Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2002 - 1 StR 309/02

published on 28/08/2002 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2002 - 1 StR 309/02
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 309/02
vom
28. August 2002
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. August 2002 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 6. Mai 2002 im Strafausspruch mit den
Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Der Angeklagte wurde wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 21 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotene Überprüfung des Urteils hat im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Strafausspruch kann dagegen nicht bestehen bleiben (§ 349 Abs. 4 StPO); die Jugendkammer hat § 31 Nr. 1 BtMG nicht geprüft, obwohl hierzu Anlaß bestand:
Der Angeklagte hat, in der Hauptverhandlung ebenso wie schon im Ermittlungsverfahren , angegeben, er habe das von ihm weiter verkaufte Rauschgift von seinem Landsmann H. bezogen. Die Jugendkammer beschränkt sich auf die Feststellung H. sei möglicherweise der Lieferant, er sei allerdings seit August 1998 unbekannten Aufenthalts. Im Rahmen der Strafzumessung ist § 31 Nr. 1 BtMG nicht angesprochen. Offenbar ist die Jugendkammer der Auffassung, diese Bestimmung sei schon deshalb unanwendbar, weil H. gegenwärtig unbekannten Aufenthalts ist, so daß es nicht darauf ankommt, ob die ihn betreffenden Angaben des Angeklagten richtig oder falsch sind. Dieses hält rechtlicher Prüfung nicht stand: 1. § 31 Nr. 1 BtMG verlangt einen Aufklärungserfolg (zur kriminalpolitischen Bedeutung vgl. auch BGH NJW 2002, 908). Hierfür reicht die Begründung eines Verdachts und die damit verbundene Schaffung einer Aufklärungsmöglichkeit nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, daß die Strafverfolgungsbehörden auf Grund der Angaben des Angeklagten abgesicherte Erkenntnisse zu Tatgenossen und deren Tatbeiträgen gewonnen haben. Bei der Prüfung, ob ein Aufklärungserfolg in diesem Sinne vorliegt, ist der Tatrichter weder gehalten , selbst den Angaben des Angeklagten nachzugehen, noch braucht er abzuwarten , bis andere Stellen entsprechende Ermittlungen durchgeführt haben. Für die Frage, ob ein Aufklärungserfolg vorliegt, kommt es vielmehr entscheidend auf die Überzeugung des Tatrichters in der Hauptverhandlung an (vgl. BGH StV 1994, 544 m.w.N.). Der Zweifelssatz ist dabei allerdings nicht anzuwenden (BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 7; Franke/Wienroeder BtMG 2. Aufl. § 31 Rdn. 8; Körner BtMG 5. Aufl. § 31 Rdn. 58). Der Tatrichter ist jedoch rechtlich nicht gehindert, einen Aufklärungserfolg auch dann zu bejahen, wenn
es für die Richtigkeit der Angaben des Angeklagten keine weiteren Beweismittel gibt (vgl. Franke/Wienroeder aaO Rdn. 7). Liegen daher Angaben des Angeklagten vor, die - möglicherweise - Grundlage der Annahme eines Aufklärungserfolgs sein können, so ist deren Bewertung nachvollziehbar darzulegen, um dem Revisionsgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob ein Aufklärungserfolg zutreffend angenommen oder abgelehnt wurde (vgl. BGH StV 1994, 544; G. Schäfer, Praxis der Strafzumessung, 3. Aufl. Rdn. 985 m.w.N.). 2. Die von der Jugendkammer nicht vorgenommene nähere Bewertung der Angaben des Angeklagten zu seinem Lieferanten ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil H. gegenwärtig unbekannten Aufenthalts ist. Es steht der Anwendbarkeit von § 31 Nr. 1 BtMG nicht entgegen, wenn der durch die Angaben des Angeklagten - zur Überzeugung des Tatrichters der Sache nach zutreffend - Belastete bisher noch nicht ergriffen werden konnte (BGH StV 1994, 544 m.w.N.).
3. Über den Strafausspruch muß nach alledem neu befunden werden. Der Senat weist darauf hin, daß bei der Prüfung eines Aufklärungserfolges im Sinne des § 31 Nr. 1 BtMG auf den Zeitpunkt der erneuten Hauptverhandlung abzustellen ist (BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 21 m.w.N.). Nack Wahl Boetticher Schluckebier Kolz
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter1.durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich d
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.