. 1 Nr. 1; EStGB Art. 315; StGB-DDR § 148 Abs. 1
Die Vorschrift des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB findet
auch auf Straftaten im Sinne der §§ 176 bis 179 StGB
Anwendung, die in der ehemaligen DDR begangen wurden.
BGH, Beschl. vom 6. Februar 2002 - 5 StR 476/01
LG Berlin –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 6. Februar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Februar 2002

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. März 2001 im Schuldspruch zu Fall II 1 der Urteilsgründe nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben; insoweit wird das Verfahren eingestellt; die hierdurch entstandenen Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in fünf Fällen, Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes und wegen Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat einen Teilerfolg. Sie führt in einem Fall zur Verfahrenseinstellung wegen eines Verfahrenshindernisses. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte von September 1983 bis März 1991 in Berlin-Ost seine im Mai 1977 geborene Stieftochter mehrmals sexuell mißbraucht. Zwischen September 1983 und Mai 1984 kam es zur ersten Tat, als die Geschädigte am Glied des Angeklagten bis zum Samenerguû manipulieren muûte. Zwischen Mai 1989 und dem 3. Oktober 1990 kam es zu drei weiteren Taten, bei denen der Angeklagte das Kind an der Scheide streichelte, das Kind veranlaûte, an seinem Glied bis zum Samenerguû zu manipulieren und den Oralverkehr bis zum Samenerguû auszuführen.
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen sexuellen Miûbrauchs eines Kindes nach § 148 Abs. 1 StGB-DDR im ersten Fall (II 1 der Urteilsgründe ) kann keinen Bestand haben, weil insoweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Zwar war die achtjährige Verjährungsfrist des § 82 Abs. 1 Nr. 3 StGBDDR am 3. Oktober 1990, dem Wirksamwerden des Beitritts, noch nicht abgelaufen. Jedoch ist vor Inkrafttreten des 2. Verjährungsgesetzes vom 27. September 1993 (BGBl. I 1657) am 30. September 1993 absolute Verjährung (§ 78c Abs. 3 Satz 2 StGB) eingetreten. Die Beurteilung der Verfolgungsverjährung von DDR-Alttaten richtet sich nach Art. 315a EGStGB i.d.F. des Einigungsvertrages (BGHSt 40, 48, 56). Soweit die Strafverfolgungsverjährung nach dem Recht der DDR bis zum Wirksamwerden des Beitritts – also bis zum 3. Oktober 1990 – nicht eingetreten war, bleibt es danach dabei (Art. 315a Abs. 1 Satz 1 EGStGB). An diesem Tag wurde gemäû Art. 315a Abs. 1 Satz 3 erster Halbsatz EGStGB der Lauf der Verjährung kraft Gesetzes unterbrochen; ab diesem Zeitpunkt gelten die §§ 78 ff. StGB (vgl. BGH NStZ 1998, 36; BGH NJ 2001, 493; BGH, Beschl. vom 18. März 1998 – 5 StR 65/98). Auf der Grundlage des nun maûgeblichen § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB i.V.m. § 148 Abs. 1 StGB-DDR beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre. Danach bestimmt sich der Zeitpunkt des Eintritts der absoluten Verjährung (Art. 315a Abs. 1 Satz 3 letzter Halbsatz EGStGB i.V.m. § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB), der gemäû § 78a StGB von der Beendigung der Tat an zu berechnen ist (Jähnke in LK 11. Aufl. § 78c Rdn. 43 m.w.N.). Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zu Recht hervorhebt, hat der Angeklagte die festgestellte Tat an einem Tag in der Zeit zwischen September 1983 und Mai 1984 begangen, so daû nach dem Grundsatz “in dubio pro reo” als Tatende der 1. September 1983 anzunehmen ist. Die Neufassung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB durch das am 30. Juni 1994 in Kraft getretene 30. Strafrechtsänderungsgesetz vom 23. Juni 1994 ± 30. StrÄndG ± (BGBl. I 1310) vermochte den Eintritt der Verjährung nicht zu hindern, weil insoweit bereits zuvor absolute Verjährung eingetreten war (vgl. BGHR EGStGB Art. 315a Verjährungsfrist 2; Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 78b Rdn. 3). Die Voraussetzungen der Qualifikation des § 148 Abs. 2 StGB-DDR sind im angefochtenen Urteil nicht hinreichend festgestellt; der Senat schlieût auch aus, daû dies in einer neuen Verhandlung nachzuholen wäre. 2. Die übrigen Fälle (II 2 bis 4) des sexuellen Miûbrauchs eines Kindes nach § 148 Abs. 1 StGB-DDR mit Tatzeiten zwischen Mai 1989 und Oktober 1990 sind hingegen nicht verjährt. Die Taten sind erst im Jahre 2001 abgeurteilt worden. Deshalb folgt dieses Ergebnis nicht bereits aus Art. 315a Abs. 2 EGStGB in der Fassung des 3. Verjährungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I 3223), wonach die Verfolgung von Taten, die in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet begangen worden sind und die ± wie der sexuelle Miûbrauch eines Kindes nach § 148 Abs. 1 