Bundesfinanzhof Beschluss, 01. Aug. 2013 - X B 197/12

bei uns veröffentlicht am01.08.2013

Tatbestand

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I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 1997 bis 2003 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger war ebenso wie sein Bruder und sein Vater an einer GmbH als Gesellschafter-Geschäftsführer zu je einem Drittel beteiligt. Pensionszusagen erteilte die GmbH lediglich dem Kläger und seinem Bruder. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) kürzte deshalb im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagungen der Kläger für die Streitjahre den Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren 1997 bis 2003 geltenden Fassung (EStG). Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Es führte aus, die Kürzung sei vorzunehmen, weil der Kläger seine Versorgungsanwartschaft zu Lasten von Mitgesellschaftern erworben habe. Er habe sie jedenfalls zu Lasten des weiteren Mitgesellschafters, seines Vaters, erworben, dem keine Pensionszusage erteilt worden sei. Unerheblich sei, weshalb der Vater keine Pensionszusage erhalten habe.

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Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger geltend, es bedürfe der grundsätzlichen Klärung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) bzw. einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO), ob eine Kürzung des Vorwegabzugs nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG im Fall der Erteilung von Pensionszusagen an mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH auch dann vorzunehmen sei, wenn dies zwar auch zu Lasten eines weiteren Gesellschafter-Geschäftsführers gehe, diesem aber eine Pensionszusage deshalb nicht erteilt worden sei, weil er diese nicht mehr erdienen könne.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob die Beschwerdebegründung der Kläger den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. des § 115 Abs. 2 FGO entspricht. Jedenfalls liegen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor.

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Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch bedarf es in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).

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a) Zwar war die im Streitfall vorliegende Situation, dass einem der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH eine Versorgungszusage deshalb nicht erteilt worden ist, weil dieser eine solche nicht mehr erdienen kann, noch nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage der Kürzung des Vorwegabzugs bei den anderen Gesellschafter-Geschäftsführern. Diese Frage lässt sich jedoch unter Heranziehung der bisher ergangenen BFH-Rechtsprechung eindeutig in dem Sinne beantworten, wie dies das FG getan hat. Die Frage ist daher nicht klärungsbedürftig.

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b) Nach dem Wortlaut des § 10c Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG ist eine Kürzung eines Vorwegabzugs nicht vorzunehmen, wenn ein Versorgungsberechtigter seinen Versorgungsanspruch ausschließlich durch eigene Beitragsleistungen erworben hat. Dies hat der XI. Senat in seiner Grundsatzentscheidung vom 16. Oktober 2002 XI R 25/01 (BFHE 200, 554, BStBl II 2004, 546) im Fall der Erteilung einer Pensionszusage an einen Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH angenommen, weil eine solche Beitragsleistung auch in der Verminderung von Gesellschaftsrechten des Gesellschafter-Geschäftsführers gegenüber der GmbH bestehen kann. Diese Gesellschaftsrechte werden wegen der von der GmbH zu bildenden Pensionsrückstellung gemindert. Diese Rechtsprechung hat der XI. Senat in seinem Urteil vom 23. Februar 2005 XI R 29/03 (BFHE 209, 256, BStBl II 2005, 634) für den Fall einer GmbH mit mehreren Gesellschaftern fortentwickelt. Danach ist für die Beurteilung der Frage, ob ein Gesellschafter das ihm von der Gesellschaft erteilte Anwartschaftsrecht auf betriebliche Altersversorgung ausschließlich durch eigene Beitragsleistung erwirbt, entscheidend darauf abzustellen, ob unter Berücksichtigung des entstehenden Gesamtaufwands der Gesellschaft für die Altersversorgung ihrer Gesellschafter der Aufwand der GmbH für die Altersversorgung des zu beurteilenden Gesellschafters dessen quotaler Beteiligung an der GmbH entspricht oder diese unterschreitet.

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Dieser Rechtsprechung ist der beschließende Senat gefolgt. Er hat jedoch klargestellt, dass der vom Geschäftsführer einer GmbH bezogene Arbeitslohn nur dann aus der Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs auszunehmen ist, wenn die gegen die Gesellschaft erworbenen Ansprüche auf eine eigene Altersversorgung vollständig mit dem (ggf. wechselseitigen) Verzicht auf die dem Steuerpflichtigen in seiner Eigenschaft als (Mit-)Gesellschafter zustehenden Ansprüche in Verbindung gebracht werden können (vgl. z.B. Senatsurteil vom 24. Juni 2009 X R 56/08, BFH/NV 2010, 25, m.w.N. aus der Senatsrechtsprechung).

