Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2018 - 2 ARs 170/18

bei uns veröffentlicht am18.12.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 170/18
2 AR 210/18
vom
18. Dezember 2018
in dem Bußgeldverfahren
gegen
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
vertreten durch: Rechtsanwalt
Az.: 1 OLG 181 SsBs 37/18 Thüringer Oberlandesgericht
ECLI:DE:BGH:2018:181218B2ARS170.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 18. Dezember 2018 beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 9. Mai 2018 – Az.: 1 OLG 181 SsBs 37/18 – wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:

1
Der angegriffene Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 304 Abs. 4 Satz 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG). Der von der Antragstellerin erstrebten erweiternden Auslegung des § 304 Abs. 4 StPO steht die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der Abstand zu nehmen der vorliegende Fall keinen Anlass bietet, entgegen (vgl. zuletzt: BGH, Beschlüsse vom 29. August 2016 – StB 24/16, NJW 2016, 3192, 3193 mwN; vom 12. Mai 2016 – StB 9 und 10/16, juris Rn. 3; vgl. auch Beschluss vom 5. Januar 1977 – 3 StR 433/76, BGHSt 27, 96, 99). Die Regelung des § 304 Abs. 4 StPO ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Weder Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz noch das allgemeine Rechtsstaatsprinzip gewährleisten einen Instanzenzug (BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 1977 – 2 BvR 308/77, BVerfGE 45, 363, 375 im Nachgang zu dem o. g. Beschluss des BGH vom 5. Januar 1977 – 3 StR 433/76; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 2015 – 2 BvR 3071/14, juris Rn. 12 mwN; BVerwG, Urteil vom 9. März 1979 – IV C 32.75, juris Rn. 20; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 2. August 2016 – 9 BV 15.1032, juris Rn. 19 mwN).
Franke Grube Schmidt

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2018 - 2 ARs 170/18

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2018 - 2 ARs 170/18

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2018 - 2 ARs 170/18 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit


(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 46 Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren


(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsge

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2018 - 2 ARs 170/18 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2018 - 2 ARs 170/18 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 02. Aug. 2016 - 9 BV 15.1032

bei uns veröffentlicht am 02.08.2016

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheit

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2016 - StB 24/16

bei uns veröffentlicht am 29.08.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS StB 24/16 vom 29. August 2016 Nachschlagewerk: ja BGHSt: nein Veröffentlichung: ja ____________________________ StPO § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 Die Entscheidung eines Oberlandesgerichts, mit

Referenzen

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 24/16
vom
29. August 2016
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
____________________________
StPO § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5
Die Entscheidung eines Oberlandesgerichts, mit der die Nebenbeteiligung eines
Verfallsinteressierten abgelehnt wird, ist nicht gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2
Halbsatz 2 Nr. 5 StPO anfechtbar.
BGH, Beschluss vom 29. August 2016 - StB 24/16 - OLG Celle
ECLI:DE:BGH:2016:290816BSTB24.16.0


in dem Strafverfahren gegen

wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland

hier: sofortige Beschwerde des Verfallsinteressierten K. gegen die Ablehnung seiner Nebenbeteiligung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und seines Bevollmächtigten am29. August 2016 gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO beschlossen:
Der Verfallsinteressierte hat die Kosten der von ihm eingelegten und rechtswirksam zurückgenommenen sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 25. Mai 2016 zu tragen.

Gründe:

