Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2014 - 2 StR 110/14

bei uns veröffentlicht am26.06.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 1 1 0 / 1 4
vom
26. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schweren räuberischen Diebstahls u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 430
StPO am 26. Juni 2014 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 18. Oktober 2013
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass im Fall II.1 der Urteilsgründe die tateinheitliche Verurteilung wegen Bedrohung entfällt,
b) im Rechtsfolgenausspruch dahin geändert, dass von der Einziehung der Parfümflasche abgesehen und die Verfolgung der Tat auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt wird,
c) im Ausspruch über die Adhäsionsentscheidung aufgehoben; sie entfällt. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung sowie wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung früherer Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Kompensationsentscheidung getroffen. Außerdem hat es Gegenstände eingezogen und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
2
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand. Die Verurteilung wegen einer tateinheitlich begangenen Bedrohung im Fall II.1 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Es kann dahinstehen , ob in dem Ausruf des Angeklagten "Du bist ein toter Mann" im Kontext des Gesamtgeschehens eine ernstzunehmende Bedrohung im Sinne von § 241 StGB gesehen werden kann; denn jedenfalls käme ihr kein eigenständiger Unrechtsgehalt zu. Sie steht nämlich in unmittelbarem Zusammenhang mit den Gewalthandlungen des Angeklagten, deren Unterstützung sie ersichtlich dienen sollte, und ist insoweit vom Unrechtsgehalt des § 252 StGB erfasst.
3
2. Der Strafausspruch weist hingegen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
4
Soweit im Fall II.1 der Urteilsgründe die tateinheitliche Verurteilung wegen Bedrohung keinen Bestand hatte, hat dies hinsichtlich der für diesen Fall verhängten Einzelfreiheitsstrafe keine Auswirkung. Das Landgericht hat zwar ausdrücklich berücksichtigt, dass der Angeklagte tateinheitlich mehrere Delikte verwirklicht habe (UA S. 19). Der Senat kann jedoch mit Blick auf den verbleibenden Schuldspruch wegen schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung ausschließen, dass das Landgericht ohne Berücksichtigung einer gleichzeitigen Verwirklichung von § 241 StGB zu einer geringeren Freiheitsstrafe gelangt wäre.
5
Im Hinblick auf den Strafausspruch im Fall II.2 der Urteilsgründe hat das Landgericht zwar unter Berücksichtigung zweier vertypter Strafmilderungsgründe einen minder schweren Fall nach § 224 Abs. 1 StGB angenommen, ohne zu prüfen, ob nicht eine doppelte Milderung des Normalstrafrahmens gemäß § 21 StGB und § 23 Abs. 2 StGB für den Angeklagten günstiger wäre. Auch hier schließt der Senat aber aus, dass die Strafkammer insoweit eine geringere Freiheitsstrafe verhängt hätte.
6
3. Die Einziehungsentscheidung des Landgerichts hinsichtlich der Parfümflasche begegnet rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen hierfür liegen mit Blick auf § 74 Abs. 2 StGB nicht vor. Das Parfüm, dessen deliktische Herkunft die Strafkammer nicht festgestellt hat, gehörte nach der Übereignung an den Zeugen A. nicht (mehr) dem Angeklagten und stellt auch keinen Gegenstand dar, der nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB eingezogen werden könnte. Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts nimmt der Senat diesen Gegenstand von der Verfolgung aus (§ 430 StPO) und ändert den Rechtsfolgenausspruch entsprechend ab.
7
4. Auch die Entscheidung im Adhäsionsverfahren hat keinen Bestand. Durch den in der Hauptverhandlung protokollierten, unwiderruflich geschlossenen Vergleich (§ 405 Abs. 1 Satz 1 StPO) ist der Adhäsionsantrag gegenstandslos geworden. Zugleich wurde die nach § 404 Abs. 2 Satz 2 StPO mit dem Eingang des Antrages eingetretene Rechtshängigkeit des geltend gemachten Adhäsionsanspruchs beendet. Für eine weitere Entscheidung des Landgerichts war infolgedessen trotz "Widerrufs" des Vergleichs kein Raum (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2013 - 4 StR 522/12; Beschluss vom 21. Januar 2014 - 2 StR 434/13). Appl Schmitt Krehl Ott Zeng

