Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2014 - 2 StR 157/14
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat im Strafausspruch Erfolg. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- Die Strafkammer hat in ihrer Gesamtabwägung zur Ablehnung eines minder schweren Falls Umstände angeführt, an deren Berücksichtigung sie von Rechts wegen gehindert war.
- 3
- Sie durfte zu Lasten des Angeklagten schon nicht in Rechnung stellen, dass "keine Spontantat" vorlag, noch anführen, dass der Angeklagte „grundsätzlich bereit war, an der Tat mitzuwirken“, dass er „die Möglichkeit“ hatte, „die Mitwirkung an der Tat abzulehnen und sich … zu entfernen“ und dass er sich nicht passiv verhielt, sondern „aktiv an der Tatbegehung“ mitwirkte.
- 4
- Nachvollziehbare, verständliche Motive für eine Tatbegehung können ebenso wie die Tatverstrickung durch Dritte strafmildernd zu Buche schlagen; ihr Fehlen berechtigt allerdings nicht, dies zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 23. März 2011 – 2 StR 35/11). Die Erwägungen verstoßen im Übrigen gegen das Verbot der Doppelverwertung von Strafzumessungserwägungen (entsprechend § 46 Abs. 3 StGB), da sie in ihrem sachlichen Gehalt nicht über die Hervorhebung des Umstandes hinausgehen, dass der Angeklagte an der Tat mitgewirkt hat.
- 5
- Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die Berücksichtigung der aufgeführten Umstände bei der Prüfung des minder schweren Falls zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre und innerhalb des Strafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB eine geringere Strafe festgesetzt hätte. Dafür spricht, dass das Gericht aufgrund der zahlreichen zu Gunsten des Angeklagten aufgeführten Umstände innerhalb des von ihm angewendeten Strafrahmens des § 250 Abs. 1 Nr. 1b) StGB die gesetzlich niedrigste Strafe verhängt hat. Der Strafausspruch unterliegt daher der Aufhebung. Die Feststellungen können aufrecht erhalten bleiben, da ein bloßer Wertungsfehler vorliegt. Appl Schmitt Krehl Ott Zeng
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 22. Februar 2010 wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 10. Juni 2010 den Schuldspruch im Fall 1 dahingehend geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln schuldig ist, und außerdem den Strafausspruch im Fall 1 und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben und insoweit an das Landgericht zurückverwiesen. Nunmehr hat die Kammer den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
- 2
- Das Landgericht hat hinsichtlich des Strafausspruchs im Fall 1 das Vorliegen eines minderschweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG geprüft und verneint. Es hat dabei wie auch im Rahmen der konkreten Strafzumessung, bei der auf die Ausführungen zur Ablehnung des minderschweren Falles ausdrücklich Bezug genommen ist, zu Lasten des Angeklagten eingestellt, dass er weder aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit noch aus finanzieller Not oder sonst einer schwierigen Lebenslage gehandelt habe und er das Ansinnen seines Freundes hinsichtlich der Mithilfe bei dessen Drogengeschäften ohne große Mühe hätte ablehnen können.
- 3
- Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Strafkammer durfte weder das Fehlen einer besonderen Notlage noch den Umstand, dass er die Mithilfe bei den Drogengeschäften ohne große Mühe hätte ablehnen können, zu Lasten des Angeklagten berücksichtigen. Nachvollziehbare, verständliche Motive für eine Tatbegehung wie ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse oder eine Suchterkrankung können strafmildernd zu Buche schlagen; ihr Fehlen berechtigt allerdings nicht, dies strafschärfend zu berücksichtigen.
- 4
- Dass der Angeklagte die Tatbeteiligung mit guten Gründen hätte zurückweisen können, stellt - worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist - letztlich die Verwertung des Umstands dar, dass die Tat überhaupt begangen wurde. Dies ist aber ein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot nach § 46 Abs. 3 StGB (vgl. Fischer, StGB 58. Aufl. § 46 Rn. 76).
- 5
- Diese Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Strafausspruchs, da es sich nicht ausschließen lässt, dass das Landgericht ohne Berücksichtigung dieser Umstände zu einer geringeren Einzelstrafe und auch zu einer niedrigeren Gesamtfreiheitsstrafe gelangt wäre.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.