1
1. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat in dem Strafverfahren gegen B. unter dem 5. April 2016 Anklage vor dem Oberlandesgericht Celle erhoben. Sie wirft dem Angeklagten vor, sich als Mitglied einer Vereinigung im Ausland betätigt zu haben, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen (§ 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, als Gebietsleiter der "Partiya Karkerên Kurdistan" ("Arbeiterpartei Kurdistans", im Folgenden: PKK) tätig gewesen zu sein und in dieser Funktion unter anderem Spendensammlungen für die PKK organisiert zu haben.
2
Im Rahmen des gegen B. durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde in der Wohnung des Beschwerdeführers Bargeld in Höhe von 13.300 € sichergestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft ist davon ausgegangen, dass es sich dabei um Geld handelt, das im Auftrag des Angeklagten für die PKK gesammelt wurde und dem (erweiterten) Verfall unterliegt (§§ 73, 73a, 73d StGB). Sie hat beantragt, insoweit die Nebenbeteiligung des Beschwerdeführers anzuordnen. Dies hat das Oberlandesgericht durch den angefochtenen Beschluss vom 25. Mai 2016 mit der Begründung abgelehnt, dass sich der Verfallsinteressierte nur hinsichtlich eines Teilbetrages des bei ihm sichergestellten Geldes einer Eigentümerstellung berühmt habe und sein insoweit behauptetes Eigentum nicht glaubhaft erscheine.
3
Dagegen hat der Verfallsinteressierte unter dem 6. Juni 2016 sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 11. August 2016 hat das Oberlandesgericht die Verfolgung der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat gemäß den §§ 442, 430 Abs. 1 StPO auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt, sodass eine Verfallsanordnung nicht mehr in Betracht kommt. Daraufhin hat der Verfallsinteressierte seine sofortige Beschwerde zurückgenommen. Er begehrt nunmehr, die Kosten seines Rechtsmittels und die ihm dadurch entstandenen notwendigen Auslagen abweichend von § 473 Abs. 1 StPO aus Billigkeitsgründen der Staatskasse aufzuerlegen.
4
2. Nach § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO fallen die Kosten der sofortigen Beschwerde dem Beschwerdeführer zur Last. Es kommt zwar in Ausnahmefällen in Betracht, die Kosten eines zurückgenommenen Rechtsmittels und die dem Beschwerdeführer entstandenen notwendigen Auslagen abweichend von § 473 Abs. 1 SPO mit Rücksicht auf das Gebot der sachlichen Gerechtigkeit, dem auch bei der Anwendung und Auslegung der Kostenbestimmungen ausschlaggebende Bedeutung zukommt, und den im Kostenrecht, insbesondere in Fällen eingetretener Erledigung, heranzuziehenden Gesichtspunkt der Billigkeit der Staatskasse aufzuerlegen (BGH, Beschluss vom 7. November 2002 - StB 16/02, NStZ 2003, 273, 274; vgl. auch OLG Dresden, Beschluss vom 25. Mai 1993 - 2 Ws 186/93, OLGSt StGB § 67 Nr. 11; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 16. April 1975 - Ws 91/75, VRS 49, 436, 437; LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 473 Rn. 4; KK-Gieg, StPO, 7. Aufl., § 473 Rn. 2; SSW-StPO/Steinberger- Fraunhofer, 2. Aufl., § 473 Rn. 4; KMR/Stöckel, 66. EL., § 473 Rn. 16). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Insbesondere ist der sofortigen Beschwerde nicht erst durch die Verfolgungsbeschränkung gemäß den §§ 442, 430 Abs. 1 StPO die Grundlage entzogen worden. Sie war vielmehr nicht statthaft und deshalb von vornherein unzulässig.
5
Ein Beschluss, mit dem die Nebenbeteiligung eines Verfallsinteressierten abgelehnt wird, ist gemäß § 442 Abs. 1, § 431 Abs. 5 Satz 2 StPO mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, und zwar auch von dem Verfallsinteressierten (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 431 Rn. 26). Das gilt nach § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO indes nicht, wenn es sich um die Entscheidung eines Oberlandesgerichts handelt. Einer der in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO normierten Ausnahmefälle liegt hier nicht vor. Insbesondere greift die Ausnahmeregelung des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 StPO, welche die sofortige Beschwerde gegen im ersten Rechtszug ergehende Beschlüsse des Oberlandesgerichts eröffnet, die den Verfall nach den §§ 440, 441 Abs. 2 und § 442 StPO betreffen, nicht ein.
6
Entscheidungen, die den Verfall nach den §§ 440, 441 Abs. 2 und § 442 StPO betreffen, sind solche, die im selbständigen Verfallsverfahren ergehen (vgl. LR/Matt, StPO, 26. Aufl., § 304 Rn. 83). Das selbständige (objektive) Verfallsverfahren kommt in Betracht, wenn ein subjektives Strafverfahren ausscheidet , weil aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann (§ 76a StGB). So verhält es sich hier nicht. Die angefochtene Entscheidung ist nicht in einem selbständigen Verfallsverfahren ergangen , sondern in dem gegen B. anhängigen Strafverfahren.
7
