Bundesfinanzhof Beschluss, 12. Juni 2012 - X B 51/11

Gericht
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) benannten Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht gegeben.
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1. Eine die einheitliche Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO gefährdende Divergenz liegt vor, wenn das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der Bundesfinanzhof (BFH), das Bundesverfassungsgericht, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, ein anderes oberstes Bundesgericht oder ein anderes FG. Das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 13. Juli 2011 X B 117/10, BFH/NV 2011, 2075, m.w.N.).
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Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidungen sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen. Des Weiteren ist darzulegen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 5. Oktober 2010 X B 72/10, BFH/NV 2011, 273, m.w.N.).
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a) Der Kläger bezeichnet als abstrakten Rechtssatz des FG die Aussage, dass in den Fällen, in denen der Erwerb eines zu Einkünften führenden Rentenrechts gegen laufende Beitragsleistungen erfolge, die in den Beitragsleistungen enthaltenen Finanzierungskosten nur als Sonderausgaben abziehbar seien.
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Damit weiche das finanzgerichtliche Urteil von der Entscheidung des angerufenen Senats vom 15. Dezember 1999 X R 23/95 (BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267) ab, in der der BFH den Rechtssatz aufgestellt habe, Finanzierungskosten, die durch den Erwerb von Rentenversicherungsleistungen veranlasst seien, könnten als Werbungskosten abgezogen werden. Dem Senatsurteil habe der Fall des Erwerbs des Rentenrechts durch eine einmalige Beitragsleistung zugrunde gelegen, die durch einen Kredit finanziert worden sei.
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Mit diesem Vortrag zeigt der Kläger bereits selbst auf, dass es sich im Streitfall weder um einen mit der angeblichen Divergenzentscheidung vergleichbaren Sachverhalt noch um vergleichbare Rechtsfragen handelt. In dem Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267 ging es um die Feststellung der Überschusserzielungsabsicht eines Steuerpflichtigen in den Fällen des fremdfinanzierten Erwerbs einer Rentenversicherung gegen Einmalzahlung, die vom Senat bejaht wurde, falls der Rentenberechtigte nach den gegebenen Umständen, vor allem im Hinblick auf seine (statistische) Lebenserwartung bei Vertragsschluss, damit rechnen könne, dass die Einnahmen (in Höhe der Ertragsanteile) den Finanzierungsaufwand überstiegen. In diesen Fällen könnten Finanzierungskosten, die durch den Abschluss eines Vertrags über eine sofort beginnende Leibrentenversicherungsleistung gegen Zahlung eines Einmalbetrages veranlasst gewesen seien, als Werbungskosten bei den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen abziehbar sein.
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Der Kläger hat jedoch weder eine Rentenversicherung gegen Einmalleistung abgeschlossen noch macht er Finanzierungsaufwendungen geltend. Er will vielmehr seine Beitragsleistungen in eine private Rentenversicherung, die er aus seinem Vermögen erbracht hat, als Werbungskosten abziehen.
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Hierzu hat der BFH bereits in dem vom FG zitierten Urteil vom 30. Oktober 2001 VIII R 29/00 (BFHE 197, 114, BStBl II 2006, 223) entschieden, dass die unmittelbaren Aufwendungen (Einmalprämie oder laufende Beiträge) für den Erwerb von Rentenrechten auch insoweit, als deren Erträge (ganz oder teilweise) der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 1 oder Satz 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes i.d.F. vor Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427 ff.) unterlägen, nicht als sofort abziehbare (vorweggenommene) Werbungskosten Berücksichtigung finden könnten.
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Der Gesetzgeber geht auch nach der Neuregelung durch das AltEinkG von einer Vermögensumschichtung aus, wenn eigenes Vermögen dazu verwendet wird, Ansprüche auf Rentenleistungen aus privaten Rentenversicherungen zu erwerben. Das zeigt sich darin, dass der Empfänger diese Renten nicht mit dem Besteuerungsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Einkommensteuergesetzes nach Inkrafttreten des AltEinkG (EStG n.F.), sondern lediglich mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG n.F. zu besteuern hat. Die Ertragsanteilsbesteuerung gilt nämlich für die nicht von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG n.F. erfassten Leibrenten, die sich als verzinsliche Aus-/Rückzahlung von eigenem Kapital darstellen (vgl. Fischer in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 22 Rz 46).
