Bundesfinanzhof Beschluss, 16. Juli 2012 - IX B 67/12

bei uns veröffentlicht am16.07.2012

Gründe

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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

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1. Die Rüge des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger), das Finanzgericht (FG) habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör durch Verweigerung der Akteneinsicht (§ 78 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) verletzt, greift nicht durch. Ein Verstoß gegen § 78 Abs. 1 FGO liegt nur dann vor, wenn dem Kläger Akteneinsicht ausdrücklich verwehrt wurde. Dies macht der Kläger selbst nicht geltend; vielmehr hat er sein Recht auf Akteneinsicht lediglich nicht wahrgenommen, weil er der Auffassung war, die Akten seien "nicht vollständig". Dem Beschwerdevorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass es dem Kläger nicht möglich gewesen sei, sich Akteneinsicht zu verschaffen. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers begründet der Gehörsanspruch auch keinen Anspruch auf Einsichtnahme in Akten, die dem Gericht von der Finanzbehörde nicht zur Verfügung gestellt worden sind und ihm folglich nicht vorliegen; vielmehr besteht lediglich das Recht der Beteiligten, in die dem Gericht vorliegenden Gerichtsakten --einschließlich der beigezogenen Akten-- Einsicht zu nehmen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. Januar 2007 VII B 3/06, BFH/NV 2007, 1324).

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2. Aus Rechtsgründen ist es auch nicht zu beanstanden, dass das FG von der beantragten Vernehmung der benannten Zeugen abgesehen hat; denn nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG kam es auf die Zeugenvernehmungen nicht an. Vielmehr hätte das Klagebegehren nach Auffassung des FG auch dann keinen Erfolg gehabt, wenn die mit den Zeugenaussagen unter Beweis gestellten Tatsachen zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellt worden wären.

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3. Darüber hinaus hat der Kläger --wie der Beklagte und Beschwerdegegner in der Beschwerdeerwiderung zutreffend geltend macht-- das Vorliegen der Zulassungsgründe einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) sowie der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) lediglich behauptet, ohne deren Voraussetzungen im Einzelnen zu bezeichnen (s. dazu allg. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 25 f.). So hat der Kläger weder eine in Rechtsprechung und/oder Schrifttum umstrittene abstrakte Rechtsfrage, die über die materiell-rechtliche Beurteilung des Streitfalles hinaus im allgemeinen Interesse einer höchstrichterlichen Klärung bedarf, herausgestellt noch dargelegt, aus welchen Gründen eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts im Streitfall erforderlich ist (s. hierzu Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 32 f., 38). Der Kläger wendet sich vielmehr nach dem sachlichen Gehalt seines Beschwerdevorbringens --wonach in den Gründen der angefochtenen Entscheidung neueste Tendenzen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht gewürdigt worden seien-- nur gegen die Entscheidung des FG an sich und setzt seine eigene Rechtsauffassung an die Stelle des FG; mit der darin liegenden Rüge einer fehlerhaften Rechtsanwendung kann der Kläger im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden (z.B. BFH-Beschluss vom 4. Juni 2003 IX B 29/03, BFH/NV 2003, 1212).

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Bundesfinanzhof Beschluss, 16. Juli 2012 - IX B 67/12 zitiert 3 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 78


(1) Die Beteiligten können die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Beteiligte können sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen. (2) Werden die Prozes

Referenzen

(1) Die Beteiligten können die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Beteiligte können sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen.

(2) Werden die Prozessakten elektronisch geführt, wird Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt. Auf besonderen Antrag wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Ein Aktenausdruck oder ein Datenträger mit dem Inhalt der Akten wird auf besonders zu begründenden Antrag nur übermittelt, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse darlegt. Stehen der Akteneinsicht in der nach Satz 1 vorgesehenen Form wichtige Gründe entgegen, kann die Akteneinsicht in der nach den Sätzen 2 und 3 vorgesehenen Form auch ohne Antrag gewährt werden. Über einen Antrag nach Satz 3 entscheidet der Vorsitzende; die Entscheidung ist unanfechtbar. § 79a Absatz 4 gilt entsprechend.

(3) Werden die Prozessakten in Papierform geführt, wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Die Akteneinsicht kann, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, auch durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt werden.

(4) Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die Arbeiten zu ihrer Vorbereitung, ferner die Dokumente, die Abstimmungen oder Ordnungsstrafen des Gerichts betreffen, werden weder vorgelegt noch abschriftlich mitgeteilt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.