Überdies eröffnet § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 StPO die Beschwerde nur gegen diejenigen Entscheidungen, welche die Anordnung des Verfalls als solche betreffen. Über die Anordnung des Verfalls entscheidet das Gericht im selbständigen Verfallsverfahren grundsätzlich durch Beschluss, gegen den die sofortige Beschwerde zulässig ist (§ 441 Abs. 2 StPO). § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 StPO stellt sicher, dass dem Betroffenen dieses Rechtsmittel auch dann zur Verfügung steht, wenn die Entscheidung in erster Instanz vom Oberlandesgericht getroffen wurde (vgl. LR/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 441 Rn. 21). Dadurch trägt die Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass die im selbständigen Verfallsverfahren durch Beschluss getroffene Entscheidung über die Verfallsanordnung nicht mit der Revision anfechtbar ist, wie es indes der Fall ist, wenn die Entscheidung im subjektiven Strafverfahren oder im selbständigen Verfallsverfahren ausnahmsweise durch Urteil (§ 441 Abs. 3 Satz 1 StPO) ergeht (LR/Gössel, aaO, Rn. 23). § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 StPO ergänzt mithin nur die im Übrigen gegen eine Verfallsanordnung durch das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug gegebenen Anfechtungsmöglichkeiten.
8
Gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts, durch welche die Nebenbeteiligung eines Verfallsinteressierten gemäß den §§ 442, 431 Abs. 1 Satz 1 StPO abgelehnt wird, eröffnet § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 StPO die Beschwerde zum Bundesgerichtshof dagegen nicht. Denn die Vorschrift bezieht sich nur auf Entscheidungen, die nach § 441 Abs. 2 StPO anfechtbar sind, nicht hingegen auf gemäß § 431 Abs. 5 StPO angreifbare. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass § 442 in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 StPO ausdrücklich genannt ist und § 442 Abs. 2 StPO die Nebenbeteiligung für den Fall regelt, dass sich der Verfall nach § 73 Abs. 3, § 73a StGB gegen einen Dritten richtet. § 442 Abs. 2 StPO ergänzt insoweit nur § 431 Abs. 1 StPO (Schmitt, aaO, § 431 Rn. 4, § 442 Rn. 2). Über die Nebenbeteiligung wird indes stets nach § 442 Abs. 1, § 431 Abs. 1 Satz 1 StPO entschie- den (Schmitt, aaO, § 431 Rn. 4), sodass sich die Anfechtbarkeit der Entscheidung in jedem Fall nach § 431 Abs. 5 StPO richtet.
9
Eine erweiternde Auslegung des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 5 StPO dahin, dass die Vorschrift auch Entscheidungen des Oberlandesgerichts im ersten Rechtszug erfasst, durch welche die Nebenbeteiligung eines Verfallsinteressierten abgelehnt wird, kommt nicht in Betracht. Die Ausnahmevorschrift des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO ist vielmehr nach ständiger Rechtsprechung des Senats eng auszulegen (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 25. Januar 1973 - StB 76/72, BGHSt 25, 120, 121; vom 5. Januar 1977 - 3 StR 433/76, BGHSt 27, 96, 97; vom 19. März 1986 - StB 2 und 3/86, BGHSt 34, 34, 35; vom 20. März 1991 - StB 3/91, BGHSt 37, 347, 348; zuletzt vom 12. Mai 2016 - StB 9 und 10/16, juris Rn. 4).
10
Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung, der sich den Gesetzesmaterialien entnehmen lässt. § 304 Abs. 4 StPO ist mit dem Gesetz zur allgemeinen Einführung eines zweiten Rechtszuges in StaatsschutzStrafsachen vom 8. September 1969 (BGBl. I, S. 1582) eingeführt worden. Der Vorschrift liegt die Erwägung des Gesetzgebers zugrunde, dass die Einführung eines zweiten Rechtszugs in Staatsschutz-Strafsachen unvollständig wäre, wenn nicht gegen "gewichtige" Entscheidungen der nach § 120 GVG zuständigen Oberlandesgerichte die Beschwerde zum Bundesgerichtshof gegeben wäre (BT-Drucks. V/4086, S. 11). Um eine "zu starke Belastung des Bundesgerichtshofs" zu vermeiden, hat der Gesetzgeber indes aus den Entscheidungen, die nach den allgemeinen Vorschriften beschwerdefähig sind, eine Auswahl getroffen und deshalb die Beschwerde nur gegen diejenigen Entscheidungen der Oberlandesgerichte eröffnet, "die besonders nachhaltig in die Rechtssphäre der Betroffenen eingreifen, die den Abschluss des Verfahrens herbeiführen würden oder die sonst von besonderem Gewicht sind" (BT-Drucks. V/4086, S. 11; BT-Drucks. V/4269, S. 6).
11
Das ist bei einer Entscheidung, durch welche die Nebenbeteiligung eines Verfallsinteressierten abgelehnt wird, nicht der Fall. Sie greift - im Gegensatz zur Anordnung des Verfalls, die ein Veräußerungsverbot und letztlich den Rechtsverlust zur Folge hat (§ 73e StGB) - nicht besonders nachhaltig in die Rechtssphäre des Betroffenen ein. Sie hat auch keinen verfahrensabschließenden Charakter und ist auch sonst nicht von besonderem Gewicht. Dem Verfallsinteressierten , dessen Nebenbeteiligung abgelehnt wird, bleibt es im Gegenteil unbenommen, seine Rechte im Nachverfahren (§§ 442, 439 StPO) geltend zu machen.
Schäfer Gericke Tiemann

