Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2006 - 1 StR 167/06

bei uns veröffentlicht am22.06.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 167/06
vom
22. Juni 2006
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2006 gemäß §§ 154
Abs. 2, 154a Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 30. November 2005 wird auf Antrag des Generalbundesanwalts die Strafverfolgung im Fall II. Nr. 7 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der schweren räuberischen Erpressung beschränkt, sodass die weitergehende Verurteilung wegen zweier Fälle der Nötigung jeweils in Tateinheit mit Bedrohung entfällt. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:

1
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 4. April 2006 unter anderem ausgeführt: "Der Angeklagte wurde wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (1.) in Tatmehrheit mit zwei sachlich zusammentreffenden Fällen der gefährlichen Körperverletzung (2.) in Tatmehrheit mit Raub, sachlich zusammentreffend mit zwei tatmehrheitlichen Fällen der vorsätzlichen Körperverletzung (3.) in Tatmehrheit mit zehn rechtlich selbständigen Fällen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (4.) in Tatmehrheit mit vier sachlich zusammentreffenden Fällen des gemeinschaftlich begangenen versuchten Diebstahls (5.) in Tatmehrheit mit zwei sachlich-rechtlich zusammentreffenden Fällen der vorsätzlichen Körperverletzung in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung (6.) in Tatmehrheit mit zwei selbständigen Fällen der Nötigung jeweils in Tateinheit mit Bedrohung (7.) in Tatmehrheit mit schwerer räuberischer Erpressung (8.) in Tatmehrheit mit versuchtem Totschlag rechtlich zusammentreffend mit gefährlicher Körperverletzung (9.) unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Augsburg vom 24. Mai 2005 und hierin einbezogen die Entscheidung vom 9. August 2004 zur Einheitsjugendstrafe von sieben Jahren verurteilt. Ferner wurde die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt mit der Maßgabe angeordnet, dass die Strafe bis zur Hälfte vor der Maßregel zu vollziehen ist. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts führt zu dem Teileinstellungsantrag. Im Übrigen erscheint das Rechtsmittel unbegründet i.S. von § 349 Abs. 2 StPO. 1. Das Landgericht hat sich bei der rechtlichen Würdigung (UA S. 38 unter V.) mit Ausnahme von Rechtsausführungen zum Fall II.8 (versuchter Totschlag z.N. Ü. ) auf die Feststellung beschränkt, dass sich der Angeklagte, so wie entschieden, 'gemäß §§ 21 I Nr. 1 StVG, 29 I Nr. 1, 1 I, 3 I BtMG in Verbindung mit der Anlage I zum BtMG, 223 I, 224 I Nr. 2, Nr. 5 230 I, 240 I, II, 241, 242 I, II, 243 I S. 2 Nr. 2, 249 I, 250 II Nr. 1, 253 I, II, 255, 212, 21, 22, 23, 25 II, 52, 53, 64, 67 II StGB schuldig gemacht (hat)'. Eine nähere Zuordnung hat es entgegen § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO unterlassen. Indes wird der Bestand des Urteils hierdurch nicht gefährdet , weil sich unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Urteilsgründe noch nachvollziehen lässt, welches Strafgesetz das Gericht bezogen auf die im Einzelnen festgestellten Sachverhalte als erfüllt ansieht (vgl. Engelhardt in KK-StPO 5. Aufl. § 267 Rn. 21). Der Urteilstenor (vgl. obige Bezifferung) ist wie folgt zuzuordnen: Tenor Fall der Urteilsgründe
(1)
II.1 (UA S. 15)
(2)
II.3 (zwei unbekannte Tatopfer, UA S. 16f.)
(3)
II.5 (z.N. K. und Z. , UA S. 18)
(4)
II.4 (UA S. 17)
(5)
II.2 (UA S. 15f.)
(6)
II.6 (z.N. D. und B. , UA S. 19) (7) + (8) II.7 (z.N. G. (UA S. 20, vgl. auch An- klageschrift Bd. V Bl. 656, 661 Nr. 7 i.V.m. 667 Nr. 7 d.A.)
(9)
II.8 (z.N. Ü. UA S. 20f.) 2. Anlass für den Antrag nach §§ 154, 154a StPO ist, dass nach den Urteilsfeststellungen im Fall II.7 (UA S. 20) und der hierzu ergangenen Beweiswürdigung (UA S. 28 bis 31) unklar bleibt, von welchem tat- sächlichen Geschehen das Landgericht im Übrigen ausgeht beziehungsweise ob die Nötigung am Ende der Tathandlung vollendet ist."
2
Dem schließt sich der Senat an und hat im Fall II. Nr. 7 der Urteilsgründe die Strafverfolgung auf den erheblich schwereren Tatvorwurf der schweren räuberischen Erpressung beschränkt. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes und der vielfachen weiteren zur Aburteilung gekommenen Straftaten kann der Senat ausschließen, dass die Jugendkammer auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs eine geringere Einheitsjugendstrafe ausgesprochen hätte.
3
Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund des Revisionsvorbringens keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
4
Jedoch besteht Anlass zu dem ergänzenden Hinweis, dass die pauschale Verweisung auf die nach Ansicht des Landgerichts "aufgrund des festgestellten Sachverhalts" verwirklichten Tatbestände bei einer Vielzahl von Taten - wie sie hier gegeben sind - eine Nachprüfung erschwert und insgesamt eher fehlergeneigt ist, sodass es sich dringend empfiehlt, eine rechtliche Zuordnung der einzelnen Taten vorzunehmen und diese dabei mit den in den übrigen Abschnitten der Urteilsgründe verwendeten Ordnungsziffern zu bezeichnen (vgl. BGH, Beschl. vom 16. Mai 2002 - 4 StR 105/02). Wahl Kolz Hebenstreit Elf Graf

