Bundesfinanzhof Beschluss, 14. Feb. 2012 - IV S 1/12
Gericht
Tatbestand
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I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) hat beim Niedersächsischen Finanzgericht (FG) einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2008 gestellt. Das FG hat den Antrag mit Beschluss vom 20. Juli 2011 zurückgewiesen. Die Beschwerde wurde nicht zugelassen.
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Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2011 legte der Antragsteller persönlich sofortige Beschwerde beim FG ein. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Beschwerde gemäß § 130 Abs. 1, letzter Halbsatz der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Bundesfinanzhof (BFH) zur Entscheidung vorgelegt.
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Der BFH hat die Beschwerde mit Beschluss vom 24. November 2011 als unzulässig verworfen.
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Mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2011 seiner Prozessbevollmächtigten hat der Antragsteller gegen den Beschluss "Rechtsbeschwerde" und "sofortige Rechtsbeschwerde" eingelegt.
Entscheidungsgründe
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II. Der Rechtsbehelf ist unzulässig.
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1. Die Entscheidung über die Verwerfung der nicht statthaften Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluss des FG ist weder mit der "Rechtsbeschwerde" noch mit der "sofortigen Rechtsbeschwerde" anfechtbar. Einen derartigen Rechtsbehelf kennt die FGO nicht. Auch eine außerordentliche Beschwerde wegen sog. greifbarer Gesetzeswidrigkeit ist seit Inkrafttreten des § 133a FGO durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3220) zum 1. Januar 2005 als außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf nicht mehr statthaft (z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. November 2005 VIII B 181/05, BFHE 211, 37, BStBl II 2006, 188, und vom 4. November 2008 V B 114/08, BFH/NV 2009, 400).
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2. Eine Umdeutung des ausdrücklich als "Rechtsbeschwerde" und "sofortige Rechtsbeschwerde" bezeichneten Rechtsbehelfs in eine Anhörungsrüge nach § 133a FGO kommt nicht in Betracht. Dem steht entgegen, dass für den Antragsteller eine zur Vertretung vor dem BFH befugte Prozessbevollmächtigte handelt; insoweit ist es ein Gebot der Rechtssicherheit, Rechtskundige mit ihren Prozesserklärungen beim Wort zu nehmen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2009, 400, und vom 22. März 2011 X B 198/10, BFH/NV 2011, 1166).
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3. Aus den Gründen zu 2. scheidet auch eine Umdeutung in eine Gegenvorstellung aus (vgl. BFH-Beschluss vom 18. August 2009 VIII B 95/09, BFH/NV 2010, 217). Im Übrigen kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 25. November 2008 1 BvR 848/07, BVerfGE 122, 190) und des BFH (Beschlüsse vom 1. Juli 2009 V S 10/07, BFHE 225, 310, BStBl II 2009, 824; vom 28. Mai 2010 III S 11/10, BFH/NV 2010, 1651, und vom 6. Dezember 2011 IX S 19/11, nicht veröffentlicht, juris) eine Gegenvorstellung nur noch gegen eine abänderbare Entscheidung des Gerichts --wie z.B. eine die Prozesskostenhilfe ablehnende Entscheidung-- erhoben werden. Gegen eine nicht abänderbare Entscheidung, die --wie die Verwerfung einer unzulässigen Beschwerde-- materiell rechtskräftig wird, ist eine Gegenvorstellung dagegen ebenfalls nicht mehr statthaft.
Annotations
(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
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ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(6) § 131 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.