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen tierschutzrechtliche Anordnungen betreffend seine Rinder- und Kälberhaltung.

Das Landratsamt R.-... führte beim Kläger unter anderem am 15. März 2010, 24. März 2010, 23. Juni 2010 und 26. Juni 2010 Kontrollen seiner Rinder- und Kälberhaltung durch, bei denen von der beamteten Tierärztin Mängel der Tierhaltung festgestellt wurden und anlässlich derer es teilweise zu mündlichen Anordnungen kam. Bei einer weiteren Kontrolle am 28. Juni 2010 wurde festgestellt, dass weiterhin Mängel bestehen. Die Beseitigung der festgestellten Mängel wurde am 28. Juni 2010 mündlich angeordnet und mit Bescheid vom 30. Juni 2010, dem Kläger zugestellt am 2. Juli 2010, schriftlich bestätigt sowie die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet. Ausweislich der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung konnte gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch eingelegt oder unmittelbar Klage erhoben werden (fakultatives Widerspruchsverfahren).

Nach einer weiteren Kontrolle am 2. Juli 2010 drohte das Landratsamt dem Kläger mit Bescheid vom 6. Juli 2010, diesem zugestellt am 9. Juli 2010, Zwangsgelder für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die in dem Bescheid vom 2. Juli 2010 festgelegten Verpflichtungen an und legte ihm die Kosten des Verfahrens auf. Zudem wurden Kosten in Höhe von insgesamt 403,50 Euro festgesetzt (Gebühren für die Kontrollen am 28. Juni 2010 in Höhe von 189,48 Euro und am 2. Juli 2010 in Höhe von 142,11 Euro, für die Erstellung der Bescheide vom 30. Juni 2010 und vom 6. Juli 2010 in Höhe von jeweils 22,33 Euro sowie Auslagen für Fahrten anlässlich der Kontrolltermine vom 28. Juni 2010 und 2. Juli 2010 in Höhe von jeweils 11,90 Euro und für eine Postzustellungsurkunde in Höhe von 3,45 Euro). Ausweislich der Rechtsbehelfsbelehrung war gegen den Bescheid ebenfalls ein fakultatives Widerspruchsverfahren eröffnet. Dieser Bescheid ist Gegenstand eines weiteren Berufungsverfahrens (Az. 9 BV 15.1034) vor dem Senat.

Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2010 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten gegen beide Bescheide Widerspruch einlegen. Die veterinäramtlichen Feststellungen würden bestritten und die Anordnungen seien nicht verhältnismäßig. Die Widersprüche wurden von der Regierung ... jeweils mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2014 als unbegründet zurückgewiesen (Nr. 1). Dabei wurden dem Kläger die Kosten auferlegt (Nr. 2) sowie eine Bescheidsgebühr festgesetzt (Nr. 3). Die Zustellung an den Bevollmächtigten erfolgte unter dem 12. September 2014.

