Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2000 - 1 StR 398/00

published on 06/12/2000 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2000 - 1 StR 398/00
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 398/00
vom
6. Dezember 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2000 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. März 2000 im Ausspruch über die besondere Schwere der Schuld aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes verurteilt und die besondere Schwere der Schuld (§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) festgestellt. Während der Schuldspruch und der Strafausspruch rechtsfehlerfrei sind, hat die Sachrüge hinsichtlich des Ausspruchs über die besondere Schwere der Schuld Erfolg. 1. Die Verfahrensrügen sind offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Bei den Angaben des Angeklagten im Polizeifahrzeug handelte es sich um Spontanäußerungen (UA S. 86). Ob der auf Nachfrage des Polizeibeamten erweiterte Aussageteil bei der anschließend - nach Belehrung über die Beschuldigtenrechte - erfolgten förmlichen Vernehmung auf der Dienststelle, auf die allein das Urteil Bezug nimmt, fortgewirkt hat, kann der Senat nicht überprüfen , da Inhalt und Ablauf dieser Vernehmung nicht mitgeteilt werden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Auf einem etwaigen Verfahrensverstoß würde das Urteil zudem schon deshalb nicht beruhen, weil der Angeklagte in seiner richterlichen Beschuldigtenvernehmung vom 11. Dezember 1998 in Anwesenheit seines Verteidigers das Vorhandensein der Zigarettenkippen anders als im Polizeifahrzeug geschehen erklärt hat. Die die polizeiliche Beschuldigtenvernehmung vom 12. Juni 1998 betreffende Verfahrensrüge ist unzulässig, da Ablauf und Inhalt der Vernehmung nicht mitgeteilt werden. Zudem war der Angeklagte dort zur Aussage ohne Beisein seines Verteidigers bereit (UA S. 88). 2. Bei der Begründung der besonderen Schwere der Schuld hat das Landgericht dem Angeklagten mehrfach zwei "frühere Übergriffe" (sexuelle Angriffe gegenüber einem zehnjährigen Mädchen im Jahre 1980 und gegenüber einem achtjährigen Mädchen im Jahre 1982) angelastet. Diese Vorfälle durften zur Begründung der Schuldschwere nicht herangezogen werden. Bei dem ersten Vorfall von 1980 war der damals elfjährige Angeklagte schuldunfähig (§ 19 StGB), so daß das damalige Geschehen bei der Beurteilung der Schuldschwere keine Rolle spielen durfte. Die zweite Tat von 1982 - der Angeklagte war damals 14 Jahre alt - wurde mit einer jugendrichterlichen Weisung geahndet. Nach § 63 Abs. 4 i.V.m.
§ 51 BZRG dürfen die Tat und die Verurteilung nicht zum Nachteil des Angeklagten verwertet werden (vgl. nur BGH StV 1998, 17 und BGH, Beschlüsse vom 10. Dezember 1996 - 1 StR 630/96 - und vom 27. Juni 2000 - 1 StR 232/00 -). Das Verwertungsverbot gilt auch dann, wenn sich der Angeklagte selbst zu seiner Verteidigung auf diese Tat berufen hatte (BGHSt 27, 108; BGHR BZRG § 51 Verwertungsverbot 5; BGH, Beschluß vom 4. Oktober 2000 - 2 StR 352/00 -). Der Senat kann nicht ausschließen, daß die Annahme der Schuldschwere auf diesem Rechtsfehler beruht. Zwar liegt die besondere Schwere der Schuld schon aufgrund der Tatumstände der abgeurteilten Tat und der sonstigen rechtsfehlerfrei bewerteten Umstände nahe. Das Revisionsgericht kann seine eigene Wertung nicht an die Stelle derjenigen des Tatrichters setzen (vgl. BGHSt 40, 360, 370; BGH, Urteil vom 14. Dezember 2000 - 4 StR 375/00 -). Der Ausspruch über die Schuldschwere war daher aufzuheben; die Feststellungen können bestehen bleiben, da es sich um einen Wertungsfehler handelt. Schäfer Nack Wahl Schluckebier Schaal
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden. (
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist.

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.