Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2020 - 1 StR 492/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Vertreterin der Bundeskasse am 15. Januar 2020 beschlossen:
Gründe:
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- 1. Der Antragsteller wurde dem Angeklagten G. durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 28. Juni 2016 als Verteidiger für die Hauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof bestellt.
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- Gegenstand des Verfahrens waren Revisionen des Angeklagten G. und eines Mitangeklagten. Der Angeklagte G. hatte mit seiner Revisionim Wesentlichen die Bestimmung der nicht geringen Menge des Wirkstoffgehalts von Schlafmohnkapseln durch das Landgericht beanstandet. Der Senat hat ein Sachverständigengutachten hierzu eingeholt und diesen Sachverständigen sowie den der ersten Instanz im Termin vom 27. Oktober 2016 angehört. Die Revisionshauptverhandlung dauerte von 10.36 Uhr bis 11.52 Uhr und – nach einer Unterbrechung – von 12.04 Uhr bis 12.45 Uhr und somit insgesamt eine Stunde und 57 Minuten. Am 8. November 2016 wurde das Revisionsurteil verkündet.
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- Mit Schriftsatz vom 3. September 2019 hat der Antragsteller beantragt, ihm eine Pauschgebühr in Höhe von 4.400 € für das Revisionsverfahren und von jeweils 1.400 € für die Wahrnehmung der beiden Termine unter Anrechnung der gesetzlichen Gebühren zu bewilligen, und die Auszahlung von weiteren 5.213 € zuzüglich Umsatzsteuer beantragt. Er trägt vor, das Mandat habe den Kanzleibetrieb etwa acht Monate dominiert, wegen des Umfangs des Verfahrens und dem damit verbundenen Arbeitsaufwand hätten mehrfach Mandate abgelehnt werden müssen, die Anreise zu den Terminen vor dem Bundesgerichtshof und die Rückreise zum Kanzleisitz in W. mit dem eigenen PKW habe jeweils drei Stunden gedauert und die Hauptverhandlung sei sehr umfangreich gewesen.
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- 2. Die Voraussetzungen gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG für die Bewilligung einer Pauschgebühr liegen nicht vor.
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- a) Danach ist eine Pauschgebühr festzusetzen, die über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht, wenn dies wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache oder des betroffenen Verfahrensabschnitts geboten erscheint. Die Bewilligung einer Pauschgebühr ist ein Ausnahmefall , der nur vorliegt, wenn objektiv eine überdurchschnittliche anwaltliche Leistung erforderlich wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2015 – 4 StR 267/11 Rn. 5 und vom 19. Januar 2017 – 2 StR 549/15 Rn. 1). Entscheidend ist, ob die konkrete Strafsache selbst umfangreich war und infolge dieses Umfangs eine zeitaufwendigere, gegenüber anderen Verfahren erhöhte Tätigkeit des Verteidigers notwendig machte. Dabei ist nur der Zeitaufwand berücksichtigungsfähig , der allein aus verfahrensbezogenen Tätigkeiten des Pflichtverteidigers herrührt, nicht hingegen solcher, der seinen Grund in nur verteidigerbezogenen persönlichen Umständen hat (BGH, Beschluss vom 1. Juni 2015 – 4 StR 267/11 Rn. 5 mwN). Deshalb sind Fahrzeiten bei der Entscheidung über die Bewilligung einer Pauschgebühr nicht zu berücksichtigen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 1. Februar 2005 – 2 BvR 2456/04; BGH, Beschluss vom 1. Juni 2015 – 4 StR 267/11 Rn. 6). Entscheidend ist lediglich, ob die konkrete Strafsache selbst umfangreich war, und deshalb, gegebenenfalls auch infolge komplizierter Rechtsfragen, die im Vergleich zu anderen Verfahren zeitaufwendigere Tätigkeit des Verteidigers bedingte.
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- b) Dies war hier nicht der Fall. Die Strafsache hatte keinen besonderen Umfang. Das angefochtene Urteil, das zwei Angeklagte betraf, umfasste 26, die Revisionsbegründung zwölf und die Antragsschrift des Generalbundesanwalts sieben Seiten, wobei sich Revisionsbegründung und Antragsschrift hauptsächlich mit der Bestimmung der nicht geringen Menge des Wirkstoffgehalts von Schlafmohnkapseln befassten. Dies war auch nahezu ausschließlich die Thematik des ersten Hauptverhandlungstermins. Auch dessen Verhandlungsdauer war unter Berücksichtigung dessen, dass zwei Revisionen zu behandeln waren und auch eine Verhandlungspause enthalten war, nicht außergewöhnlich lang. Sonstige überdurchschnittlich schwierige Rechtsfragen wies die Strafsache nicht auf. Beim zweiten Hauptverhandlungstermin handelte es sich lediglich um den Verkündungstermin, der keine besondere Vorbereitung erforderte.
Annotations
(1) In Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Dies gilt nicht, soweit Wertgebühren entstehen. Beschränkt sich die Bewilligung auf einzelne Verfahrensabschnitte, sind die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen. Eine Pauschgebühr kann auch für solche Tätigkeiten gewährt werden, für die ein Anspruch nach § 48 Absatz 6 besteht. Auf Antrag ist dem Rechtsanwalt ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn ihm insbesondere wegen der langen Dauer des Verfahrens und der Höhe der zu erwartenden Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten.
(2) Über die Anträge entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das Gericht des ersten Rechtszugs gehört, und im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt, durch unanfechtbaren Beschluss. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung zuständig, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat. In dem Verfahren ist die Staatskasse zu hören. § 42 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Absatz 1 gilt im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. Über den Antrag nach Absatz 1 Satz 1 bis 3 entscheidet die Verwaltungsbehörde gleichzeitig mit der Festsetzung der Vergütung.