Gegen den Bescheid vom 30. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2014 wurde mit Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 13. Oktober 2014 Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 19. November 2014 erhielten die Beteiligten vom Verwaltungsgericht Gelegenheit, zur Zulässigkeit der Klage Stellung zu nehmen. Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. März 2015 wurden die Nummern 2 und 3 des Widerspruchsbescheids aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beklagten auferlegt und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, dass ein fakultatives Widerspruchsverfahren nicht statthaft gewesen sei und die Klage mangels Einhaltung der Jahresfrist verfristet sei. Die Kostenentscheidung und Gebührenfestsetzung im Widerspruchsbescheid sei rechtswidrig, da dem Kläger mangels statthaftem Widerspruchsverfahren keine Kosten hätten auferlegt werden dürfen. Die Berufung wurde zugelassen.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21. April 2014 hat der Kläger Berufung eingelegt. Die Klage sei zulässig, da der Kläger entsprechend der erteilten Rechtsbehelfsbelehrung vorgegangen sei und der Beklagte den Widerspruch ausdrücklich für zulässig erklärt und zur Sache entschieden habe. Das Verfahren sei zurückzuverweisen, da dem Kläger sonst die einzige Tatsacheninstanz vorenthalten würde. Im Übrigen sei die Klage auch begründet, da der Bescheid rechtswidrig sei und der Kläger keinen Anlass zu den tierschutzrechtlichen Anordnungen gegeben habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 10. März 2015 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde und das Verfahren zur Entscheidung in der Sache an das Verwaltungsgericht Regensburg zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Rechtsauffassung der Klägerseite, dass das fakultative Widerspruchsverfahren zulässig gewesen sei, werde geteilt. Der angefochtene Bescheid sei jedoch rechtmäßig. Die tierschutzrechtlichen Missstände seien von der zuständigen beamteten Tierärztin festgestellt und dokumentiert worden. Aufgrund der am 28. Juni 2010 festgestellten Verstöße seien dem Kläger auch nur - bestandskräftig - um 12 v. H. gekürzte Betriebsprämien bewilligt worden. Eine Zurückverweisung erscheine nicht angebracht. Zum einen sei das Berufungsgericht als Tatsacheninstanz anzusehen, zum anderen dürfte die Entscheidungsreife ohne größeren Aufwand herstellbar sein.

Mit Schriftsatz vom 22. April 2015 legte der Beklagte ebenfalls Berufung (Az. 9 BV 15.1070) ein, über die gesondert entschieden wird.

Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2016 teilte der Bevollmächtigte des Klägers mit, dass die Mandatsbeziehung mit dem Kläger beendet worden sei. Auf den gerichtlichen Hinweis vom 25. Februar 2016 gegenüber dem Kläger, dass eine Beendigung der Prozessbevollmächtigung gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof erst mit der Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts wirksam werde und die Aufforderung, einen neuen Bevollmächtigten zu benennen, erfolgte keine Reaktion.

Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts R.-... vom 30. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung ... vom 10. September 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Senat kann über die Berufung trotz Ausbleiben des Klägers und seines Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 1. August 2016 entscheiden, weil der Bevollmächtigte des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 18. Mai 2016 fristgerecht und auch sonst ordnungsgemäß geladen wurde (§ 102 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Ladung enthielt den Hinweis, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Eine Entscheidung des Senats ist auch trotz Kündigung des Prozessvertretungsvertrags zwischen dem Kläger und seinem Bevollmächtigten während des Berufungsverfahrens möglich. Die Mandatsbeendigung wird im Anwaltsprozess vor dem Verwaltungsgerichtshof (§ 67 Abs. 4 VwGO) gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 87b Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO gegenüber dem Gericht und dem Prozessgegner erst dann rechtlich wirksam, wenn die Bestellung einer anderen zur Prozessvertretung befugten Person angezeigt wird (BVerwG, B.v. 20.11.2012 - 4 AV 2.12 - juris Rn. 9). Dies ist hier trotz Aufforderung gegenüber dem Kläger nicht erfolgt, so dass dieser nach wie vor durch seine bisherigen Bevollmächtigten vertreten wird.

