Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Jan. 2013 - 1 StR 382/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Senat hatte die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 16. April 2010 mit Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011 auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Mit am selben Tag beim Senat eingegangenem Schreiben vom 21. Dezember 2012, hat Rechtsanwalt Prof. Dr. J. angezeigt, dass er den Verurteilten vertrete. Er hat gemäß § 356a StPO beantragt, das Verfahren in die Lage zurückzuversetzen, die vor Erlass des Senatsbeschlusses vom 8. Februar 2011 bestanden habe. Zugleich hat er beantragt, „dem Unterfertig- ten“ gegen die Versäumung der Wochenfrist des § 356aStPO Wiedereinsetzung zu gewähren.
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- Es liege eine Verletzung rechtlichen Gehörs zum Nachteil des Angeklag- ten vor, weil das Revisionsgericht „die zivilrechtliche Vorfrage der Anwendbar- keit des Werkvertragsrechts beziehungsweise des Arbeitsrechts im hiesigen Fall zur Kenntnis genommen, sie jedoch bei seiner Entscheidung insofern nicht in Erwägung gezogen (habe), als es sich trotz der Ausführungen der Verteidi- gung und der Bundesanwaltschaft nicht mit deren impliziten tatsächlichen Vor- bringen“ zu einer vertraglichen „Wortpassage“ auseinandergesetzt und „inso- fern den Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör verletzt“ habe.
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- 1. Die Anhörungsrüge ist unzulässig, weil nicht mitgeteilt wird, wann der Verurteilte von der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. Da der Antrag zulässigerweise nur binnen einer Frist von einer Woche seit dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Betroffenen von der Verletzung des rechtlichen Gehörs gestellt werden kann und das Revisionsgericht diesen Zeitpunkt im Regelfall nicht den Akten entnehmen kann, muss dieser Zeitpunkt binnen der Wochenfrist (§ 356a Satz 2 StPO) mitgeteilt werden (vgl. BGHR StPO § 356a Frist 1).
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- Der Verurteilte hat nicht mitgeteilt, wann er von der vermeintlichen Verletzung seines rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. In der Anhörungsrüge wird allein auf die Kenntniserlangung durch seinen neuen Wahlverteidiger, Rechtsanwalt Prof. Dr. J. , abgestellt, indem geltend gemacht wird, dieser Verteidiger habe erst am 19. Dezember 2012 von dem früheren Verteidiger Dr. C. die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 11. Januar 2011 erhalten. Es wird weder behauptet noch glaubhaft gemacht, auch der Verurteilte habe erst zu diesem Zeitpunkt von der Antragsschrift des Generalbundesanwalts Kenntnis erlangt. Auf die Kenntnis des Verurteilten kommt es aber entscheidend an; denn gemäß § 356a Satz 1 StPO setzt die Zurückversetzung in die Lage vor dem Erlass der Entscheidung voraus, dass das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. In der Anhörungsrüge wird geltend gemacht, der Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör sei verletzt worden.
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- 2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO ist ebenfalls unzulässig.
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- Es fehlt an der Angabe und Glaubhaftmachung, zu welchem Zeitpunkt das Hindernis, das der Einhaltung der Wochenfrist für die Erhebung der Anhörungsrüge entgegengestanden haben soll, für den Antragsteller weggefallen ist. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 21. Dezember 2012 verhält sich auch insoweit lediglich zur Kenntniserlangung durch den neuen Wahlverteidiger, Rechtsanwalt Prof. Dr. J. , der nach eigenem Bekunden erst am 7. März 2011, also knapp einen Monat nach Verwerfung der Revision des Verurteilten, von diesem bevollmächtigt worden ist. Hieraus lassen sich keine Schlüsse auf den Kenntnisstand des Verurteilten ziehen, da dieser im Revisionsverfahren von den Rechtsanwälten Dr. C. und Dr. S. verteidigt worden ist. Von Rechtsanwalt Dr. C. hat der neue Wahlverteidiger Prof. Dr. J. - nach eigenem Bekunden - die Antragsschrift des Generalbundesanwalts erhalten; sie lag also offensichtlich der Verteidigung vor. Auf den Umstand, dass es Rechtsanwalt Prof. Dr. J. bereits bei seiner - in der Anhörungsrüge mitgeteilten - Einsichtnahme in die Verfahrensakten im April 2011 bewusst sein musste, dass ein Verwerfungsbeschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO zwingend einen entsprechenden Antrag des Generalbundesanwalts voraussetzt, kommt es daher nicht mehr an.
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- 3. Auch in der Sache könnte die Anhörungsrüge keinen Erfolg haben. Der Senat hat das angefochtene Urteil unter Berücksichtigung der in der Revisionsrechtfertigung enthaltenen Beanstandungen und der von den Verfahrensbeteiligten hierzu gemachten Ausführungen umfassend geprüft. Dabei hat er auch die vom Verurteilten nun in seiner Anhörungsrüge angesprochenen Gesichtspunkte bei der Entscheidung über die Revision berücksichtigt; den Verur- teilten belastende Rechtsfehler ergaben sich dabei nicht. Dass der Beschluss des Senats, der auf der Grundlage der Stellungnahme und des Antrags des Generalbundesanwalts ergangen ist, keine Begründung enthält, liegt in der Natur des Verfahrens nach § 349 Abs. 2 StPO. Eine weitergehende Begründungspflicht für die letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidung bestand nicht (vgl. auch BGHR StPO § 356a Gehörverstoß 3 mwN). Art. 103 Abs. 1 GG zwingt die Gerichte nicht dazu, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2007 - 2 BvR 746/07).
- 8
- 4. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2006 - 1 StR 240/06).
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Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.