StGB-DDR ± im Höchstmaû mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, frühestens mit Ablauf des 2. Oktober 2000 verjährt. Jedoch hat das 30. StrÄndG in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB angeordnet, daû die Verjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 176 bis 179 StGB ruht. Nach Art. 2 des 30. StrÄndG gilt “die Änderung des § 78b Abs. 1 StGB auch für vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangene Taten, es sei denn, daû deren Verfolgung zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt war”. Damit schiebt § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB den Beginn der Verjährungsfrist bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers auch für die Taten hinaus, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 30. Juni 1994 begangen worden sind, sofern sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht verjährt waren (vgl. BGHR StGB § 78b Abs. 1 Ruhen 3 und 7; BGH, Beschl. vom 4. Februar 1997 ± 5 StR 606/96, insoweit nicht abgedruckt in NStZ 1997, 296). Auf dieser Grundlage war keine Strafverfolgungsverjährung eingetreten. Die Verjährung ruhte bis zum 18. Lebensjahr der Geschädigten , also bis zum 25. Mai 1995. Erst ab diesem Zeitpunkt begann, wie sich aus § 78c Abs. 3 Satz 3 StGB ergibt (vgl. dazu Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 78c Rdn. 2a), die Verjährungsfrist zu laufen. Die Verjährung wurde durch die erste Vernehmung des Angeklagten als Beschuldigter am 4. Dezember 1998 nach § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB unterbrochen. Es rechtfertigt kein anderes Ergebnis, daû sich hier aufgrund Art. 315 Abs. 1 EGStGB, § 2 StGB die Strafbarkeit nach dem StGB-DDR richtet (so auch OLG Naumburg NStZ 1998, 411, 412). Die Vorschrift des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB findet auch auf Straftaten im Sinne der §§ 176 bis 179 StGB Anwendung , die in der ehemaligen DDR begangen wurden. Dies ergibt die Auslegung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB. Mit der Bezeichnung ªbei Straftaten nach den §§ 176 bis 179º in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB werden nämlich nicht etwa nur diejenigen Fälle gesetzlich erfaût, in denen die genannten Vorschriften unmittelbar zur Anwendung kommen. Vielmehr ist damit der Kreis derjenigen Taten umschrieben, die die Tatbestandsmerkmale dieser Normen erfüllen. Deshalb sind auch solche Taten einbezogen, deren Beurteilung sich im konkreten Fall zwar nach dem StGB-DDR richtet, die aber den Voraussetzungen der §§ 176 bis 179 StGB entsprechen.
Da das 30. StrÄndG keine besondere Vorschrift hinsichtlich seiner Anwendung auf in der ehemaligen DDR begangenen Straftaten enthält, ist die allgemeine Regelung des Art. 315 Abs. 1 EGStGB in Verbindung mit den Grundsätzen des § 2 StGB anzuwenden (vgl. BGHSt 39, 54, 66). Hiernach müssen die einander entsprechenden Normen der beiden Strafrechtsordnungen insgesamt oder in dem zur Anwendung kommenden Teilbereich dasselbe Rechtsgut schützen; sie müssen art- und wertgleiches Unrecht beschreiben (BGHSt aaO S. 68). Dies ist bei den hier in Frage stehenden §§ 176 StGB und 146 Abs. 1 StGB-DDR der Fall, so daû § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB mit der Bezugnahme auf § 176 StGB auch die dieser Norm entsprechende Vorschrift des § 148 Abs. 1 StGB-DDR erfaût. Nichts spricht dafür, daû der Gesetzgeber bei der Änderung des § 78b StGB die Verfolgbarkeit vor dem Beitritt begangener Sexualstraftaten im räumlichen Geltungsbereich der ehemaligen DDR abweichend ausgestalten und den Anwendungsbereich des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB insoweit einschränken wollte. Vielmehr wird im Bericht des Rechtsausschusses (BT-Drs. 12/6980, S. 5) die Begründung eines Antrags, der zunächst die Zustimmung der Mehrheit gefunden hatte, unter anderem wie folgt wiedergegeben: ªDie Regelung müsse auch im Zusammenhang mit der Verjährung der Straftaten in der ehemaligen DDR gesehen werden. Hier dürfe es zu keinem Wertungswiderspruch kommen. Eine Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfristen sei in diesem Bereich beschlossen worden, weil eine Verfolgung von Straftaten aus tatsächlichen Gründen zeitweise nicht habe stattfinden können.º Damit wird aus den Materialien der Wille des Gesetzgebers hinreichend deutlich, daû die entsprechenden Tatbestände nach dem StGB-DDR im Hinblick auf § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht abweichend zu behandeln sind. Das Problem einer analogen Anwendung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB, wie sie von Puls befürwortet (DtZ 1995, 392) und vom LG Frankfurt/Oder (NJW 2001, 3064) abgelehnt wird, stellt sich danach nicht.