2. Eine Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht hält der Senat nicht für zweckdienlich.

Der Verwaltungsgerichtshof darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens auf Antrag eines Beteiligten an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen, wenn u. a. das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat (§ 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Dies ist hier zwar der Fall, weil das Verwaltungsgericht die Klage mit Prozessurteil als unzulässig abgewiesen hat (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 130 Rn. 12). Der Senat hat jedoch bei der Entscheidung über die Zurückverweisung ein Ermessen (vgl. Happ in Eyermann, a. a. O., § 130 Rn. 15), das unter Berücksichtigung des Sachverhalts und der prozessualen Situation dahingehend ausgeübt wird, selbst in der Sache zu entscheiden (§ 130 Abs. 1 VwGO). Die Streitsache kann ausweislich der Aktenlage und dem Vortrag des Klägers ohne großen Aufwand entscheidungsreif gemacht werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des selbstständigen Berufungsverfahrens des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts (Az. 9 BV 15.1070), in dem keiner der Beteiligten einen Zurückverweisungsantrag gestellt hat, rechtliche Gründe einer einheitlichen Entscheidung und die Prozessökonomie gegen eine Zurückverweisung der Sache sprechen (Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Feb. 2016, § 130 Rn. 11). Der Einwand des Klägers, ihm gehe ohne Zurückverweisung die einzige Tatsacheninstanz verloren, geht fehl, weil der Verwaltungsgerichtshof nach §§ 128, 130 Abs. 1 VwGO den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht prüft sowie gegebenenfalls die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden hat, mithin also selbst Tatsacheninstanz ist. Darüber hinaus gewährleisten weder Art. 19 Abs. 4 GG noch das allgemeine Rechtsstaatsprinzip einen Instanzenzug (st. Rspr.. vgl. BVerfG, B.v. 21.6.1977 - 2 BvR 308/77 - BVerfGE 45, 363 (375) = juris Rn. 46; B.v. 27.10.2015 - 2 BvR 3071/14 - juris Rn. 12 m. w. N.).

3. Die Berufung ist unbegründet.

Der Antrag des Klägers ist im Hinblick auf die Sachentscheidung des Senats im Berufungsverfahren entsprechend seinem Rechtsschutzbegehren auszulegen (§ 88 VwGO). Dieses Rechtsschutzbegehren des Klägers ist unter Berücksichtigung seiner Interessenlage dahingehend zu verstehen, dass er unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils begehrt, den Bescheid vom 30. Juni 2010, der die mündlichen Anordnungen vom 28. Juni 2010 schriftlich bestätigt, in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2014 insgesamt aufzuheben.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zwar zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der Bescheid des Landratsamts R.-... vom 30. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung ... vom 10. September 2014 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Die Klage ist - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - nicht verfristet.

Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 VwGO ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muss die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

Für die Prüfung der Einhaltung der Klagefrist kann dahinstehen, ob der Bescheid vom 30. Juni 2010 gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i. V. m. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGVwGO dem fakultativen Widerspruchsverfahren unterliegt. Soweit ein solches Widerspruchsverfahren statthaft ist, hat der Kläger die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingehalten, weil er die Klage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben hat. Andernfalls ist die Klage nicht verfristet, weil dem Kläger die Versäumung der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO aufgrund eines Falles höherer Gewalt nicht entgegengehalten werden kann.

Nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist bei unterbliebener oder unrichtig erteilter Rechtsbehelfsbelehrung die Einlegung eines Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahingehend erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben ist. Bei dieser Jahresfrist handelt es sich um eine absolute zeitliche Grenze, die nur in den in § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausdrücklich genannten Ausnahmefällen durchbrochen werden kann (vgl. Czybulka/Kluckert in Sodann/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 58 Rn. 74; Meissner/Schenk in Schoch/Schneider/Bier, a. a. O., § 58 Rn. 65; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 58 Rn. 16). Diese Ausnahmeregelungen stellen das Ergebnis einer Abwägung zwischen den Geboten der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit bzw. der Rechtsschutzgewährleistung dar (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.2011 - 2 B 17.10 - juris Rn. 9). Als Fälle höherer Gewalt gelten dabei außergewöhnliche Ereignisse, die unter den gegebenen Umständen auch durch die größte nach den Umständen des konkreten Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnten (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2013 - 8 C 24.12 - juris Rn. 29). Denn nur eine zurechenbare Versäumung eigener Rechtsverteidigung rechtfertigt auch die Rechtsnachteile aus der Bestandskraft (vgl. BayVGH, U.v. 20.4.2004 - 13 A 02.718 - juris Rn. 18; Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, GG, Stand Dez. 2015, Art. 19 Abs. 4 Rn. 239). Nach diesen Maßstäben ist die Klage des Klägers hier nicht als verfristet zu behandeln.

