Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2016 - 2 ARs 209/16

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 7. Juli 2016 beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht Berlin hat als Berufungsgericht ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, weil die zu erwartende Strafe neben der Strafe, die in einem anderen, bereits rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer verhängt worden ist, nicht ins Gewicht falle. Es hat die Kosten des eingestellten Verfahrens der Staatskasse auferlegt, jedoch von einer Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers abgesehen. Gegen diese Ent- scheidung hat der Beschwerdeführer „sofortige Beschwerde an den Bundesgerichtshof“ eingelegt. Er betrachtet sich nicht als Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland und bestreitet die Legitimation der Gerichte der Bundesrepublik Deutschland zur Rechtsprechung in seinen Angelegenheiten.
- 2
- Das Landgericht hat die Akten dem Bundesgerichtshof übersandt. Das Verfahren ist an das Landgericht zurückzugeben.
- 3
- Die Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO ist mangels Beschwer grundsätzlich nicht mit Rechtsmitteln anfechtbar (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1956 - 1 StR 337/56, BGHSt 10, 88, 91). Nur für Ausnahmefälle wird eine Anfechtungsmöglichkeit in Betracht gezogen (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16. November 1995 - 1 Ws 205/95, NJW 1996, 866). Die Kosten- und Auslagenentscheidung ist ebenfalls nicht anfechtbar (§ 464 Abs. 3 Satz 1 StPO; vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Januar 2002 - 2 BvR 1965/01, NJW 2002, 1867). Auch hiervon wird in besonderen Fällen eine Ausnahme in Betracht gezogen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 30. Dezember 1982 - 2 Ws 199/82, NStZ 1983, 328). Ob hier ein Ausnahmefall vorliegt (vgl. zur Argumentation der „Reichsbürgerbewegung“ Caspar/ Neubauer LKV 2012, 529 ff.; Werner DRiZ 2016, 130 f.), ist nicht vom Bundesgerichtshof zu prüfen, denn dieser besitzt im vorliegenden Fall keine sachliche Zuständigkeit als Beschwerdegericht. Daher ist die Sache an das Landgericht zurückzugeben, das ein Abhilfeverfahren durchzuführen und die Beschwerde danach gegebenenfalls dem Kammergericht vorzulegen hat. Fischer Eschelbach Ott

Annotations
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.
(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.
(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.