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b) Eine Divergenz ergibt sich auch nicht zu dem anderen vom Kläger genannten Urteil vom 18. Mai 2010 X R 32-33/01 (BFHE 230, 305, BStBl II 2011, 675), dem der Kläger den Rechtssatz entnehmen will, dass in den Beitragsleistungen enthaltene Finanzierungskosten insoweit nicht als Sonderausgaben, sondern als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten steuerlich abziehbar seien, als laufende Beitragsleistungen für den Erwerb eines zu Einkünften genutzten Wirtschaftsgutes geleistet würden.
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Dieser Entscheidung liegt ebenfalls ein grundlegend anderer Sachverhalt zugrunde. In diesem Urteil hatte der Senat die steuerliche Behandlung einer sogenannten Veräußerungsrente zu beurteilen, welche die Ehefrau als Gegenleistung dafür zu zahlen hatte, dass ihr der Ehemann das selbst genutzte Einfamilienhaus übertragen hatte. Der erkennende Senat hatte einen Sonderausgabenabzug der Klägerin mangels wirtschaftlicher Belastung abgelehnt. Er hatte jedoch einen Betriebsausgabenabzug des in den Rentenzahlungen enthaltenen Zinsanteils insoweit anerkannt, als er auf das betrieblich genutzte Arbeitszimmer entfiel, wobei der Zinsanteil sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den jährlichen Rentenzahlungen einerseits und dem entsprechenden Rückgang des Barwerts der Leibrentenverpflichtung andererseits ergab.
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Im Unterschied zum Streitfall ging es um die steuerliche Behandlung der Rentenleistungen eines Rentenverpflichteten und nicht um die Beitragsleistungen eines Rentenberechtigten --wie z.B. des Klägers-- von künftigen Rentenleistungen.
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Es ist auch nicht möglich, die aktuellen Beitragsleistungen des Klägers an den Rentenversicherer als wiederkehrende Leistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung "umzudeuten". Das Versicherungsunternehmen hat ihm mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags keine Wirtschaftsgüter aus dem eigenen Betriebsvermögen übertragen; es verpflichtete sich vielmehr dazu, dem Kläger Versicherungsschutz und den Anspruch auf künftige Versicherungsleistungen zu gewähren. Damit stellen die Versicherungsbeiträge die vertragliche Gegenleistung des Versicherungsnehmers für die künftigen Rentenleistungen des Versicherers aufgrund des Rentenversicherungsvertrags dar und sind keine wiederkehrende Leistung i.S. der Rechtsprechung des BFH bzw. i.S. des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 11. März 2010 (BStBl I 2010, 227).
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2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO liegen nicht vor.
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Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (BFH-Beschlüsse vom 10. September 2003 X B 132/02, BFH/NV 2004, 495, unter 1., und vom 14. November 2005 II B 51/05, BFH/NV 2006, 305, unter II.1.).
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Die vom Kläger aufgeworfene Frage ist, ob die Gleichbehandlung zu Mitgliedern einer berufsständischen Versorgungseinrichtung es gebiete, Finanzierungskosten, die durch den Erwerb von Rentenversicherungsleistungen einer privaten Rentenversicherung veranlasst seien, nicht als Werbungskosten, sondern nur als Sonderausgaben zu behandeln, wenn die Finanzierungskosten nicht aufgrund einer Einmalzahlung entständen, sondern in den laufenden Beitragszahlungen enthalten seien.
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Diese Frage könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Wie bereits oben unter 1. dargelegt, macht der Kläger keine Finanzierungskosten steuerlich geltend, sondern die von ihm geleisteten Beiträge zu seiner privaten Rentenversicherung. Es ist nicht erkennbar, dass diese Beiträge einen Finanzierungsanteil enthalten – im Gegensatz zu den aus ihnen resultierenden Rentenleistungen.
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3. Da die Rechtsfortbildungsrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ein besonderer Fall der Grundsatzrevision ist (vgl. BFH-Beschluss vom 19. April 2007 III B 36/06, BFH/NV 2007, 1518), kommt diese aus den unter 2. dargelegten Gründen ebenfalls nicht in Betracht.
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4. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Annotations
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.