3. Einer Aufhebung der wegen der ersten vier Fälle verhängten Hauptstrafe und mithin der Gesamtfreiheitsstrafe bedarf es nicht. Der Senat schlieût aus, daû der Tatrichter bei zutreffender rechtlicher Würdigung der Verjährung im Fall 1 eine geringere Hauptstrafe verhängt hätte.
Harms Häger Raum Brause Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 614/11
vom
24. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Januar 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe - Auswärtige Große Strafkammer Pforzheim - vom 24. August 2011
a) aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger in 30 Fällen verurteilt worden ist; insoweit wird das Verfahren eingestellt;
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 356 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 342 Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 558 Fällen schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Soweit das Verfahren eingestellt wurde, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten. 4. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
I. Im Fall III. 4. a) der Urteilsgründe ist die Verfolgung der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger verjährt; insoweit wird das Verfahren gemäß § 206a StPO eingestellt. Soweit der Angeklagte unter III. 1. der Urteilsgründe wegen 14 - tateinheitlich verwirklichter - Fälle des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen verurteilt wurde, hat der Senat den Schuldspruch geändert. Der Generalbundesanwalt hat dazu zutreffend t ausgeführt: „ 1. In vierzehn der unter III. 1. der Urteilsgründe festgestellten Fälle unterliegt der Schuldspruch der Änderung dahin, dass der Angeklagte jeweils allein des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes schuldig ist. Die Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichten sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB) muss insoweit wegen Strafverfolgungsverjährung entfallen.
Die Verjährungsfrist für § 174 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Nach den Feststellungen beging der Angeklagte die unter III. 1. festgestellten Taten zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten von September 1998 bis September 2002 regelmäßig zweimal im Monat, außer während seiner Urlaube in Algerien, mindestens jedoch zwanzig Mal jährlich. Nach diesen im Strengbeweisverfahren getroffenen Feststellungen muss von vierzehn Verstößen gegen § 174 StGB - je zwei in den sieben Monaten von September 1998 bis März 1999 - ausgegangen werden (vgl. BGH, Beschl. vom 16.08.1996 - 1 StR 745/95; BGH, Beschl. vom 11.06.2002 - 1 StR 178/02), die am 01.04.2004, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des
Sexualdelikts-ÄndG vom 27.12.2003, bereits verjährt waren. Zwar ruht nach § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27.12.2003 (BGBl. I 3007) geänderten Fassung die Verjährung auch bei Straftaten nach § 174 StGB bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers. Diese Regelung gilt zudem auch rückwirkend für vor Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01.04.2004 begangene Taten; ihre Anwendung ist indes ausgeschlossen, wenn - wie hier - zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten war (vgl. BGH, Beschl. vom 08.02.2006 - 1 StR 7/06; aber auch BGHR StGB § 78b Abs. 1 Ruhen 7).
2. Auch die Verurteilung wegen Förderung sexueller Handlungen in 30 Fällen (III. 4. a) kann keinen Bestand haben, weil insoweit die Strafverfolgung verjährt ist. Die Verjährungsfrist beträgt auch hier fünf Jahre (§78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die Taten wurden zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt von Mitte bis Ende 2005 begangen. Im Zweifel ist zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass die Tatzeiten vor Dezember 2005 lagen (vgl. BGH, Beschl. vom 11.06.2002 - 1 StR 178/02), sodass die Verjährungsfrist spätestens am 30.11.2010 endete. Der Lauf der Verjährungsfrist kann bis dahin aber nicht unterbrochen worden sein, weil das vorliegende Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten erst Anfang Dezember 2010 auf die Strafanzeige der Geschädigten eingeleitet wurde (I 29f).