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

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Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2002 - 4 StR 105/02

bei uns veröffentlicht am 16.05.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 105/02 vom 16. Mai 2002 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 105/02
vom
16. Mai 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 16. Mai 2002 gemäß §§ 154
Abs. 2, 154 a Abs. 2, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts wird das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 1., 6. und 7. wegen Verbreitung von pornographischen Schriften verurteilt worden ist. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen. 2. Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts wird der Fall II. 8. der Urteilsgründe von der Strafverfolgung ausgenommen. 3. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 6. Dezember 2001
a) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefaßt, daß der Angeklagte des schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Sichverschaffen kinderpornographischer Schriften, sowie des schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit Sichverschaffen kinderpornographischer Schriften schuldig ist;
b) mit den Feststellungen aufgehoben im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer - Jugendschutzkammer - des Landgerichts zurückverwiesen. 5. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten des "schweren sexuellen Miûbrauchs von Kindern in vier Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Verbreitung pornographischer Schriften, und der Verbreitung von pornographischen Schriften in vier (weiteren Fällen) schuldig" gesprochen. Es hat ihn unter Einbeziehung der Strafen aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäû § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 1., 6. und 7. der Urteilsgründe jeweils wegen Verbreitung von pornographischen Schriften verurteilt worden ist. Ferner wird mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäû § 154 a Abs. 2 StPO die in der Überlassung der Videokassette , auf der vom Angeklagten das Tatgeschehen im Fall 5 der Urteilsgründe aufgezeichnet worden war, an einen Dritten (Fall II. 8. der Urteilsgründe) liegende Gesetzesverletzung von der Strafverfolgung ausgenommen; damit entfällt auch diese Verurteilung. Die Überlassung einer solchen pornographischen Schrift (§ 11 Abs. 3 StGB) an einen Dritten erfüllt entgegen der Auffassung des
Landgerichts nicht den Tatbestand des § 184 Abs. 3 Nr. 2 StGB, sondern den Tatbestand der Besitzverschaffung im Sinne des Abs. 5 Satz 1 dieser Vorschrift.
2. Der Wegfall der Verurteilung in den vorgenannten Fällen nötigt zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
Im übrigen ist das Rechtsmittel des Angeklagten unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO; jedoch wird der Schuldspruch zur Klarstellung des Schuldumfanges, wie vom Generalbundesanwalt angeregt, dahin geändert, daû der Angeklagte im Fall II. 4. der Urteilsgründe des schweren sexuellen Miûbrauchs von Kindern in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen sowie in allen vier Fällen des schweren sexuellen Miûbrauchs von Kindern jeweils tateinheitlich des Sichverschaffens kinderpornographischer Schriften (§ 184 Abs. 5 Satz 1 StGB; vgl. BGHSt 43, 366, 368 f.) schuldig ist. § 265 StPO steht nicht entgegen, da auszuschlieûen ist, daû sich der geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf anders als geschehen verteidigt hätte.
3. Die pauschale Verweisung auf die nach Auffassung des Landgerichts verwirklichten Straftatbestände im Rahmen der rechtlichen Würdigung, gibt Anlaû zu dem Hinweis, daû es insbesondere bei einer Vielzahl von Taten - wie
hier - angezeigt ist, eine rechtliche Zuordnung der einzelnen Taten vorzunehmen und die Taten mit den in den übrigen Abschnitten der Urteilsgründe verwendeten Ordnungsziffern zu bezeichnen.
VRi'n BGH Dr. Tepperwien Maatz Athing befindet sich in Urlaub und ist deshalb verhindert zu unterschreiben. Maatz Ernemann Sost-Scheible