Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2019 - 1 StR 587/18

10.01.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 587/18
vom
10. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2019:100119B1STR587.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 10. Januar 2019
beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 8. Juni 2018 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO). 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: Soweit der Beschwerdeführer mit der Verfahrensrüge beanstandet hat, die Strafkammer habe den Beweisantrag auf Vernehmung des Immobilienmaklers A. zum Beweis der Tatsache, dass der Grundbesitz U. straße im Juli 2017 zum Kaufpreis von maximal 142.000 € veräußert werden konnte, rechtsfehlerhaft als für die Entscheidung ohne Bedeutung abgelehnt und darüber hinaus diesen Zeugen unzutreffend als völlig ungeeignetes Beweismittel eingestuft, trifft dies zu. Der Senat kann jedoch ausschließen, dass sich diese Verfahrensfehler, die ausweislich der Urteilsgründe lediglich die auf §§ 73, 73a, § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB a.F., § 111i Abs. 2 StPO a.F. gestützte Feststellung der Straf- kammer in Ziffer III. des Urteilstenors betreffen, nicht aber die Strafzumessung, auf die getroffene Verfallsentscheidung ausgewirkt haben. Die Strafkammer hat festgestellt, dass der Angeklagte aus seinen Taten 484.633,45 € erlangt hat, wovon noch 13.563 € vorhanden sind, und hat mit Rücksicht auf die vom Angeklagten erbrachte Schadenswiedergutmachung in Höhe von 340.876,43 € nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen. Im Rahmen der Ausübung des tatrichterlichen Ermessens, ob von der Verfallsanordnung gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. auch insoweit abzusehen ist, als das Erlangte nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist – das betrifft einen Betrag von 130.194,02 € – hat die Strafkammer folgende Umstände in ihre Abwägung eingestellt und sodann ein weitergehendes Absehen von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz verneint: Der Angeklagte habe mit der Veräußerung des Grundstücks U. straße bei einem festgestellten Verkehrswert von 281.000 € und eines weiteren Grundstücks zu einem Gesamtkaufpreis von 142.000 € an S. im Juli 2017 bewusst Vermögenswerte dem Zugriff der Geschädigten entzogen und sich selbst die Nutzung des Grundstücks U. straße und die Möglichkeit des Rückerwerbs gesichert. Der vereinbarte Kaufpreis sei nicht durch den Wert des Grundstücks bestimmt worden, sondern durch den Finanzbedarf des Angeklagten, der diesen Betrag zur Abwendung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der D. Bank im Rahmen des von dieser betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens benötigt hätte. Der Angeklagte habe mit der Veräußerung den Zugriff weiterer Gläubiger unmöglich gemacht und sich aufgrund der mit dem Käufer getroffenen Vereinbarung die Möglichkeit geschaffen , den Grundbesitz weiter wie ein Eigentümer nutzen und später zu einem geringen Kaufpreis zurück erwerben zu können. Hierdurch habe er den Zugriff seiner Gläubiger auf den die Forderung der D. Bank „übersteigenden Anteil des Grundstückwerts vereitelt“. Der Angeklagte habe auch die Geschä- digten nicht informiert, die sich in der Erwartung, einen weiteren Teil ihres Schadens ausgleichen zu können, am Zwangsversteigerungsverfahren hatten beteiligen wollen, und habe ihre Anfragen nicht beantwortet. Darüber hinaus habe er auch das in seinem Alleineigentum stehende und nicht in die Zwangsvollstreckung verstrickte weitere Anwesen verkauft. Damit aber hat die Strafkammer im Rahmen ihrer Ermessensausübung tragend darauf abgestellt, dass sich der Angeklagte vertraglich die Nutzungs- und Rückkaufsmöglichkeit vorbehalten, sich dadurch „wirtschaftliches Eigentum“ an dem Grundstück gesichert und die Verwertung dieses Grundstücks nebst eines weiteren Grundstücks durch die Geschädigten vereitelt hat. Die Höhe des auf dem freien Markt erzielbaren Kaufpreises spielt insoweit keine Rolle. Die im Beweisantrag behauptete Tatsache, das Grundstück U. straße hätte auf dem Immobilienmarkt maximal für 142.000 € veräußert werden können, berührt diese Erwägungen der Strafkammer somit nicht.
Der Senat kann daher ausschließen, dass die Strafkammer eine für den Angeklagten günstigere Verfallsentscheidung getroffen hätte, wenn sie ausdrücklich in ihre Abwägung eingestellt hätte, dass auf dem freien Markt lediglich 142.000 € hätten erzielt werden können.
Jäger Bellay Cirener Fischer Pernice

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafprozeßordnung - StPO | § 111i Insolvenzverfahren


(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an de

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.