Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2019 - 1 StR 632/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 10. Oktober 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Darüber hinaus hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 15.800 Euro angeordnet und eine Entscheidung über die Anrechnung der Auslieferungshaft getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner mit der Sachrüge begründeten Revision.
- 2
- Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
I.
- 3
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts schlossen sich der Angeklagte und weitere Tatbeteiligte im Sommer 2016 zu einer Bande zusammen, um im Raum N. Heroin zu verkaufen. Der Mitangeklagte P. beschaffte das Heroin, sorgte für dessen Lagerung in verschiedenen Bunkern der Gruppierung und rekrutierte die Verkäufer (sog. „Läufer“). Bandenmitglie- der, darunter auch der Angeklagte, übernahmen das Heroin zu einem von dem Angeklagten festgesetzten Kaufpreis, streckten und portionierten es in Plomben zu je fünf Gramm und versorgten sodann die Läufer. Die Läufer verkauften die Plomben zu vorgegebenen Preisen an festgelegten Orten an die ihnen genannten Abnehmer.
- 4
- Der Angeklagte führte Heroin aus zwei getrennten Vorratsmengen durch Übergabe an die „Läufer“, und zwar 189,15 Gramm (Wirkstoffgehalt 10 % Hero- inhydrochlorid) von Anfang bis Mitte Juli 2016 und 194 Gramm (Wirkstoffgehalt 10 % Heroinhydrochlorid) vom 21. Oktober 2016 bis 20. November 2016, dem Verkauf zu.
II.
- 5
- Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuldspruch, zur Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB), der Einziehung und der Anrechnung der Auslieferungshaft keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Indes hat der Strafausspruch keinen Bestand.
- 6
- 1. Zwar ist die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Das Revisionsgericht kann jedoch eingreifen, wenn ein Rechtsfehler vorliegt, namentlich die tatrichterlichen Zumessungserwägungen defizitär oder in sich fehlerhaft sind.
- 7
- Ein solcher Rechtsfehler liegt hier vor. Angesichts der beträchtlichen Höhe der verhängten Einzelstrafen hätte es einer eingehenderen Begründung bedurft (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2015 – 2 StR 317/15 Rn. 4; vom 29. November 2012 – 5 StR 522/12 Rn. 4; vom 19. Juni 2012 – 5 StR 264/12 Rn. 3 und vom 20. September 2010 – 4 StR 278/10 Rn. 5; jeweils mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 1. September 1993 – 2 StR 308/93, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 26). Die Strafkammer beschränkt sich hierbei lediglich auf die Mitteilung, um wieviel die nicht geringe Menge überschritten ist, dass es sich bei Heroin um eine gefährliche Droge handelt und der Angeklagte wegen nicht einschlägiger und mehrere Jahre zurückliegender Straftaten vorbestraft ist. Vor allem die nur rudimentär dargestellten Strafschärfungsgründe lassen die verhängten Strafen nicht ohne weiteres nachvollziehbar erscheinen.
- 8
- 2. Da es sich insoweit nur um einen Wertungsfehler handelt, können die Feststellungen bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Allerdings zieht die Aufhebung des Strafausspruchs den Wegfall des angeordneten Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe nach sich. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Vorinstanz:
Nürnberg-Fürth, LG, 22.02.2018 - 359 Js 25243/16 1 KLs
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, - 2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt, - 3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, - 4.
(weggefallen) - 5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt, - 6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel - a)
verschreibt, - b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
- 6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt, - 6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht, - 7.
entgegen § 13 Absatz 2 - a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke, - b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
- 8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt, - 9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen, - 10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet, - 11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt, - 12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind, - 13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt, - 14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt, - 2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.