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Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

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Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 405 Vergleich


(1) Auf Antrag der nach § 403 zur Geltendmachung eines Anspruchs Berechtigten und des Angeklagten nimmt das Gericht einen Vergleich über die aus der Straftat erwachsenen Ansprüche in das Protokoll auf. Es soll auf übereinstimmenden Antrag der in Satz

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(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.

(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.

(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.

Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.

(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.

(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

(1) Bleibt der Einziehungsbeteiligte in der Hauptverhandlung trotz ordnungsgemäßer Terminsnachricht aus, kann ohne ihn verhandelt werden; § 235 ist nicht anzuwenden. Gleiches gilt, wenn sich der Einziehungsbeteiligte aus der Hauptverhandlung entfernt oder bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung ausbleibt.

(2) Auf Beweisanträge des Einziehungsbeteiligten zur Frage der Schuld des Angeklagten ist § 244 Absatz 3 Satz 2, Absatz 4 bis 6 nicht anzuwenden.

(3) Ordnet das Gericht die Einziehung eines Gegenstandes nach § 74b Absatz 1 des Strafgesetzbuches an, ohne dass eine Entschädigung nach § 74b Absatz 2 des Strafgesetzbuches zu gewähren ist, spricht es zugleich aus, dass dem Einziehungsbeteiligten eine Entschädigung nicht zusteht. Dies gilt nicht, wenn das Gericht eine Entschädigung des Einziehungsbeteiligten nach § 74b Absatz 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches für geboten hält; in diesem Fall entscheidet es zugleich über die Höhe der Entschädigung. Das Gericht weist den Einziehungsbeteiligten zuvor auf die Möglichkeit einer solchen Entscheidung hin und gibt ihm Gelegenheit, sich zu äußern.

(4) War der Einziehungsbeteiligte bei der Verkündung des Urteils nicht zugegen und auch nicht vertreten, so beginnt die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels mit der Zustellung der Urteilsformel an ihn. Bei der Zustellung des Urteils kann das Gericht anordnen, dass Teile des Urteils, welche die Einziehung nicht betreffen, ausgeschieden werden.

(1) Auf Antrag der nach § 403 zur Geltendmachung eines Anspruchs Berechtigten und des Angeklagten nimmt das Gericht einen Vergleich über die aus der Straftat erwachsenen Ansprüche in das Protokoll auf. Es soll auf übereinstimmenden Antrag der in Satz 1 Genannten einen Vergleichsvorschlag unterbreiten.

(2) Für die Entscheidung über Einwendungen gegen die Rechtswirksamkeit des Vergleichs ist das Gericht der bürgerlichen Rechtspflege zuständig, in dessen Bezirk das Strafgericht des ersten Rechtszuges seinen Sitz hat.