2
Das Verfahren ist insoweit gemäß § 206 a StPO einzustellen.“
3
II. Die Korrektur des Schuldspruchs nötigt nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Sowohl die Einzelstrafen wie auch die Gesamtstrafe können bestehen bleiben (§ 354 Abs. 1 StPO).
4
Angesichts der über 900 festgestellten Straftaten, welche entscheidend durch den über viele Jahre andauernden schweren sexuellen Missbrauch geprägt sind, fallen im Verhältnis hierzu die 30 Fälle der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger sowie die tateinheitlich begangenen 14 Fälle eines sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen, die infolge Verjährung einzustellen waren, nicht allzu schwer ins Gewicht. Der Senat kann daher und auch wegen des ohnehin straffen Strafzusammenzugs ausschließen, dass das Landgericht ohne die tateinheitlich begangenen, verjährten Straftaten sowie die Taten der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger auf niedrigere Einzelstrafen (soweit es den tateinheitlich begangenen sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen betrifft) und auch auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte (vgl. Senat, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 14/09; Beschluss vom 6. Mai 2008 - 1 StR 176/08). Außerdem können tateinheitlich ver- wirklichte Gesetzesverletzungen auch dann strafschärfend berücksichtigt werden , wenn sie verjährt sind (Senat, Beschluss vom 24. Februar 2010 - 1 StR 14/10). Nack Wahl Elf Graf Jäger

(1) Wer sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,
2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder
3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2

1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder
2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 441/07
vom
5. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Oktober 2007 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 15. Mai 2007 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen verurteilt ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen, in allen zehn Fällen tateinheitlich mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt nur zu einer teilweisen Schuldspruchänderung ; im Übrigen ist sie unbegründet.
2
2. Die tateinheitliche Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener im Fall 1 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Dazu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:
3
"Im Fall 1 der Urteilsgründe muss die Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichtem sexuellen Missbrauch eines Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 1 a.F. StGB) entfallen, weil insoweit Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Die Verjährungsfrist für § 174 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die erste zur Unterbrechung der Verjährung geeignete Handlung war die Vernehmung des Angeklagten am 20. Januar 2007, so dass der Verstoß gegen § 174 Abs. 1 StGB im Fall 1 (Tatzeit: Jahr 1999) verjährt ist. Dass dieser Vorwurf mit dem nicht verjährten sexuellen Missbrauch eines Kindes in Tateinheit steht, ist ohne Bedeutung; denn die Verjährung bestimmt sich bei tateinheitlichem Zusammentreffen für jede Gesetzesverletzung gesondert (vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Auflage § 78a Rdn. 5 mit weiteren Nachweisen). Durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3007), durch den bestimmt ist, dass nach § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB nunmehr auch bei Straftaten nach § 174 StGB die Verjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruht, hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert, weil davon auszugehen ist, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. April 2004) bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten war (BGH Beschluss vom 23. Juli 2004 - 2 StR 158/04; BGH Beschluss vom 24. Juni 2004 - 4 StR 165/04; Tröndle/Fischer StGB 54. Auflage § 78b Rdn. 3 mit weiteren Nachweisen). Im Fall 1 der Urteilsgründe ist die Tatzeit zwar nur mit 1999 bestimmt. Da nach den Urteilsgründen aber auszuschließen ist, dass weitere Feststellungen zur Ein- grenzung der Tatzeit getroffen werden können, ist zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass diese Tat in verjährter Zeit begangen wurde (BGHSt 33, 271, 277)."
4
Dem schließt sich der Senat an.
5
3. Trotz der Änderung des Schuldspruchs hat die im Fall 1 der Urteilsgründe festgesetzte Einzelstrafe und damit die Gesamtfreiheitsstrafe Bestand. Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung der Verfolgungsverjährung eine geringere Einzelstrafe verhängt hätte. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass der Tatrichter im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten neben dem den Strafrahmen begründenden sexuellen Missbrauch von Kindern auch die tateinheitliche Verwirklichung des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen berücksichtigt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es nämlich zulässig , auch verjährte Taten strafschärfend zu berücksichtigen (BGHSt StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 20). Ebenso darf eine Tatbegehungsmodalität des § 174 StGB, auch wenn insoweit Verjährung eingetreten ist, bei einer Verurteilung nach § 176 StGB strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 46 Rdn. 38 b m.w.N.). Bode Rothfuß Fischer Roggenbuck Appl

(1) Wer sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist,
2.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Missbrauch einer mit dem Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit oder
3.