Im vorliegenden Fall wurde dem Kläger mit der Rechtsbehelfsbelehrung zum Ausgangsbescheid vom 30. Juni 2010 seitens des Landratsamts das fakultative Widerspruchsverfahren eröffnet. Der Kläger hat hierbei von seinem Wahlrecht insoweit Gebrauch gemacht, als er den ihm angebotenen Rechtsbehelf des Widerspruchs eingelegt hat. Im weiteren Verlauf des Verfahrens haben sowohl das Landratsamt als Ausgangsbehörde als auch die Regierung ... als Widerspruchsbehörde dem Kläger keinen Anlass dazu gegeben, daran zu zweifeln, dass sein Rechtsbehelf nicht geeignet ist, hiermit eine Abänderung der Entscheidung zu erreichen (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 58 Rn. 20; BVerwG, B.v. 5.1.1982 - 3 B 88.81 - n.v.). Zudem ging auch das damals ressortzuständige Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit in seinem Schreiben vom 5. Dezember 2011 an die Regierungen von der Statthaftigkeit des Widerspruchsverfahrens aus.

Nach dem im Rechtsmittelrecht geltenden Grundsatz des Meistbegünstigungsprinzips dürfen Fehler der Behörden oder Gerichte nicht zulasten eines Betroffenen gehen (vgl. Geis in Sodann/Ziekow, a. a. O., § 68 Rn. 175). Dies gilt auch bei der Unsicherheit über ein einzulegendes Rechtsmittel (BVerwG, U.v. 13.4.2011 - 9 C 1.10 - juris Rn. 10; Kopp/Schenke, a. a. O., Vorb. § 124 Rn. 22). Da der Kläger eines der beiden ihm zur Wahl gestellten Rechtsmittel fristgerecht in Anspruch genommen hat, kann ihm seine Entscheidung hier im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG und den Rechtsgedanken des § 242 BGB für den Fall nicht zum Nachteil gereichen, dass dieses Rechtsmittel in einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren als nicht statthaft angesehen wird. Die sonstigen Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 60 Abs. 2 VwGO hat der Kläger mit seiner Klageerhebung beim Verwaltungsgericht eingehalten.

b) Die Klage ist jedoch unbegründet und dementsprechend die Berufung zurückzuweisen, weil der angefochtene Bescheid vom 30. Juni 2010, mit dem die mündlichen Anordnungen vom 28. Juni 2010 gemäß Art. 37 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG schriftlich bestätigt wurden, in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2014 rechtmäßig ist.

Rechtsgrundlage der im angefochtenen Bescheid enthaltenen verschiedenen tierschutzrechtlichen Anordnungen ist § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG i. V. m. § 2 Nrn. 1 und 2 TierSchG sowie §§ 4, 5, 10 TierSchNutztV. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften sind hier durch die Feststellungen in den Vermerken der beamteten Tierärztin anlässlich der Kontrollen vom 28. Juni 2010 und vom 2. Juli 2010 und die zahlreichen in den Akten befindlichen Lichtbilder belegt. Zudem liegt ein wesentlicher Teil der Verstöße dem bestandskräftigen Widerspruchsbescheid der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 2. August 2012 sowie dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts E... vom 25. September 2014 zugrunde. Den fachlichen Einschätzungen der beamteten Tierärztin, der eine vorrangige Beurteilungskompetenz zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2014 - 3 B 62.13 - juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 21.4.2016 - 9 CS 16.539 - juris Rn. 22 m. w. N.), ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Allein sein bloßes Bestreiten der Verstöße, das im offenen Widerspruch zu den ausführlich dokumentierten Feststellungen der beamteten Tierärztin steht, wie sie sich auch der umfangreichen Aktenlage und den Lichtbildern entnehmen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 19.2.2014 - 9 CS 13.2152 - juris Rn. 6), genügt nicht, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids in Frage zu stellen. Vielmehr stehen die in diesem Bescheid zugrunde gelegten Verstöße und Mängel nach Würdigung des Sachverhalts auch unter Berücksichtigung der Einlassungen des Klägers zur Überzeugung des Gerichts fest.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).