(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 434/13
vom
21. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. Januar 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. April 2013 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Nebenklägerin N. M. wird für die Revisionsinstanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt aus beigeordnet. Der weitergehende Antrag der Nebenklägerin, ihr für das Adhäsionsverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat zum Strafausspruch Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
3
2. a) Der Strafausspruch kann hingegen nicht bestehen bleiben.
4
Das Landgericht hat die verhängte Strafe von zwei Jahren und neun Monaten aus dem gemäß §§ 21, 46a, 49 Abs. 1 StGB doppelt gemilderten Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB (ein Monat bis fünf Jahre sieben Monate Freiheitsstrafe ) entnommen, ohne – vorrangig (vgl. Senat, Beschluss vom 19. November 2013 – 2 StR 494/13 mwN) – zu prüfen, ob das Hinzutreten bereits eines der "vertypten" Milderungsgründe zu den allgemeinen Milderungsgründen für die Annahme eines minder schweren Falles ausgereicht hätte. Bei einer weiteren Milderung des Strafrahmens des § 224 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB gemäß § 49 Abs. 1 StGB hätte der Strafrahmen einen Monat bis drei Jahre neun Monate Freiheitsstrafe betragen. Der Senat kann mit Blick auf die im unteren Bereich des vom Landgericht gewählten Strafrahmens liegende Strafe nicht ausschließen , dass die Freiheitsstrafe bei einer deutlich niedrigeren Strafrahmenobergrenze geringer ausgefallen wäre.
5
b) Der neue Tatrichter wird zu bedenken haben, dass die bislang strafschärfend berücksichtigte „Tatausführung“ Ausdruck der erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit sein kann; dem Angeklagten dürfen aber solche Umstände nicht strafschärfend angelastet werden, die unverschuldete Folgen dieses Zustands darstellen. Allerdings ist auch der im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert schuldfähige Täter für die von ihm begangene Tat in ihrer konkreten Ausgestaltung verantwortlich, so dass für eine strafschärfende Verwertung durchaus Raum bleibt, jedoch nur nach dem Maß der geminderten Schuld (vgl. Senat, Beschluss vom 3. November 2004 – 2 StR 295/04, StV 2005, 495 mwN).
6
3. a) Der Senat hat der Nebenklägerin auf ihren Antrag vom 8. August 2013 für die Revisionsinstanz ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr Rechtsanwalt beigeordnet, da die Voraussetzungen gemäß § 397a Abs. 2 StPO vorliegen. Eine für das Revisionsverfahren fortwirkende Bestellung als Beistand durch das Landgericht gemäß § 397a Abs. 1 StPO ist nicht erfolgt. Die Strafkammer hat der Nebenklägerin mit Beschluss vom 11. April 2013 lediglich Prozesskostenhilfe – offensichtlich gemäß § 397a Abs. 2 StPO – bewilligt und ihr Rechtsanwalt beigeordnet. Für jeden Rechtszug ist Prozesskostenhilfe indes gesondert zu gewähren (§ 397a Abs. 1 Satz 1 StPO iVm § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
7
b) Der weitergehende Antrag der Nebenklägerin, ihr auch für das Adhäsionsverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt zu bewilligen, ist hingegen abzulehnen. Die Entscheidung(en) über den Adhäsionsantrag hat der Angeklagte nicht angefochten; demgemäß hat der Senat darüber nicht zu befinden.
8
aa) Allerdings hat das Landgericht seine Entscheidung über den Adhäsionsantrag der Nebenklägerin nicht in die Urteilsformel aufgenommen. Es hat in der Hauptverhandlung am 18. April 2013 zum einen (isoliert) ein Teilanerkenntnisurteil mit dem Inhalt erlassen, „dass der Angeklagte verpflichtet ist, der Nebenklägerin alle weiteren infolge des Angriffs am 02.09.2012 künftig noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind“.Im Übrigen hat die Strafkammer einen (Teil-)Vergleich zwischen dem Angeklagten und der Ne- benklägerin über eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 12.000 € nebst Zinsen protokolliert und die Kosten des Adhäsionsverfahrens dem Angeklagten auferlegt.
