Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2010 - 1 StR 95/09

published on 17/02/2010 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2010 - 1 StR 95/09
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 95/09
vom
17. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Anstiftung zur Untreue u.a.
zu 2.: Untreue
hier: Anhörungsrüge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Februar 2010 beschlossen
:
Die Anträge der Verurteilten vom 11. Februar 2010 gegen das Senatsurteil
vom 4. Februar 2010 werden kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe:

1
1. Der Senat entscheidet über die Gehörsrüge gemäß § 356a StPO in der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs und nach dem internen Geschäftsverteilungsplan des Senats bestimmten Besetzung. Dass dies grundsätzlich dieselben Richter sind, die auch über die Revisionen der Verurteilten entschieden haben, entspricht der Intention der Gehörsrüge. Die Prüfung und die Beseitigung gerichtlicher Gehörsverstöße obliegt in erster Linie dem mit der Sache befassten iudex a quo (vgl. BVerfG, Beschl. vom 8. Februar 2007 - 2 BvR 2578/06; Senat, Beschl. vom 4. August 2009 - 1 StR 287/09). Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des gesamten gegenständlichen Vorbringens fest. Er sieht auch im Übrigen keine Möglichkeit und auch keinen Anlass, seine Mitwirkungsgrundsätze - wie von den Verurteilten beantragt - zu ändern.
2
2. Bedenken bestehen bereits gegen die Zulässigkeit der von den Verurteilten geltend gemachten Gehörsrügen (§ 356a StPO). Es ist zweifelhaft, ob ohne Kenntnis der allein maßgeblichen schriftlichen Urteilsgründe, lediglich aufgrund der mündlichen Eröffnung der Urteilsgründe durch den Vorsitzenden, der nur die Bedeutung einer vorläufigen Unterrichtung der Verfahrensbeteiligten zukommt (vgl. dazu Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 9 m.w.N.), die vom Ge- setz in § 356a Satz 1 StPO vorgeschriebene Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Gehörsverletzung nachgewiesen werden kann. Dem braucht der Senat nicht nachzugehen, da die Anhörungsrügen jedenfalls unbegründet sind.
3
Der Senat hat in seinem Urteil vom 4. Februar 2010, das auf Grund von zwei Revisionshauptverhandlungen ergangen ist, weder Verfahrensstoff noch Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen die Verurteilten zuvor nicht gehört worden sind. Auch wurde zu berücksichtigendes Vorbringen nicht übergangen, noch in sonstiger Weise der Anspruch der Verurteilten auf rechtliches Gehör verletzt.
4
§ 356a StPO erfasst auch Urteile der Revisionsgerichte, "da Hauptverhandlungen vor dem Revisionsgericht auch ohne den Angeklagten und seinen Verteidiger stattfinden können und es dann möglich ist, dass sie ihren Anspruch auf rechtliches Gehör deshalb nicht wahrnehmen können, weil ihnen der Zeitpunkt der Hauptverhandlung versehentlich nicht oder nicht rechtzeitig mitgeteilt wurde oder weil sie durch andere Gründe am Erscheinen verhindert sind". Demgegenüber ist aber "eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kaum vorstellbar , wenn der Angeklagte oder sein Verteidiger vor dem Revisionsgericht anwesend sind, weil sie sich dann umfassend äußern können" (BT-Drucks. 15/3706, S. 17; Senat, Beschl. vom 22. November 2006 - 1 StR 180/06).
5
In den beiden Revisionshauptverhandlungen dieses Verfahrens wurden die im Hinblick auf die Sachrügen maßgeblichen Aspekte umfassend erörtert. Der Senat hat - auch im Übrigen - bei seiner Entscheidungsfindung keine Umstände berücksichtigt, die nicht in den Revisionsbegründungen angesprochen wurden oder Gegenstand der Erörterung während der Revisionshauptverhandlung waren. Zu all dem Stellung zu nehmen, hatten sowohl die Verurteilten als auch deren Verteidiger in den beiden Revisionshauptverhandlungen umfassend Gelegenheit.
6
3. Soweit in den Schriftsätzen vom 11. Februar 2010 weitere Rechtsverstöße geltend gemacht werden, sieht der Senat weder Anlass noch Möglichkeit zur Korrektur seines Urteils. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ist nicht veranlasst.
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Annotations

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.