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Geht hingegen der Versorgungsanspruch des Steuerpflichtigen teilweise zu Lasten der gesellschaftlichen Ansprüche eines Mitgesellschafters, ist dies vorwegabzugsschädlich. Dies gilt auch dann, wenn es für eine solche Gestaltung rechtlich und wirtschaftlich nachvollziehbare Erwägungen gibt, weil es im Rahmen von § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG allein darauf ankommt, ob der Aufwand der Kapitalgesellschaft für die Altersversorgung des jeweiligen Gesellschafter-Geschäftsführers dessen quotaler Beteiligung an der Kapitalgesellschaft entspricht (Senatsbeschluss vom 6. April 2009 X B 213/08, BFH/NV 2009, 1263).

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Dementsprechend hat der angerufene Senat ein Überschreiten dieser Quote auch dann für vorwegabzugsschädlich gehalten, wenn der Mitgesellschafter, dem keine Altersversorgung zugesagt wurde, als Ausgleich einen höheren Arbeitslohn erhält (Senatsbeschluss vom 16. Juli 2008 X B 202/07, BFH/NV 2008, 1681) oder ihm höhere Ansprüche gegenüber einer Schwester-Kapitalgesellschaft eingeräumt werden (Senatsurteil vom 19. Mai 2011 X R 30/10, BFH/NV 2011, 1854). Auch hat der Senat entschieden, dass eine Kürzung des Vorwegabzugs nicht deshalb unterbleibt, weil der über die Beteiligungsquote des Gesellschafters hinausgehende Aufwand der Kapitalgesellschaft für die zugesagte Altersversorgung des Gesellschafters durch eine höhere Arbeitsleistung dieses Gesellschafters oder durch eine höhere Geschäftsführer-Vergütung eines anderen Gesellschafter-Geschäftsführers kompensiert wird (Senatsurteil vom 24. Juni 2009 X R 54/08, BFH/NV 2010, 22).

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Ausgehend von diesen Grundsätzen, ist die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage eindeutig zu beantworten. Die Erteilung einer Versorgungszusage ist auch dann vorwegabzugsschädlich, wenn das Überschreiten des Aufwands der Gesellschaft für die Versorgungszusage an den Kläger im Vergleich zum Gesamtaufwand der Gesellschaft für alle Gesellschafter-Geschäftsführer deshalb die Beteiligungsquote übersteigt, weil einem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pensionszusage nicht erteilt wurde, weil er diese nicht mehr erdienen könnte. Dabei ist unerheblich, dass eine solche Pensionszusage, wenn sie erteilt worden wäre, als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilt werden könnte (vgl. BFH-Urteil vom 9. November 2005 I R 94/04, BFH/NV 2006, 616). Denn auf die Gründe, weshalb die dem Kläger erteilte Pensionszusage einen über seine Beteiligungsquote hinausgehenden Aufwand verursacht, kommt es nicht an.

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Mit dieser Aussage setzt sich der angerufene Senat nicht in Widerspruch zur vorstehend genannten Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung. Die Beteiligten sind bei Vorliegen der im Streitfall gegebenen Konstellation nicht gezwungen, einem Gesellschafter unter Inkaufnahme einer verdeckten Gewinnausschüttung trotz nicht gegebener Erdienbarkeit eine Pensionszusage zu erteilen. Sie müssen lediglich hinnehmen, dass die Nichterteilung einer Pensionszusage an einen solchen Gesellschafter dazu führen kann, dass der Vorwegabzug eines Mitgesellschafters mit Pensionszusage zu kürzen ist.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 10c Sonderausgaben-Pauschbetrag


1Für Sonderausgaben nach § 10 Absatz 1 Nummer 4, 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a und nach § 10b wird ein Pauschbetrag von 36 Euro abgezogen (Sonderausgaben-Pauschbetrag), wenn der Steuerpflichtige nicht höhere Aufwendungen nachweist. 2Im Fall der Zusammen

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1Für Sonderausgaben nach § 10 Absatz 1 Nummer 4, 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a und nach § 10b wird ein Pauschbetrag von 36 Euro abgezogen (Sonderausgaben-Pauschbetrag), wenn der Steuerpflichtige nicht höhere Aufwendungen nachweist.2Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten verdoppelt sich der Sonderausgaben-Pauschbetrag.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

1Für Sonderausgaben nach § 10 Absatz 1 Nummer 4, 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a und nach § 10b wird ein Pauschbetrag von 36 Euro abgezogen (Sonderausgaben-Pauschbetrag), wenn der Steuerpflichtige nicht höhere Aufwendungen nachweist.2Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten verdoppelt sich der Sonderausgaben-Pauschbetrag.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

1Für Sonderausgaben nach § 10 Absatz 1 Nummer 4, 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a und nach § 10b wird ein Pauschbetrag von 36 Euro abgezogen (Sonderausgaben-Pauschbetrag), wenn der Steuerpflichtige nicht höhere Aufwendungen nachweist.2Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten verdoppelt sich der Sonderausgaben-Pauschbetrag.