9
bb) Durch den in der Hauptverhandlung vom 18. April 2013 protokollierten (Teil-)Vergleich (§ 405 Abs. 1 Satz 1 StPO) ist der Adhäsionsantrag mit Ausnahme der im Wege des Teilanerkenntnisurteils festgestellten Ersatzpflicht des Angeklagten hinsichtlich der künftigen immateriellen und materiellen Schäden gegenstandslos geworden und seine Rechtshängigkeit insoweit beendet (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2013 – 4 StR 522/12 mwN; Meier/Dürre, JZ 2006, 18, 24).
10
cc) Soweit das Landgericht zudem in der Hauptverhandlung isoliert ein Teilanerkenntnisurteil erlassen hat, wird (auch) dieses vom Angeklagten nicht angefochten (vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. Januar 2014 – 4 StR 532/13).
11
Die vom Landgericht gewählte Verfahrensweise, die Adhäsionsentscheidung nicht im Strafurteil (vgl. § 406 Abs. 1 Satz 1 StPO) sondern in einem gesonderten Teilanerkenntnisurteil auszusprechen, begegnet jedenfalls hier auch keinen Bedenken.
12
§ 406 Abs. 2 StPO schreibt als insoweit speziellere Regelung zu § 406 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht vor, einen Adhäsionsantrag selbst im Falle eines Teilanerkenntnisses im Strafurteil zu bescheiden. Dafür gibt es im Gegensatz zu sonstigen Urteilen im Adhäsionsverfahren auch keinen Anlass. Denn eine Prüfung der Sach- und Rechtslage, die regelmäßig mit der strafrechtlichen Verurteilung einhergeht, ist aufgrund eines Anerkenntnisses gerade nicht notwendig; wird der zivilrechtliche Anspruch anerkannt, bedarf es grundsätzlich auch keiner Begründung der Entscheidung (vgl. § 313b Abs. 1 ZPO). Die strafrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes ist daher bei einem (Teil-)Anerkenntnis des Adhäsionsanspruchs – als Ausdruck der im Zivilprozess geltenden Dispositionsma- xime (vgl. auch Hilger in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 406 Rdn. 30; Zabeck in: KK-StPO, 7. Aufl., § 406 Rdn. 4) – regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. AG Berlin-Tiergarten, Urteil vom 23. März 2011 – (281 Ds) 34 Js 5355/10 (222/10), NStZ-RR 2011, 383; Ferber in: Graf, StPO, 2. Aufl., § 406 Rdn. 1; Klein, Das Adhäsionsverfahren nach der Neuregelung durch das Opferrechtsreformgesetz , 2007, S. 251; Weiner/Ferber, Handbuch des Adhäsionsverfahrens, 2008, Rdn. 167; aA etwa Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 406 Rdn. 4; Meier/ Dürre, JZ 2006, 18, 23; Neuhaus, StV 2004, 620, 626, jeweils mwN; unklar: Zander, Das Adhäsionsverfahren im neuen Gewand, 2011, S. 156 f.).
13
Ob ein – isoliertes – (Teil-)Anerkenntnisurteil auch dann ergehenkann oder muss, wenn der Angeklagte weder schuldig gesprochen noch gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist (vgl. § 406a Abs. 3 Satz 1 StPO), oder das Gericht ggfls. von einer Entscheidung durch Anerkenntnisurteil abzusehen hat (vgl. § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO), braucht der Senat hier nicht zu entscheiden (vgl. dazu Klein, aaO; Weiner /Ferber, aaO; Zander, aaO, S. 157 einerseits; Hilger in: Löwe/Rosenberg, aaO, Rdn. 33, Merz in: Radtke/Hohmann, StPO, § 406 Rdn. 7; Meyer-Goßner, aaO andererseits). Jedenfalls dann, wenn – wie hier – die Gefahr widersprüchlicher zivil- und strafrechtlicher Entscheidungen nicht besteht, bedarf es keiner einschränkenden Auslegung des § 406 Abs. 2 StPO, so dass insoweit auch ein isoliertes (Teil-)Anerkenntnisurteil ergehen kann (vgl. im Ergebnis auch BGH, Beschluss vom 15. Januar 2014 – 4 StR 532/13).
14
Der Angeklagte hat die mit dem Teilanerkenntnis ausgesprochene Entscheidung , die aufgrund seines ausdrücklichen Anerkenntnisses ergangen ist, nicht angefochten, sondern allein das Strafurteil angegriffen (zur Zulässigkeit: vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 406a Rdn. 5). Damit ist das Adhäsionsverfahren insgesamt nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens, so dass der wei- tergehende Antrag der Nebenklägerin auf Prozesskostenhilfe abzulehnen gewesen ist. Fischer Appl Schmitt Eschelbach Zeng