an einer Person unter achtzehn Jahren, die sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling ist oder der seines Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt,
vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird eine Person bestraft, der in einer dazu bestimmten Einrichtung die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung von Personen unter achtzehn Jahren anvertraut ist, und die sexuelle Handlungen

1.
an einer Person unter sechzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt oder
2.
unter Ausnutzung ihrer Stellung an einer Person unter achtzehn Jahren, die zu dieser Einrichtung in einem Rechtsverhältnis steht, das ihrer Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung dient, vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
Ebenso wird bestraft, wer unter den Voraussetzungen des Satzes 1 den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, dass er sexuelle Handlungen an oder vor einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt.

(3) Wer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2

1.
sexuelle Handlungen vor dem Schutzbefohlenen vornimmt, um sich oder den Schutzbefohlenen hierdurch sexuell zu erregen, oder
2.
den Schutzbefohlenen dazu bestimmt, daß er sexuelle Handlungen vor ihm vornimmt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder mit Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 600/11
vom
22. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. Dezember 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 29. Juni 2011
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen , des sexuellen Missbrauchs eines Kindes und des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in sechs Fällen schuldig ist,
b) im Ausspruch über den Adhäsionsantrag dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte verurteilt wird, an die Nebenklägerin W. , , . R. , vertreten durch Rechtsanwältin V. aus K. , 15.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Juni 2011 zu zahlen; im Übrigen wird von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die der Neben- und Adhäsionsklägerin entstandenen notwendigen Auslagen und die im Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes und sexuellen Missbrauchs eines Kindes, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen, sowie wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in sechs weiteren Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hat ihn ferner verurteilt, an die Nebenklägerin einen Betrag in Höhe von 15.899,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2011 zu zahlen. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 22. November 2011 zutreffend ausgeführt hat, ist im Fall II. 1 der Urteilsgründe die Strafverfolgung wegen des tateinheitlich hinzutretenden Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. verjährt (§ 78 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 4 StGB). Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert.
3
Die Änderung des Schuldspruchs gefährdet hier den Strafausspruch nicht, obwohl das Landgericht in der Strafzumessung zum Fall II. 1 der Urteilsgründe zu Lasten des Angeklagten auf die Verwirklichung zweier Straftatbestände hingewiesen hat; denn auch verjährte Taten dürfen bei der Strafzumessung mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt werden. Im Übrigen kommt dem Umstand, dass der Angeklagte eine Vertrauensstellung missbraucht hat, unabhängig von der Anwendbarkeit des § 174 StGB straferschwerende Wirkung zu, da dieser Gesichtspunkt die Tatschuld erhöht (vgl. BGH, Be- schlüsse vom 14. April 1999 – 3 StR 101/99, bei Pfister NStZ-RR 1999, 322, und vom 8. Februar 2006 - 1 StR 7/06).
4
2. Die Entscheidung über den Adhäsionsantrag der Nebenklägerin begegnet in zwei Punkten durchgreifenden rechtlichen Bedenken: Der Hauptausspruch ist insoweit aufzuheben, als das Landgericht der Verletzten Schadensersatz für die "mit der Beauftragung der Nebenklagevertreterin entstehenden außergerichtlichen Kosten aufgrund der entstandenen Geschäftsgebühr in Höhe von 899,40 EUR gemäß §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB" zugesprochen hat. Diese knappen Ausführungen erlauben dem Senat nicht die Nachprüfung, ob der insoweit zuerkannte Anspruch auf materiellen Schadensersatz dem Grunde und der Höhe nach rechtsfehlerfrei bestimmt worden ist.
5
Da das Landgericht der Nebenklägerin Prozesszinsen gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zuerkannt hat, beginnt der Zinslauf hier erst mit der Antragstellung in der Hauptverhandlung, d.h. am 21. Juni 2011; einen prozessualen Sachverhalt, der zu einem früheren Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 404 Abs. 2 StPO erfüllt hätte, hat das Landgericht nicht belegt; solches ist auch bei der Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen nicht zutage getreten.
6
Der Senat hat den Ausspruch über den Adhäsionsantrag entsprechend geändert und im Übrigen gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO von einer Entscheidung abgesehen. Mutzbauer Roggenbuck Cierniak Bender Quentin