Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2000 - 1 StR 60/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß im Fall B V der Urteilsgründe der Vorwurf eines tateinheitlich begangenen Verbrechens der versuchten Vergewaltigung entfällt;
b) im Ausspruch über die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe und die Gesamtstrafe aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im übrigen - wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit schwerem Raub, mit gefährlicher Körperverletzung, mit Freiheitsberaubung und mit Hausfriedensbruch, wegen Diebstahls in zwei Fällen, wegen versuchter Brandstiftung in Tateinheit mit Diebstahl, wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit versuchtemDiebstahl sowie wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und mit Verletzung des Waffengesetzes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg. Im Fall B V der Urteilsgründe muß der Vorwurf eines tateinheitlich begangenen Verbrechens der versuchten Vergewaltigung entfallen: Nach den z u diesem Fall getroffenen Feststellungen wollte der Angeklagte am 8. Oktober 1998 zwischen 1 und 2 Uhr erneut in das Anwesen der Geschädigten eindringen, um - wie bereits am 10. Mai 1998 nachts geschehen (Fall B I der Urteilsgründe) - diese sowohl zum Geschlechtsverkehr zu zwingen als auch ihr zu seiner eigenen Verwendung Geld wegzunehmen. Hierzu versuchte er, verschiedene Kellerfenster aufzustemmen, was ihm jedoch infolge inzwischen angebrachter Absicherung durch Metallstäbe nicht gelang. Die Geschädigte wurde von dem von ihm verursachten Lärm wach und verständigte sofort die Polizei, die kurz darauf anrückte und den Angeklagten dazu veranlaßte , das Grundstück zu verlassen. Diese Feststellungen tragen zwar den Schuldspruch wegen versuchten Diebstahls (in einem besonders schweren Fall), rechtfertigen aber nicht die - nicht näher begründete - Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe zugleich einen Vergewaltigungsversuch begangen. Was die in § 177 Abs. 1 StGB aufgeführten Nötigungsmittel angeht, ergibt das angefochtene Urteil nicht, daß er, wie es § 22 StGB erfordert, nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung dieses Tatbestandes unmittelbar ansetzte (vgl. BGH, Urt. vom 19. Juli 1972 - 2 StR 128/72 - bei Dallinger MDR 1972, 924 f. sowie Urt. vom 10. Juni 1980 - 1 StR 237/80 - bei Laufhütte in LK 11. Aufl. § 177 Rdn. 16; Horn in SK StGB II 42. Lfg. 6. Aufl. § 177 Rdn. 19; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 177
Rdn. 9). In seinem fehlgeschlagenen Versuch, in das Anwesen einzudringen, liegt hier noch nicht ein unmittelbares Ansetzen zu einem sexuell geprägten Zwangsverhalten des Angeklagten. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. Das führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die im erörterten Fall verhängte Einzelstrafe und die Gesamtstrafe. Die diesem Ausspruch zugrunde liegenden Feststellungen weisen keinen Rechtsfehler auf und bleiben deshalb bestehen. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Im Fall B VI der Urteilsgründe hätte es sich empfohlen, im Rahmen der rechtlichen Würdigung klarzustellen, daß sich die Verurteilung des Angeklagten wegen eines tateinheitlich begangenen Vergehens des Hausfriedensbruchs auf das Eindringen in den Schuppen auf dem Anwesen der Geschädigten bezieht, aus dem er Gegenstände entnahm. Maul Granderath Wahl Schomburg Schluckebier
moreResultsText
Annotations
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
- 1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, - 2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert, - 3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, - 4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder - 5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet, - 2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder - 3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder - 2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder - 3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder - 2.
das Opfer - a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.